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theils aus religiösen, Bau- und Sicherheits- polizeilichen Beziehungen, theils aus der Berücksichtigung der nachbarlichen Verhältnisse. Die hierher gehörigen gefeßlichen Beschränkungen (f. g. Legalservituten) find aber die folgenden :

1. Solche, welche die Einwirkungsbefugniß des Eigenthümers betreffen und sich daher in non faciendo darstellen.

Der Eigenthümer darf

a) seinem Nachbar den zur Reinigung des Getreides in seiner Tenne (Area) unentbehrlichen Luftzug nicht verbauen. L. 14. §. 1. C. de servit. (3. 34.) Diese Bestimmung auf andere Anlagen, wie Trockenböden, Windmühlen, Fabriken u. s. w. auszudehnen, ist durchaus unstatthaft.

b) bei Wiederherstellung von Gebäuden nicht die alte Form und Einrichtung verlassen, wenn die Aenderung dem Nachbar Nachtheil bringt, leßterer müßte denn darin einwilligen. L. 11. pr. D. de serv. pr. urb. (8. 2.) L. 12. §. 1. L. 13. C. de aed. priv. (8. 10.) Vergl. Dirksen, Das Polizeigesez des Kaisers Zeno über die bauliche Anlage der PrivatHäuser; gel. in der Acad. 8. Febr. 1844.

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c) nicht über die gesehliche Höhe bauen. — Daß eine solche Beschränkung der Baufreiheit schon zur Zeit der Republik bestanden, ist nach Sueton (Oct. c. 89) zwar wahrscheinlich, aber nicht näher zu constatiren. Augustus sezte die Höhe der Gebäude auf siebenzig Fuß fest. Strabo Geogr. V. 21. (Ed. Xylandr. p. 258.) Auch Nero erließ eine ähnliche Verordnung, ohne daß wir deren Inhalt genauer wüßten. Tacit. Ann. XV. 43. Dagegen ist durch Aurelius Victor (Epit. vit. Trai. c. 13.) verbürgt, daß Trajan die gefeßlich erlaubte Höhe der Häuser auf sechszig Fuß beschränkte, Bestimmungen, die unstreitig Ulpian im Auge gehabt, wenn er in L. 1. §. 17. D. de op. nov. nunt. (39. 1.) sagt, Nuntiamus autem, . si quid contra leges Edictave Principum, quae ad modum aedificiorum facta sunt, fiet. In L. 1. C. de aedif. priv. (8. 10.) refcribiren die Kaiser Severus und Antoninus, daß der Modus usitatus altitudinis nicht überschritten werden dürfte, und Zeno macht das Recht in beliebiger Höhe bauen zu dürfen von dem Umstande abhängig, daß das Gebäude zwölf Fuß vom nachbarlichen abstehe, und diesem die freie Aussicht aufs Meer nicht verkümmert werde. L. 12. §. 2. C. eod. (Lex rest.) Soll der Bauend

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bei Bestimmung der Höhe seines Hauses auch von der lezteren Rücksicht frei sein, so muß sich zwischen demselben und dem Nachbarhause ein Zwischenraum von hundert Fuß vorfinden. L. 12. §. 4. C. eod. - Diese und alle ähnlichen Verordnungen leiden heutzutage keine Anwendung mehr, indem sie durch neuere baupolizeiliche Bestimmungen ersegt find.

d) nicht Gebäude niederreißen, um aus dem Verkaufe des Materials Gewinn zu ziehen. Einem Senatusconsulte unter Vespasian zufolge war ein solcher Kauf nichtig; der Käufer hatte den doppelten Kaufpreis als Strafe ins Aerarium zu zahlen, der Verkäufer den einfachen dem Käufer zurückzuerstatten. L. 52. D. de contr. empt. (18. 1.) L. ult. D. de damn, inf. (39. 2.) L. 2. 6. C. de aed. priv. (8. 10.)

e) nicht bis zur Grenze seines Gebietes anbauen, sondern muß einen gewissen Zischenraum (Finis, Intercapedo) frei lassen, der einer Verordnung des Numa zufolge dem Iupiter Terminalis (Dion. Hal. II. 74. Festus s. v. Termino), nach Andern dem Silvanus geweiht war. (Goësius Scriptores rei agrariae. p. 294. i. f.) Was die Größe dieses Zwischenraums betrifft, so referirt Gaius in L. 13. D. fin. regund. (10. 1.) ein Colonisches Gesetz, wornach der eine Mauer Errichtende Einen Fuß frei lassen müsse, der ein Haus Bauende zwei Fuß, der eine Grube Grabende soviel Raum, als diese tief ist, der einen Brunnen Anlegende Schrittesbreite, und wer Feigen- und Delbäume pflanze, der folle sogar neun Fuß von des Nachbars Grenze entfernt bleiben, bei andern Bäumen nur fünf Fuß. Ob diese Solonische Bestimmung auf die XII Tafeln influirt hat, steht dahin; gewiß ist, daß dieses Gesetz jeden Hauseigenthümer verpflichtete, dem Nachbarhause gegenüber einen Raum von zwei und einem halben Fuß (Sestertius pes, Maeciani Assis distrib. III. §. 46. i. f.) als Ambitus freizulassen, so daß also sämmtliche Gebäude isolirt, meistens fünf Fuß (Spatium legitimum) von einander abstanden, oder, wie es der Römer nennt, Insulae (Festus s. h. v.) waren.

Varro de ling. lat. IV. 4. Ambitus parietis sestertius pes esto.
Festus s. v. Ambitus.

Isidor Orig. XV. 16.

Wurde diese Verordnung bei Roms Wiederaufbau nach dem gallischen Brande auch nicht genau eingehalten, (Liv. V. c. 55.), so kam doch Nero insoferne auf sie zurück, als er nach dem unter ihm vorges fallenen Brande wiederholt die Belaffung eines Zwischenraums gebot. Tacit. Ann. XV. c. 43. verb: latis viarum spatiis. L. 14. D. de

serv. pr, urb. (8. 2.): spatium legitimum. Das spätere römische Kaiserrecht verordnete, daß Privatgebäude von öffentlichen mindestens fünfzehn Fuß abstehen sollten, L. 9. 11. C. de aed. priv. (8. 10.), und wie wir früher (sub c.) gesehen, war ein Zwischenraum von zwölf resp. hundert Fuß die Bedingung, um mehr oder weniger ungehindert sein Gebäude bis zu beliebiger Höhe aufführen zu können. L. 12. (Lex rest.) L. 13. C. eod. Heutzutage werden auch diese römischen Verordnungen durch localpolizeiliche Verfügungen erseßt.

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f) eine Dunggrube (Sterculinium) nicht so nahe an des Nachbars Mauer anlegen, daß diese durch Feuchtigkeit Schaden nimmt. L. 17. S. 2. D. si serv. vind. (8. 5.)

g) feine Anlagen machen, die einen dem Nachbar schädlichen Lauf des Regenwassers, resp. des durch den Regen anschwellenden Wassers (Cic. Top. c. 9.) hervorrufen. D. De aqua et aq. pluv. arc. (39. 3.), insbesondere L. 1. pr. §. 1. 15. eodem. Geschieht es dennoch, so hat der Nachbar die bereits in den XII Tafeln begründete (L. 21. pr. D. de statulib. 40. 7.) Aquae pluviae arcendae actio auf Wiederherstellung des früheren Zustandes. L. 1. pr. §. 4. 13. 15. 22. 23. D. de aq. pl. (39. 3.). K. A. Schneider in der Zeitschrift für Civilrecht und Prozeß V. S. 325 ff.

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h) nicht so tief auf seinem Grund und Boden graben, daß deshalb des Nachbars Haus einzustürzen Gefahr läuft. Wird dagegen gehandelt, so ist die Cautio damni infecti begründet.

L. 24. §. 12. i. f. D. de damn. infect. (39. 2.) Ulp. Si . . tam alte fodiam in meo, ut paries tuus stare non possit, damni infecti stipulatio committetur.

i) die aus des Nachbars Grundstück herübergewachsenen Wurzeln nicht abstechen, vielmehr hat der Eigenthümer, mit der Negatorienklage auftretend, die Beseitigung derselben durch den Nachbar bewirken zu lassen.

L. 6. §. 2. D. arbor. furt, caes. (47. 7.) Pomp. Si arbor in vicini fundum radices porrexit, recidere eas vicino non licebit, agere autem licebit, non esse ei ius sicuti tignum aut protectum immissum habere.

k) einen auf seinem Grund und Boden Beerdigten nicht ohne Erlaubniß des Pontifex oder Princeps ausgraben. Geschieht es gleichwohl, so ift wider den Eigenthümer eine Actio iniuriarum begründet.

Dagegen hat dieser eine Actio in factum wider den Beerdiger auf Wegschaffung des Leichnams oder Entschädigung wegen des extra commercium gefommenen Grundstückes. L. 2. §. 2. L. 7. pr. L. 8. pr. D. de religiosis. (11. 7.)

1) Schon den XII Tafeln zufolge (Festus s. vv. Tignum und Sarpuntur: Tignum iunctum aedibus vineave sei concapit, ne solvito; Neque vinea sarpta quandoque, donec dempta erant, tigna vindicito; ex restit. Huschk.) soll der Eigenthümer sein von einem Dritten verbautes oder zur Bestellung von Weinbergen verbrauchtes Material (Tignum iunctum) nicht vindiciren dürfen, ne vel aedificia sub hoc praetextu diruantur vel vinearum cultura turbetur. L. 1. pr. D. de tigno iuncto (47. 3.) — Hat der Eigenthümer in den Verbrauch der Baumaterialien eingewilligt, so liegt der Grund des Wegfalls der Rei vindicatio in der Einwilligung. Von diesem Falle sprechen die XII Tafeln nicht. L. 63. D. de don. i. v. et ux. (24. 1.) Wurden dagegen die fremden Materialien ohne Eiwilligung des Eigenthümers verbaut, so kann dies von dem Bauenden wissentlich oder unwissentlich geschehen sein. Die XII Tafeln sprechen dem übereinstimmenden Zeugnisse Ulpian's und Paulus zufolge (L. 1. pr. D. cit. L. 63. D. cit.) von Tignum furtivum, also nur vom ersteren Falle, für den fie die aufs Duplum gehende Actio tigni iuncti gestatten, welche schon vor der Trennung mit der Actio ad exhibendum als wider einen Fictus possessor, qui dolo malo desiit possidere gerichtet, cumulativ concurrirt. L. 1. pr. §. 2. D. de tigno iuncto (47. 3.) L. 23. §. 6. D. de rei vind. (6.1.) Ist die Trennung erfolgt, so kann selbst dann noch die Rei vindicatio angestellt werden, wenn das Duplum bereits bezahlt worden. L. 2. D. de tign. iunct. (47. 3.) Durch diese Bestimmungen war für den Fall arglistigen Verbrauchs fremder Baumaterialien hinlänglich gesorgt, nicht aber in gleicher Weise für den freilich seltener vorkommenden, in welchem bona fide fremde Materialien

det wurden. Da auf ihn die XII Tafeln vermöge ihrer Beschränfung auf Tiguum furtivum feine Anwendung litten, so würde der bona fide mit fremden Materialien Bauende, wollte er die verlangte Trennung verhindern, den anmaßendsten Forderungen des Eigenthümers preisgegeben gewesen sein, wäre ihm das Recht nicht schüßend zur Seite getreten. Und dies geschah denn auch, von dem öffentlichen Interesse gestüßt, welches hier gleichfalls ein Verbot des Niederreißens heischte,

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dadurch, daß die Jurisprudenz die Bestimmung der XII Tafeln über Actio tigni iuncti ausdehnend auch auf den Fall irrthümlich verbrauchten fremden Baumaterials anwandte. In dieser Ausdehnung ist der Character der Klage freilich gar wesentlich verändert. Während sie ge= gen den arglistig Bauenden gerichtet eine besondere Gestaltung der Actio furti, also eine reine Pönalflage, das Duplum Strafe ist, hat fie gegen den bona fide Bauenden gehend den Character einer reiperfecutorischen Klage, bei der das Duplum das im ältesten Rechte gewöhnliche averfionelle Schadensersazquantum, Cic. de off. III. 16. Paulus S. R. II. 12. §. 11. L. 1. D. de susp. tut. (26. 10.) L. 55. §. 1. D. de adm. tut. (26. 7.), nicht Strafe ift, (duplum pro eo praestet) weshalb auch nach erfolgter Trennung die Rei vindicatio nicht mehr angestellt werden kann, wenn der Eigenthümer das Duplum bereits empfangen. §. 29. I. de div. rer. (2. 1.)

Auf die vorstehende Weise vereinigen sich die angegebenen, in scheinbarem Widerspruche befindlichen Stellen, ohne daß wir genöthigt wären, mit Huschke (ad legem XII tab. de tign. iunct. comment. 1837.) eine das Tignum iunctum betreffende Meinungsverschiedenheit der rös mischen Juristen anzunehmen, oder mit Puchta (Ueber die actio de t. i. in der Zeitschr. für Civilr. u. Proz. X: 10.) in Abrede zu stellen, daß die XII Tafeln der Actio de t. i. ein engeres Gebiet anweisen, als ste im späteren Rechte erhalten hat, oder endlich mit Cuiacius Obs. XXIII. 19. und v. Vangerow Leitfaden I. S. 489 davon auszugehen, daß das Tignum iunctum auch im neusten römischen Rechte noch immer furtivum sein müsse, unter dieser Vorausseßung aber sowohl gegen den arglistig Bauenden selbst, wie gegen dritte Bonae fidei possessores mit der Actio de tigno iuncto geklagt werden könne, nur mit dem Unterschiede, daß dort außerdem die Rei vindicatio und Actio ad exhibendum begründet sei, hier nicht, wenn vor der Trennung das Duplum bezahlt worden. - Nach der lezteren Ansicht würde die Actio de tigno iuncto eine f. g. Actio in rem scripta sein. Dies steht aber mit unseren Quellen im Widerspruche, welche die Actio in duplum nur ertheilen in eum, qui convictus est iunxisse, L. 1. pr. D. de tign. i. (47. 3.); welche von dem Beklagten reden, qui alienam rem aedificio inclusit vinxitve, L. 1. §. 2. D. eod., L. 23 §. 6. D. de rei vind. (6. 1.), und die in L. 2. D. de tign. i. (47. 3.) mit der Klage Tigni furtivi nomine ganz unbeschränkt die Rei vindicatio cumuliren, — ein

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