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lich für eine und dieselbe Sache eine verschiedene, was als absurd und dem Ius civile in keiner Weise entsprechend hingestellt wird. Der logische Grund erscheint als Consequenz des Begriffs Besit als der factischen Möglichkeit auf eine körperliche Sache ausschließlich einzuwirken. Bestimmend für die Frage, was Object des Besizes sei, ist die klar bewußte, im Factum possessionis bethätigte Absicht, eine Sache haben zu wollen, der Animus possidendi. L. 4. D. pro empt. (41. 4.) L. 26. D. adq. v. am. poss. (41.2.). Nun schließen sich aber die Absicht, des Ganzen Theile als selbstständige Gegenstände und die Abficht, das Ganze als solches besigen zu wollen, geradezu einander aus, indem die Theile als selbstständige Besizobjecte nicht ohne Vernichtung des Ganzen, dieses aber nicht ohne Absorbirung der Selbstständigkeit der Theile in der Wirklichkeit eristiren können, und daher liegt denn darin, daß man rom Ganzen Bestß ergreift, die unzweideutige Bekundung der Absicht, dessen Theile nicht für sich bestehend besißen zu wollen, weil man sonst jenes vorerst in diese zerlegen und an leßteren für sich hätte Befit ergreifen müssen. L. 23. pr. D. cit. Iavolen. (Nach den oben S. 134. a. E. angef. Worten). Nam si singulas res possidere intelligetur, ipsas aedes non possidebit; separatis enim corporibus,

ftaltung der Actio furti, also eine reine Pönalklage ist, welche nach Trennung der Baumaterialien die Rei vindicatio nicht ausschließt, also keinen Ersaß für das zeitlich entzogene Eigenthum giebt. Vergl. oben S. 23. In ihrer späteren Ausdehnung gegen die bona fide mit fremdem Material Bauenden ist dies allerdings der Fall, vergl. oben S. 24., allein warum sollte es auch da nicht von der Wahl des Eigenthümers abhängen, ob er den Ersaß oder bei dereinstiger Trennung die schuldlos solange entbehrten Materialien selbst lieber wolle ?

Wer den hier angegebenen Grund für die beim Tignum iunctum vorkom= mende Ausnahme als den die römische Legislation bestimmenden ansieht, der muß natürlich v. Saðigny darin beistimmen, daß, wenn Jemand von seinem Material ein Haus baut, und ein anderer daffelbe ersigt, bei etwaiger Tren= nung der Bauende die Materialien nun nicht mehr vindiziren kann, weil ja während der ganzen Usucapionszeit seiner Vindication nichts im Wege stand. Der Nichterwerb der Materialien durch Ufucapion ist daher vielmehr auf den Fall beschränkt, in dem Jemand mit fremdem Materiale baut, und ein Anderer ersißt nun das Haus, oder wie v. Savigny es nicht ganz deutlich aus= drückt, wo der Boden und die Balken verschiedene Eigenthümer haben, weil nur in diesem Falle dem Eigenthümer des verbauten Materials die Rei vindicatio, solange die Verbindung dauert, versagt ist.

ex quibus aedes constant, universitas aedium intelligi non poterit ; accedit eo, quod, si quis singulas res possidere dixerit, necesse erit, dicat, possessione superficiei temporibus de mobilibus statutis locum esse, solum se capturum esse amplioiri; quod absurdum et minime iuri civili conveniens est, ut una res diversis temporibus capiatur, utputa quum aedes ex duabus rebus constent, ex solo et superficie, et universitas earum possessione temporis immobilium rerum omnium mutet. L. 23. §. 2. i. f. D. eod.

d. Der einmal begonnene Besiß einer Sache geht dadurch nicht verloren, daß man sie mit einer andern zu einem neuen Ganzen verbindet, und daher läuft denn demjenigen, der eine in seinem Usucapions befize befindliche Sache vor deren vollendeter Ersizung mit einer andern, beweglichen wie unbeweglichen, lettere mag ein Gebäude oder ein sonstiges Immobile sein, in der Art verbindet, daß sie sich nicht in dieselbe auflöst, sondern ihrem bisherigen Wesen nach fortbesteht*), die Usucapion ununterbrochen fort. L. 30. pr. §. 1. D. de usurp. (41. 3.) Pomponius : Rerum mixtura facta an usucapionem cuiusque praecedentem interrumpit, quaeritur. . . §. 1. Labeo libris epistolarum ait, Si is, cui ad tegulorum vel columnarum usucapionem decem dies deessent, in aedificium eas coniecisset: nihilominus eum usucapturum, si aedificium possedisset. Quid ergo in his, quae non quidem implicantur rebus soli, sed mobilia permanent, ut in annulo, gemma? In quo verum est, et aurum et gemmam possideri et usucapi, cum utrumque maneat integrum.**)— Der obige, durch vorstehenden Quellen

*) Dies ist der Sinn der Schlußworte der L. 30. §. 1. D. cit. cum utrumque maneat integrum, die Sache darf nicht durch die Verbindung eine andere ge= worden sein. Denn in einem solchen Falle einer Specificatio geht die Sache selbst unter und damit natürlich auch ihr bisheriger Besiß. L. 30. §. 4. D. de adq. v. am. poss. (11.2.) Paulus: Item quod mobile est desinimus possidere... si quod possidebam, in aliam speciem translatum est. Ueber die v. Madai'sche Auffassung obiger Schlußworte vergl. die folg. Note Nro. 4. **) Hier dürfte wohl der paffendste Ort sein, eine Uebersicht des Standes der Controverse über den Befiß und die Erfißung an Thei= len einer Sache zu geben, weil es vorzugsweise die L. 30. §. 1. D. de usurp. (41. 3.) ist, welche die verschiedenen Ansichten ins Leben gerufen hat.

Ausspruch gestüßte Rechtssaß ist die juristische Consequenz des andern, wornach, wer einmal den Besiß einer einzelnen Sache als solchen erwor

1. Die Darstellung im Terte tritt im Allgemeinen der v. Savigny's ch en Ansicht bei, nur mit einer wichtigen Modification, die hier noch näher besprochen werden soll. v. Savigny, v. Vangerow u. A. erkennen den Saß, daß, wenn eine einzelne besessene Sache mit einer andern, beweglichen wie unbeweglichen, verbunden werde, der Befiß resp. die Erfißung fortdauere, gleichfalls an, ftatuiren aber eine Ausnahme hiervon für den Fall, daß bereits besessene Baumaterialien zu einem Gebäude verbaut werden, und dies thut die Darstellung des Tertes nicht. Der Grund des v. Savigny'= schen Verfahrens liegt darin, weil nach geschehener Verbindung der Baumate= rialien keine Rei vindicatio mehr möglich, und damit das Mittel genommen sei, die begonnene Usucapio zu unterbrechen. Wie oben auseinandergeseßt, halten auch wir das Verbot der XII Tafeln, Tigna juncta zu vindiziren, für den Grund der Unmöglichkeit, durch die vollendete Usucapion eines als Ganzes erworbenen Gebäudes die darin verbauten fremden Materialien zugleich mit zu erwerben, und daher bedarf es um so mehr einer Erklärung, wie wir dazu kommen, die Fortdauer der Usucapion von Baumaterialien nach deren Verbin= dung anzunehmen, da sich doch in beiden Fällen obiger Grund wider die Usucapion in gleicher Weise geltend zu machen, also ein Widerspruch vorzuliegen scheint. Allein bei näherer Betrachtung der Sache ist dem nicht also.

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Man hat bisher bei den vielfältigsten Versuchen, die L. 30. §. 1. D. cit. zu interpretiren, durchweg übersehen, daß es der Verbote der XII Tafeln in Betreff des Tignum iunctum, die lediglich aus dem öffentlichen Intereffe hervorgegangen, ne aedificia sub hoc praetextu diruantur vel vinearum cultura turbetur, L. 1. pr. D de tign. iunct. (47, 3.), zwei sind. Einmal und zwar vor Allem soll nämlich der Eigenthümer eines Hauses, unter welchem Vorwande immer, dasselbe nicht deftruiren dürfen, [Festus s. voc. Tignum iunctum aedibus ne solvito; L. 1. pr. D. cit. Lex XII Tab. neque solvere permittit tignum furtivum aedibus iunctum. L. 98. §. 8. D. de sol. (45. 3.), sed interim id solvi prohibuit;] und erst als Folge dieses Ver= bots, [L. 6. D. ad exhib. (10.4.) verb. de quo (tigno iuncto) nec ad exhibendum agi potest, quia Lex XII Tabularum solvi vetaret,] welches mit dem Rechte der Vindication auf Seiten des Eigenthümers verbauten Materials schlechthin unverträglich erscheint, ist dann auch leßterem das Vindicationsrecht entzogen, und als Ersaß die Actio tigni iuncti verliehen wor= den. Festus s. voc. Sarpuntur. Neque tigna vindicito. §. 29. I. de rer. div. (2. 1.). Beide Verbote, das für den Hauseigenthümer, das Gebäude einzureißen, und das für den Eigenthümer der verbauten Materialien, diese zu vindiziren, find also correlativ, d. h. da, wo es dem Hauseigenthümer nicht verboten ist, etwas einzureißen, ist es auch dem Eigenthümer erlaubt, ihm

ben, denselben bei fortdauerndem Factum possessionis, wie es auch nach deren Verbindung mit einer andern vorhanden, nicht schon durch Non

gehöriges Baumaterial zu vindiziren. Nun leuchtet aber von selbst ein, daß, solange das Gebäude noch im Baue, der Weinberg noch in der Anlage begriffen ist, bei etwaigen Abänderungen dieser oder jenes nicht von einem Ver= stoße wider obiges Verbot der XII Tafeln die Rede sein kann, da hierdurch dessen Ratio, Ne ruinis urbs deformetur, L. 7. D. ne quid in loco publ. (43. 8.) Suet. Vespas. 8. Plin. Epist. X. 75. Spartian. in Hadr, 18. Ne vinearum cultura turbetur, L 1. pr. D. cit., in keiner Weise verlegt wird. Wer vermöchte aber auch ganz abgesehen von dieser Ratio daran zu zweifeln, daß es dem Bauenden, dem einen Weinberg Anlegenden gestattet war, eine Mauer wieder einzureißen, Weinpfähle zu verseßen, einen Balken wieder wegzunehmen und anders zu legen, oder, was sonst erforderlich, zu thuń, um einen baulichen Fehler wieder gut zu machen, oder einzelne Aenderungen im Bau- und Anlageplan auszuführen. Wie lange dieses aber der Fall, eben so lange muß auch dem Eigenthümer das Recht zu= gestanden haben, feine von einem Dritten verbauten oder zur Anlage eines Weinbergs verbrauchten Materialien zu vindiziren, so wie dieser Dritte um= gekehrt so lange befugt gewesen sein muß, sich durch Herausgabe der noch unverdorbenen fremden Materialien der sonst unvermeidlichen Praestatio dupli zu entziehen. Mit dem Nichteintritte des Vindicationsverbotes im Momente der Verbindung des Materials fällt nun aber auch der Grund weg, aus dem v. S a= vigny, v. Vangerow u. A. bisher der Ansicht waren, daß durch die Ver= bindung von einzeln besessenen Baumaterialen sofort deren bereits begonnene Ufucapion unterbrochen werde. Das Tignum iunctum ist vielmehr so zu ver= stehen, daß der Stein nicht schon im Momente seiner Verbindung mit dem an= dern Steine, der Balken nicht schon im Augenblicke seiner Verbindung mit der Mauer u. s. w. unter dessen Begriff fällt, sondern erst dann, wenn das Haus, der Weinberg nicht mehr im Bau, in der Anlage begriffen ist. Fragen wir aber, wie lange Zeit dazu im Allgemeinen erforderlich gewesen sein dürfte, so ist doch, namentlich für Gebäude, die eines Jahres gewiß die kürzeste Frist. Nun erin= nere man sich aber, daß Labeo, dessen Worte Pomponius in L. 30. §. 1. D. cit. referirt, gleich diesem, für bewegliche Sachen keine andere Verjährung gekannt hat, als die einjährige Usucapio, und man wird den im angeführten Geseße zur Anwendung gebrachten Rechtsgrundsaß der Römer,wornach auch die Usucacapion bereits beseffener Baumaterialien durch deren Verbindung nicht unterbrochen wird, gewiß höchft natürlich und in fich gerechtfertigt finden, weil sich eben das desfallsige Vindicationsverbot noch nicht im Momente dieser Ver= bindung, sondern erst nach ausgeführtem Baue, also durchschnittlich zu einer Zeit geltend macht, wo noch insbesondere dadurch, daß die Zeit des Usucapions= besißes vor und nach der Verbindung zusammengerechnet wird, der zur Vollendung der Usucapion erforderliche Ablauf eines Jahres bereits vorüber ist. Daß

Animus possidendi, sondern erst durch Animus non possidendi (Animus contrarius) wieder verliert. L. 3. §. 6. L. 17. §. 1. D. de adq. v.

einzelne Fälle vorgekommen sein mögen, in denen die Vindication schon kurze Zeit früher wegen rascher Vollendung des Baues ausgeschlossen war, foll hier= mit natürlich nicht geläugnet werden; allein solche fanden verdientermaßen keine Berücksichtigung von Seiten der Legislation, welche ganz allgemein den Saß aufstellte, (der troß der dreijährigen Ufucapion beweglicher Sachen im justinia= neischen Rechte unverändert geblieben,) daß die Usucapion einzeln beseffe= ner Sachen durch ihre Verbindung mit einer andern, beweglichen wie unbe= weglichen, und sei die leztere auch ein Gebäude, nicht unterbrochen werden solle. Die L. 30. §. 1. D. cit. als Ausfluß und Anwendung dieses allgemeinen Saßes anzusehen, und nicht etwas Besonderes für Gebäude in deren erfterem Theile ausgesprochen zu finden, dafür spricht insbesondere der Uebergang, welcher unbewegliche Sachen überhaupt (ohne besondere Rücksicht auf Gebäude) ins Auge faßt: Quid ergo in his, quae non quidem implicantur rebus soli, sed mobilia permanent, ut in annulo gemma? Soviel über die Mo= dification unserer Ansicht gegenüber der v. Savigny's.

Während bei der vorstehenden Auffassung der L. 30. §. 1. D. cit. alle und jede Schwierigkeit verschwindet, geräth v. Savigny, weil er die usucapion von Baumaterialien durch deren Verbindung unterbrochen werden läßt, mit gedachtem Gefeße, welches geradezu das Gegentheil sagt, gar sehr ins Gedränge, aus welchem er, nach dem Vorgange Fald's, dem sich auch v. Vangerow anschließt, dadurch glaubt heraus zu kommen, daß er die darin erwähnten Tegulae und Columnae nicht als eigentliche Baumate= rialien betrachtet, sondern als blos äußerlich dem Gebäude angefügte, lose mit ihm verbundene Stücke, deren Usucapion deshalb nicht unterbrochen werden folle. Allein um fich von der Unhaltbarkeit dieser Erklärung zu überzeugen, ver= gleiche man L. 1. §. 1. D. de tign. iunct. (47. 3.), worin die Tegulae in ganz gleicher Weise wie die Mauersteine (Lapides) und Backsteine (Testae) zum Tignum ausdrücklich gerechnet werden. (Ulpian fagt zwar: Quidam aiunt, allein da er dieser Ansicht der Einigen nicht widerspricht, so macht er sie durch ihr Referat zu der seinigen). Aber abgesehen hiervon, wird gedachte Auslegung der L. 30. §. 1. D. cit. auch noch durch L. 8. D. Quod vi aut clam (43. 24) widerlegt, wornach man von einem Gebäude weggenommene Tegulae mit dem nur bei unbeweglichen Sachen Anwendung findenden Interdictum Quod vi aut clam reclamiren kann. Nam origo huius rei a solo proficiscitur, fagt Javolenus dafelbft. Ceterum per se tegulae non possidentur, sed cum universitate aedificii: nec ad rem pertinet, adfixae sunt, an tantum positae. In Betreff der Columnae vergleiche man unter andern Stellen wie L. 41. §. 9. D. de legat. I. (30.) Item prohibetur hoc legari, quod non alias praestari potest, quam ut ae

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