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andererseits der Cedent nicht vermag. Das Gegentheil von confessio, die Bestreitung, kann nimmermehr als confessio in jure behandelt werden; etwas Anderes, ein Mehr von Widerstand, denn Schweigen, ist das Verneinen, und Wer weiss, ob nicht die litterae singulares des Probus quando) n(eque) a(is) n(eque) n(ega)s auf den Fall des Schweigens auch in unserer Legisactio gehen, wonach es ganz sicher wäre, dass Verneinen allerdings in Betracht kommt. Lässt sich sonach die Nothwendigkeit der Vertheidigung mit Eigenthumsbehauptung für den Theil der Legisactio, den man das Vindicationsverfahren nennen kann, nicht erweisen, indem vielmehr umgekehrt wahrscheinlich ist, dass auch im Fall der Verneinung der klägerischen Behauptung der Process seinen Fortgang nahm dann muss sich jene Nothwendigkeit im eigentlichen Sacramentsverfahren, bei der sacramento provocatio und bei der Urtheilsfällung erweisen; und zwar muss sie sich von selbst erweisen, sie darf nicht, wie vorgekommen ist, in dieses Verfahren hineingetragen werden. (Aus dem übrigen, zwischen vindicatio und sacramento provocatio liegenden Theil der Legisactio wird in § 25 argumentirt werden). Lässt sich dagegen die sacramento provocatio wie die Urtheilsfällung bei der in rem actio so gut wie bei der in personam quellenmässig construiren, ohne dass positive Behauptung des Beklagten nothwendig vorausgeht: dann müssen wir uns von dem Dogma der Nothwendigkeit lossagen, lossagen auch für den Fall, dass ein unten (§ 16) Anzuführendes dafür spricht, dass Gaius aus dem Munde des Beklagten die gleichen Worte wie aus dem des Klägers kommend denkt. Denn es ist weder römische Art, noch überhaupt annehmbar, weil wider die Zweckmässigkeit, welche den Process regiert, dass der

Rechtsweg an einer Stelle einer Einschränkung unterworfen sei, welche Einschränkung nicht nur im Verfahren selbst keine Consequenzen, also keine praktische Bedeutung zeigt, sondern auch ausserhalb desselben die mancherlei Bedenken verursacht, die im § 2 geäussert worden sind. Endlich dürfen wir auch nicht vergessen, dass es sich um eine Abnormität des römischen Rechts handelt, die wie jede Gründe von besonderem Gewicht muss für sich geltend machen können, ansonst die Wagschaale nach der Seite des Normalen sinkt.

§ 12.

In dem Bericht über die Erwiderung des Beklagten auf die provocatio des Klägers folgt nach Studemunds Apographum dem abgekürzten similit mit durchstrichenem t, was similiter bedeutet (s. z. B. p. 51 v. 17. 130, 17. 171, 18. 178, 3. 182, 4. 201, 24), ein et, also dass similiter et ego te zu lesen ist. Similiter ist aber nicht vom Beklagten gesprochenes Wort, sondern Adverb zu dicebat, geht also vom Referenten aus. Daran nimmt im Voraus Keiner Anstoss, der sich erinnert, dass die Handschrift ipsissima verba, nicht durch Majuskeln auszeichnet, und wenig Interpunction, z. B. auch nicht vor den Provocationsworten des Klägers kennt. Ferner ist mit et und folgendem persönlichem Fürwort beginnende Erwiderung sehr gewöhnlich, vgl. z. B. für et tu: Plaut. Aul. 2, 1, 54. Cas. 3, 2, 11. Poen. 5, 4, 98, für et ego und et nos: Cist. 4, 2, 58. Miles 4, 4, 2. Rud. 4, 3, 86. 4, 4, 11. Bach. 1, 1, 45. Curc. 5, 2, 59. 5, 3, 9. Menaech. 5, 9, 35. Die richtige Abtheilung findet sich längst in Scheurl's Institutionen. Als zuerst Dernburg in der Heidelberger Krit. Zeitschr. 1, 468 bemerkt hatte: „si

militer war schwerlich Formelwort", scheint dies von Keller, Civ.Pr. N. 214 und Muther, Sequestration und Arrest 137 N. 1 als Bezweifelung von similiter verstanden und, weil ohne Begründung und positiven Vorschlag auch von Anderen nachher nicht beachtet worden zu sein: im Gegentheil fehlt similiter in keinem der verschiedenen mit und ohne Gaius construirten Formulare. Similiter im Munde des Beklagten kann nicht auf das bezogen werden, was der Kläger ausser provoco sagt, weil dies unbestimmt, leer und unanschaulich wäre, und nur als Adverb eines zu ergänzenden provoco ist es entweder müssig, oder der Ausdruck eines Urtheils über eine gegenwärtige Thätigkeit des Urtheilenden, was Beides im Formelwesen unerträglich ist. Dagegen passt es in den Mund des Referenten, von dem es schon vorher gebraucht war (eadem similiter dicebat) u. s. w. Den Worten Et ego te folgt in der Handschrift abgekürzt scilicet; dies kann an sich sehr wohl zum Vorausgehenden gezogen werden und dann als ,,nämlich" oder ,,natürlich" sammt den gesprochenen Worten et ego te die Erläuterung oder Ausführung von dicebat similiter abgeben, wodurch zugleich ausgedrückt wäre, dass es bei et ego te für die Antwort bewendet. In diesem Falle aber wie in dem gänzlich auszuschliessenden, dass scilicet als gesprochenes Wort aufgefasst wird, würde dem nachfolgenden lasses sacramenti nominabant (worin jedoch wohl nicht Ziffer sein muss) alle Verbindung entzogen. Schlägt man dagegen scilicet zu diesem Nachfolgenden, so hat es einen Hauptsatz einzuleiten, eine Function, die es in den Schriften des Gaius niemals versieht, und ferner ist auch der daraus sich ergebende Sinn unbrauchbar. Ich möchte es daher doch zum Vorausgehenden nehmen und zugleich bedenken, dass schon Goeschenius plura intercidisse arbi

trabatur (Heffter, Gaii Inst. Comm. IV p. X). Zu Conjecturen aber und weiterer Erörterung ist hier kein Anlass.

§ 13.

Es ist, soweit ich sehe, gleichgültig für unsere Aufgabe, aus der Gestalt der s. g. sacramento provocatio und des Urtheils Argumente für die zu prüfende Anomalie zu gewinnen, welche Bedeutung man dem sacramentum in der sacramenti actio beilegt. Wider die gemeine, auf Gaius' profane Schilderung gebaute Auffassung ist neuerdings von Huschke (Multa, Cap. VI) mit reicheren Mitteln, denn zuvor (von Anderen vorzüglich Danz, d. sacrale Schutz) und mit glänzendem Combinationstalent in tiefer und umfassender Weise diejenige fundirt worden, welche vom sacramentum als eidlicher Handlung (Festus) ausgehend den Civilprocess auf Erden nicht ohne ein religiöses Verfahren möglich denkt, bei dem ursprünglich die Gottheit jedes Mal durch einen falschen Eid gekränkt und zur Rache getrieben, der falsch Schwörende aber nur durch Hingabe eines Theils seiner Habe (Eidesstrafe) an die Gottheit vor den Folgen ihres Zornes bewahrt und in den Bund der Reinen wieder aufgenommen wird. Obwohl nämlich seine Darstellung stellenweise ein Vorzug historischer Darstellungen im Colorit der Zeit, der sie gilt, des grauen Alterthums erscheint, so dürfte doch für die hier wesentlichen Punkte, die Form des Eides und die Form des Urtheils so Viel erhellen, dass jene ohne äusseres Zeugniss, bei dieser der Verfasser sich schwerlich selber treu geblieben ist. vgl. § 15. Inzwischen möchte ich drei Bedenken geltend machen.

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Huschke bemerkt S. 380, dass die früher von ihm

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vertheidigte Auffassung, das militärische und das gerichtliche Sacrament „auf die gemeinsame Idee zurückzuführen, dass nach alt-Römischer Ansicht kein strenger Rechtsstreit ohne eine Heiligung der Parteien habe geführt werden dürfen“, könne eine nähere Prüfung nicht bestehen. Das Ungenügende derselben sei von Puchta ausgesprochen worden, womit wohl dessen Kritik (Inst. § 161) „dies. scheint mir eine traumartig mengende Phantasie" gemeint ist. Wenn nun dafür dem Leser als Ersatz ein anderer Gesichtspunkt versprochen wird, von welchem aus der gesuchte höhere Zusammenhang beider Institute hervortritt: muss er dann, wenn es S. 381 heisst der Grund für das militärische sacramentum lag nun offenbar in der Natur des Kriegs in seiner Beziehung auf das Recht. Der Krieg als ein zum Schutz und zur Durchsetzung des Rechts der Staatsgenossen eintretendes Verfahren nach aussen (vgl. auch S. 421 in der Note No. 5), S. 382 (statt anderer Stellen) dass in allen Streitfällen mit Bürgern über ein im Inneren des Staats gewährtes Recht... die Rechtsbehauptung beziehungsweise Bestreitung . . . stets durch eidliche Behauptung so zur Entscheidung durch die Obrigkeit als Vertreterin der im Eide angerufenen Gottheit gebracht werden (muss), dass die Schwörenden für den Fall ihres Unrechts sich selbst sacrieren... und endlich S. 385 hieraus ergibt sich gleichen Princips,

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nun zunächst die wahre Natur des welches dem militärischen und dem gerichtlichen sacramentum zu Grunde liegt. Es besteht in dem Grundsatze, dass der Bürger für sein Handeln so oft sich der Gottheit eidlich heiligen müsse, als dasselbe die Existenz des Staats selbst unmittelbar berührt, was nach den beiden Richtungen, in denen die Existenz des Staats sich vollzieht, auch nur in zwei Fällen geschehen kann“ .: muss dann

Lotmar, Zur 1. a. sacr. in rem.

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