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Zweiter Theil.

Dogmatischer Theil

$ 19.

Das System des Privatrechts.

Das Privatrecht ist das machtvertheilende Gesetz des wirthschaftlichen Gemeinlebens der Menschen. Es handelt von der Herrschaft der Person über Sachen und Sachwerthe (§ 7). Das Privatrecht ist identisch mit dem Vermögensrecht.

Die Person erscheint daher im Privatrecht nur als Subject, nie als Object der Rechtsbefugniss. Das Personenrecht des Privatrechts ist identisch mit der Lehre von dem Subject der Privatrechte (d. h. Vermögensrechte); es handelt von der Vermögensfähigkeit.

Die Sache tritt umgekehrt im Privatrecht nur als Object der rechtlichen Herrschaft auf. Aber sie kann in zweifach verschiedener Weise dem berechtigten Willen unterworfen sein: unmittelbar (Sachenrechte) oder mittelbar, nämlich durch das Mittel der Handlung einer fremden Person, des Schuldners (Forderungsrechte). Die Bestimmung der Sachenrechte (z. B. des Eigenthums) ist, die Machtsphäre des Berechtigten gegenwärtig und endgültig zu erweitern: die Sachenrechte sind das Endziel des Vermögensverkehrs. Die Bestimmung der Forderungsrechte dagegen ist, durch die Handlung des Schuldners dem Gläubiger in der Zukunft eine Sache oder einen Sachwerth zuzuführen : die Forderungsrechte sind das Mittel des Vermögensverkehrs. Sachenrecht und Obligationenrecht (letzteres die Lehre von den Forderungsrechten enthaltend) handeln von den Arten der Vermögensrechte.

Aber die Vermögensrechte treten nicht blos einzeln im Verkehr auf. Die Gesammtheit des Vermögens wird von der familien

rechtlichen Stellung seines Inhabers und vom Erbgang betroffen. Davon handeln Familienrecht und Erbrecht. Das Familienrecht entwickelt die Wirkungen der familienrechtlichen Stellung des Einzelnen auf sein Vermögen, das Erbrecht die Wirkung des Todes auf das Vermögen des Verstorbenen. Weil die Wirkungen der Familienverhältnisse auf das Vermögen durch die Natur dieser Verhältnisse bedingt sind, so pflegt mit der Darstellung der vermögensrechtlichen Wirkung der Familienverhältnisse (Familiengüterrecht) die Darstellung der Rechtssätze über die Familienverhältnisse selber (sog. reines Familienrecht) verbunden zu werden.

Das System des Privatrechts hat also drei grosse Glieder: die Lehre von der Vermögensfähigkeit (Personenrecht), die Lehre von den Vermögensbestandtheilen (Sachenrecht und Obligationenrecht) und die Lehre von der Vermögensgesammtheit (Familienrecht und Erbrecht). Der Lehre von den Vermögensbestandtheilen (Sachenrecht und Obligationenrecht), welche gewöhnlich unter dem Namen Vermögensrecht" (im engeren Sinne) zusammengefasst wird, ist ein allgemeiner Theil, die Grundsätze entwickelnd, welche gemeinsam von allen Vermögensrechten gelten, voranzuschicken. So ergiebt sich das folgende System:

I. Personenrecht.

II. Vermögensrecht.

1. Allgemeiner Theil.

2. Sachenrecht.

3. Obligationenrecht.

III. Familien- und Erbrecht.

1. Familienrecht.

2. Erbrecht.

In all dem Detail der Darstellung wird immer der eine Grundgedanke wiederkehren: das Privatrecht ist identisch mit dem Vermögensrecht.

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