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jus gentium ist sie gewissermassen entdeckt und in das römische Recht eingeführt worden.

L. 2 D. de lib, exhib. (43, 30) (HERMOGENIAN.): de uxore exhibenda ac ducenda pater etiam, qui filiam in potestate habet, a marito recte convenitur.

§ 81.

Das eheliche Güterrecht.

Für die Ehe mit manus galt, wie schon bemerkt ist (§ 80), väterliches Güterrecht. Die gesammten Activa, welche die Frau bei Eingehung der Ehe hatte, fielen mit Rechtsnothwendigkeit dem Manne zu, ebenso Alles, was die Frau während der Ehe, sei es durch Erbgang oder Schenkung oder Arbeit oder sonstwie erwarb. Die Frau war völlig filiaefamilias loco. Für die Schulden der Frau haftete der Mann daher grundsätzlich ebenso wenig wie sonst für die von seinem Kind contrahirten Schulden. Nur in den besonderen Fällen, wo ausnahmsweise (nach prätorischem Recht) der Vater aus dem Contract des Kindes, konnte ebenso aus dem Contract der Frau der Mann mit einer actio adjecticiae qualitatis belangt werden (oben § 75). Es schien jedoch unbillig, dass der Mann das Activvermögen, welches die Frau einbrachte, erwerbe, ohne für ihre Schulden einstehen zu müssen. Wenn der Mann sich daher weigerte, die vor Eingehung der Ehe von der Frau gültig contrahirten Schulden zu zahlen, so eröffnete der Prätor Concurs über das eingebrachte Frauengut, und behandelte also in Bezug auf das Eingebrachte die Ehe als nicht vorhanden.

Delictsschulden der Frau wirkten gleichfalls wie Delictsschulden der Kinder: gegen den Mann geht die Noxalklage (oben § 75). Will der Mann die Folgen des Delicts (Schadensersatz, Strafzahlung) nicht auf sich nehmen, so giebt er die Frau dem Kläger in's mancipium (servae loco, vgl. unten S. 296): es war dies einer der Fälle, wo das Recht des Mannes, seine Frau in die Knechtschaft zu verkaufen, praktisch wurde.

Gewissermassen als Ersatz für die strenge vermögensrechtliche Abhängigkeit der Frau in manu, hat sie beim Tode ihres Mannes ein volles Kindeserbrecht: sie zählt neben ihren Kindern zu den sui heredes ihres Mannes (unten § 96. 98).

Gaj. Inst. II § 98: quam in manum ut uxorem receperimus, ejus res ad nos transeunt.

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Eod. IV § 80: Quod vero ad eas personas, quae in manu mancipiove sunt, ita jus dicitur, ut, cum ex contractu earum agatur, nisi ab eo, cujus juri subjectae sint, in solidum defendantur, bona, quae earum futura forent, si ejus juri subjectae non essent, veneant. Die freie Ehe des römischen jus gentium hat dagegen grundsätzlich keine Wirkung auf das Vermögen. Das Eingebrachte der Frau verbleibt der Frau, nach Activis wie nach Passivis. Was sie während der Ehe durch Arbeit, Erbschaft u. s. w. erwirbt, wird ihr selbst erworben. Sie ist gleich erwerbsfähig wie der Mann. Sie ist auch gleich verwaltungsfähig wie der Mann: sie hat freie Disposition über ihr Vermögen. Der Mann hat von Rechtswegen keinerlei Gewalt über das Frauengut. Will die Frau dem Manne ihr Eigenthum (bona paraphernalia) zur Verwaltung anvertrauen, so hat der Mann die Stellung eines Beauftragten, welcher im Dienst und nach Massgabe des Willens der Frau zur Verwaltung ihres Vermögens verpflichtet ist, also nur so lange, als die Frau es will, niemals aber ist dem Mann über das Vermögen der Frau ein Recht der Verwaltung zuständig. Das Güterrecht der römischen freien Ehe ist volles Gütertrennungsrecht. Auch von Todeswegen ist die Ehe ohne vermögensrechtliche Folgen. Die freie Ehe erzeugt nach Civilrecht keinerlei Erbrecht der Ehegatten als solcher gegen einander. Nur der armen Wittwe ward später ein beschränktes Recht am Nachlass ihres Mannes gegeben, unter dem Gesichtspunkt einer ihr noch nach dem Tode des Mannes zu gewährenden Alimentation (S. 345). Auch der Prätor ist in der Hauptsache auf diesem Standpunkt stehen geblieben. Nach prätorischem Recht giebt es zwar ein Ehegattenerbrecht (bonorum possessio unde vir et uxor, unten § 98), aber nur, wenn Niemand von der Verwandtschaft Erbe wird. Auch der fernste Verwandte, sofern er überhaupt erbberechtigt ist, schliesst den Ehegatten von der Erbfolge aus.

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Nur drei Rechtssätze gelten für die freie Ehe, welche vermögensrechtliche Bedeutung haben: 1) der Mann ist verpflichtet, die Frau zu alimentiren, überhaupt die Kosten des ehelichen Haushalts zu bestreiten; 2) Schenkungen unter Ehegatten sind

ungültig und können in jedem Augenblick zurückgefordert werden; ist der Rückforderungsberechtigte aber vor dem Empfänger verstorben, ohne sein Rückforderungsrecht auszuüben, so soll die Schenkung nachträglich convalesciren 1); 3) die Diebstahlsklagen sind unter Ehegatten ausgeschlossen. Hat bei bevorstehender Scheidung ein Ehegatte den andern bestohlen, so wird anstatt der Diebstahlsklagen eine besondere actio rerum amotarum gegeben.

Im Uebrigen hat die freie Ehe nur insofern vermögensrechtliche Wirkung, als sie der Anlass zu gewissen Rechtsgeschäf ten wird, nämlich insbesondere zur Bestellung einer dos und einer donatio propter nuptias.

L. 8 C. de pact. (5, 14) (THEODOS. et VALENTIN.): Hac lege decernimus, ut vir in his rebus, quas extra dotem mulier habet, quas Graeci parapherna dicunt, nullam, uxore prohibente, habeat communionem, nec aliquam ei necessitatem imponat. Quamvis enim bonum erat, mulierem, quae se ipsam marito committit, res etiam ejusdem pati arbitrio gubernari; attamen, quoniam conditores legum aequitatis convenit esse fautores, nullo modo, ut dictum est, muliere prohibente, virum in paraphernis se volumus immiscere.

L. 1 D. de donat, inter vir. et uxor. (24, 1) (ULPIAN.): Moribus apud nos receptum est, ne inter virum et uxorem donationes valerent. Hoc autem receptum est, ne mutuo amore invicem spoliarentur, donationibus non temperantes, sed profusa erga se facilitate. L. 3 pr. eod. Haec ratio et oratione imperatoris nostri Antonini Augusti electa est. Nam ita ait: Majores nostri inter virum et uxorem donationes prohibuerunt, amorem honestum solis animis aestimantes, famae etiam conjunctorum consulentes, ne concordia pretio conciliari videretur, neve melior in paupertatem incideret, deterior ditior fieret.

L. 9 § 2 eod. (ULPIAN.): Inter virum et uxorem mortis causa donatione receptae sunt. L. 32 § 3 eod.: Ait oratio (Antonini): fas esse, eum quidem, qui donavit, poenitere, heredem vero eripere, forsitan adversus voluntatem supremam ejus, qui donaverit, durum

et avarum esse.

L. 1 D. de act. rer. amot. (25, 2) (PAULUS): Rerum amotarum

1) Die donatio inter virum et uxorem wird daher von Rechtswegen so behandelt, als wäre sie eine mortis causa donatio, vgl. oben S. 97. Die donatio mortis causa unter Ehegatten ist gültig; auch in dieser Hinsicht gilt für die donatio mortis causa nicht Schenkungsrecht, sondern Vermächtnissrecht.

judicium singulare introductum est adversus eam, quae uxor fuit, quia non placuit, cum ea furti agere posse, quibusdam existimantibus, ne quidem furtum eam facere, ut Nerva, Cassio, quia societas vitae quodammodo dominam eam faceret, aliis, ut Sabino et Proculo, furto quidem eam facere, sicuti filia patri faciat, sed furti non esse actionem constituto jure; in qua sententia et Julianus rectissime est.

§ 82. Die dos.

Die dos ist eine Vermögenszuwendung an den Mann, in der rechtlichen Absicht gegeben, dass auch von Seiten der Frau dem neuen Hausstand ein Vermögenszuwachs zu Theil werde (ad matrimonii onera ferenda). Die Tochter kann die Bestellung einer dos (als letzten Act der Alimentation) fordern von ihrem Vater und eventuell von ihrem väterlichen Grossvater, ohne Rücksicht auf Agnation, lediglich auf Grund der Cognation. Die dos, welche von dem Dotationsverpflichteten als solchem dem Mann bestellt wird, heisst dos profecticia. Die dos, welche ein Anderer bestellt (z. B. die Frau selber oder ihre Mutter) heisst dos adventicia. Hat der dritte Besteller sich durch Stipulation die Rückgabe der dos (nach Auflösung der Ehe) versprechen lassen, so heisst die dos recepticia. Ihrer Form nach geschieht die Dosbestellung entweder durch präsente Zuwendung des dem Manne zugedachten Vermögensvortheils, z. B. des Eigenthums oder eines Niessbrauchsrechts (sog. dotis datio), oder durch das in Stipulationsform dem Manne gegebene Versprechen, diesen Vermögensvortheil als dos gewähren zu wollen (dotis promissio), oder endlich seitens der Frau oder ihres Schuldners oder ihres väterlichen Gewalthabers (nach alter Sitte bei Abschluss des Verlöbnisses) durch einfache Zusage (dotis dictio). Nach justinianischem Recht kann (auf Grund eines Gesetzes von Theodos II.) auch jeder Dritte (zu jeder Zeit) durch formloses Dosbestellungversprechen sich gültig verpflichten: es bedarf der Stipulationsform nicht mehr. Die dos wird also entweder dem Mann sofort gegeben (dotis datio) oder sie wird dem Manne versprochen (promissio und dictio). Das dem Manne gegebene gültige Dosbestellungsversprechen ist bereits die Dosbestellung selbst. Für das Forderungsrecht aus diesem Versprechen

gilt nicht mehr Dotalrecht, sondern Obligationenrecht, und die Erfüllung dieses Versprechens ist nicht mehr Dosbestellung, sondern Zahlung, Erfüllung einer bestehenden Schuldverbindlichkeit.

Ist dem Manne die dos gegeben, bezw. das Dotalversprechen erfüllt worden, so hat er über die ihm zu Eigenthum übertragenen Dotalsachen das Recht vollfreier Disposition. Er hat gleich jedem andern Eigenthümer alle Klagen, alle Befugnisse, welche das Eigenthum hervorbringt, auch z. B. die Veräusserungsbefugniss und Verpfändungsbefugniss. Die Dotalsachen sind sein Eigenthum und Niemandes sonst 1). Die Thatsache, dass er vielleicht verpflichtet ist, diese Sachen später wieder herauszugeben, vermag seine Befugnisse als Eigenthümer nicht zu vermindern. Gerade wegen dieser Verfügungsfreiheit des Mannes hat die lex Julia de adulteriis, v. J. 18 n. Chr., welche in Bezug auf dies Kapitel als lex Julia de fundo dotali bezeichnet zu werden pflegt, dem Mann das Veräusserungs- und Verpfändungsrecht für den zur dos gegebenen fundus Italicus ausdrücklich entzogen. Justinian hat das Verbot auf den fundus dotalis überhaupt ausgedehnt. Auch die Zustimmung der Frau macht solche Veräusserung oder Verpfändung nicht gültig. Das Grundstück soll der Frau, als der vermuthlichen Rückempfängerin der dos, in Natur erhalten bleiben. Der blos obligatorische Ersatzanspruch für den Fall geschehener Veräusserung ist für Mobilien ausreichend, für Immobilien nicht.

Nach Auflösung der Ehe ist der Mann für die Regel verpflichtet, die Substanz der dos herauszugeben. Die Früchte, welche er inzwischen gezogen hat, behält er. Fungible Sachen (oben S. 161) restituirt er in genere: eine gleiche Quantität gleicher Qualität. Nicht fungible Sachen restituirt er in specie: dasselbe Sachindividuum, welches er damals erhielt. Ist dies Sachindividuum durch Verschulden des Mannes (z. B. Veräusserung) nicht mehr da, oder ist es durch Nachlässigkeit des Mannes (doch haftet der Mann nur für diligentia, quam suis rebus ad

1) Dieselbe freie Verfügung wie über die Dotalsachen, falls die Dosgewährung durch Eigenthumszuwendung geschah, steht dem Mann über die den Gegenstand der dos bildenden Rechte zu, falls nicht Eigenthum, sondern etwa ein ususfructus oder ein Forderungsrecht zur dos gegeben wurde, soweit nicht die Natur dieses Rechtes selbst, wie z. B. beim Niessbrauch (welcher der Zuständigkeit nach nicht veräussert werden kann), eine Beschränkung mit sich bringt.

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