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Zu Theile werden mag, der Sehnsucht ganzes Ziel, 125
Was jemals der Vernunft und was dem Sinn gefiel,
Was Gott und die Natur hier unten dir befchiede;
Drey Worte faffen es: Gefundheit, Nothdurft, Friede
Gefund zu feyn war ftäts der Mäßigung Gewinn;

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Der Friede bleibt dir ganz, o Tugend, nimm ihn hin, 130
Du liebenswürdige! Dein ift er. Andre Gaben
Kann, wie es etwa trift, der Bös, und Fromme haben:
Glücksgüter, die an Werth nicht unbeträchtlich find:
Doch fchmeckt ihn weniger, der böslich fie gewinnt.
Bey den Beftrebungen nach Lüften oder Ehren,
Wann wir befchäftigt find die Mittel vorzukehren,
Wagt man bey guten mehr? Folgt Mitleid oder Schmach
Bey widrigem Erfolg dem Lauf des Lafters nach ?
Was ift der Tugend Loos in beyderley Gefchicke?
Berechne den Gewinn gelungner Bubenstücke,
Der Tugend beßre Wahl verwirft und fliehet ihn.
Du! den auf fchnöden Weg dergleichen Reize ziehn,
Erjage was du kannst, eins wird dir doch entgehen,
Bey andern in dem Ruf der Redlichkeit zu stehen.

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Wie? follte Schmach und Noth nur für die Tugend feyn! Das Lafter, frey davon, foll blühen und gedeihn? O! wie miskennen da die Stifter folcher Lehre Der Erde wahren Plan und felbft der Vorficht Ehre! Nein. Wer am richtigsten bey feines Schickfals Gang Den ewigen Entwurf im Weltzufammenhang

150 Einfiehet und befolgt, der kennt und fchmeckt am meisten, Der Lüfte wahren Reiz und was die Dinge leisten. Und wie? man nennet nur die Frommen unbeglückt, Um Fälle, welche doch der Weltlauf allen schickt. Ihr Namen, ewig werth daß euch der Nachruf nenne, 15 Du Falkland, Sidney du, du göttlicher Turenne,

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Ihr waret tugendhaft: Doch, wann vom Tod befiegt,
Auf blutgefärbter Bahn der schöne Lauf erliegt,

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Hat da die Tugend fchuld? Hat nicht gleich fo fein Leben
Off der Nichtswürdigfte dem Zufall Preis gegeben,
Und ftarb im Schlachtfeld auch? Beweinter Digby, fprich!
Weil keine Tugend je an Hoffnung deiner glich,
Wer raubte dich der Welt? wenn es die Tugend wäre,
Weswegen fteiget denn an Jahren und an Ehre
Dein Vater immer noch? Weswegen raft kein Gift,
Der alle Luft erfüllt und ganz Marseille trift,
Den frommen Bifchoff hin? Warum läßt das Gefchicke
So lange (wenn die Flucht der fchnellen Augenblicke
Je lange heißen kan) o Schaar der Armen, dir
Die allerbefte Frau, die befte Mutter mir.

Wo aber ift der Quell des Uebels herzuleiten, Des Uebels in der Welt und in den Sittlichkeiten ¿ Dort gleitet die Natur; der Wille ftrauchelt hier. Kein Uebel fendet Gott. Im Grunde finden wir,

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So wenig Strahlen auch durch diefes Dunkle scheinen, 175
Des Theiles Uebel fey in jenem Allgemeinen

Des großen Ganzen gut; der Wechsel in der Welt
Eröffnet ihm gemach den Eingang; es entfällt

Der irrenden Natur; kurz, felten, und geringe,

Bis folches über fich und über alle Dinge

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Der Menfch erweiterte. Daß einst, durch Bruders Hand
Den unverdienten Tod ein frommer Abel fand;
Und itzt, ohn eigne Schuld auf Lebenszeit verderbet,
Ein tugendhafter Sohn des Vaters Seuchen erbet:
In beyden klaget man gleich richtig in der That
Die Güte Gottes an und feiner Schluffe Rath.

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IV. Meynft du, daß fein Gesetz, um eines Lieblings Sache, Wie fchwache Fürften thun, der Weltherr anders mache?

Soll Aetna, wann fich ihm der Philofophe zeigt, Dem Feuer Einhalt thun, das fchon mit Krachen fteigt? 190 Soll, Bethel, deine Bruft im athmen zu erfrischen, Die Theilgen in der Luft der Schöpfer anders mischen? Soll, wann der Felfen bebt, und berftendes Gestein Auf Menfchen niederftürzt, die Schwere nicht mehr feyn? Soll, mürbe durch die Zeit und von der Laft getrieben, 195 Der Tempel feinen Fall auf Charters Kopf verschieben?

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V. Doch die dem Taugenichts allzubequeme Welt, Ein Wohnplatz, der für ihn viel reizendes enthält, Hat deinen Beyfall nicht. Und diefen zu bekommen Was machen wir aus ihr? Ein Königreich der Frommen, 200 Der Frommen? welch ein Streit! wie wenig ftimmen die. Wahr ift, der Himmel wacht vorzüglich über fie. Doch, außer Gott, wer kennt den Haufen der Gerechten? Hierüber werden ftets die Eifrer wortreich fechten. Andächtig spricht man hier, der Gottesmann Calvin ; Der Ketzer! ruft man dort, und donnert wider ihn. Und nun mag er im Streit den Gegnern unterliegen, Und nun fein fiegend Glück die Gegner überwiegen; Stäts murrt der eine Theil, Vorfehung! wider dich. Was dem erbaulich fcheint, fcheint jenem ärgerlich. 210 Verändre, wie du willst, den ganzen Lauf der Sachen, Du trifft kein Weltsystem es allen recht zu machen. Gib jedem feine Welt, der Streit wird allgemein, Und das Syftem der Frau dem Mann entgegen feyn. Die Tugendhaften selbst find hier schwer zu vereinen; 215 Was deiner Tugend lohnt, das taugt nicht stäts der meinen. Was ift, ift alles recht. Daß dir es nicht gefällt, Thut zu der Sache nichts. Für Cäfarn war die Welt Doch für den Titus auch. Was dünkt dich? unter beyden Wer war der feligfte? wer war mehr zu beneiden?

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Ein Cäfar? der fein Rom, und Freyheit und Senat
Der in des Staates Schoos den Staat zu Boden trat?
Ein Titus, welcher fich dem Wohl der Bürger weyhte,
Und jeden ungenützt verftrichnen Tag bereute?

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VI.,, Die Tugend darbet oft, das Lafter mäftet fich." 225 O Tugend! ift denn Brod der rechte Lohn für dich? Der kann mit Billigkeit dem Böfewicht gehören, Wenn er in Fruchtbarkeit die Stoppeln umzukehren Des Tages Hitze trägt: wenn er, um Brod bemüht, Dem immer nahen Tod im Meer entgegen fieht, Im Meere, wo dem Zorn des Himmels hingegeben, Von Sturm und Feind gejagt, der Thorheit Schaaren schweben, Der befte Mann verfährt oft mit Hinläßigkeit: Sein eingefchränkter Wunsch geht auf Zufriedenheit. Dir fcheinet fein Begriff zu niedrig und zu enge. Was fehlet ? Reichthum. Wohl! ertheilt ihm Brod die Menge, ,, Soll er nicht auch gefund, foll er nicht mächtig feyn? Gefundheit! Reichthum! Macht! hat er nun alles? Nein, "Bey Macht und Geld vermag doch ein Privatmann wenig. ,, Er ist zu eingefchränkt." Wohlan, er werde König. 240 Doch dieß ift irdifches veränderliches Gut. Freund! endlich feh ich ein, worauf dein Wunsch beruht, Der Mensch ist doch kein Gott, kein Himmel ift auf Erden, Und deinem Sinne nach foll er vollkommen werden, Dergleichen Forderung verneinet in der That, Daß Gott je fattfam giebt, weil er noch immer hat. Unendlich kann er thun, unendlich du begehren. Auf welcher Staffel foll er deinen Wunsch gewähren ?

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Der Tugend rechter Lohn, den ihr kein Glück entreißt, Den ihr kein Glück ertheilt, ift ein zufriedner Geift, Haft du ihr reichlicher zu lohnen dich entfchloffen? Wohl; gib der Demuth denn Heyduken und Caroffen;

Gib der Gerechtigkeit des Siegers Schwert voll Blut ;
Der Wahrheit, und was der? Baret und Bifchofshut;
Dem Patrioten gib zu feines Eifers Lohne,

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Was diefen Eifer bald vermindern wird, die Krone.
Du kleiner Geift! foll denn dergleichen Tändelgut,
Der Kram, nach welchem hier der Thor fo ängstlich thut,
Auch noch in jener Welt den guten Wandel lohnen?
Laß Kinder Kinder feyn. Erwachsene Perfonen
Ergötzt die Klapper nicht, nicht Ball und Steckenpferd.
Geh, fodre, dünkst du dich nicht beßrer Gaben werth,
Bey deiner Wiederkunft aus der zerfallnen Afche,
Dem armen Neger gleich, Weib, Bogen, Pfeil, und Flasche.
Du sprichft, der Neger fchwärmt. Er fch wärmet und auch du.
Theilft du nicht Flitterwerk geklärten Sinnen zu;
Spielfachen, nicht gemacht die Tugend zu beglücken;
Gefchickter ihren Lauf zu hemmen, zu beftricken?
Schon taufendmal hat fich der Jüngling guter Art,
Der Einundzwanziger, der fo gepriesen ward,
Im fechzigjährigen nun reich gewordnen Thoren
Mit allen Tugenden, die er verfprach, verloren.
Nur Tugendhaften bringt der Reichthum Achtfamkeit,
Und anderer Vertraun und Selbftzufriedenheit.
Die Richter kaufet man, man kauft die Parlamente,
Und nichts ift, das man nicht für Zahlung haben könnte;
Doch Lieb und Achtung war noch niemals feil für Gold.
Meynft du, der Himmel fey nur reichen Schlemmern hold?
Meynft du, der Ehrenmann, der edle, der gerechte,
Der liebenswerthe Freund vom menfchlichen Geschlechte, 280
Der in der freyen Bruft, wo keine Reue wühlt,
Ein unverdorbnes Blut, und Luft und Leben fühlt,
Sey schlechter dran bey Gott, weil, alles überschlagen,
Nicht etwa tausend Pfund ihm feine Renten tragen?

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