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treffend nachgewiesen, im alten römischen Rechte, wenigstens für Grundstücke, in der That eristirt, indem darin der Eigenthümer bei Praediis rusticis nur eine in Form der Abbrechung eines Zweiges sich darstellende symbolische Besizhandlung vorzunehmen brauchte *), um die Usucapion zu usurpiren und sich dadurch die Möglichkeit der anzustellenden Rei vindicatio zu erhalten. Da diese Usurpationshandlung bei unbeweglichen Sachen spätestens alle zwei Jahre wiederholt werden mußte, so erhalten dadurch nun auch die Worte der L. 2. D. cit. Oratores usurpationem frequentem usum vocant ihre volle Bedeutung. Das neuere römische Recht hat sich die erwähnte, bequeme Usurpationsart auf außergerichtlichem Wege wieder abhanden kommen lassen, wozu vorzugsweise der Umstand beigetragen haben mag, daß die immer häufiger zur Anwendung kommende Praescriptio longi temporis wegen ihrer langen Verjährungsfristen das für die Usucapio dringende Bedürfniß weniger fühlbar werden ließ. Erst Justinian hat ein Surrogat der schon vor ihm außer Brauch gekommenen altcivilrechtlichen Usurpationsform dadurch geschaffen, daß er in L. 2. C. de annal. exc. (7. 40.) verordnete, in Fällen der Abwesenheit des Ersigenden oder sonstiger Schwierigkeiten, wider ihn Klagen anzustellen und durchzuführen, wie wenn er wahnsinnig, noch im Kindesalter oder ohne Vormund sei, solle der Eigenthümer das Recht haben, die ordentliche Ersizung von drei, zehn und zwanzig Jahren durch

in instituendo divisione utuntur, sed ita, non ut iure, aut iudicio, aut denique recuperare amissam possessionem, sed ut ex iure civili surculo defringendo usurpare videantur. Nam illud alterum genus, quod est temporibus, locis, reis definitum, obtinent, atque id ipsum lacinia... Alterum vero tantummodo in prima arte tradenda nominant et oratoris esse dicunt: sed neque vim, neque naturam eius, nec partes, nec genera proponunt, ut praeteriri omnino fuerit satius, quam attentatum deseri. Vergl. §. 108. *) Bei städtischen Grundstücken mußte eine andere, deren Natur angemessene, symbolische Befißhandlung zu der Protestation hinzukommen, z. B. ein Hineintreten in das Haus, in den Bauplaß. Darauf bezieht und mit Recht Huschte a. a. D. S. 148. Scävola's Responsum in L. 13. D. pro empt. (41. 4.) Alienam aream bona fide emit et ante impletam diutinam possessionem aedificare coepit: ei de nuntiante domino soli intra tempora diutinae possessionis perseveravit. Quaero, utrum interpellata sit, an coepta duraverit? Respondit, secundum ea, quae proponerentur, non esse interpellatum.

Einreichung einer schriftlichen Proteftation beim Provincialvorsteher, oder, wenn dieser nicht zugänglich, beim Bischofe oder Defensor civitatis zu unterbrechen. Sei keine dieser Behörden zu erreichen, so solle auch eine im Domicile des Ersißenden öffentlich angeschlagene, oder von Tabularien oder in deren Ermanglung von drei Zeugen unterschriebene Protestation dieselben Dienste thun.

Die Wirkung der gerichtlichen Verfolgung des Eigenthums (nro. 1.) und die einer in geseßlicher Form vorgebrachten Protestation (nro. 2.) kommt insoferne auf Eins hinaus, als durch beide die Folgen der Ersizung nicht absolut jedem Dritten gegenüber, sondern nur gegenüber dem Kläger resp. Protestirenden aufgehoben werden, indem bei einer spåter von der Seite her angestellten Rei vindicatio eine Berufung auf die vollendete Ersizung unstatthaft erscheint. Beider Wirkung ist also nur eine relative *).

§. 62.

4. Beweis der ordentlichen Ersitzung.

L. 11. C. de praescr. 1. t. (7. 33.) Iustinianus: Super longi temporis praescriptione, quae ex decem vel viginti annis introducitur, perspicuo iure sancimus, ut sive ex donatione, sive ex alia lucrativa causa, bona fide quis per

*) Schmid a. a. D. S. 259. Note 193. ift gegentheiliger Ansicht, indem er auch durch die f. g. Usurpatio civilis die Ufucapion absolut einem Jeden gegenüber. unterbrochen sein läßt. Allein diese Annahme steht damit in Widerspruch, daß der Rechtsstreit Zweier blos inter partes feine Wirkung äußert, daher von Dritten für sich nicht mit Rechtseffect herangezogen werden kann. Der Protesta= tion kann man aber unmöglich eine größere Wirkung beilegen, wie dem Rechtsstreite selbst, da sie nur ein Surrogat des leßteren sein soll. Unter diesen aus allgemeinen Rechtsgrundsäßen hervorgehenden Verhältnissen wird denn auch die Ansicht Schmid's nicht, wie er meint, bewiesen 1) durch 1. 2. C. de praescr. 1. t. (7.33.) Longi temporis praescriptio his, qui bona fide acceptam possessionem et continuatam, nec interruptam inquietudine litis tenuerunt, solet patrocinari; denn der ausschließliche Bezug auf die Unterbrechung der Erfißung durch Beginn eines Rechtsstreites in vorstehenden Rescriptsworten ist um so gewiffer aus dem denselben zu Grunde liegenden Rechtsfalle zu erklären, als man ja gegenfalls jede anderweitig mögliche Unterbrechung der Erfißung läugnen müßte. — Aber auch 2) L. 10. C. de adq. et ret. poss. (7.32.), worin die Interruptio civilis einem wirklichen Befißverluste gleichgeachtet sein soll, läßt

decem vel viginti annos rem detinuisse probetur, adiecto scilicet tempore etiam prioris possessoris: memorata longi temporis exceptio sine dubio ei competat, nec occasione lucrativae causae repellatur. a. 528.

Wer als Reivindicant sein vom Beklagten geläugnetes Eigenthum auf Erwerb durch ordentliche Ersizung gründet, oder, auf Herausgabe einer Sache belangt, dem Klåger die Einrede der ordentlichen Ersizung entgegenstellt, hat, wie vorstehende L. 11. C. cit. bekundet *), zu beweisen, daß er auf einen bestimmten Erwerbtitel hin die gehörige Zeit hindurch die Sache bona fide besessen habe. Es fragt fich nur, welche Puncte im Einzelnen dargethan werden müssen, um diesen Gesammtbeweis als erbracht ansehen zu können. Und da unterliegt es denn keinem Zweifel, daß sich zu diesem Behufe der Beweis zu richten hat 1) auf den Erwerbtitel, oder, wo ein Titulus putativus hinreicht, auf die diesem zu Grunde liegenden Thatsachen, L. 13. §. 2. D. de Publ. i. r. act. (6. 2.), vergl. oben S. 178; 2) auf den Besitz, und 3) auf die Zeit des Besitzes. Das Lezte will soviel heißen: Es muß der Besih in zwei Zeitpuncten nachgewiesen werden, zwischen denen die in concreto erforderliche Ersizungszeit in der Mitte liegt. Ist dieser Beweis erbracht, so fällt eine etwaige Unterbrechung des Besizes in der Zwischenzeit dem Gegenbeweise anheim. 4) Die bona fides als innere Stimmung des Erstzenden bildet keinen separirten Gegenstand des Beweises, sondern ist durch die Probatio iustae possessionis zugleich mitbewiesen **). L. 9. C. de praescr. 1. t. (7. 33.) Diocl. et Max. Emptor

fich für die Schmid’sche Ansicht nicht geltend machen. Denn darin wird ohne allen Bezug auf die Erfißung und deren Unterbrechung nichts weiter gesagt, als, die juristische Natur des Befißes könne sich nur dann äußern, wann der leßtere auch thatsächlich als solcher anerkannt sei.

*) Daß L. 11. C. cit. nur der lucrativen Titel gedenkt, ist aus der sie hervor= rufenden speciellen Veranlassung zu erklären, und hindert folglich nicht, daraus generelle Schlüsse, auch für die Fälle onerofer Titel, zu ziehen.

**) Harnier (De probatione bonae fidei in praescriptionibus, Casellis. 1841. 8.) ist der einzige neuere Jurist, der, vorzugsweise auf L. 11. C. cit. geftüßt, einen separirten Beweis der bona fides verlangt. (Vergl. §. 9. §. 11.) Gleichwohl kommt er, nicht in voller Uebereinstimmung mit dem von ihm früher Vorgetragenen, auf die Auffaffung des Tertes zurück, wornach die bona fides bei der ordentlichen Erfißung durch den Beweis der iusta possessio zugleich mitbewiesen ist. (Vergl.

bona fide contra praesentem decennii praescriptione, cuius initio contestationem haberi sufficit, posteaquam suam impleverit intentionem petitor, adhibita probatione iusta e possessionis defensus, absolvi recte postulat. 5) Auch die Fähigkeit des Gegenstandes hat der Ersißende nicht besonders darzuthun. Behauptet der Gegner factische Umstände, welche die Ersizungs-Unfähigkeit begründen sollen, so ist es dessen Sache, dieselben, insoferne sie bestritten sind, zu beweisen. Beruht der Partheistreit über die Ersizungs-Fähigkeit oder Unfähigkeit einer Sache auf einer reinen Rechtsfrage, so erfolgt natürlich die Entscheidung des Gerichtes ohne vorherigen Beweis. S. 63.

5. Wirkung der ordentlichen Erfißung*).

Finden sich alle die angegebenen Vorausseßungen der ordentlichen pag. 37.) Von praktischer Bedeutung würde Harnier's Ansicht nur bei der außerordentlichen Ersißung sein, wo er abgesehen vom Nachweis des Besißes den der Thatsachen verlangt, welche den Glauben des Eigenthums hervorgerufen haben. (p. 23.) Gerade diese find es aber, die der Erfißende nach Ablauf von dreißig oder vierzig Jahren voraussichtlich gar nicht mehr kennt. Im Resultate würde daher dadurch die Praescriptio longissimi temporis fogut wie nicht vorhanden sein. Und doch wird ein solcher, das ganze außerordentliche Erfißungs-Institut im Resultate sogut wie vernichtender, separirter Beweis der bona fides in den Gesezen nirgends auch nur andeutungsweise gefordert. Unter diesen Verhältnissen hat man denn mit dem Beweise des dreißig= oder vierzigjährigen Befißes, worin ja ein Sich-Geriren als Eigenthümer enthalten ist, die bona fides solange als erbracht anzusehen, bis der Gegner die mala fides erwiesen hat.

*) Puchta (Pandecten §. 161. Note b.) tadelt es, in der Lehre vom Eigenthume bei der Erfizung von deren Wirkung noch besonders zu reden, da sich dieselbe - originäre Erwerbung des Eigenthums schon aus ihrer systematischen Stellung von selbst ergebe und keiner weiteren Erörterung bedürfe. Allein wie das Folgende zeigen wird, ist dies unrichtig, da es Modificationen in der Wirkung der Erfißung giebt. Der Untergang des Pfandrechts durch Erfißung der verpfändeten Sache von Seiten eines Dritten bietet einen doppelten Gesichtspunct der Betrachtung dar, einmal den eines Erlöschungsgrundes des Pfandrechts, der bei Darstellung des leßteren nicht übergangen werden kann, und dann, den der Ersißung der Freiheit des Eigenthums, von dem hier um so mehr die Rede sein muß, als dabei der Einfluß der Vereinigung der Usucapio und Praescriptio longi temporis zu Einem Erfißungsinstitute in Frage kommt.

Ersizung, so ist die Folge davon Entstehung vollen Eigenthums*), das, mit Ausnahme der auf den Titulus pro herede vollendeten Ersigung, die dem Erben gegenüber ipso iure unwirksam ist, f. oben §. 43-48., sowohl gegen den bisherigen Eigenthümer, als gegen jeden Anderen klage= und exceptionsweise geltend gemacht werden kann. L. 8. pr. §. 1. C. de praescr. XXX vel XL ann. (7. 39.). Was aber noch mehr ist, durch die Praescriptio longi temporis wurde sogar Freiheit des Eigenthums insoferne ersessen, als tie auf der Sache ruhenden Pfandrechte durch die entgegenstehende Exceptio longae possessionis d. h. durch die Einrede eines ungestörten Besizes von zehn resp. zwanzig Jahren erloschen,

L. 1. C. Si adversus creditorem praescriptio opponatur. (7. 36.) Gordianus: Diuturnum silentium longi temporis praescriptione corroboratum creditoribus pignus persequentibus inefficacem actionem constituit: praeterquam si debitores, vel qui in eorum iura successerunt, obligatae rei possessioni incumbant. L. 2. C. eod. L. 8. pr. §. 1. C. de praescr. XXX v. XL ann. (7. 39.) L. 5. §. 1. D. de div. temp. praescr. (44. 3.)

während sie dagegen von der in Einem resp. zwei Jahen vollendeten Usucapio ganz unberührt geblieben sind.

L. 7. C. de pign. (8.14.) Gordianus: Usucapio pignoris conventionem non extinguit. L. 44. §. 5. D. de usurp. (41. 3.) Papinianus: Non mutat usucapio superveniens pro emptore, pro herede, quo minus pignoris persecutio salva sit; ut enim ususfructus usucapi non potest, ita persecutio pignoris, quae nulla societate dominii coniungitur, sed sola conventione constituitur, usucapione rei non perimitur. L. 1. §. 2. D. de pign. (20. 1.) verb. pignoris causam nec usucapione perimi placuit. L. 2. pr. D. pro her. (41. 5.) verb. etiam impleta usucapione ius pignoris retinebit.

Unter diesen Verhältnissen entsteht die Frage, wie es sich mit der

*) Ueber die Wirkung der alten Usucapio und der Praescriptio longi temporis vor ihrer Vereinigung, namentlich leßterer, wenn der Erfißende ein Peregrine, das Object ein Provincialgrundstück war, s. oben S. 122. 123.

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