Page images
PDF
EPUB

stellen, welchen das bedingt zugewendete verblieben oder zugewendet wäre, wenn das Ausfallen der Bedingung von vornherein festgestanden hätte. 4

4. Leztwillige Zuwendungen unter unmöglichen oder unsittlichen Bedingungen werden wie unbedingte behandelt. Die Bedingung gilt als nicht zugefügt.

Dies war die Ansicht der Sabinianer, welche in das justinianische Recht überging, während die Prokulianer die Zuwendung als nichtig ansahen.5

84. Der Modus bei lettwilligen Verfügungen.

Der Erblasser kann Anordnungen über das treffen, was nach seinem Tode geschehen oder unterbleiben soll, ohne sie zu Bedingungen seiner Zuwendungen zu erheben. Sie haben einen sehr verschiedenen rechtlichen Charakter.

a) Sie können sich als bloße Wünsche und Rathschläge ohne rechtliche Verbindungskraft — nuda praecepta darstellen, z. B. wenn der Erblasser seinem Kinde in seinem lezten Willen einen gewissen Beruf empfiehlt.1

b) Sie bilden Vermächtnisse, wenn sie pekuniäre Vortheile Dritter bezwecken, und begründen dann die Vermächtnißklage, z. B. der Erb

2

4) Nach klassischem römischen Rechte hatten die Intestaterben keinen Anspruch auf die cautio, wenn einem testamentarischen Erben ex asse eine negative Potestativbedingung aufgelegt war; es wurde vielmehr die Bedingung als unmöglich erklärt, weil niemand da war, dem kavirt werden konnte. 1. 4 § 1 D. de cond. instit. 28, 7; vgl. freilich Arndts Schriften Bd. III S. 151. Die nov. 22 cap. 4 be stimmte aber bezüglich der Bedingung des Nichtwiederverheirathens, daß auch die Intestaterben kautionsberechtigt seien. Hierin ist nicht eine Singularität zu finden, sondern die Manifestation einer veränderten Rechtsanschauung, welche jezt allgemein maßgebend sein muß, vgl. Dernburg, Pfandrecht Bd. 1 S. 395.

5) Gajus Inst. III § 98, § 10 J. de her. inst. 2, 14, 1. 3, 1. 6 D. de condit. et dem. 35, 1. Vgl. Hofmann, kritische Studien S. 14. Der Satz scheint aus sehr alter Zeit zu stammen. Hofmann a. a. D. nimmt an, daß ihn die Prokulianer nur für Legate, nicht Erbeseinsehungen in Frage stellten. Wie er sich erkläre, darüber gehen die Ansichten sehr auseinander. Entweder kannte der Erblasser die Unmöglichkeit, dann ist die ganze Sache auf eine Verhöhnung des eingeseßten angelegt, und es wurde der Zusah gestrichen, um diesem für die Injurie eine Satisfaktion zu geben, so Hofmann a. a. D., 1. 14 D. de cond. inst. 28, 7. Oder der Erblasser kannte die Unmöglichkeit nicht. Dann ist es nicht unwahrscheinlich, daß er selbst, wenn er die Sachlage gekannt hätte, die Bedingung, namentlich wenn er durch_sie nur einen Druck zu einer Handlung oder Unterlassung des Honorirten ausüben wollte, gestrichen hätte.

1) Vgl. 1. 5 § 8 D. de adm. tut. 26, 7, 1. 71 pr. D. de cond. 35, 1.

2) 1. 2 C. de his quae sub modo 6, 45. Pfaff und Hofmann, Exkurse über das östr. b. Recht Vd. 2 S. 326. ›

lasser legt dem Erben auf, einem Miether, solange er lebt, die Miethwohnung im Hause des Erblassers nicht zu kündigen.

c) In anderen Fällen gestalten sie sich zum Modus, wenn sie nicht bedingend sind und doch den Honorirten rechtlich verbinden sollen. Dahin sind zu rechnen Anordnungen, welche die Person und das Gedächtniß des Erblassers betreffen, z. B. Bestimmungen über seine Briefschaften oder Manuskripte, oder für Dritte, z. B. das Publikum, von Wichtigkeit sind, etwa Oeffentlichkeit seiner Gemäldegallerie anordnen. Aber auch Anordnungen im Interesse des Honorirten selbst sind keineswegs immer, wie manche behaupten, bloß unverbindliche Rathschläge. Oft nimmt der Erblasser an ihnen ein selbständiges Interesse und erhebt sie zu Befehlen.*

Für die Ausführung des Modus haben die Erben besorgt zu sein, welche gerade auch in dieser Hinsicht den Erblasser vertreten.

Ist der Modus einem Legatar aufgelegt, so haben sie das Legat nur gegen Sicherstellung für dessen Ausführung auszuzahlen, können auch auf dieselbe Klagen. Miterben können gegeneinander auf Vollziehung bestehen, wenn der Modus allen oder einem der Erben aufgelegt ist, insbesondere dient die Theilungsklage zur Regulirung.5 Ist der Modus freilich einem Alleinerben aufgelegt, so fehlte es im römischen Rechte an einer zur Betreibung legitimirten Person.

3) Lestwillige Anordnungen, die nicht bestimmte Zuwendungen enthielten, konnten ursprünglich in Rom nur in der Form der Bedingung festgemacht werden. Sonst hatten sie wohl Autorität, aber keine Verbindungskraft. Allein in der Kaiser zeit ging das Bestreben dahin, in den Fällen, in welchen der Erblasser nicht bloß rathen, sondern befehlen wollte, die Auflage auch rechtlich zu erzwingen, soweit dies mit Sittlichkeit und öffentlichen Interessen vereinbar war. 1. 17 § 4 D. de cond. et dem. 35, 1. Dies spricht sich am entschiedensten in dem Schlußsaße der 1. 7 D. de annuis legatis 33, 1 aus, wo im Anschlusse an die Verfügung des Erblaffers, daß seine Kinder bei ihrer Mutter erzogen werden sollen, bemerkt wird: et in omnibus ubi auctoritas sola testatoris est neque omnimodo spernenda neque omnimodo observanda est. sed interventu judicis haec omnia debent, si non ad turpem causam feruntur ad effectum perduci. Nimmt man an, was sehr wahr scheinlich ist, daß die leßten Worte von den Kompilatoren herrühren, so ergiebt sich gerade hieraus um so bestimmter die Absicht der justinianischen Kompilation.

4) Dieser Punkt ist besonders streitig. Anordnungen im Interesse der Honorirten selbst werden mehrfach als Beispiele für nuda praecepta erwähnt, 1. 71 pr. D. h. t. de cond. 35, 1, 1. 114 § 14 D. de leg. I. Wo aber der Erblasser nicht bloß rathen, sondern befehlen wollte, weil er mit der im Interesse des Honorirten getroffenen Bestimmung zugleich ein eigenes ideales Intereffe verfolgte, da greift nach 1. 7 D. de annuis leg. oben Anm. 3 dennoch rechtlicher Zwang ein. Es ist dies unter anderem auch anzunehmen, wenn der Testator verfügt hat, daß die Nuzungen der Erbschaft zum Unterhalte des Erben verwendet und daß dieselbe dem Zugriffe der Gläubiger desselben entzogen sein soll. Seuffert, Archiv Bd. 30 n. 43, anders Bd. 32 n. 155. Vgl. freilich R.G. Bd. 16 S. 185, hierüber unten § 126. 5) 1. 18 § 2 D. familiae erciscundae 10, 2.

Doch kann die Obrigkeit interveniren, wenn ein öffentliches Interesse konkurrirt.®

Heutzutage kann der Erblasser einen Testamentsexekutor bestellen, welcher für die Vollziehung des Modus zu sorgen hat."

Viertes Kapitel.

Die Erbeseinsehung.

I. Die Erbeseinsehung im allgemeinen.

§ 85. Die Erfordernisse der Erbeseinsehung.

Testamentserbe ist, wen der Erblasser zu seinem unmittelbaren Universalsuccessor ernennt.1

1. Die technische Bedeutung der Bezeichnung als Erbe ist dem Laien wenig geläufig. Der deutsche Sprachgebrauch wendet die Worte ,,vermachen“ und „erben" fast unterschiedslos an. Bei der Auslegung der Testamente ist folglich für die Frage, ob ein Honorirter Erbe ist, weniger auf diese Ausdrücke, als auf den Sinn Gewicht zu legen, der aus der Verfügung im Ganzen spricht.?

2. Gültig eingesezt werden können nur Erbfähige; die Erbschaft erwerben nur Erwerbfähige

capaces.

3

Gemeinrechtlich sind alle Personen crbfähig. Nur was nicht Person ist noch werden kann, ist nicht einsehungsfähig, also z. B. Thiere oder verbotene Vereine.

Zahlreiche Klassen von Personen waren in Rom erwerbunfähig incapaces. In der klassischen Kaiserzeit war dies vielfach aus socialpolitischen und aus fiskalischen Gründen bestimmt. Insbesondere waren nach der lex Papia Poppaea dic caelibes und orbi, d. h. wer nicht, wie das Gesetz verlangte, verheirathet und im Besize von Kindern war, theils ganz, theils halb unfähig, aus Testamenten Fremder zu erwerben. Das ungültig hinterlassene

[blocks in formation]
[ocr errors]

das caducum fiel in erster Linic anderen im Testamente ernannten, welche Kinder hatten, und in zweiter Linie dem Fiskus anheim. 4

Die politischen und fiskalischen Inkapacitätsgründe und die Lehre des caducum überhaupt 56 sind im justinianischen Rechte beseitigt. Das geltende Recht kennt nur Fälle beschränkter Kapacität aus familienrechtlichen Gründen:

a) Wer eine neue Ehe eingeht, während er aus einer früheren Descendenten hat der parens binubus darf dem neuen Ehegatten weder von Todeswegen noch durch Liberalitäten unter Lebenden mehr zuwenden als dem mindest bedachten - nicht undankbaren Kinde, beziehungsweise Kindesstamme früherer Ehe. Für die Bemessung ist die Zeit des Todes des binubus maßgebend.

Das zuviel zugewendete wird unter die Kinder — beziehungsweise den Kindesstamm der früheren Ehe gleich vertheilt."

[ocr errors]

b) Wer legitime Descendenz hinterläßt, kann seinen unehelichen Kindern und deren Mutter zusammen nicht mehr von Todeswegen oder durch Liberalitäten unter Lebenden vermachen, als ein Zwölftel seines Nachlasses. Justinian bestimmte dies für Fälle des Konkubinats, die Praxis wendet es auf alle unehelichen Verhältnisse überhaupt an. Das zuviel vergebene fällt an die legitimen Erben des Erblassers.

§ 86. Ernennung von Miterben,1

Der Erblasser kann beliebig viele Erben ernennen, die sich in den Nachlaß zu theilen haben.

In Rom legten Erblasser und Juristen bei der Bemessung der Theile gewohnheitsmäßig die Uncialrechnung, demnach das Duodecimalsystem, zu Grunde. Der gemeinsame Nenner war also regelrecht das

4) G. Hartmann, Zeitschrift für Rechtsgeschichte Bd. 5 S. 219.

5) Ueber andere Kaducitätsfälle vgl. unten § 93.

6) 1. un. C. de caducis tollendis 6, 51.

7) 1. 6 C. de secundis nuptiis 5, 9, nov. 22 cap. 27 und 28. Die zuweilen vertheidigte Ansicht, daß das zu viel Hinterlassene unter die Descendenten und den überlebenden Ehegatten zu theilen sei, ist zwar rationell, entspricht aber nicht den Quellen. Vangerow Bd. 1 § 227 Anm. 1 I. b.

8) Nov. 89 cap. 12. Der Konkubine allein konnte in dem Fall nur Erbschaft zugewendet werden.

9) So R.G. Bd. 8 S. 119. Dort findet sich die Litteratur der Frage. 1) Tit. Inst. de heredibus inst. 2, 14 Dig. 28, 5.

1

der

24

[ocr errors]

Zwölftel die uncia. Bei den neueren besteht ein fester Gebrauch nicht, sie wählen beliebige Theile nach Ermessen und Willkür, namentlich auch aus dem Decimalsystem, z. B. ein Fünftel.

Der Erblasser fann den Miterben ausdrücklich Theile zuweisen heredes cum partibus scripti; er fann auch von einer besonderen Zuweisung von Theilen absehen

heredes sine partibus scripti. Theile müssen aber auch solche Erben erhalten, sonst sind sie nicht Erben.

Fehlt es an einer ausdrücklichen Vertheilung oder ist sie inkorrekt, so muß die Jurisprudenz die Theile im vermuthlichen Sinne des Testators feststellen.

1. Erben sine partibus gelten in der Regel als zu gleichen. Theilen ernannt.3

[ocr errors]

Die Absicht ungleicher Vertheilung kann aber durch Verbindung erklärt sein. conjunctio

Die Verbindung kann sein:

a) bloß sachliche - re tantum conjunctio, wenn mehrere Erben auf dieselbe Portion, aber in verschiedenen Säßen eingesezt sind, z. B.: A. soll Erbe zur Hälfte sein, mit ihm seine Frau B., der C. soll dagegen die andere Hälfte haben.

b) sachliche und zugleich sprachliche re et verbis conjunctio, wenn nämlich mehrere Erben in demselben Saße auf dieselbe Portion eingesezt sind, z. B. A. und B. sollen zusammen die eine Hälfte meines Nachlasses haben, und C. die andere, oder: meine Erben sollen sein 1. A. und B. und 2. der C.1

c) bloß sprachliche verbis tantum conjunctio, wenn mehrere Erben in einem Sage genannt sind, ohne daß doch die Verbindung als sachliche erscheint, z. B. A. und B. sollen meine Erben sein, ebenso auch der C.

2) l. 5 J. h. t. 2, 14. Hereditas plerumque dividitur in XII uncias, quae assis appellatione continentur: habent autem et hae partes propria nomina ab uncia usque ad assem ut puta haec: sextans, quadrans, triens, quincunx, semis, septunx, bes, dodrans, dextans, seunx, as.

3) § 6 J. h. t. 2, 14, l. 9 § 12 D. h. t. 28, 5. Selbst für den Fall gilt dies in der Regel, daß der Erblasser den Erben auf ihren Erbtheil einzelne Objekte verschiedenen Werthes oder verschiedener Theile an bestimmten einzelnen Objekten zugewiesen hat. Siehe unten § 87 3iff. 2. 1. 9 § 13, 1. 10, 1. 35 pr. § 1 und 2 D. h. t. 28, 5.

4) l. 142 D. de V. S. 50, 16. Paulus libro 6 ad legem Juliam et Papiam: Triplici modo conjunctio intellegitur: aut enim re per se conjunctio contingit aut re et verbis aut verbis tantum nec dubium est, quod conjuncti sunt, quos et nominum et rei complexus jungit veluti „Titius et Maevius ex parte dimidia heredes sunto" vel ita Titius Maeviusque heredes sunto...

Dernburg, Pandekten. III.

11

« PreviousContinue »