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nach wie vor mit Ablauf eines Jahres Eigenthümer der Res hereditariae und folgeweise auch in der Lage, fie rechtsgültig zu veräußern und zu vindiziren. Nur in Bezug auf den Erben konnte die bona oder mala fide vollendete Usucapion in keiner Weise, weder klagend noch mittelft Einreden, geltend gemacht werden. Daß die Pro herede usucapio, nachdem sie nur noch auf die einzelnen Res hereditariae gieng, nicht auf solche darunter Anwendung litt, welche des Dominium ex iure Quiritium unfähig waren, also namentlich nicht auf Praedia provincialia des Verstorbenen *), leuchtet von selbst ein. Dagegen fragt es sich, ob dieselben nicht durch eine auf den Titulus pro herede gegründete Praescriptio longi temporis erworben werden konnten? Und diese Frage ist denn zu verneinen, weil die vollendete Praescriptio longi temporis überhaupt dem Ersißenden ursprünglich keinerlei Eigenthum und folgeweise auch nicht die Fähigkeit verschaffte, daffelbe auf Dritte rechtsgültig zu übertragen, oder die Sache von Dritten zu vindiziren, sondern nur eine Einrede wider den vindizirenden Eigenthümer und dinglich Berechtigten im Allgemeinen**). Aber selbst diese Einrede die einzige Wirkung obiger Ersizung - konnte der Befißer einer der Usucapio ent zogenen Res hereditaria nach vollendeter Praescriptio longi temporis dem mit der Hereditatis petitio Auftretenden so wenig wirksam entgegen feßen, wie der Pro herede usucapiens den Erwerb des Eigenthums.

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L. 4. C. Quib. cas. cessat 1. t. praescr. (7. 34.) Diocl. et Max. Hereditatem quidem petentibus longi temporis praescriptio nocere non potest: verum his, qui nec pro herede nec pro possessore, sed pro empto vel donato seu alio titulo res, quae ex hereditate sunt vel fuerunt, possident, cum ab his successio vindicari non possit, nihil haec iuris definitio nocet.

L. 7. C. de petit. her. (3. 31.) Iidem: Hereditatis petitionem, quae adversus pro herede vel pro possessore possidentes exerceri potest, praescriptione longi temporis non submoveri, nemini incognitum est: cum mixtae personalis actionis ratio hoc respondere compellat. A ceteris autem tan

*) Vergl. Cic. pro Flacco. c. 34. Si qua tibi in Africa venerit hereditas, usu amittes?

**) L. 12. D. de div. temp. praescr. (44. 3.) L. 8. pr. C. de praescr. XXX. v. XL. ann. (7. 89.) Huschke a. a. D. S. 226.

tum specialibus in rem actionibus vindicari posse, manifestum est, si non agentis intentio per usucapionem vel longum tempus explosa est *).

Und der Grund hiervon liegt, wie in vorstehenden Stellen ausgesprochen, in der Natur der Hereditatis petitio als einer Vindicatio successionis, einer Actio personalis mixta, was im Resultate auf Eins hinauskommend soviel heißen will: Der mit der Hereditatis petitio Auftretende verlangt nicht, wie der Reivindicant, bloße Rückerstattung einer Sache cum omni causa, sondern vielmehr Anerkennung seines Erbrechts und Erfüllung aller der persönlichen Verbindlichkeiten, welche eine solche Anerkennung mit sich bringt. Der Erfüllung dieser persönlichen Pflichten vermag man sich aber durch noch so langen Besit einer Erbschafts-Sache in keinerlei Weise zu entziehen. Huschke a. a. DO. 226. ff.

Vergegenwärtigt man sich den Unterschied in der rechtlichen Behandlung dessen, der unter Ergreifung wissentlich fremder Res hereditariae pro herede ufucapirte, (Praedo**), und des Besizers von ErbschaftsSachen, der wirklich Erbe zu sein vermeinte, so bestand er lediglich darin, daß jener nicht nur wie dieser allen Gewinn zur Zeit des Urtheils L. 36. §. 4. D. de her. pet. (5. 3.) herausgeben, sondern auch noch über

*) Mit diesen Stellen sind nicht im Widerspruche, wiewohl man dies häufig annimmt, L. 2. C. Quor. bon. (8. 2.) und L. 3. C. de edicto. D. Hadr. toll. (6. 33.) Denn in ersterer sind die ganz allgemeinen Worte,,ac negotium integrum est" gar nicht von der Ufucapion zu verstehen, sondern davon, daß, um die Entscheidung des fraglichen Rescriptes in Wirksamkeit treten zu lassen, stillschweigend vorausgesetzt werde, es sei nicht bereits etwas erfolgt, z. B. ein Vergleich, Verzicht, oder ein Urtheil, was den gewöhnlichen Gang des Rechtes alterire. In der L. 3. C. cit. will Justinian durch die Worte: nisi tantum temporis cet. offenbar den weitesten Zeitraum bestimmen, der einem Possessor das Eigenthum verschafft; und er meint also nicht die ordentliche, sondern die außerordentliche Erfißung.

**) L. 25. § 3. D. de her. pet. (5. 3.) Úlp. Quod autem ait Senatus, eos, qui bona invasissent, loquitur de praedonibus: id est de his, qui cum scirent ad se non pertinere hereditatem, invaserunt bona; scilicet cum nullam causam haberent possidendi. cf. §. 5. 6. eod. Praedo ist demnach nach jeder Malae fidei possessor von Erbschaftssachen. Behauptet derselbe, wiewohl per mendacium, Erbrecht daran zu haben, so befißt er pro herede; bildet er dagegen gar keinen Erbanspruch, (possidet, quia possidet), so befißt er pro possessore und erfißt nicht. L. 11-13. D. de her. pet. (5. 3.) Huschke a. a. D. S. 203.

dies den durchs Iuramentum in litem festzustellenden Schaden zu erseßen hatte. L. 20. §. 21. L. 25. §. 2. L. 31. §. 3. D. eod. Gerade dieser verhältnißmäßig geringe Unterschied entsprach aber für die Zukunft nicht mehr dem höheren Rechtsgefühle der Römer, nachdem einmal das Abnorme der Pro herede usucapio - der Erwerb fremder Erbschaftssachen auf Grund einer Malae fidei possessio aufgehört hatte, von dem Bewußtsein eines dadurch befriedigten Verkehrsbedürfnisses sowie von der religiösen Anschauungsweise des Volkes getragen zu werden, und daher drückte denn der Kaiser Mark Aurel der einen Hälfte der bisherigen Pro herede usucapio, der in Folge Bemächtigung wissentlich fremder Erbschafts Sachen, geradezu den Stempel eines Verbrechens auf, des Crimen expilatae hereditatis, Dig. XLVII. 19, welches, eine Erweiterung des Furtum, da begründet war, wo die Klagen aus legterem nicht zur Anwendung kamen, L. 2. pr. D. eod., und außerordentliche öffentliche Strafe zur Folge hatte, L. 1. 3. D. cod., soferne es der Erbe nicht vorzog, statt der Accusatio die Hereditatis petitio auf Herausgabe der Erbschaftssachen anzustellen, (hereditatem a possessoribus iure ordinario vindicare.) L. 3. i. f. D. cod.

Durch Schaffung dieses Crimen expilatae hereditatis von Seiten Mark Aurels ward die eine Hälfte der Pro herede usucapio, die auf den Glauben Erbe zu sein sich stüßende, die proba, gleich von Vorne herein unberührt gelassen; aber auch die mala fide erfolgende, die Pro herede usucapio lucrativa s. improba fand in obigem Verbote nicht ihr unmittelbares Ziel. Wohl aber läßt sich annehmen, daß es mittelbar allerdings zu deren Verschwinden beigetragen hat. Wenigstens thun unsere justinianeischen Rechtsquellen der troß gleich Anfangs vorhandener mala fides vor sich gehenden Pro herede usucapio feiner solchen Erwähnung mehr, um deren Fortbestehen bis ins neueste Recht darauf gründen zu können *). Aber auch davon ist in den Rechtsbüchern Justinians weiter keine Rede, daß bei der auf den Glauben Erbe zu sein gestüßten Pro herede usucapio unbewegliche, wie bewegliche Erbschafts-Sachen in der Erfißungszeit der leßteren erworben würden. Wann für Erbschafts

*) Daß, wie in der vorhergehenden Note gezeigt, von dem sich Erbrechte anmaßenden Praedo gesagt wird, er befiße pro herede, ist ein Rest der Pro herede usucapio lucrativa. Vergl. auch L. 33. §. 1. D. de usurp. (41. 3.) L. 2. §. 1. D. h. t. Huschke a. a. D. S. 223.

Mobilien und Immobilien die Zeit der Erstzung aufgehör that dieselbe zu sein, läßt sich nicht mit Sicherheit ermitteln. Der späteste, aber auch zugleich wahrscheinlichste Zeitpunct war unstreitig der der Vereinigung der Usucapio und Praescriptio longi temporis durch Justinian im Jahre 531. L. un. C. de usuc. transform. (7. 31.).

S. 48.
Fortseßung.

VI. Entwickelungsstand der alten Pro herede usucapio unter Justinian. Das sich auf Grundlage vorstehender his storischer Entwickelung der Pro herede usucapio ergebende, oben bereits in Kürze erwähnte Resultat fürs justinianeische Recht besteht, die Vor-. ausse zungen anlangend, darin, daß unter fortdauernder Geltung der oben §. 45. entwickelten Grundsäge auf den Titulus pro herede hin Erbschafts-Sachen in drei, zehn und zwanzig Jahren ersessen werden, falls der Erfißende factisch irrend ex iusta causa glaubt Erbe zu sein. Und was die Wirkung betrifft, so kann nur eine Verkennung des vorstehend dargestellten geschichtlichen Zusammenhangs die Ansicht aufkommen lassen, daß im justinianeischen Rechte die Pro herede usucapio auch gegen den mit der Hereditatis petitio auftretenden Erben mit Erfolg geltend gemacht werden könne, während dies doch nur Dritten gegenüber möglich ist*). Um auch gegen den Heres zu wirken, müsste die Pro herede

*) Beide Ansichten haben unter den Juristen eine Reihe von Vertretern gefunden. Unterholzner (a. a. D. I. §. 107.), Noßhirt (Archiv f. civ. IX. Nro. 1. und in f. Zeitschr. I. S. 121. ff.), v. Savigny (in der Zeitschr. f. gesch. N. W. V. S. 21 ff.), Göschen (Vorlef. II. S. 123. 3.), Friß (Erläuterungen zu Wening S. 332. ff.), lassen die Erfißung auf den Titulus pro herede hin auch gegen den Erben wirken. Gegentheiliger Ansicht sind Arndts (Rhein. Muf. U. 125. Deffen Beiträge zu verschiedenen Lehren des Civilrechts und Civillprocesses H. I S. 75 ff.), Fabricius (Rhein. Mus. IV. S. 195. ff.), v. Löhr (im Archiv f. civ. Pr. XII. S. 85. Anm. 2.), Peucerus de usuc. pro herede natura, Ien. 1835. §. 6. 20.), Thibaut (System, Achte Aufl. §. 1013.), Schilling (Inftitutionen II. S. 567. not. n.), v. Vangerow (a. a. D. S. 523. 524.). Mühlenbruch (Pand. Recht. Vierte Aufl. II. §. 262. Note 8. a. E.) Sintenis (Gem. Civilrecht I. §. 51. Note 52. a. E.) Schmid (Handbuch des gem. deutsch. bürgerl. R. I. S. 220 ff.) Huschke a. a. C. S. 229. Mit Aenderung seiner Ansicht zu den leßteren hinzugetreten ist: Unterholzner (Rhein. Mus. V. 6. 26. ff.) Vergl. auch Friß in der vierten Ausgabe des Wening'schen Lehrbuchs. S. 132.

usucapio des juftinianeischen Rechtes nicht, wie gezeigt, eine bloße Fortbildung der des alten Civilrechts sein, dürfte die oben berührte Natur der Hereditatis petitio nicht auch durch Juftinian die vollste Anerkennung gefunden haben. Fragt man, ob nach Vereinigung der Usucapio und Praescriptio longi temporis die auf den Titulus pro herede hin erfolgende Erfißung dem Erben gegenüber, wie früher die leßtere, ipso iure unwirksam sei, oder ob sie, wie bei ersterer der Fall, revocirt werde, so hat man sich deshalb für die ipso iure eintretende Unwirksamkeit zu entschieden, weil die oben näher besprochenen Rescripte Diocletian's und Marimian's, welche von der Praescriptio longi temporis handeln, L. 4. C. quib. cas. cessat 1. t. praescr. (7. 34.) L. 7. C. de pet. her. (3. 31.), nicht aber Stellen, welche von der Revocation der Usucapio sprechen, in die justinianeische Compilation aufgenommen worden sind.

S. 49.
Fortseßung.

BB. Der zweite Fall eines bei den Römern vorkommenden Titulus pro herede stellte sich bei der Bonorum possessio dar, und zwar in zwiefacher Weise, einmal indem der wirkliche Bonorum possessor auf dessen Grundlage das durch jene erworbene In bonis in Dominium ex jure Quiritium verwandelte, und dann, indem der vermeintliche Bonorum possessor Erbschaftssachen unter den entsprechenden Voraussegungen und mit derselben Wirkung *) wie der Heres auf den Titulus pro herede be- und erfaß. L. 11. D. de her. pet. (5. 3.) Ulp. Sed enim et bonorum possessor pro herede videtur possidere. L. 33. §. 1. D. de usurp. (41. 3.) Iulianus. Si a domino heres institutus fucrit, vel bonorum eius possessionem acceperit, incipiet fundum pro herede possidere. Seit Vereinigung des Dominium und In bonis, der Hereditas und Bonorum possessio ist von einem Titulus pro herede des Bonorum possessor feine Rede mehr.

*) Auffallend ist hierbei, daß sich der vermeintliche Bonorum possessor, wenn er nicht im Rechtsirrthume war, nur ein In bonis an den Rebus hereditariis zuschreiz ben konnte, und doch nach einem Jahre Dominium ex iure Quiritiam erwarb. Es galt demnach hier der Sag: plus sit in re, quam in existimatione. L. 8. S. 15. D. pro empt. (41. 4.) Vat. fragm. §. 260.

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