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ALLE RECHTE,

INSCHLIESSLICH DES ÜBERSETZUNGSRECHTS, VORBEHALTEN

Latin Harr. 1-29-31 23104

Aus der Vorrede zur ersten Auflage.

Daß die Lektüre der Satiren und Episteln des Horaz nur in die oberste Stufe des Gymnasialunterrichts gehört, darüber wird unter kundigen Schulmännern nur eine Stimme sein. Denn nur hier läßt sich die geistige Reife voraussetzen, welche zu einem nicht bloß oberflächlichen Verständnis derselben erforderlich ist. Je tiefer aber das Verständnis, desto sicherer ist auch bei dem Schüler auf ein nicht bloß momentanes Interesse an dieser Lektüre zu rechnen, wenngleich nicht zu verkennen ist, daß der an Lebenserfahrungen reichere Mann diese Dichtungen in anderer Weise lesen und einen ungleich höheren Genuß von dieser Lektüre haben wird, als selbst der reifste Schüler einer ersten Gymnasialklasse von derselben haben kann. Denn auch von Horaz und ganz besonders von seinen Satiren und Episteln gilt, wie ich schon in dem eine Bearbeitung der vierten und zehnten Satire des ersten sowie der ersten des zweiten Buches enthaltenden Programme von 1850 zu bemerken Gelegenheit hatte, dasselbe, was Lichtenberg von der Lektüre des Tacitus irgendwo gesagt hat: 'Latein ist nicht das einzige, was man wissen muß, um sie zu verstehen; man muß sehr viel selbst mitbringen.' Wollen wir indessen den Schüler wenigstens zu dem auf seiner Bildungsstufe möglichen Verständnis dieser Dichtungen führen und sein Interesse an denselben erwecken, so ist es vor allem erforderlich, daß die Erklärung nicht bei dem einzelnen stehen bleibe, sondern besonders auf die sorgfältigste Entwicklung der Gedankenfolge und die Auffassung des Ganzen gerichtet sei.

Braunschweig, den 14. November 1852.

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Vorwort zur siebzehnten Auflage.

Die Erneuerung der vom Sohne des ersten Herausgebers, von Gustav Krüger, in neun Auflagen (der achten bis sechzehnten, 1875 bis 1911) fortgeführten und umgestalteten Satirenausgabe ist nach denselben Grundsätzen erfolgt, die für die vor zwei Jahren erschienene Neuauflage der Episteln maßgebend waren. Verhältnismäßig wenig geändert wurde an der vorhandenen Gliederung von Text und Erklärung nach Sinnesabschnitten. Dagegen erschien es für die Zwecke einer auf Synthese ausgehenden Erklärung geboten, die Breite, in der sich der Kommentar vielfach erging, zu beseitigen, im besondern die formale Erläuterung kürzer zu halten. In gleicher Absicht sind die zusammenfassenden Übersichten vor den einzelnen Gedichten, fast sämtlich neu geschaffen wie die Einleitung, auf größere Straff heit angelegt worden. Auch in der Einzelerklärung habe ich nicht selten Krügers Spuren verlassen. Wichtigere Lesarten und abweichende Deutungen sind im Anhange vermerkt, ebenso die für die vorliegende Arbeit verwertete Literatur. Für weitere Angaben bibliographischer Art sei auf die Jahresberichte von H. Röhl verwiesen, die, bis 1920 vorliegend, wieder eine wertvolle Hilfe waren.

Wilhelm Kroll hat auch den Druck dieses Bandes freundlichst unterstützt, wofür ihm herzlich gedankt sei.

Breslau 1922, am Geburtstage des Dichters.

P. H.

EINLEITUNG.

Horaz' Satiren fallen in die zweite Hälfte seiner zwanziger und die erste seiner dreißiger Jahre; das erste, vor der Bekanntschaft mit Maecenas, vor 38 begonnene Buch ist etwa 35, das zweite im Jahre nach Aktium veröffentlicht. Wie seine ganze Dichtung, so zeigen auch sie einen der Grundzüge seines Wesens, die Neigung zum Lehrhaften und den Drang, der Öffentlichkeit etwas über das Thema Leben zu sagen. Stehen sie doch auch zeitlich den Einflüssen am nächsten, die jene Anlage entwickelt und vertieft haben, der väterlichen Erziehung, die ihn gewöhnt hatte, aus dem Tun und Lassen der Menschen Warnung und Weisung für das recte vivere zu entnehmen (I 4, 105 ff.), und seiner Studienzeit in Athen, wo er, wiederum einem Rate des Vaters folgend (a. a 0. 115 f.), jenem praktischen Lehrgange der Ethik den wissenschaftlichen hatte folgen lassen. Dort hat er im Hain des Akademos das Wahre gesucht (Ep. II 2, 45), wahrscheinlich auch dort schon die Luft des 'Gartens' gekostet, die ihm dann auf heimischem Boden von seinen poetischen Freunden Varius, Vergil, Quintilius Varus und ihrem Berater Philodem (I 2, 121) entgegenkam und die aus Lucrez' gefeiertem Epos de rerum natura mit dem Atem der Dichtung zu ihm sprach. Verschrieben hat er sich freilich auch dem System Epikurs nicht, sondern ihm nur entnommen, was ihm zusagte. Auch tritt in den Satiren, der Arbeit des Aufstrebenden, nicht so sehr der eudämonistische Zug dieser Lehre hervor zu dem λάθε Bioas und der άtavažía hat er sich, oft und ausgesprochenerweise, erst in den müderen Jahren der Episteln bekannt als ihre rationalistische Seite, mit ihrer Feindschaft gegen jede Art von Aberglauben (I 5, 98 ff., I 8, II 3, 290 u. sonst) und ihrer Richtung auf das Notwendige und Nützliche (I 1, I 2, I, 3). Von diesem Standpunkt griff er auch an der Stoa gerade das an, was ihm an ihr als unpraktisch, weltfremd und verstiegen erschien. Dazu stieß ihn manches von ihrer Außenseite, der Eifer und die Bekehrungswut stoischer Tugendprediger, die sich als Weise und Apostel gebärdeten oder ihm durch ihre geschwätzige Vielschreiberei lächerlich erschienen, wie ein Fabius (I1, 14), ein Crispinus (ebenda 120), ein Stertinius (II 3, 33).

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Das Lächerliche ist ja ein wesentlicher Zug seiner Satiren. Sie gehen nicht einfach auf die Frage, quid verum atque decens, die er als Programm seiner Episteln bezeichnet hat (Ep. I 1, 11), sondern sie wollen zum Rechten gelangen, indem sie das Falsche und Törichte bloßstellen (opprobriis dignum latrare II 1, 85); zu ihrer Eigentümlichkeit gehört das ridentem dicere verum (I1, 24), zu ihren Mitteln

HORAZ' SATIREN. 17. Aufl.

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