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gericht gedacht wird. Ueberdies ist Cicero selten witziger, als in jenem Capitel, und ohne den Spott wären wir um eine reiche Quelle ärmer. Cicero schlägt als Verfahren für den Eigenthumsstreit vor: Fundus Sabinus meus est: immo meus: deinde judicium. Was er vorschlägt, ist nicht in Geltung, sonst er es nicht vorschlagen würde. Was er vorschlägt, kann ganz, kann auch zum Theil nicht in Geltung sein. Mit Kenntniss des Geltenden können wir bestimmen, ob Was er vorschlägt ganz, oder aber zum Theil und zu welchem Theil nicht in Geltung ist. Ohne Kenntniss des Geltenden können wir dies nicht bestimmen. Ueberliefertermassen hat der Kläger auch gesagt Fundus S. meus est, überliefertermassen hat er aber auch noch mehr gesagt. Dass der Verklagte auch gesagt hat Immo meus, ist nicht überliefert. Demnach wissen wir nicht, ob Cicero dem Verklagten andere Worte, oder weniger Worte in den Mund gelegt hat, als im geltenden Verfahren vorkamen; voreingenommen ist also Stintzing a. a. O. S. 20,,das Wesentliche der LA...." Unterstellen wir selbst den Fall, dass er die Wortzahl der Beklagtenrolle verringert hat, dann sind wir noch im Dunkeln darüber, ob das meus so nothwendig war, dass, Wer in anderer Weise widersprach, darum unterliegen musste. Also kann Cicero's Vorschlag uns nicht über das Geltende belehren. Wie so er nun zu diesem Vorschlag gekommen, dass dieser nicht vom Juristen, sondern vom Rhetor in ihm dictirt ist, der mit immo meus eine kunstgerechte Depulsio gab, scheint mir deutlich aus de Inv. Rhet. II 21 hervorzugehen. Aus dem weiteren Bericht in Mur. 12 könnte man noch ein anderes

Argument entnehmen wollen. Die Worte Fundus qui est in agro qui Sabinus vocatur, eum e. j. Q. meum esse ajo. Inde ibi ego te ex jure manum consertum voco

und Únde tu me ex jure manum consertum vocasti, inde ibi ego te revoco haben durch Karlowa (Beitr. 8 u. 9 vgl. LA. 79 u. s. auch Huschke, Zeitschr. f. RG. 7, 185.) eine höchst plausible Deutung erhalten. Er versteht unde und inde nicht local, sondern causal, und nimmt ferner revocare nicht örtlich, sondern im Sinn von vicissim vocare, wieder, auch seinerseits rufen. Der Kläger sagt danach: ich behaupte Eigenthum, aus diesem Grunde voco. Der Beklagte erwidert: Aus welchem Grunde vocasti, aus dem Grunde revoco. Dazu passt nur nicht die Deutung, die Karlowa dem zweiten inde gibt:,,weil auch ich Eigenthümer des von dir bezeichneten Fundus zu sein. behaupte"; in der Sache ebenso Huschke a. a. O. S. 187. Wenn der Beklagte von eben daher (causal) revocat, von woher (causal) der Kläger vocavit, so muss er es thun, weil der Kläger Eigenthümer zu sein behauptet hat, denn daher hat der Kläger gerufen, während der Beklagte nicht Eigenthum behauptet hat, somit nicht daher revocare kann. Dass der Beklagte den Kläger ex jure manum consertum revocat, weil der Kläger Eigenthum an Sabinianus behauptet hat, hat den guten Sinn, dass er (der Beklagte) diese Behauptung bestreitet; des Klägers Behauptung ist ihm Grund sich auf das manum conserere einzulassen, damit aber gibt er die Behauptung nicht zu, sondern verneint sie. s. auch § 14. Wenn die Römer dem inde... revoco des Beklagten hätten den Sinn geben wollen, in dem Karlowa es nimmt, dann hätten sie, die in den Formeln der Legisactio alle Zweideutigkeit ausschliessen man denke an die Peinlichkeit im Gebrauch der persönlichen Fürwörter den Beklagten die Worte. des Klägers wiederholen und nur statt voco revoco sagen lassen: dann wäre zweifellos das Causalverhältniss vorhanden, das Karlowa jetzt ausgedrückt glaubt. Für die

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hier vertretene Deutung dagegen konnten, wenn inde .... revoco anzuwenden war, andere Worte nicht gewählt werden. Zudem sind unde und inde viel zu anschaulich, als dass damit auf die Grundgattung (Eigenthumsbehauptung in abstracto, auch eine zu denkende des Beklagten begreifend) und nicht auf den concreten Umstand, welcher das Motiv abgibt, gewiesen sein könnte. - Auch in diesem Theil spricht also Cicero nicht gegen die Möglichkeit der Rechtsverneinung seitens des Beklagten.

§ 6.

Puchta (Institutionen § 232 zu N. g.) hat die seitdem von Vielen gebilligte Vermuthung geäussert, dass die in 9 D 6,1 von Ulpian berichtete und verworfene Ansicht des Pegasus und einiger anderer Juristen, wonach die rei vindicatio nur gegen den Interdictenbesitzer angestellt werden könne, sich von der einstigen Nothwendigkeit herschreibe, dass der Beklagte im Sacramentsprocess auch seinerseits Eigenthum behaupte. Wenn anderweitig festgestellt ist, dass hier der Beklagte Eigenthum behaupten musste, dann kann vielleicht dieser Rechtszustand zur Erklärung jener Ansicht beitragen. Es kann aber daraus, dass (nach Einigen) nur der Interdictenbesitzer der rechte Beklagte im Eigenthumsprocesse ist, nicht geschlossen werden, dass der Beklagte Eigenthum behaupten musste. Denn die Ansicht, dass nur der Interdictenbesitzer der rechte Beklagte sei, ist auch möglich, wenn der Beklagte nicht Eigenthum behaupten muss. Pegasus und Genossen mochten meinen, dass Der nicht der rechte Beklagte im Eigenthumsstreit sein könne, der nicht einmal den Besitz streitig zu machen im Stande sei. Ausserdem wird nach Ansicht jener Juristen der

Lotmar, Zur 1. a. sacr. in rem.

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Interdictenbesitz von der rei vindicatio umspannt (complecti): es gibt aber Interdictenbesitzer, welche nicht Eigenthum behaupten können (vgl. z. B. o. § 2 z. E.); dies scheint auch Puchta in der electiv neben die angeführte gestellten Vermuthuug bemerkt zu haben. Ist, m. a. W., der Interdictenbesitz zureichende Voraussetzung der Belangbarkeit, dann sind nach Pegasus Personen belangbar, welche nicht Eigenthum behaupten können. Ferner wird der Zusammenhang zwischen der Beschränkung der rei vindicatio auf den Interdictenbesitz und der angeblichen Nothwendigheit der Eigenthumsbehauptung in der Legisactio dadurch gestört, dass die Meinung des Pegasus zu einer Zeit geäussert wird, da das Formularverfahren schon zwei Jahrhunderte in Uebung war. In diesem wie im älteren Sponsionsverfahren lag dem Beklagten nicht ob in jure eine positive Rechtsbehauptung aufzustellen. Wäre nun der Detentor nicht belangbar gewesen wegen der Process form, unter der Herrschaft der Legisactionen, so hätte seine Belangbarkeit schwerlich verneint werden können, sicherlich nicht verneint werden sollen, nachdem das Hinderniss der Form weggefallen war. Unterstellt man also auch, dass wider den Detentor die Eigenthumsklage als Legisactio nicht statthaft war, so bleibt doch der Zweifel lebendig, ob diese Unstatthaftigkeit von der fraglichen Processform herrührte. Bei solchen Erwägungen wird man die singuläre Ansicht lieber anders, denn so historisch, wie von Puchta geschehen, zu erklären suchen und dessen Hypothese zu denjenigen rechnen, welche mehr für den Scharfsinn und Weitblick ihres Urhebers, als für sich selber sprechen.

Im § 1 der zweiten seiner Commentationes juris Romani duae wirft H. Pernice mit Bezug auf 5 § 1 D 7,6 und 6 § 3 D 8,5 die Frage auf, wie so in der ersten die

Meinung verspürt werde, dass die confessoria nur wider den Verkäufer zustehe, die andere aber lehre, dass bei einigen Servituten die Klage nur wider den Eigenthümer Statt habe. Zur Beantwortung stellt er die Ansicht auf, dass zur Zeit der Legisactionen die confessoria und die negatoria actio nichts Anderes gewesen seien, nisi de dominio actiones exemplo ipsius rei vindicationis, und dass sie quasi ipsa rei vindicatio inter duos tantum dominos. usuveniebant. Insofern diese Antwort mit der zu prüfenden Form des Eigenthumsprocesses argumentirt, begegnet sie der Schwierigkeit, dass das adversus dominum competit in 6 §3 als geltend vorgetragen wird, als geltend zu einer Zeit, wo der Beklagte im Eigenthumsprocess nicht Eigenthum zu behaupten braucht. Dies spricht aber dagegen, dass der Rechtssatz mit der fraglichen Form des vergangenen Processes zusammenhängt. Das Gleiche gilt in Bezug auf 5 § 1, da die dort vorgebrachte Quaestio von Ulpian vorgebracht wird. Es ist nun aber a. a. O. die Ansicht aufgestellt, dass die Servitut - nach 5 § 9 D 39,1 und 86 D 50,16 die Prädialservitut - dereinst von den Römern nicht als jus proprium et per se constans, sondern als eine,,Erweiterung des Grundeigenthums" (Brinz, Pandekten 1. A. S. 226 u.) beziehungsweise eine Schmälerung desselben aufgefasst worden sei. Aus dieser früheren Auffassung folgt, dass die confessoria zur Geltendmachung der Erweiterung des Grundeigenthums nur gegen Den statthaft ist, auf dessen Grundstück sich die Erweiterung erstreckt (den also die Schmälerung trifft), wie dass mit der negatoria der Mangel der Schmälerung des Grundeigenthums nur gegen den geltend zu machen ist, der die entsprechende Erweiterung des seinigen behaupten könnte. Diesemnach braucht die Ansicht der 6 §3, sofern sie die ist, welche Pernice angibt (vgl. auch Brinz

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