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versiis de fine die Behauptung einer der Partheien, am streitigen Grenzraume in Italien durch Usucapion, in den Provinzen durch Longi temporis praescriptio Eigenthum erworben zu haben, von dem Arbiter unberücksichtigt blieb, während sie in Controversiis de loco vor dem Richter volle Beachtung fand *). — Im Laufe der Zeit wurde zwischen ländlichen Grundstücken der Raum von fünf Fuß nicht mehr freigelassen und damit verschwand der deshalb auch von den juristischen Classikern nicht weiter erwähnte Unterschied zwischen Controversiis de fine und de loco **). Ganz ohne Einfluß auf die Legislation blieb derselbe darum aber doch nicht. Denn im J. 331. sezte Kaiser Constantin den Begriff eines von einem Arbiter zu schlichtenden Grenzstreites (final's controversia) dahin fest, daß es nur ein solcher sei, bei dem das streitige Ges biet fünf Fuß betrage. Processe über größere Strecken Landes wären als Eigenthumsprocesse (Controversiae proprietatis) zu betrachten, und von dem Präses zu entscheiden. L. 3. Th. C. fin. reg. (2. 26.) Diese constantinische Bestimmung wurde von Valentinian, Theodos und Arcadius i. J. 385. wieder aufgehoben, indem es ihnen zufolge auf den Raum von fünf Fuß für den Begriff einer finalis controversia nicht weiter ankommen, und in einer jeden solchen das Urtheil Kunstverständigen überlassen sein solle, die aber keinerlei Präscription Seitens einer Parthei berücksichtigen dürften. L. 4. Th. C. eod. Schon i. J. 392 kamen freilich die Kaiser Theodosius, Arcadius und Honorius wieder auf den Grenzraum von fünf Fuß zurück, indem sie über einen solchen als Streitge= genstand ohne Berücksichtigung irgend eines Zeitablaufs Arbitri urtheilen ließen. L. 5. Th. C. eod. Allein Justinian entschied sich durch Aufnahme der von den Compilatoren völlig umgestalteten LL. 4. 5. Th. C. citt. dafür, daß der Raum von fünf Fuß für die von den gewöhnlichen Gerichten unter Zuziehung von Sachverständigen abzuurtheilenden [L. 3. C. fin. reg. (3. 39.)] Actio finium regundorum weiter kein juristisches Interesse haben, und in allen Grenzstreitigkeiten zwar nicht die Longi

dicium, sed apud praesidem provinciae agitur et ex lege restituitur possessio, cui poterit adtineri cet.

*) Cic. 1. c. Frontin. 1. c. p. 13. Consultatio vet. Icti. c. 9. Fines etiam quos temeratos adseverat, amota praescriptione temporis, hi qui pervaserunt, ut ratio iuris est, redhibere coguntur. Schult. I. A. vet. p. 824. **) Vergl. L. 8. §. 1. L. 11. 12. D. fin. reg. (10. 1.)

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temporis, wohl aber die Triginta annorum praescriptio follte geltend gemacht werden können. L. 5. 6. I. C. citt. Vergl. Rudorff, Ueber die Grenzscheidungsklage; in Zeitschr. f. gesch. R. W. X. Nro. 7. S. 343 ff. Puchta Cursus der Inst. II. §. 234. S. 373. E. Hoffmann, Ueber das Wesen der actio finium regundorum; im Arch. f. civ. Pr. XXXI. S. 493. ff.

S. 35.

B. Ein gehöriger Erwerbgrund, Titulus usucapionis.

L. 24. C. de rei vind. (3. 32.) Dioclet. et Maxim. Nullo iusto titulo praecedente possidentes ratio iuris quaerere dominium prohibet. L. 4. C. de praescr. long. temp. (7. 33.) lidem: Diutina possessio tantum iure successionis sine iusto titulo obtenta prodesse ad praescriptionem hac sola ratione non potest. Fragm. Vat. §. 260. 261. Paulus S. R. V. 2. 4. Pr. I. de usuc. (2. 6.) Theoph. IV. 15. §. 3. L. 8. C. de usuc. pro empt. (7. 26.) L. 8. C. ne de stat. defunct. (7. 21.) Dig. XLI. 4 10. Cod. VIII. 26-29.

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AA. Im Allgemeinen.

1. Begriff. Die objective Grundlage der zur ordentlichen Erfizung erforderlichen Bonae fidei possessio bildet der Titulus us ucapionis, ein Erwerbgrund, der an und für sich, d. h. wenn alle gefeßlichen Requisite dazu vorhanden sind, sofort und ohne Weiteres Eigenthum verleiht *), wie Kauf, Tausch, Schenkung, Erbfolge, Legat, Dotalbestellung, Zahlung, Occupation, Vergleich, Adjudication und dergl., der aber im vorliegenden Falle wegen eines Mangels diese Wirkung zu äußern außer Stande ist, und daher als Grundlage der Ersizung dient, die den fraglichen Mangel heben soll. L. 8. pr. C. de praescr. XXX vel XL ann. (7. 39.)

2.

Erfordernisse. Der Titel, auf den sich die Ersizung stüßt, muß

a) ein iustus titulus sein. L. 24. C. de rei vind. (3. 32.) Dies

*) L. 6. C. de ingen. manum (7. 14.) verb.; praecedente vero titulo, quo dominia quaeri solent.

foll zunächst andeuten, daß er im Allgemeinen fähig sein muß, Eis genthum zu begründen *). Dagegen ist damit nicht ausgesprochen, daß er in concreto feinen Fehler haben dürfe. Vielmehr ist es gerade im Gegentheile Erforderniß, daß der Erwerb-Titel an einem Mangel leide, weil sonst die Usucapion eben so unnöthig als unmöglich sein würde, L. 4. §. 19. D. de usurp. (41. 3.), und dieser Mangel besteht regelmäßig darin, daß der Auctor, von dem Jemand sein Recht ableitet, selbst kein Eigenthum hatte, und also auch kein solches bei seinem Successor, und wäre er vollkommen in gutem Glauben, begründen konnte. L. 4. pr. D. pro leg. (41. 8.) L. 109. D. de V. S. (50. 16.) Vergl. L. 2. §. 1. D. pro empt. (41. 4.) Ist der Rechtsgrund, welcher den Titel der Verjährung bilden foll, ein ungültiger, völlig wirkungsloser, so reicht er und das ist ein weiterer Punct, der durch den Zusaß: iu stus titulus angedeutet werden foll zur Ufucapion in der Regel nicht hin**). Nur dann leidet dies eine Ausnahme, wann dem Ersigenden ein entschuldbarer Irrthum zur Seite steht ***), was in der Usucapionslehre der Error iuris niemals ist, L. 31. pr. D. de usurp. (41. 3.) L. 4. D. de iur. et fact. ign. (22. 6.) L. 4. C. qui bon. ced. poss. (7. 71.) Vat. Fragm. §. 296., ebensowenig aber innerhalb des Bereiches

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*) L. 13. pr. D. de usurp. (41. 3.) Paulus: Pignori rem acceptam usu non capimus, quia pro alieno possidemus. L. 6. C. cit.

**) L. 1. §. 1. D. pro. don. (41, 6.) Paulus: Si pater filio, quem in potestate

habet, donet, deinde decedat: filius pro donato non capiet usu: quoniam nulla donatio fuit. §. 2. Si inter virum et uxorem donatio facta sit, cessat usucapio. L. 26. pr. D. de don. i. v. et ux. (24. 1.) L. 5. §. 2. D. de auct. et cons. tut. (26. 8.) vergl. m. L. 2. §. S. D. pro empt. (41. 4.) ***) Geseßliche Beispiele eines entschuldbaren factischen Irrthums, in Folge dessen auf einen völlig ungültigen Erwerbgrund hin ausnahmsweise Usucapion möglich ist, find vorzugsweise solche, in denen dem Veräußernden die Tispositionsfähigkeit mangelt, ohne daß der Erwerbende davon Kenntniß hat; z. B. es kauft Jemand von einem Pupillen, weil er ihn für mündig hält, sine tutoris auctoritate eine förperliche Sache oder von einem Wahnsinnigen, den er vernünftig, oder von einem Sclaven, den er frei glaubt. In allen diesen Fällen steht troß vollkommener Nullität des Kaufs der Ufucapion auf Grund derselben nichts entgegen. L. 2. §. 15. 16. D. pro empt. (41. 4.) L. 13. §. 1. D. de usurp. (41. 3.) L. 67. D. de iure dot. (23. 3.) Ein Gleiches tritt da ein, wo Jemandem eine Sache legirt war, das Le= gat aber in einem Codicille wieder zurückgenommen ist, ohne daß der Legatar etwas davon weiß, oder wo in Betreff eines Legats Zweifel über die Person des

des factischen Irrthums eine crassa negligentia. L. 6. D. de iur. et fact. ign. (22. 6.)

b. Der Ufucapions-Titel muß aber nicht nur ein iustus, sondern auch ein verus titulus, d. h. nicht blos in der Einbildung des Usucapirenden, sondern in der Wirklichkeit vorhanden sein. L. 5. C. de praescr. long. temp. (7. 33.) Auf einen putativen Rechtstitel hin ift im Allgemeinen keine Erfizung möglich *). §. 11. I. de usuc. (2. 6.). L. 27. D. de usurp. (41. 3.) Ulp. Celsus libro trigesimo quarto errare eos ait, qui existimarent, cuius rei quisque bona fide adeptus sit possessionem, pro suo usucapere eum posse; nihil referrc, emerit, necne, donatum sit, necne, si modo emptum vel donatum sibi existimaverit, quia neque pro legato, neque pro donato, neque pro dote usucapio valeat, si nulla donatio, nulla dos, nullum legatum sit. L. 1. pr. D. pro don. (41. 6.) L. 6. D. pro derel. (41. 7.) Dagegen schadet es nicht, sofern ein wirklicher Titel vorliegt, wenn der Nsucapient irrthümlich auf einen andern hin besißt, z. B. pro donato ftatt pro emptore. L. 31. §. 6. D. de usurp. (41. 3.). Ja selbst ein putativer Titel soll ausnahmsweise als Grundlage der Usucapion dienen, wenn sich die irrige Annahme des Rechtstitels auf entschuldbaren Irrthum ftüßt. Und als Beispiele eines solchen führen die Geseze theils Fälle des Irrthums über Facta aliena an, wie wenn Einer Sachen besigt, von denen er glaubt, sein Sclave, Erblaffer, Procurator habe sie für ihn gekauft, L. 5. §. 1. D. pro suo (41. 10.) L. 11. D. pro empt. (41. 4.) L. 44. §. 4. i. f. D. de usurp. (41. 3.), theils solche, in denen sich der fälschliche Glaube eines vorhandenen Titels auf die wirklich erfolgte Tradition ftüßt, quia ipsa traditio ex causa, quam veram esse existimo, sufficit ad efficiendum, ut id, quod mihi traditum est, pro meo possideam, et ita Neratius scripsit: idque verum puto. (Pomponius.) L. 67. D. de iure dot. (23. 3.) L. 3. 4. §. 2. D. pro suo (41. 10.) L. 2. pr. L. 11. D. pro empt. (41. 4.) L. 48. D. de usurp. (41. 3.)

Bedachten obwalten, weil es zwei desselben Namens giebt. Ergreift hier der Eine in gutem Glauben Besiz, so kann er, obwohl das Legat nichtig ist, ufucapiren. L. 4. D. pro leg. (41. 8.)

*) Kauft vaher Jemand ein Vermögen, und es befinden sich darin geliehene ober deponirte Sachen, so erfißt er diese nicht: quia emptae non sunt. L. 2. §. 7. D. pro empt. (41. 4.)

C. Ein drittes Erforderniß des Titulus usucapionis besteht darin, daß er purus, d. h. unbedingt sei; denn ist dem Rechtsgeschäfte eine Suspensivbedingung beigefügt, so muß diese, um darauf hin ersigen zu können, vorerst wirklich eingetreten und der Ersißende von dem Eintritte der Bedingung unterrichtet sein. L. 4. pr. D. de add. in diem. (18. 2.) L. 2. §. 2. D. pro empt. (41. 4.) Paulus: Si sub conditione emptio facta sit, pendente conditione emptor usu non capit. Idemque est, et si putet conditionem extitisse, quae nondum extitit, cet.... at quum nondum putat conditionem extitisse, quasi noudum putat sibi emisse. Ist das Negotium ein purum, quod sub conditione resolvitur, ist also eine Resolutivbedingung beigefügt, so kann man darauf hin zwar usucapiren, L. 2. §. 4. D. pro empt. (41. 4.), indessen wirkt eine solche Ersizung nicht gegen den diese Bedingung Beifügenden, sondern nur gegen Dritte. L. 13. pr. D. de mort. c. don. (39. 6.) Iulianus: Si alienam rem mortis causa donavero eaque usucapta fuerit: verus dominus eam condicere non potest, sed ego, si convaluero. L, 33, D. eod. L. 2. §. 4. D. pro empt. (41. 4.)

§. 36.

BB. Von den Rechtstiteln der Verjährung im Einzelnen.

Kann auch ein jeder Rechtsgrund, der dem Eigenthume das Dasein zu geben im Stande ist, einen iustus titulus der Ersigung bilden, [L. 3. §. 21. D. de adq. v. am. poss. (41. 2.) Paulus: Genera possessionum tot sunt, quot et causae adquirendi eius, quod nostrum non sit: velut pro emptore, pro donato, pro legato, pro dote, pro herede, pro noxae dedito, pro suo, cet. Et in summa magis unum genus est possidendi, species infinitae. Theophil. IV. 15. §. 3.: Ὅσαι τῶν κτήσεων εἰσι προφάσεις, τοσοῦτοι nai Tithon. (Quot adquisitionum sunt causae, totidem et tituli.)], so führen doch die Digesten deren als die hauptsächlichsten in eigenen Titeln nur sieben, oder, wie man gewollt hat, acht auf*), wovon indessen der

*) Dig. XLI. 4. Pro emptore. XLI. 5. Pro herede vel pro possessore. XLI. 6. Pro donato. XLI. 7. Pro derelicto. XLI. 8. Pro legato. XLI. 9. Pro dote. XLI. 10. Pro suo. Cod. VII. 26. De usuc. pro empt. vel transact. VII.

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