Creditoren um so weniger haben, als sein vom Momente des Todes des Erblaffers erworbenes Vermögen vom Concurse nicht berührt wurde*), während wenn ein Dritter die Hereditas durch Pro herede usucapio erwarb, die Creditoren zu ihrer vollen Befriedigung kommen konnten, indem ihnen der also Heres Gewordene auch noch mit seinem Vermögen haftete. Und zudem ward, wenn dies geschah, dem den Römern in so hohem Grade verhaßten Concursverfahren [L. 23. D. quae in fraud. cred. (42. 8.) L. 11. C. ex quib. caus. inf. (2. 12.)] vorgebeugt. - Aber auch die Rücksicht auf die Sacra ließ beim Heres necessarius die Anwend. barkeit der Usucapio pro herede gerade so zweckmäßig erscheinen, wie beim extraneus. Denn da, wie bereits bemerkt, der Heres necessarius regelmäßig nur dazu bestimmt war, auf seinen Namen das Concursverfahren mittelft Venditio bonorum einzuleiten, so giengen, weil er dann nichts aus der Verlassenschaft des Teftators erhielt, die Sacra gar nicht auf ihn über, sondern vielmehr nach beendigtem Concursverfahren auf den Emptor bonorum als denjenigen, der den Creditoren die meisten. Procente bot. Bis zu beendigtem Concurse verlief aber leicht mehr Zeit als zur Usucapio pro herede erforderlich war, und daher gieng denn auch obigem Zeugnisse Cicero's zufolge der Pro herede usucapiens in Verpflichtung zur Uebernahme der Sacra dem Emptor bonorum im Falle eines Concurses vor. Cic. Top. 6. S. 45. Fortseßung. III. Vorausseßungen der Pro herede usucapio Diese waren: 1) daß der Erblasser wirklich gestorben. Glaubte man. fälschlich, ein Abwesender sei todt, so konnten dessen Sachen nicht erseffen werden. L. 3. C. h. t. 2) daß der Ersißende erbfähig war, L. 4. D. h. t., fich in den juristischen Befiß der Erbschaftssachen gefeßt, Gaius II. 52. III. 301. L. 1. §. 15. D. si is qui test. (47. 4.), und auch nicht aufgehört hatte, sich während der ganzen Usucapionszeit Eigenthum zu *) Gaius II. 155. pro hoc tamen incommodo illud ei commodum praestatur ; ut ea quae post mortem patroni sibi adquisierit, sive ante bonorum venditionem sive postea, ipsi reserventur; et quamvis pro bona venierint, iterum ex hereditaria causa bona eius non venient, nisi si quid ei ex hereditaria causa fuerit adquisitum. zuschreiben *). 3) daß der im Bewußtsein mangelnden Erbrechts Erbschaftssachen Besigende (Usucapio lucrativa s. improba im Gegensaße der proba) nicht schon vor dem Tode des Erblaffers den Besiß derselben gehabt hatte, weil es ihm sonst in Folge des Rechtsprincips: Nemo sibi ipse causam possessionis mutare potest, versagt war, nach erfolgtem Tode ohne Weiteres lucri faciendi causa pro herede zu besigen und zu ersigen. L. 33. §. 1. D. de usurp. (41.3.) L. 2. D. h. t. Auf Fälle der Pro herede usucapio proba leidet vorstehender Rechtssaß keine Anwendung. Wenn daher der Besißer einer wissentlich vom Nichteigenthümer gekauften Sache oder der Pachter eines Grundstücks später ex iusta causa Erbe des Eigenthümers zu sein glaubt, so beginnt er nun, von obiger Rechtsregel unberührt, die Pro herede usucapio. L. 33. §. 1. D. cit. Huschke a. a. D. S. 209. 4) daß die Res hereditaria weder dem Gewahrsame eines Dritten, der sie vom Erblasser z. B. pignoris, commodati, ususfructus nomine erhalten, L. 68-70. D. de furt. (47. 2.), noch einem solchen enzogen war, der fie pro herede ersaß **). Arg. L. 4. §. 23. 24. D. de usurp. (41. 3.) 5) daß nicht bereits der Erbe den Besit der Res hereditariae ergrifs fen hatte. Gaius II. 52. L. 29. D. eod. Pomponius: nec pro herede usucapi potest, quod ab herede possessum est. 6) Ob der sich einzelner Erbschaftssachen Bemächtigende diese als fremde gekannt hatte oder nicht, m. a. W., ob er bona oder mala fide war, erschien für die Pro herede usucapio vollkommen gleichgültig. Gaius II. 52-56. Arndts a. a. D. S. 77. Huschke a. a. D. S. 201. — 7) Die Pro herede possessio mußte, gleichviel ob die betreffenden Res hereditariae bewegliche oder unbewegliche waren, ununterbrochen ***) ein Jahr hindurch angedauert haben. Gaius II. 53. L. 5. i. f. D. eod. *) L. 6. D. pro empt. (41. 4.) Pompon. Qui cum pro herede vel pro emptore usucaperet, precario rogavit, usucapere non potest. Quid porro inter eas res interest, cum utrobique desinat ex prima causa possidere, qui precario vult habere? **) In beiden Fällen war die Pro herede usucapio auf gleiche Weise ausgeschloffen, dagegen unterscheiden sie sich dadurch, daß im ersteren die Actio furti begründet war, L. 70. D. cit., in lezterem dagegen nicht, soferne der bisherige Pro herede usucapiens mala fide war, also ein Fall der Pro herede usucapio lucrativa vorlag. L. 71. §. 1. D. de furt. (47. 2.) Huschke a. a. D. S. 190. 191. ***) Darin, daß ein Anderer z. B. legatorum servandorum causa in die pro herede S. 46. Fortseßung. IV. Wirkung der Pro herede usucapio. Diese bestand in ältester Zeit darin, daß die Hereditas als solche usucapirt ward. Gaius II. 54. Und eine Folge hiervon muß denn die gewesen sein, daß, soferne der Pro herede usucapiens alleiniger Repräsentant des Verstor benen war, ihm sämmtliche nicht ufucapirten Erbschaftssachen, gleichviel ob des Dominium ex iure Quiritium fähig oder nicht, wie z. B. zur Erbschaft gehörige Praedia provincialia accrescirten, überdies aber auch alle Schulden, Forderungen und Sacra privata auf ihn übergiengen. Vergl. Cic. de legg. II. 19. verb. Tertio loco, si cet. Waren mehrere Pro herede usucapientes allein oder außer ihnen noch besißende Testaments resp. Jntestaterben vorhanden, so giengen die Rechte und Verbindlichkeiten des Erblaffers auf alle zusammen über. Nur die Sacra privata übernahmen mehrere Pro herede usucapientes nicht zusammen, sondern derjenige unter ihnen allein, welcher durch Ersizung aus dem Vermögen des Erblaffers am Meisten erworben; is qui de bonis, quae eius fuerint, quum moritur, usuceperit plurimum possidendo. Cic. I. c. In späterer Zeit bis Hadrian äußerte sich die Wirkung der Pro herede usucapio nur noch in dem Erwerbe des unwiderruflichen Dominium ex iure Quiritium an den einzelnen Rebus hereditariis. Gaius II. 54. Die an denselben begründeten Iura in re aliena, z. B. bestellte Pfandrechte, blieben, wie durch die alte Usucapio im Allgemeinen, so auch durch die auf den Titulus pro herede hin erfolgte insbesondre völlig unberührt. L. 2. pr. D. h. t. verb. etiam impleta usucapione ius pignoris retinebit. S. 47. Fortseßung. V. Schicksale dewalten Pro herede usucapio, nament lich seit Kaiser Hadrian. — Solange die Stadt Rom und das römische Reich identisch waren, mochte das Institut der Usucapio pro herede wenig Bedenkliches gehabt haben, indem Jemandem nicht leicht beseffenen Güter eingewiesen wurde, war übrigens noch keine Interpellatio possessionis enthalten; custodiae enim causa rem tenet (missus.) L. 2. pr. D. h. t. ein Jahr lang ein Todesfall verborgen geblieben sein wird, bei dem er erbrechtlich interessirt war. Als sich aber die Grenzen des Reichs mehr und mehr ausgedehnt hatten, und folgeweise der Aufenthalt der Römer an entfernten Orten desselben häufiger geworden war, konnte es nicht ausbleiben, daß nicht öfters ein Römer von dem Tode eines seiner Angehörigen oder eines ihn leztwillig bedenkenden Dritten über ein Jahr lang keine Kunde erhielt und dann dessen Erbschaft resp. einzelne Erbschaftssachen einbüßte, weil sich ein Anderer lezterer schon über ein Jahr bemächtigt hatte. Zu dieser nunmehrigen Härte des Instituts gesellte sich aber noch der Umstand, daß die dasselbe ins Leben rufenden Gründe längst nicht mehr in der früheren Weise wirksam waren. Der hohe Werth, den die alten Römer auf die Sacra gelegt, hatte sich im Laufe der Zeit mit schwindendem Interesse für die Religion überhaupt gar wesentlich geåndert, und, um zu bewirken, daß der gerufene Erbe die ihm deferirte Erbschaft bald autrete, bot das römische Recht andere zeitgemäßere Mittel dar, von Seiten des Civilrechts in den Fristen der Antretung, welche bei der Cretio der Teftator immer stellte, Ulp. XXII. 27. 29–34. Gaius II. 164-173., und von Seiten des prätorischen Rechts, was practisch in hohem Grade bedeutend, in dem Gebundensein der Agnitio bonorum possessionis an hundert Dies utiles resp. an einen Annus utilis. L. 1. §. 9. 16. D. de succ. ed. (38. 9.). Diesen veränderten Verhältnissen insgesammt dürfte es zuzuschreiben sein, daß zunächst die Hereditas als Successio in universum ius defuncti feinen Gegenstand der Pro herede usucapio mehr bilden, Gaius II. 54., und folgeweise auch durch sie künftig der Heres sowenig dies zu sein aufhören, als der Pro herede usucapiens es werden sollte. Dadurch, daß ein Dritter einzelne Erbschaftssachen Pro herede besaß und unwiderruflich ersaß, ward, weil der Erbe durch den Verlust des Eigenthums an Rebus hereditariis nicht aufhörte Heres zu sein, wider gedachtes Verbot nicht verstoßen, und daher bestand denn auch die Möglichkeit unwiderruflichen Eigenthumserwerbes an Erbschaftssachen durch Pro herede usucapio nach demselben noch fort. Gaius II. 54. Gleich wohl war nicht zu verkennen, wie durch diese Möglichkeit eine Hauptwirkung des Erbschaftserwerbes vereitelt, und damit auch ein Hauptzweck obigen Verbotes unerreicht blieb. Denn was war damit gewonnen, wenn das Gefeß zwar Sorge trug, daß dem Heres durch Usucapio pro herede sein Erbrecht selbst nicht entkam, dagegen zuließ, daß ihm eine haupt sächliche Frucht desselben – das Eigenthum der Erbschaftssachen — durch fie entwunden wurde *)? Die volle Consequenz des obigen Verbotes verlangte, daß dem Heres nicht nur nicht das Erbrecht, sondern auch keine Folgerung daraus durch Pro herede usucapio entzogen werden durfte, und zu dieser vollen Consequenz ist das römische Recht unter Hadrian wirklich vorgeschritten, indem es über das Gebiet der Erfißung weit hinausgreifend in einem Senatusconsulte bestimmte **), dem mit der Hereditatis petitio Belangten sei, gleichviel ob Bonae oder Malae fidei possessor, jedweder Gewinn aus dem Erbschaftsbefiße zu entziehen ; L. 28. D. de her. pet. (5. 3.) verb. omne lucrum tam bonae fidei possessori quam praedoni auferendum esse. In seiner speciellen Anwendung dieses allgemeinen Gebotes auf den Fall der Pro herede usucapio gestaltete es sich so, daß der mit der Hereditatis petitio resp. dem Interdictum Quorum bonorum Auftretende die bona oder mala fide pro herede ufucapirten Sachen, gerade als wenn ste nicht usucapirt wären, in Anspruch nehmen, oder, was dasselbe, die bereits vollendete Pro herede usucapio revociren konnte. Gaius II. 27. Sed hoc tempore etiam non est lucrativa (sc. usucapio pro herede): nam ex auctoritate D. Hadriani senatusconsultum factum est, ut tales usucapiones revocarentur, et ideo potest heres ab eo, qui rem usucepit, hereditatem petendo perinde eam rem persequi, atque si usucapta non esset. cf. L. 1. pr. D. Quor. bou. (43. 2.) Ulp. Ait Praetor: Quorum bonorum ex edicto meo illi possessio data est, quod de his bonis pro herede aut pro possessore possides possideresve, si nihil usucaptum esset: id illi restituas. Es braucht wohl kaum erst bemerkt zu werden, daß durch das vorerwähnte Hadrian'sche Senatusconsult die Pro herede usucapio einzelnen Erbschaftssachen gegenüber durchaus nicht als aufgehoben zu betrachten ist. Vielmehr war der bona fide fremde Erbschafts- Sachen in Bestz Nehmende gerade so wie der pro herede besigende Malae fidei possessor *) Seneca (de benef. VI. 5.) und mit ihm gewiß die meisten andern Laien fanden darin geradezu eine Svißfindigkeit der Juristen. Iurisconsultorum istae acutae ineptiae sunt, qui hereditatem negant usucapi posse, sed ea, quae in hereditate sunt: tanquam quidquam aliud sit hereditas, quam ea, quae in hereditate sunt. **) Daß dieses s. g. S. C. Iuventianum und das von Gaius (II. 57.) erwähnte Hadrian'sche ein und dasselbe sei, wird jest allgemeiu angenommen. Vergl. Arndts a. a. D. S. 81. Note 146. v. Van gero w a. a. D. I. S. 524. b. |