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diente, vergl. oben S. 35., die Rei vindicatio (utilis) der Eigener der Praedia provincialia, vergl. oben E. 39., und endlich die Actio in rem, wodurch Peregrinen in ihrem peregrinischen Eigenthume Schuß fanden, vergl. oben E. 38., in processualischer Beziehung auf Eine Linie, so daß damit sämmtliche Gestaltungen des Eigenthums, die im römischen Reiche vorkommen konnten, im Effecte- nicht mehr von einander verschieden waren, wenn auch ihre formelle Trennung fortbestand.

Mußten schon die angegebenen Veränderungen eine erneute legislative Thätigkeit in Bezug auf die beiden obigen Institute der Verjährung wünschenswerth machen, so war dies unbezweifelt noch mehr der Fall, nachdem :

3. Kaiser Constantin seine Residenz von Rom nach Byzanz verlegt und dem ganzen römischen Reiche eine neue geographische Eintheilung gegeben hatte, derzufolge es, von den beiden Hauptstädten Rom und Constantinopel abgesehen, in vier Präfecturen, (Oriens, Illyricum, Galliae, Italia), diese wieder in Diöcesen, die Diöcesen in Provinzen zerfiel, welche lettere übrigens viel kleiner waren, wie die früheren. Da auch Italien von dieser Reichs-Eintheilung und der daran sich anschließenden Uniformirung der Reichs-Verwaltung mitbetroffen wurde, so büßte es, nachdem ihm seine Grundsteuerfreiheit schon viel früher (bereits unter Diocletian) entzogen war, nun auch seine besondere Administration ein, und somit blieb ihm denn als leßter Rest seiner Privilegien nur noch der Vorzug übrig, daß ausschließlich italische Grundstücke im Dominium ex iure Quiritium zu stehen fähig waren. Dieser Vorzug erschien aber nach der obigen Darstellung der Dinge für Italien selbst als völlig nichtssagend, dagegen seiner Consequenzen wegen für die übrigen Reichstheile in hohem Grade störend. Denn er war Ursache, daß alle außeritalischen Grundstücke, also auch die sämmtlichen des Orients, worin jeßt die Residenz lag, wenn sie nicht dem Bereiche einer der wenigen mit lus italicum versehenen Städte angehörten, als Praedia provincialia im alten Sinne des Wortes, der Usucapio entzogen, nur der Longi temporis praescriptio unterworfen waren, und die Usucapio folgeweise im Oriente nur bei beweglichen Sachen Anwendung finden konnte. L. un. pr. C. de usuc, transf. (7. 31.) Justinian: Satis inutile est, usucapionem in italicis quidem soli rebus admittere, in provincialibus recludere. Dazu fam aber:

4. daß Justinian das römische Bürgerrecht durch Aufhebung der Libertas latina und dediticia noch dauernder ausdehnte, als Caracalla,

L. 3. C. de bon. lib. (6. 4.) L. un. C. de dediticia libertate tollenda (7. 5.) L. un. C. de lat. lib. toll. et per certos modos in civitatem romanam transfusa (7. 6.) §. 3. I. de lib. (1. 5.) Nov. 78. c. 1., daß er den längst schon veralteten Unterschied der Res mancipi und nec mancipi ausdrücklich aufhob, L. un. i. f. C. de usuc. transf. et de sublata diff. rer. manc. et nec manc. (7. 31. *), und endlich das Dominium ex iure Quiritium und In bonis auch noch formell mit einander vereinigte. L. un. C. de nudo iure Quir. toll. (7. 25.).

Daß durch die lehte dieser Aenderungen die alte Usucapio in ihrer Function, das In bonis in Dominium ex iure Quiritium zu verwandeln, aus dem Dasein völlig verschwinden mußte, springt in die Augen; aber auch in Betreff der andern Zweckbestimmung der Usucapio, durch einresp. zweijährige Fortseßung eines gehörig qualificirten Besizes, selbst auch ohne vorheriges In bonis, römisches Eigenthum zu begründen, waren in Folge der vorbezeichneten Ereignisse alle wesentlichen Unterschiede zwischen ihr und der Longi temporis praescriptio entweder bereits wirklich verschwunden, wie z. B. der der Wirkung, oder doch zu deren fernerem Fortbestande keine inneren Gründe mehr vorhanden, wie bezüglich der Verschiedenheit in Behandlung der Fundi italici und Praedia provincialia, der Accessio possessionis und der Zeit der Verjährung. Was insbesondere die lettere anlangt, so empfahl sich eine Erweiterung der kurzen Usucapionszeit von einem und zwei Jahren, die dem ursprünglich kleinen Umfange des römischen Reiches ganz angemessen war, jest um so mehr, als durch sie der Eigenthümer bei der bedeutenden Ausdehnung der Grenzen schon längst in bedenklicher Weise gefährdet erschien. **)

Unter solchen Verhältnissen kann es als ein legislatives Verdienst Justinian's betrachtet werden, das Institut der Usucapion, die Longi temporis praescriptio in ihr als Einem Ganzen aufgehen lassend, in der Art umgeformt zu haben, daß durch sie von da an bewegliche Sachen

*) L. un. C. cit, cum etiam res dividi mancipi et nec mancipi sane antiquum est: et merito antiquari oportet, ut sit rebus et locis omnibus similis ordo, inutilibus ambiguitatibus et differentiis sublatis.

**) L. un. C. de usuc. transf. (7.31.) Iustinian. Sed et si quis res alienas, italicas tamen, bona fide possidebat per biennium, miseri domini excludebantur: et nullus eis ad eas reservabatur regressus: quae et nescientibus dominis procedebant, quo nihil inhumanius erat, si homo absens et nesciens tam angusto tempore suis cadebat possessionibus,

in drei, unbewegliche in zehn und zwanzig Jahren ersessen werden*). L. un. §. 1. C. de usucapione transformanda (7.31.) (v. J. 531.) Justinianus: Ideo per praescutem legem et in italicis soli

*) Unerwähnt darf nicht bleiben, daß über das Verhältniß der Usucapio und Longi temporis praescriptio sowie umgekehrt unter den Juristen Streit herrscht. Wäh= rend ein Theil derselben, an deren Spiße Donellus (Comment. V. 4.) steht, und dem darin noch bis in die neueste Zeit Andere gefolgt find, [vergl. May, Andr., Ueber den Character der ord. Eigenthumsersißung nach d. Const. un. Cod. de usuc. transf. (7. 31.) Bamberg 1847. 8.], durch L. un. C. cit. die Usucapio als abgeschafft, und demgemäß nur noch die Longi temporis praescriptio als fortbestehend betrachtet, gieng schon die Glosse zu Pr. I. de usuc. (2. 6.) davon aus, daß beide auch noch im neuesten römischen Rechte völlig ge= trennte Institute seien, von denen aber die Ususcapio ausschließlich bei beweg= lichen Sachen, die Longi temporis praescriptio ausschließlich bei Immobilien zur Anwendung komme; eine Auffassung, die in neuerer Zeit wieder in Hameaur a. a. D. S. 39. ff. einen Vertheidiger, und in Folge deffen auch in Friß (vergl. deffen Ausgabe von Wening - Ingenheim §. 130) einen An= hänger gefunden hat..— Eine dritte und die einzig richtige Ansicht ist die im Terte ausgesprochene. Ihr zufolge ist die alte Usucapio, von ihrer Function das In bonis in Dominium ex iure Quiritium zu verwandeln abgesehen, Grundlage der im neuesten römischen Rechte geltenden Verjährungslehre auch nach deren Reform durch Juftinian in L. un. C. cit. geblieben, nur mit der doppelten Modification, einmal, daß Justinian bei ihr für bewegliche Sachen die ganz neue Verjährungsfrist von drei Jahren eingeführt hat, und dann, daß mehrere Be= stimmungen der von jezt an in der Usucapion aufgehenden Longi temporis praescriptio auf jene übertragen worden sind. Dahin gehört, 1. daß bei der Usucapio nunmehr im Allgemeinen Accessio possessionis eintreten, 2. daß die Zeit von zehn und zwanzig Jahren bei Immobilien als Verjährungszeit gelten solle, und 3. daß nun auch frühere Praedia provincialia ufucapirt werden können, also kein Unterschied zwischen ihnen und Fundis italicis mehr existirt.

Für die hier vertheidigte Ansicht des Fortbestandes der Usucapio unter Ab= forbirung der Longi temporis praescriptio und folgeweise gegen die beiden andern referirten Auffassungen der L. un. C. cit. spricht vor Allem, daß Juftinian sowohl in der Titel - Rubrik (Cod. VII. 31.) wie im Texte der Reform= constitution selbst von Transformation der Usucapion spricht, und in den Inftitutionen da, wo er dieser seiner Reform wieder gedenkt, sich gleich= falls in Betreff beweglicher wie unbeweglicher Sachen nur des Ausdruckes: Usucapere bedient, ja hinsichtlich leßterer sogar die Worte: per longi temporis possessionem usucapere verbindet. Pr. 1. de usuc. (2. 6.) verb.: et ideo constitutionem super hoc promulgavimus, qua cautum est, ut res quidem mobiles per triennium, immobiles vero per longi temporis possessionem (id est, inter praesentes decennio, inter absentes viginti annis)

rebus, quae immobiles sunt, vel esse intelliguntur,... usucapionem transformandam esse censemus, ut tantummodo et his decem vel viginti vel triginta annorum et aliarum exceptionum tempora currant, huiusmodi angustiis penitus semotis. §.2. Quum autem antiqui et in rebus mobilibus vel se moventibus,

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usucapiantur: et his modis non solum in Italia, sed etiam in omni terra, quae nostro imperio gubernatur, dominia rerum, iusta causa possessionis praecedente, adquirantur. Aber abgesehen hiervon sprechen wider die Annahme, daß nach neuestem römischen Rechte die Usucapio blos bei Mobilien, die Longi temporis praescriptio ausschließlich bei Immobilien zur Anwendung komme, auch noch besondere Gründe, und zwar die folgenden: 1. În L. 3. D. de div. temp. praescr. (44. 3.) heißt es: Longae possessionis praescriptionem tam in praediis, quam in mancipiis locum habere manifestum est. (Vergl. L. 1. C. de serv. fug. 6. 1.) Zwar versteht Hameaur a. a. D. S. 47-49. unter den hier gemeinten Sclaven nur Mancipia rustica, d. h. zu einem Grundstücke gehörige, [im Gegensaße der urbana, L. 41. §. 2. D. de legat. et fideic. III. (32.) L. 7. C. de bonis proscr. cet. (9. 49.)], welche als Annera des Grundes und Bodens alle juristischen Schicksale des Hauptgutes getheilt hätten. Indeßen ist einerseits noch nicht einmal dargethan, daß Mode= ftinus in L. 3. cit. unter den Mancipiis blos die Mancipia rustica verstan= den, so erscheint auch andererseits die Behauptung rein willkührlich und unerwiesen, daß die Mancipia rustica die Schicksale des Hauptgutes theilten.-2. In L. 9. D. de div. temp. praescr. (44. 3.) finden sich die Worte: Rescriptis quibusdam Divi Magni Antonini cavetur, ut in rebus mobilibus locus sit praescriptioni diutinae possessionis. Zwar sucht Hameaux a. a. D. S. 63. diese Stelle dadurch wegzuräumen, daß er sich gegen die vorstehende Florenti= nische Lesart und für die Lectio vulgata: in rebus soli erklärt. Allein find dagegen schon die Basiliken (LI. 3. 8.), welche jene, nicht diese Lesart bestäti= gen, so gewinnt die L. 9. cit. in der hier bevorzugten Fassung nur noch mehr Glauben durch ihre innere Uebereinstimmung mit der vorhin besprochenen L. 3. D. de div. temp. praescr. (44. 3.) und L. 1. C. de serv. fug. (6. 1.) – Wenn Hameaur a. a. D. S. 40. endlich 3. das von Diocletian und Marimian herrührende Rescript L. 2. C. in quib. causs. cess. 1. t. pr. (7. 34.) [In servorum proprietatis negotio cum usucapio locum habeat, ad quaestionem longi temporis praescriptionis superfluo pervenitur] für seine Ansicht anführt, so ist hierdurch eines Theils nichts bewiesen, als daß das Institut der Longi temporis praescriptio vor ihrer Vereinigung mit der Usucapio zur Er= gänzung der letteren diente, und andern Theils läßt sich Argumento a contrario aus L. 2. C. cit. fogar gerade der umgekehrte für uns sprechende Schluß ziehen, daß, wenn bei einem Sclaven die Vorausseßungen der Usucapio nicht vorhanden waren, es dann zur Longi temporis praescriptio kam.

nexu,

quae fuerant alienatae vel quocumque modo, bona fide tamen, detentae, usucapionem extendebant non in italico solo sed in omnem orbem terrarum, et hanc annali tempore concludebant et eam duximus esse corrigendam, ut, si quis alienam rem mobilem seu se moventem in quacunque terra, sive italica sive provinciali, bona fide per continuum triennium detinuerit, is firmo iure eam possideat, quasi per usucapionem ei adquisitam. §. 3. Hoc tantummodo observando, ut in his omnibus casibus ab initio eam bona fide capiat, secundum quod exigit longi temporis praescriptio, et ut continuetur ei possessio etiam anterioris iusti possessoris, et connumeretur in decennium vel viginti annorum spatium vel triennium. Quod et in rebus mobilibus observandum esse censemus, ut in omnibus iusto titulo possessionis antecessoris iusta detentio, quam in re habuit, non interrumpatur ex posteriore forsitan alienae rei scientia, licet ex titulo lucrativo ea coepta est. §. 4. Ita etenim ampliatur quidem longi temporis materia, quae ei subdita est, minuitur autem usucapionum compendiosa dominis iactura et eius iura nocentia, quum etiam res dividi mancipi et nec mancipi sane antiquum est, et merito antiquari oportet, ut sit rebus et locis omnibus similis ordo, inutilibus ambiguitatibus et differentiis sublatis. Pr. I. de usuc. (2. 6.) L. 4. Basil. L. 10. (Meermann. Thes. V. p. 65). Da es übrigens leicht der Fall sein konnte, daß von den Erfordernissen der gewöhnlichen Ersizung eins oder das andere fehlte, z. B. der lustus titulus, so verordnete Justinian noch weiter zur Ergänzung der in solchen Fällen entstehenden Lücke, wenn der Besizer einer Sache dem mit der Rei vindicatio auftretenden Eigenthümer die Exceptio triginta vel quadraginta annorum entgegenzuseßen in der Lage sei, so folle ihm, foferne seine Possessio nur bona fide entstanden, außer dieser Einrede, für den Fall des Besiz-Verlustes auch noch die Rei vindicatio zustehen, d. h. aber, die f. g. Erstinctiv-(Klage)-Verjährung solle dann zugleich eine Adquisitiv-Verjährung (Eigenthums-Ersigung) sein.

L. 8. §. 1. C. de praescript. XXX vel XL annorum (7. 39.) (a. 528.) Justinian. Quodsi quis eam rem desierit possidere, cuius dominus vel is, qui suppositam eam habcbat, exceptione trignta vel quadraginta annorum expulsus est, prae

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