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evervent New Smyth.

Keiprig. Oct.22" 1849.

M. TULLII CICERONIS

DE NATURA DEORUM

LIBRI TRES.

ᎬᎡᏦᏞᎪᎡᎢ

VON

G. F. SCHOEMANN.

VIERTE VERBESSERTE AUFLAGE.

BERLIN,

WEIDMANNSCHE BUCHHANDLUNG.

1876.

HARVARD COLLEGE LIBRARY FRO THE LIBRARY OF HERBERT WEIR SMYTH

APR. 15, 1941

Vorwort.

Als ich vor mehreren Jahren aufgefordert wurde, Cicero's Bücher de natura deorum für die Weidmannsche Sammlung classischer Autoren zu bearbeiten, glaubte ich, dem Plane jener Sammlung gemäss, bei meiner Arbeit namentlich das Bedürfniss der Gymnasien, auf denen etwa diese Bücher gelesen würden, ins Auge fassen zu müssen, um theils den Schülern, theils namentlich auch den Lehrern die erforderliche Hülfe für das richtige Verständniss zu gewähren. Indessen habe ich Gelegenheit genug gehabt mich zu überzeugen, dass diese Bücher doch nur höchst selten und ausnahmsweise in den Kreis der Gymnasiallectüre gezogen werden, was ich denn auch aus naheliegenden Gründen nicht anders als begreiflich finde.

Als nun doch die beiden ersten Ausgaben meiner Bearbeitung, früher als ich erwartet hatte, vergriffen waren und eine dritte verlangt wurde, so glaubte ich dies als ein Zeichen ansehen zu dürfen, dass meine Arbeit auch wohl ausserhalb des Kreises, für den ich sie anfangs bestimmt hatte, manchen Anderen nicht unwillkommen gewesen sei, denen es um ein Hülfsmittel zu thun wäre, diese für die Kenntniss der alten Religionsphilosophie so wichtige Schrift leichter und besser verstehn zu können. Deswegen habe ich denn auch in der dritten, und ebenso in der gegenwärtigen vierten Ausgabe vorzugsweise die Sacherklärung im Auge gehabt, und dass ich für diese etwas mehr gethan habe, als irgend welche frühere Herausgeber, glaube ich ohne Anmaassung sagen zu dürfen, so sehr ich auch die anderweitigen Verdienste meiner Vorgänger anerkenne. Zu ausführlicher und erschöpfender Erörterung mancher Gegenstände war mir freilich, bei dem beschränkten Raume dieser Ausgabe, nur selten die Möglichkeit gewährt: ich musste mich meistens nur mit kurzgefassten Andeutungen begnügen, und dabei den Leser auf andere Schriften verweisen, aus denen er sich genauer unterrichten könnte. Da aber kurz vor dem Erscheinen meiner dritten Ausgabe eine mit zahlreichen Anmerkungen ausgestattete Uebersetzung von der Hand eines verdienstvollen und hochachtbaren Philologen erschienen war, die für eine gleiche Classe von Lesern, wie ich sie vor Augen hatte, bestimmt zu sein schien, so veranlasste mich dieser Umstand denn auch mitunter diese Arbeit zu berücksichtigen und dem, was mir als Irrthum oder Missverständniss vorkam, entgegen zu treten. Auch jetzt ist kurz vor dem Er

scheinen dieser vierten Auflage eine neue mit Erläuterungen versehene Uebersetzung hervorgetreten im 63. Bande von J. H. v. Kirchmanns Philosophischer Bibliothek (Berlin 1874): über diese aber habe ich hier nichts weiter zu sagen, als dass ich mich nicht veranlasst gefunden habe irgend welche Rücksicht auf sie zu nehmen. Wo also von mir die neueste oder jüngste Uebersetzung angeführt wird, ist immer nur an die im J. 1863 erschienene von R. Kühner zu denken.

Hinsichtlich der Textkritik wiederhole ich was ich schon früher gesagt habe, dass eine derartige kritische Recension, mit minutiöser Berücksichtigung auch der unbedeutendsten Varianten, wie man sie heutzutage wohl zu fordern pflegt, mir gar nicht in den Sinn gekommen ist. Das aber freilich versteht sich von selbst, dass ich nicht habe unterlassen dürfen, an manchen Stellen, wo ich die überlieferte Lesart aus sachlichen oder sprachlichen Gründen als falsch erkannte, die mir nöthig scheinenden Veränderungen des Textes vorzunehmen. Deswegen sind manche Coniecturen, bald eigene bald fremde, aufgenommen, deren Begründung, wo der untere Rand keinen Raum dafür bot, theils im Anhange zu dieser Ausgabe, theils in einer Anzahl akademischer Gelegenheitsschriften gegeben ist, die im dritten Bande meiner Opuscula abgedruckt sind, und auf die ich deswegen, wo es nöthig schien, verwiesen habe.

Schliesslich will icht nicht unterlassen ein Paar kleine Fehler anzuzeigen, die bei der Correctur des Druckes übersehen worden sind. S. 18 Z. 8 ist gründete zu lesen für gründet. S. 26 in den Anmerk. Z. 3 ist das v nach Arist. zu streichen. S. 36 Anmerk. 6. Z. 3 ist er für es zu lesen. S. 101 Z. 10 ad deos für ad eos. S. 107 unten Z. 1 allgemein für allein. Mehr habe ich jetzt nicht gefunden; denn dass an einigen Stellen der accus. plur. es stehen geblieben ist, wo der Consequenz wegen is hätte gesetzt werden müssen, ist wohl nicht der Rede werth. Wegen des S. 154 Z. 7 stillschweigend in den Text gesetzten arbitrato, statt des arbitrator aller Ausgaben, begnüge ich mich auf Neue's Formenlehre II S. 199 zu verweisen. Sollte aber vielleicht Jemand auch daran Anstoss nehmen, dass ich an dem altherkömmlichen Titel dieser Bücher de natura deorum festgehalten und die von Baiter gewählte Form de deorum natura verschmäht habe, so hat mich Vahlen in d. Zeitschr. f. d. österr. Gymn. XXIV (1873) S. 241 der Nothwendigkeit dies zu rechtfertigen überhoben. Greifswald im August 1876.

EINLEITUNG.

Cicero's Schrift vom Wesen der Götter ist, wie das zugänglichste, so auch das vollständigste der auf uns gekommenen Denkmale der antiken Religionsphilosophie, indem sie uns theils die Ansichten der älteren Denker auf diesem Gebiete in kurzen Zügen wenigstens andeutet, theils die Lehren derjenigen philosophischen Schulen, zu denen in späterer Zeit die grosse Mehrzahl der wissenschaftlich Gebildeten sich bekannte, in vollständigerer Auseinandersetzung darlegt. Es ist deswegen zweckmässig zur besseren Auffassung dieser Schrift den Leser zunächst durch einige einleitende Bemerkungen über die Religionsphilosophie der Alten überhaupt, und ihre verschiedenen Richtungen, vorzubereiten.

Die Religionsphilosophie geht auf Beantwortung der wichtigsten Fragen aus, die den menschlichen Geist beschäftigen, der Fragen über das Dasein und die Beschaffenheit der höheren unsichtbaren Mächte, von denen der Mensch, wie sich selbst und sein ganzes inneres und äusseres Leben, so die sichtbare ihn umgebende Welt abhängig und beherrscht fühlt. Sie findet freilich eine gewisse Antwort auf diese Fragen überall schon gegeben: die Religion, älter als alle Philosophie, kommt ihr mit einer Summe mehr oder weniger ausgebildeter Vorstellungen über jene höheren Mächte entgegen, an welche das Volk glaubt und seinen Glauben durch den Cultus, den es ihnen widmet, und durch das ganze Verhalten, zu dem es sich durch sie verpflichtet achtet, bethätigt. Aber wie überall, so auch auf diesem Gebiete, tritt in der geistigen Entwickelung der Völker eine Epoche ein, wo in den weiter vorgeschrittenen Geistern das Bedürfniss erwacht, welches der Anfangs- und Ausgangspunkt aller Philosophie ist, das Bedürfniss des Wissens. Man vermag den überlieferten Inhalt der Religion nicht mehr blos auf Glauben anzunehmen, sich nicht bei den herrschenden Vorstellungen zu beruhigen:

Cic. de nat. deor. 4. Aufl.

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