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hohem Grade auf sich gezogen. Nach überaus zahlreichen Versuchen von den verschiedensten Seiten ist sie als eine vortreffliche Methode erkannt worden, um den Fettgehalt der Milch rasch und sicher zu bestimmen, und wird sich daher zum Zwecke physiologischer Untersuchungen der Milch in der Folge noch von grossem Nutzen erweisen. Zu der so günstigen Aufnahme der neuen Methode hat die von Herrn Prof. Seidel hiefür gütigst berechnete Formel wesentlich beigetragen.

Bei einem Naturprodukt, welches wie die Milch einen wesentlichen Theil der allgemeinen täglichen Ernährung ausmacht, erschien es natürlich wünschenswerth, der Untersuchungsmethode, welche sich ursprünglich nur auf eine genaue Fettbestimmung beschränkte, auch eine praktische Bedeutung zu verleihen, d. h. dieselbe als eine technische Probe zur Werthbestimmung der Milch in Anwendung zu bringen. Dieser Gedanke musste um so näher liegen, als schon dem bisherigen Usus zu Folge der Werth einer Milchsorte hauptsächlich von ihrem Fettgehalte abhängig gemacht wird, indem wie bekannt die fetteste Milch, d. i. bester Rahm, um den 10 und 12fachen Preis, als die fettärmste, d. i. die sogenannte abgerahmte Milch, verkauft wird. Wenn man dieser praktischen, aber doch immer nur secundären Bedeutung der optischen Milchprobe den Umstand zum Vorwurfe macht 2), dass der Fettgehalt der natürlichen, unverfälschten Milch zu grosse Schwankungen darbietet, so ist zunächst zu bemerken, dass die grossen Schwankungen im Fettgehalte, welche der neuen Methode zum Vorwurfe gemacht werden, gerade erst durch diese Methode erkannt worden sind, indem nach den bisher vorliegenden chemischen Analysen die Differenzen im Fettgehalte der Milch gar nicht so bedeutend waren. Durch die optische Milchprobe ist man in den Stand gesetzt worden,

(2) Dingler's polytechn. Journal B. 168 S. 226.

Fettbestimmungen in hunderten verschiedener Milchsorten in wenigen Stunden auszuführen. Bei der Einfachheit des Verfahrens gehört hiezu nicht einmal eine besondere manuelle Fertigkeit. Es ist offenbar, dass hiedurch im Vergleich zur chemischen Analyse, welche einen Chemiker von Fach und eine sehr lange Zeit erfordert, die Ansichten über den Fettgehalt der Milch eine Aenderung erfahren mussten. Während die Grenze des Fettgehaltes nach früheren Versuchen, wie schon bemerkt, als eine ziemlich enge nur um einige Procente differirende angenommen werden konnte, so ist sie jetzt nach den Beobachtungen mit dem Apparate der optischen Milchprobe zwischen 11 und 2,5 proc. ausgedehnt worden. Ob diess aber in der That die physiologische Grenze sei, kann natürlich nicht entschieden werden, eben so wenig als z. B. Scherer, welchem bei seinen umfassenden Versuchen über diesen Gegenstand nie eine Milchsorte mit mehr als 860 Thle. Wasser pro mille vorgekommen ist, mit Sicherheit behaupten könnte, dass es nicht doch unter Umständen eine natürliche Milch geben könne, welche anstatt der 860 Thle. Wasser 865 und vielleicht noch mehr enthielte.

Nach Scherer's erwähnten Versuchen liegen die Schwankungen im Wassergehalte der reinen unverfälschten Milch zwischen 860 und 820 pro mille. Stellt man nun an die optische Milchprobe die Forderung, zu entscheiden, ob eine untersuchte Milch die gefundenen 860 Thle. Wasser von Natur aus enthalte, oder ob sie durch absichtlichen Zusatz von 40 Thln. Wasser zu einer Sorte, welche ursprünglich 820 Theile enthielt, entstanden sei, so ist diess eine Frage, die sie allerdings nicht beantworten kann, aber auch keine der bisherigen Milchproben, ja die chemische Analyse selbst nicht. Nehmen wir an, man hätte ein Verfahren, die chemische Analyse der Milch in eben so kurzer Zeit und eben so einfach, wie die optische Titrirmethode auszuführen, so würde uns die genaueste quantitative Kenntniss der einzelnen

Milchbestandtheile, im ausgedehntesten Maassstabe, dennoch hierüber keinen Aufschluss geben. Diess wird nur dann möglich sein, wenn zwischen zwei wesentlichen Bestandtheilen der Milch, z. B. zwischen Milchzucker und Wasser, ein ganz stabiles, unveränderliches Verhältniss entdeckt wird. Ueber Versuche in dieser Richtung werde ich mir erlauben bei einer anderen Gelegenheit zu berichten.

Ergiebt eine Milch bei der optischen Untersuchung einen Fettgehalt unter 3 proc., so ist sie offenbar weniger werth, als eine Milch mit mehr als 6 proc., indem ja bekanntlich die abgerahmte Milch um die Hälfte des Preises verkauft wird. Hiebei kann es am Ende gleichgiltig sein, ob eine sehr fettarme eine natürliche unverfälschte, oder ob der ursprüngliche Fettgehalt durch absichtliches Verdünnen mit Wasser herabgedrückt sei. Wenn es wirklich eine Milchsorte giebt, welche im natürlichen und reinen Zustande nicht mehr Fettprocente enthält, als abgerahmte, so ist eben diese, obgleich unverfälschte Milch auch nur die Hälfte werth.

In dieser Beziehung ist die optische Milchprobe auch zu sanitätspolizeilicher Untersuchung anwendbar und vielleicht geeigneter, als die übliche aräometrische Probe, auf deren Resultate, wie man weiss, zwei sich entgegenwirkende Faktoren influenziren, nämlich die eine Reihe der Milchsubstanzen, welche wie Cafein, Milchzucker und die Salze schwerer als Wasser, auf der anderen Seite die Fette, welche leichter als Wasser sind. Die optische Milchprobe giebt ein einfaches und sicheres Mittel an die Hand zu beurtheilen, ob eine Milchsorte den vollen üblichen Preis oder nur einen geringeren beanspruchen könne. Es scheint überhaupt nicht ganz gerechtfertigt, dünne Milch geradezu zu verwerfen, da sie ja doch einmal nicht schädlich, und dann überdiess zu manchen häuslichen Zwecken noch brauchbar ist. Vielmehr sollte es sich bei der polizeilichen Untersuchung darum handeln, die Preisclasse einer Sorte zu bestimmen, welche sich nach ihrem

Fettgehalte richtet, ganz abgesehen davon, ob sie natürlich oder verfälscht ist; hiezu bietet aber die optische Milchprobe ein sehr geeignetes Mittel.

Die Schwankungen des individuellen Sehvermögens, welche natürlich auf eine optische Titrirmethode nicht ganz ohne Einfluss sind und daher auf die Genauigkeit der Resultate möglicherweise einwirken könnten, bewegen sich nach meinen zahlreichen gesammelten Beobachtungen in der engen Grenze eines halben Cubikcentimeters, so dass also, wenn z. B. ein mit Myopie behafteter Beobachter den Lichtkegel bei 5,5 C. C. nicht mehr erblickt, auch für einen sehr weitsichtigen die Undurchsichtigkeit beim Zusatz eines weiteren Cubikcentimeters eintritt.

Da sehr viele quantitative Bestimmungen durch Titrirmethoden auf dem Eintritte einer Trübung und somit auf einem Undurchsichtigwerden der Flüssigkeit beruhen, so musste der Gedanke nahe liegen, das Princip der optischen Milchprobe auch auf andere Titrirbestimmungen anzuwenden. Es mag hier nur vorläufig bemerkt werden, dass das zur optischen Milchuntersuchung dienende Probeglas mit einer geringen Abänderung vortheilhaft bei einer maassanalytischen Methode zur Bestimmung des Alkoholgehaltes in alkoholischen Zuckerlösungen gebraucht werden kann. Diese Methode, welche von Günsberg in den Sitzungsberichten der Wiener Akademie veröffentlicht ist, beruht bekanntlich darauf, dass man einer Normalgummilösung Alkohol bis zur deutlichen Trübung zusetzt. Dieser Punkt kann nun weit sicherer eingestellt werden, wenn man als Vollendung der Probe die vollkommene Undurchsichtigkeit, wie sie sich nach dem Prineipe der optischen Milchprobe ergiebt, annimmt. Ich zweifle nicht, dass sich hierauf noch mannigfache praktische Untersuchungsmethoden gründen lassen.

Herr Steinheil legte

,,ein neues von ihm construirtes Marine fernrohr von grösserer Helligkeit als die bisherigen"

vor und erläutert dasselbe in Kürze.

Indem ich mich beehre der sehr gelehrten Classe ein solches Fernrohr von 24′′ Oeffnung 16" Brennweite mit 13maliger Vergrösserung vorzulegen, erlaube ich mir folgende Bemerkungen beizufügen:

Die Construction des terrestrischen Okulares, welches 2 reelle Bilder besitzt und folglich in Verbindung mit dem Objective aufrecht zeigt, hat im Allgemeinen mit der Schwierigkeit zu kämpfen, dass für schwache Vergrösserungen die Dimensionen des Okulares unverhältnissmässig gross werden. Auch sind die vielen Anforderungen, welche man an diese Okulare stellt, nicht gleichzeitig genügend erfüllt. Das Frauenhofersche Okular zeigt z. B., wenn die Mitte des Sehfeldes auf grösste Deutlichkeit gestellt ist, am Rande nicht mehr deutlich. Um das Randbild deutlich zu bekommen, muss man das Okular nicht unerheblich hineinschieben. Dann wird aber die Mitte zu scharf. Vermindert man die Grösse des Gesichtsfeldes, bis dieser Fehler unmerklich wird, so wird der Sehkreis zu klein und damit das Auffinden der Gegenstände schwierig. Das Kellnersche Okular hat diesen Fehler nicht; es zeigt sehr scharf und achromatisch; allein das Bild scheint auf einer gegen das Auge erhabenen Kugelfläche zu liegen, d. h. die Vergrösserung ist für die Mitte stärker als für den Rand - eine Gerade erscheint im Fernrohr bei excentrischer Lage, nicht wieder gerade. Ueberdiess ist die Vergrösserung des Kellnerschen Okulares sehr stark, so dass der austretende Lichtbüschel einen kleinen Durchmesser von circa 1/2 Linie besitzt und daher wenig Helligkeit giebt, wesshalb das

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