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geachtet wird ihr die Rückforderung wegen der pietatis causa versagt. Bei der Bestimmung aber, was hierunter zu verstehen sey, bietet sich scheinbar mehr als eine Möglichkeit dar. Es könnte nämlich einerseits die pietatis causa einfach in einer Begünstigung der dos überhaupt, wie sie auch anderwärts hervortritt 96), gefunden werden, und so scheint Mevius 97) die Sache genommen zu haben, indem sich bei ihm der allgemeine Say findet :

ob dotem solutam cessat condictio indebiti. L. cum is qui 32. §. mulier 2. de cond. ind.

Auf der anderen Seite wird behauptet, es müsse die Frau, welche die dos bestellt, entweder eine der Ehefrau sehr nahe verwandte Person gewesen seyn, weil sie sich dazu für rechtlich verpflichtet hielt, nach der Meinung von Sintenis 98) etwa die Mutter oder Großmutter 99), oder es stehe (nach der Meinung eben desselben) auch nichts entgegen, die Ehefrau selbst zu verstehen. Wir finden es nun hier durchaus unbedenklich, uns gegen eine so weit reichende Begünstigung der dos, wie sie nach der ersten Meinung statuirt wird, zu erklären, und treten der anderen Meinung mit der Maßgabe bei, daß wir mit Unterholzner 100) unter mulier nur die Mutter verstehen. Als Gründe hierfür machen wir geltend, daß die

**) J. H. Böhmer, Exercitatt. ad Pand. Tom. III, p. 375.

7) Decision. II, 190. not. 5.

98) Band II, S. 15.

"") Von der Mutter oder Großmutter" versteht die Stelle auch Glück, Bd. XIII, S. 97, von diesen „oder anderen nahen Verwandten“: Weber, natürl. Verbindlichkeit §. 99. 2, von der Ehefrau selbst: Voet. ad Pand. XIII, 6. §. 16. Göschen, VorLesungen §. 638. Bd. II. Abtheil. 2, S. 663 und Wening-Ingenheim, §. 375. Bd. III, S. 25 (ed. 5.).

100) Bd. II, S. 30.

=

Mutter unter Umständen (ex magna et speciali causa) sogar civiliter zur Dotation verpflichtet ist 101), während die Frau nicht einmal aus einem unbestimmten Dotal - Versprechen haftet 102), und in Bezug auf die Großmutter oder andere nahe Verwandte vollends kein Anhaltspunkt mehr gegeben ist, weßhalb sie hierher gezogen werden sollten. Von der Mutter also verstehen wir die hier fragliche Stelle und erkennen in dem Schluffe derselben eine wirkliche obligatio naturalis 103) zur Bestellung einer Mitgift. Wenn dagegen Sintenis behauptet, die Stelle spreche in den Schlußworten . . . offenbar denselben allgemeinen Sag aus, von dem in den übrigen (von ihm citirten) Stellen auf Leistungen ex pietate Anwendung gemacht werde, während in ihrem Fall bestimmt nicht ex pietate gezahlt sey, so können wir das Erstere keinesweges ohne Weiteres zugestehen. Wir vermögen nämlich nicht anzuerkennen, daß die,, Regeln der Sprache" dagegen streiten, "ex qua« für propter quam zu nehmen, und daß somit jenes ex qua nur auf solutum nicht auf repeti non potest bezogen werden könne. Vielmehr finden wir das Legtere nicht blos nach den Regeln der Sprache zulässig, indem wir nur an das bekannte "ex quo“ in der Bedeutung von „ex quo fit, ut" erinnern 104), sondern wir halten es auch unter jener Voraussetzung für unbedingt geboten, so und nicht anders zu construiren, weil andernfalls die Stelle nach Sintenis eigener Behauptung einen „klaren logischen Widerspruch“ enthält, wodurch sie „für uns allen Werth verlieren soll". Zu dieser Annahme eines inneren

101) Unterholzner, Bd. II, S. 430.

10) L. 1. (coll. L. 3.) C. 5, 11. Unterholzner, Bd. II, S. 432. (426.), besonders aber AvERAN. Interpret. jur. IV, 15, 8–10. 108) Unterholzner, Bd. 1, S. 30. Weber, natürl. Verbindl. §. 99. 2.

104) Vergl. z. B. CICERO de Leg. I, 8, 24: „,ex quo vero vel agnatio nobis cum coelestibus vel genus vel stirps appellari potest", d. h. ,,inde fit, ut appellari possit". HAND, Tursellinus. Vol. II, p. 639.

Widerspruchs und demgemäß der Werthlosigkeit der Stelle können wir uns nicht veranlaßt finden, und sehen auch nicht ab, was eine Natural-Obligation der Mutter zur Bestellung einer (auch anderweitig begünstigten) dos zumal dann noch Bedenkliches haben sollte, wenn sie auf den Fall eines wirklichen Bedürfnisses beschränkt wird. Zum Schlusse mag nun hier noch, was Donellus über das besprochene Fragment commentirt, eine Stelle finden. Derselbe schreibt in dem Commentar. jur. civ. Lib. XIII, c. 2. p. 562 :

Pietatis causa obligationem naturalem habet in paren-
tibus, qua illi obtringuntur ad dotem filiae dandam.
Hi si filiam habent in potestate coguntur lege Julia
per praesides provinciarum eam in matrimonio collo-
care et dotare. leg. capite 19. D. de ritu nupt.
Quod si in potestate non habent, ut si filia sit eman-
cipata, aut si sit mater, a qua dos postulatur, ad eos
quidem lex superior non pertinet: ut hic nulla sit
adversus eos actio. Sed nihilominus pietatis jure
dotem filiae debere existimantur, proinde natura,
seu jure gentium, a quo pietas et charitas. 1. 2.
1. 3. D. de just. et jur. Hinc natura debitum :
hinc naturalis obligatio. Id significat Julianus in I.
cum is S. penult. D. de cond. indeb.: cum ita
scribit, si mulier in ea opinione . . . repeti
non potest. Et si igitur initio de muliere gene-
raliter loquitur tamen ratio subjecta declarat sentire
eum de muliere, in quam cadit pietas, quod est pro-
prium parentum erga liberos in dote danda.
matre ergo loquitur . . . . Cum autem hanc mulierem
negat repetere, quidquid dotis nomine dederit etiam
per errorem existimans se obligatam, satis indicat
illam obligationem naturalem, quam hic ad dotem
dandam subesse diximus.

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De

IV.

Aphoristische Bemerkungen.

Von Herrn Professor Dr. Arndts in München.

1) 3u L. 66. D. de iure dot. 23. 3. und §. 3. J. de usufructu 2. 4.

Ueber die vielbesprochene L. 66. cit. enthält Bd. XIII, 7. dieser Zeitschrift (erster Folge) S. 141-145 einige Bemerfungen von Löhr, deren Resultat dahin geht, daß diese Stelle die in §. 3. J. cit. beantwortete Frage gar nicht berühre. Im Widerspruch damit sucht in Bd. II, 2. (neuer Folge) S. 53 bis 68 Dernburg auszuführen, daß der Saß der Institutionen: "nam extraneo (sc. usumfructum) cedendo nihil agit" die Möglichkeit der Uebertragung des Ususfructus auf einen Andern, die er aus andern Gründen behauptet, keineswegs verneine, sondern nur ausspreche, daß diese nicht die Beendigung des Ususfructus bewirke. Gegen beide Ausführungen habe ich einige Einwendungen zu machen.

Löhr scheint mir vorerst der scharfsinnigen Untersuchung von Puggé ) Unrecht zu thun, wenn er ihr vorwirft, sie

') Rhein. Muf. I. S. 143–157.

wolle beide Stellen von der in iure cessio verstehen, was für das Justinianische Recht durchaus unmöglich sey; denn Puggé bemerkt am Ende seiner Abhandlung ausdrücklich, daß im neueften Recht an die Stelle der in iure cessio cine simple Conceffio getreten sey; er geht nur von der Annahme aus, daß sowohl in der Stelle des Pomponius als in der Quelle, welche die Verfasser der Institutionen bei S. 3. cit. vor Augen hatten, von der in iure cessio die Rede gewesen sey. Das legte ist auch unzweifelhaft, wenn wir GAI. II. 30. mit §. 3. vergleichen 2). In L. 66. 3) aber will Löhr dies nicht zugeben, vielmehr das cedere schon nach dem ursprünglichen Sinn der Stelle als bloßes concedere verstehen. Er erklärt die Stelle folgender Maßen: Der Mann ist verpflichtet, den ususfructus in dotem datus unentgeltlich an die Frau zurückzugeben. Dies sey schwierig. Wirkliche Restitution des Ususfructus als einer persönlichen Servitut sey nicht möglich. Unentgeltliche Gestattung des Gebrauches nicht passend, da hier von keinem Geschenke die Rede ist und die Form eines andern Geschäfts mangelt", nicht genügend, weil diese Art der Restitution nach damaligem Recht höchstens auf zwei Jahre der Frau den Ususfructus sichern konnte, da sie doch auf keinen Fall als

2) GAI. I. c. Ipse usufructuarius in iure cedendo domino proprietatis efficit, ut a se discedat et convertatur in proprietatem; alii vero in iure cedendo nihilominus ius suum retinet; creditur enim ea cessione nihil agi. §. 3. J. cit. Item finitur ususfructus, si domino proprietatis ab usufructuario cedatur: nam cedendo extraneo nihil agit.

*) Si ususfructus fundi, cuius proprietatem mulier non habebat, dotis nomine mihi a domino proprietatis detur, difficultas erit post divortium circa reddendum ius mulieri, quoniam diximus usumfructum a fructuario cedi non posse nisi domino proprietatis, et si extraneo cedatur, id est, qui proprietatem non habeat, ad eum transire, sed ad dominum proprietatis reversurum usumfructum.

nihil

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