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4) Keine rechtskräftige der richterlichen gleichstehende Entscheidung begründet die aussergerichtliche Erledigung eines streitigen Rechtsverhältnisses durch Vergleich (transactio), d. h. einen gegenseitiges Nachgeben enthaltenden Vertrag, und durch Schiedsspruch, welcher durch compromissum arbitri unter gegenseitigem die Unterwerfung unter seinen Inhalt sicherndem Strafversprechen vereinbart zu werden pflegte.

Compromissum ad similitudinem iudiciorum redigitur et ad finiendas lites pertinet. Ex compromisso placet exceptionem non nasci, sed poenae petitionem. L. 1, 2 D. de rec. 4, 8.

6. Die Execution.

§. 25.

I. Nach dem Grundsatze des alten Rechtes ist die Execution nicht Erzwingung der rechtskräftig geschuldeten Leistung, sondern Unterwerfung des Verurtheilten unter die Herrschaft des Siegers. Zunächst gewähren die Zwölftafeln dem zu einer Geldleistung Verurtheilten noch eine Zahlungsfrist von 30 Tagen; nach ihrem Ablaufe kann ihn der Sieger durch manus injectio vor den Prätor und kraft dessen addictio als Schuldknecht nach Hause führen. Während der folgenden 60 Tage musste der Schuldner an drei auf einander folgenden Markttagen öffentlich vorgeführt und der Betrag seiner Schuld ausgerufen werden, um Gelegenheit zu seinem Loskaufe zu geben. Nach Verfluss dieser letzten Frist ist er der Tödtung und dem Verkaufe in die Sklaverei preisgegeben.

Nisi pacti forent, habebantur in vinculis dies sexaginta. Inter eos dies trinis nundinis continuis ad praetorem in comitium producebuntur, quantaeque pecuniae iudicati essent praedicabantur. Tertiis autem nundinis capite poenas dabant aut trans Tiberim peregre venum ibant. Gell. 20, 1

II. Die lex Poetelia (441 d. St.) hob das Tödtungs- und Verkaufsrecht auf; indem nicht mehr die Person, sondern nur noch das Vermögen des damnatus dem Gegner preisgegeben sein sollte. Aus der Schuldknechtschaft ist jetzt eine blose Schuld haft geworden, welche nach der lex Julia de cessione bonorum durch freiwillige Abtretung des Vermögens zum Zwecke des Verkaufes abgewendet wird.

Victum eo die . . ingens vinculum fidei iussique consules ferre ad popu

lum ne quis, nisi qui noxam meruisset, donec poenam lueret, in compedibus aut in nervo teneretur; pecuniae creditae bona debitoris non corpus obnoxium esset. Liv. 8, 28.

III. Die Execution in das Vermögen des Verurtheilten normirte das prätorische Edict. Zunächst wurde durch prätorisches Decret der Gegner ermächtigt das Vermögen des Verurtheilten zum Zwecke der custodia mit Beschlag zu belegen (possessio bonorum) und nach vorgängiger bonorum proscriptio in Gemeinschaft mit den inzwischen in den Mitbesitz eingetretenen Mitberechtigten zu verkaufen (bonorum venditio). Der Verkauf erfolgt durch öffentliche Versteigerung an denjenigen, welcher den Gläubigern die verhältnissmässig grösste Befriedigung zusichert. Der bonorum emtor ist Universalsuccessor, so dass jetzt ihm sowie zu dem von ihm übernommenen Theile gegen ihn die in der Person des Verurtheilten begründeten Actionen zustehen, jedoch, da er nur nach prätorischem Rechte Universalsuccessor ist, nicht als directae, sondern als utiles. Gai. III. 77-81. IV. 34, 35.

IV. Extra ordinem kam neben der dem Privatrechte ursprünglich ausschliesslich bekannten Universalexecution eine Specialexecution auf, so

1) die Pfändung (pignoris capio) d. h. Beschlagnahme und Verkauf einzelner Vermögensstücke.

2) Die Herausgabe oder Vorweisung bestimmter Sachen konnte durch Anwendung obrigkeitlicher Gewalt (manu militari) unmittelbar erzwungen werden.

IV. In der vierten Periode ist die Execution in das Vermögen grundsätzlich Specialexecution. Zugleich ist jetzt das schon früher nicht ausnahmslose Princip der pecuniaria condemnatio verlassen.

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Qui restituere iussus iudici non paret, contendens non posse restituere, si quidem habeat rem, manu militari officio iudicis ab eo possessio transfertur, et fructuum duntaxat omnisque causae nomine condemnatio fit. Haec sententia generalis est, et ad omnia, sive interdicta, sive actiones in rem, sive in personam sunt, ex quibus arbitratu iudicis quid restituitur, locum habet. L. 68 D. de R. V. 6, 1. (Diese Stelle Ulpians ist ohne Zweifel interpolirt.)

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Zweiter Abschnitt.

Die persönliche Rechtsstellung.

§. 26. Uebersicht.

Für die persönliche Rechtsstellung, den status einer Person, sind entscheidend

1) die Art der Theilnahme an der allgemeinen Rechtsgemeinschaft;

2) die besondere Beziehung zu bestimmten Dritten kraft der Familienverbindung;

3) individuelle Eigenschaften.

1) Bezüglich des Verhältnisses zur Rechtsgemeinschaft besteht a) der Gegensatz der Berechtigten, liberi, und der Rechtlosen servi, d. h. der als Subjecte eigener und der nur als Objecte fremder Rechte an ihr Theilnehmenden. b) Verschiedenheiten der Berechtigung ergeben sich theils aus dem Gegensatze der Nichtbürger und Bürger, theils als Unterschiede innerhalb der Bürgerschaft.

2) Wie im Verhältnisse zur Rechtsgemeinschaft neben blosen Verschiedenheiten der Berechtigung der Gegensatz der liberi und servi begründet ist, so ist die Familienangehörigkeit nicht nur Verwandtschaft mit anderen, sondern auch Abhängigkeit von anderen, auf welcher der Gegensatz der personae sui und alieni juris beruht.

3) Individuelle Eigenschaften sind nicht nur von Einfluss auf die eigene Rechtsstellung, sondern die auf solchen beruhende Unselbständigkeit erzeugt auch das Bedürfniss der Bevormundung durch andere.

Die Hauptgegensätze in der rechtlichen Stellung sind daher die der Berechtigten und Rechtlosen, der Hausherrn und Hausunterthanen, der Selbständigen und Unselbständigen.

Indem aber die individuelle Beschaffenheit nicht sowol die Eigenschaft eines für sich berechtigten Subjectes als die Möglichkeit rechtswirksamer eigener Handlungen bedingt, gehört die Darstellung ihrer rechtlichen Bedeutung nicht diesem, sondern dem vorhergehenden Abschnitte an. (§. 19 I.)

Et quidem summa divisio de iure personarum haec est, quod omnes homines aut liberi sunt aut servi.

Sequitur de iure personarum alia divisio; nam quaedam personae sui iuris sunt, quaedam alieno iuri sunt subjectae. Transeamus nunc ad aliam divisionem nam ex

dam vel in tutela

Gai. I. 9. 48. 142.

personis . . . quae

sunt vel in curatione quaedam neutro iure tenentur.

1. Die Rechtsgemeinschaft.

A. Unfreie und Freie.

1. Rechtliche Stellung des Unfreien.

§. 27.

I. Indem die Rechtsgemeinschaft auf äusserer Lebensgemeinschaft beruht, beschränkt sie sich zwar nicht schlechthin auf die Bürger der einzelnen Gemeinde, erstreckt sich jedoch nur auf die Angehörigen befreundeter, zum eigenen in friedlicher Beziehung stehender Gemeinwesen. Ausgeschlossen ist von ihr, wessen Heimat gegenüber gar keine, oder anstatt friedlicher Beziehung die des Streites besteht; wer der einzelnen Gemeinschaft schlechthin fremd ist, ist innerhalb ihres Gebietes rechtlos, servus. Dieser Grund der Rechtlosigkeit war den Römern deutlich bewusst; ausdrücklich erklären sie, dass der Gegensatz der liberi und servi oder der Berechtigten und Rechtlosen dem jus gentium, aber nicht dem jus naturale angehöre, d. h. dass er im Wesen der positiven Rechtsgemeinschaft, dagegen nicht in natürlicher Verschiedenheit der Menschen wurzle.

Si cum gente aliqua neque amicitiam neque hospitium neque foedus amicitiae causa factum habemus, hi hostes quidem non sunt; quod autem ex nostro ad eos pervenit, illorum fit, et liber homo noster ab iis captus servus fit et eorum. L. 5 § 2 D. de capt. 49, 15.

Servitus est constitutio iuris gentium, qua quis dominio alieno contra naturam subicitur. L. 4 § 1 D. de stat. hom. 1. 5.

II. Wer jedes eigenen Rechtes unfähig ist, ist eben dadurch mögliches Object jedes überhaupt an einer Sache denkbaren Rechtes. Indem er, der Bedeutung eines Rechtssubjectes entbehrt, wird seine Existenz zu rechtlicher Bedeutung dadurch erhoben, dass er zum Rechts objecte wird.

1) Als Eigenthumsobject ist der Sklave nicht mehr der Willkür eines jeden, sondern ausschliesslich des seines Eigen

thümers preisgegeben. Seine Verletzung durch Dritte ist jetzt nicht mehr rechtlich gleichgiltig, sondern eine Verletzung seines Eigenthümers. Gegen Misshandlung durch diesen selbst geniesst er ursprünglich keinerlei rechtlichen Schutz; gegen ein Uebermass derselben sichert ihn nur das eigene Interesse des durch seine Schädigung sich selbst schädigenden Herrn. Nachdem aber in der Kaiserzeit namentlich Tödtung des Sklaven ohne obrigkeitliche Genehmigung verboten worden war, wurde schliesslich durch Antoninus Pius verordnet im Falle übermässiger Misshandlung sollte der Herr den Sklaven verkaufen müssen. So wenig damit grundsätzlich eine eigene Berechtigung des Sklaven anerkannt war, so unterscheidet doch die Möglichkeit eigener Beschwerde des Sklaven diese Bestimmung wesentlich von sonstigen Verboten des Eigenthumsmissbrauches.

Sed hoc tempore neque civibus Romanis nec ullis aliis hominibus, qui sub imperio populi Romani sunt, licet supra modum et sine causa in servos suos saevire: nam ex constitutione sacratissimi imperatoris Antonini qui sine causa servum suum occiderit, non minus teneri iubetur, quam qui alienum servum occiderit. Sed et maior quoque asperitas dominorum per eiusdem principis constitutionem coercetur; . . et utrumque recte fit: male enim nostro iure uti non debemus. Gai. I. §. 53.

2) Durch Behandlung des Sklaven als Sache wird seine Eigenschaft als Mensch nicht etwa vom Rechte verleugnet. Eigenthum ist der Sklave nicht in Verneinung, sondern in voller Anerkennung und Schätzung der ihn als Mensch vor anderem Eigenthume auszeichnenden Eigenschaften. Vernunft und Wille des Sklaven hat rechtliche Geltung als Eigenthum des Herrn, seine Handlungen sind zu Gunsten des Herrn in derselben Weise rechtswirksam wie wenn dieser selbst sie vorgenommen hätte. Indem er eines um seiner selbst willen zu achtenden Willens entbehrt, gelangt sein Wille zur Geltung um des Herrn willen, dem er dient und dessen Recht am Sklaven nicht nur Eigenthum an einer Sache, sondern zugleich Herrschaft über eine Person (dominica potestas) ist. Berechtigt der Sklave durch seine Rechtsacte den Herrn, so wird er durch Verletzung der Rechte Dritter selbst verpflichtet für den Fall seiner Erhebung zum Rechtssubjecte.

In potestate itaque sunt servi dominorum. Quae quidem potestas iuris

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