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Einleitung.

§. 1. Gegenstand, Form und Mittel der Darstellung.

I. Institutiones hiessen schon die römischen Juristen die zur ersten Einführung in das Rechtsstudium bestimmten Werke. Solche institutiones bildeten insbesondere einen Bestandtheil der vom oströmischen Kaiser Justinian veranstalteten Rechtssammlung und mit Vorträgen über diese justinianischen Institutionen begann früher der Rechtsunterricht. Heutzutage ist die exegetische Behandlung der systematischen gewichen und versteht man unter Institutionen eine systematische Uebersicht des römischen Privatrechts.

Das römische Recht hat für uns nicht nur eine historische Bedeutung, sondern auch eine praktische. In seiner praktischen Bedeutung als Grundlage des heutigen Rechtes ist es Gegenstand der heutigen Pandekten, welche gleich den Institutionen ihren Namen von demjenigen Bestandtheile des justinianischen Rechtsbuchs haben, aus dessen Exegese sie früher bestanden. Der speciellen Beschäftigung mit dem römischen Rechte in seiner Bedeutung für die Gegenwart muss aber vorangehen eine übersichtliche Kenntniss desselben in seiner eigensten specifisch-römischen Anlage und Entwickelung, und sie zu vermitteln sind die Institutionen bestimmt, welche daher ebensowohl in den historischen als in den systematischen Zusammenhang des römischen Rechtes einzuführen haben. Indem aber die historische wie die praktische Bedeutung des römischen Rechtes im Privatrechte gipfelt, ist Gegenstand der Institutionen das römische Privatrecht.

Hölder, Institutionen d. rom. Rechtes.

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II. Die Methode der Darstellung beruht auf einer Verbindung des historischen und des systematischen Momentes, jedoch in Unterordnung des ersteren unter das letztere, ohne welche es unmöglich wäre den für die juristische Erfassung des Stoffes in erster Linie wichtigen Zusammenhang des Rechtssystems zur Anschauung zu bringen.

III. Die Quellen der Darstellung sind theils die allgemeinen der römischen Alterthumskunde theils specifisch juristische. Die letzteren sind theils unmittelbar theils vermöge des der Erkenntniss und Anwendung des Rechtes auf seine Geltung zukommenden Einflusses zugleich Quellen des römischen Rechtes selbst und damit Gegenstand der Darstellung in ihrem ersten von der Rechtsbildung handelnden Theile. Hier schon sind hervorzuheben

1) das von den Neueren sog. Corpus juris civilis oder das Rechtsbuch Justinians, durch welches das römische Recht diejenige Gestalt erhielt, in der es seine praktische Bedeutung für das moderne Europa erlangte. Die Form dieses Werkes war die einer systematischen Sammlung von Aussprüchen der römischen Kaiser (Codex constitutionum) und Juristen (Digesta s. Pandectae), welchen institutiones vorangeschickt sind. Die nach dem Abschlusse jenes Werkes erlassenen Verordnungen Justinians sind die novellae constitutiones imperatoris Justiniani, so dass seine Legislation zerfällt in a) die Codification, deren Bestandtheile Institutionen, Pandekten und Codex sind

b) Nachtragsgesetze: die Novellen.

Die Novellen zerfallen in capita, denen eine praefatio vorangeht und ein epilogus folgt, sowie in Paragraphen; die übrigen Werke in Bücher und Titel; die Titel der Institutionen unmittelbar in Paragraphen, welche in den Digesten und dem Codex Abtheilungen der einzelnen herkömmlich leges genannten Stellen d. h. im Zusammenhang mitgetheilten Juristen- oder Kaiseraussprüche sind. Die Paragrapheneintheilung beginnt nicht mit §. 1, sondern der erste diesem vorausgehende Abschnitt heisst principium (pr.). Während aber bei den Novellen die Citirweise die allgemein übliche ist (z. B. Nov. 17 cap. 5 §. 1), wird bei den anderen Werken die Ueberschrift des Titels genannt, die Bezeichnung der Stelle und des Paragraphen ihr vorangeschickt,

die Buch- und Titelzahl dagegen an den Schluss gestellt. Also z. B.

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pr. I. de nuptiis 1,10 der erste Abschnitt des Institutionentitels de nuptiis, welches ist der zehnte des ersten Buchs. L. (d. h. lex) 5 §. 1 D. (d. h. Digestorum) mandati 17,1. L. 3 C. (d. h. Codicis) de usuris 4,32.

Vielfach werden auch die Stellen der Digesten als fr. (fragmentum) die des Codex als c. (constitutio) citirt. Anstatt der Titelüberschrift finden sich auch die Bezeichnungen eod. (eodem sc. titulo d. h. in dem zuletzt citirten Titel) und h. t. (hoc titulo = in dem die betreffende Materie behandelnden Titel). Während sonst jedes Buch mehrere Titel enthält, um fasst der Digestentitel de legatis mehrere Bücher (30-32); man citirt daher z. B. L. 2 D. de legat. I. (30) = im ersten der de legatis handelnden oder dem dreissigsten Buche der Digesten.

Neueste und beste Gesammtausgabe des Corpus Juris von Theodor Mommsen und Paul Krüger 1872 ff.

2) Sammlungen der ausserhalb des Corpus Juris erhaltenen Quellen:

a) Huschke Jurisprudentiae antejustinianae quae supersunt ed. 3. 1874 enthält die Schriften der Juristen. b) Bruns Fontes juris Romani antiqui ed. 3. 1876 enthält in drei Abtheilungen: leges, negotia, scriptores theils eigentliche Rechtsquellen, theils Geschäftsurkunden, theils endlich Fragmente nichtjuristischer Autoren. Bruns und Huschke enthalten zusammen alle Rechtsquellen mit Ausnahme der Kaisergesetze. Sie umfasst neben den Schriften der Juristen, die es jedoch weit nicht so vollständig wie Huschke gibt;

c) Das corpus Juris Romani Antejustiniani consilio professorum Bonnensium 1835 ff.

Dazu kommt Hänels Corpus legum ab imp. Rom. ante Justinianum latarum, quae extra constitutionum codices supersunt 1857.

Aus der Litteratur ist immer noch als Hauptwerk, wenngleich vielfach veraltet, hervorzuheben Puchta Cursus der Institutionen 1841 ff., in den späteren Auflagen von Rudorff, zuletzt (1875) von P. Krüger besorgt.

§. 2. Das Wesen des Rechtes.

Dem Character der Institutionen als erster Einführung in das Rechtsstudium gemäss schicken wir der Darstellung des römischen Rechtes eine kurze Orientirung über das Recht überhaupt voraus. I. Im moralischen Sinne bezeichnet das Wort Recht ein lediglich negatives Prädicat menschlichen Verhaltens; in diesem Sinne ist Recht nichts anderes als die Abwesenheit des Unrechts oder der Verletzung fremder Persönlichkeit. Unrecht ist diejenige Geltendmachung der eigenen Persönlichkeit, welche zur Verletzung einer fremden wird; die moralische Missbilligung des Unrechts beruht auf dem hierin enthaltenen Widerspruche.

II. Beruht die moralische Missbilligung des Unrechtes auf der inneren Wesensgemeinschaft der Menschen, so setzt die Existenz eines positiven Rechtes eine äussere Lebensgemeinschaft voraus; jedes positive oder historische Recht beruht nicht nur auf gegenseitiger Achtung der fremden Persönlichkeit als einer der eigenen nicht unterworfenen, sondern auf gleichmässiger Unterwerfung der Genossen unter die ihr Leben beherrschende Gemeinschaft. Indem aber der einzelne an dieser selbst theilnimmt, ist das positive Recht nicht nur

1) objectives als Inhalt des über den Einzelwillen erhabenen Gemeinwillens, sondern zugleich

2) subjectives als Zuständigkeit des am Inhalte des Gemeinwillens theilnehmenden Einzelnen.

III. In Beziehung auf das Verhältniss des Rechts zur Moral ergibt das Bisherige, dass jede positive Rechtsgemeinschaft unter den an ihr Theilnehmenden die moralische Missbilligung des Unrechts voraussetzt; denn jene ist nicht denkbar ohne die gegenseitige Anerkennung der Persönlichkeit, aus welcher diese fliesst. Nie deckt sich dagegen irgend welche positive Rechtsordnung mit der moralischen Verwerfung des Unrechts unter ihren Theilnehmern. Einerseits bleibt sie weit hinter dieser zurück, indem sie mit den ihr zu Gebote stehenden Mitteln keineswegs alles Unrecht zu verfolgen vermag. Auf der anderen Seite greift sie weit über die Verwerfung des Unrechts hinaus, indem sie nicht nur der Verfolgung der Sonderinteressen Schranken zieht, sondern zugleich für Befriedigung gemeinschaftlicher Interessen sorgt.

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