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familias res eius agi per eos, qui testamento matris tutores nominati fuerunt. Ein Theil der obige Ersizung Annehmenden sieht hiernach, wenn sich der Filiusfamilias ohne Widerspruch des Vaters als Homo sui iuris gerirt, den Ablauf von zehn uud zwanzig Jahren ohne Weiteres als Ziel der Patria potestas an; ein anderer achtet denselben einer stillschweigenden Emancipation gleich und ein dritter endlich ertheilt ihm nur die Kraft der Begründung einer juristischen Präsumtion wirklich stattges habter Emancipation und läßt folgeweise den Gegenbeweis zu. Allein diese sämmtlichen Ansichten finden in dem angeführten Rescripte keine Beståtigung. Vor Allem ist es rein willkührlich, die Worte: cum diu passus sis, auf die Longi temporis praescriptio von zehn und zwanzig Jahren zu beziehen, während doch die Annahme viel näher liegt, daß die Kaiser die ganz gewöhnliche Klagenverjährung im Auge gehabt hatten, als sie rescribirten, der Praeses provinciae werde zu ermessen haben, ob, da der Vater schon lange zu dem Bestande der Vormundschaft über seinen Sohn geschwiegen, die auf Anerkennung der väterlichen Gewalt dringende Klage nicht als zu spät angestellt zu betrachten sei. Geht man aber hiervon aus, so erscheinen schon deshalb alle drei angeführten Anfichten hinfällig. Die lettere wird überdies aber auch noch dadurch widerlegt, daß, wäre in den obigen Worten des Rescriptes von einer juris stischen Vermuthung der wirklich Stattgehabten Emancipation die Rede, der Vater sofort zum Gegenbeweise hätte zugelassen werden müssen. Und unter Voraussetzung der Nichtigkeit der, gedachten Zeit-Ablauf einer stillschweigenden Emancipation gleichstellenden, Ansicht wäre nicht einmal ein Gegenbeweis erforderlich resp. zulässig gewesen. Vielmehr hätte dann dem Vater bedeutet werden müssen, daß er die Abweisung seiner Klage zu gewärtigen habe, cum diu passus sit; cet. Eine zweite Stelle, welche man zum Beweise der durch Longi temporis praescriptio zu erlangenden Freiheit von der väterlichen Gewalt anführt, ist L. 25. pr. D. de adopt. (1. 7.), worin Ulpian ausspricht, der Vater dürfe nach dem Tode seiner Tochter, die von ihm emancipirt worden, als solche gelebt und ein Testament hinterlassen habe, den Emancipationsact wegen Formfehler nicht anfechten. Die Ursache dieses Klage-Verbotes liegt hier aber nicht in dem längere Zeit hingebrachten Leben der Tochter als Emancipirte, sondern, wie noch zum Ueberflusse durch die Worte: adversus factum suum pater movere controversiam prohibetur, ausdrücklich ausgesprochen, in dem römischen Rechtsprincipe, wornach Nie

mand in eigennüßiger Absicht seine eigenen Handlungen anzufechten befugt erscheint. Demnach gehört also L. 25. D. cit. ebensowenig hierher, als die früher besprochene L. 1. C. cit. die behauptete Ersigung der Feiheit von der väterlichen Gewalt beweiset.

8. Die Erstzung des Erbrechts, Pro herede usucapio. 9. Die unvordenkliche Verjährung, Praescriptio immemorialis.

Von den angegebenen Verjährungen gehört die lettere, die unvordenkliche, dem allgemeinen Theile an*). Die Ersizung der Freiheit von der väterlichen Gewalt hat sich als nicht begründet herausge stellt. Von der Ersizung des Erbrechts wird beim Titulus pro herede die Rede sein; die Ersigung der menschlichen Freiheit, des römischen Bürgerrechts, des Colonats und die auf dem Gebiete der Ehe vorkommende haben sämmtlich nur noch historisches Interesse. Von der Klagenverjährung ist bei den Schuß- und Verfolgungsmitteln eines Rechts im allgemeinen Theile zu handeln; der Erwerb wie Verlust dinglicher Rechte an fremder Sache muß der Darstellung dieser leßteren vorbehalten bleiben. Des Verlustes des Zehntrechtes durch Nichtgebrauch ist im allgemeinen Theile bei der Frage zu gedenken, ob Privilegien durch Non-usus erlöschen können, und somit bleibt uns denn hier nur noch die Ersizung des Eigenthums näher zu betrachten übrig.

S. 22.

A. Historische Einleitung zur Lehre von der
Ersißung des Eigenthums.

Das Recht der XII Tafeln fennt nur eine Art der Ersizung, welche, um anzubeuten, daß durch sie das Civilrecht der Thatsache des Besizes und Gebrauches einer Sache (Usus) nach Ablauf einer gewissen

*) Der Verfasser trägt sie daselbst im Capitel vom Rechte i. s. S. unter dem Ge= sichtspunkte vor, daß der Erwerb eines Rechtes entweder speciell nachzuweisen, oder nach deffen Ausübung seit Menschen - Gedenken zu präsumiren fei.

Zeit mit seiner rechtlichen Anerkennung (Auctoritas) schüßend zur Seite tritt, die Namen trägt: Usus auctoritas, Usus et auctoritas, auch wohl blos Auctoritas. Cic. Top. c. 4. §. 23. pro Caec. c. 19. §. 54. de off. I. 12. Später kam eine andere Bezeichnung in ausschließlichen Gebrauch, nämlich: Usucapio, (Ususcapio, Gell. VIII. 10.), unter der man die im alten römischen Civilrechte begründete [Pr. I. de usuc. (2. 6.) Cic. pro Caec. c. 26. §. 74.] Erwerbung des Dominium ex iure Quiritium durch ununterbrochen fortgesezten Besitz während der geseßlich bestimmten Zeit zu verstehen hat, oder, wie Modestin in L. 3. D. de usurp. (41.3.) sagt: Usucapio est adiectio dominii per continuationem possessionis temporis lege definiti. Als Grund der Einführung dieser Usucapio bezeichnen unsre Quellen das durch's Gemeinwohl gebotene Streben, der Rechtsunsicherheit und Gefahr ausbrechender Rechtsstreite durch Gewißheit des Eigenthums ein Ziel zu seßen.*) — Ihr Zweck war, formale wie materiale Mängel des EigenthumsErwerbes nachträglich zu heben; jenes, indem durch sie das In bonis (wenn z. B. eine Res mancipi dem Käufer nur tradirt worden), in Dominium ex iure Quiritium verwandelt ward, dieses, indem man auch ohne vorheriges In bonis durch Usucapion römisches Eigenthum erwarb, wo innere Mängel des Erwerbtitels dessen sofortige Entstehung verhindert hatten, wie z. B. wenn der die Sache in rechter Form übertragende Verkäufer selbst nicht Eigenthümer war.

Gaius II. §. 41. Nam si tibi rem mancipi neque mancipavero

*) Cic. pro Caec. c. 26. §. 74. Quid enim refert, aedes aut fundum relictum a patre aut aliqua ratione habere bene partum, si incertum sit, . . . . ea possisne retinere? si parum sit communitum ius? Mihi credite: maior hereditas venit unicuique vestrum in iisdem bonis a iure et a legibus, quam ab iis, a quibus illa ipsa bona relicta sunt. Nam ut perveniat ad me fundus, testamento alicuius fieri potest: ut retineam, quod meum factum sit, sine iure civili non potest. Fundus a patre relinqui potest: at usucapio fundi, hoc est, finis sollicitudinis ac periculi litium, non a patre relinquitur, sed a legibus. L. 1. D. de usurp. (41. 3.) Gaius: Bono publico usucapio introducta est, ne scilicet quarundam rerum diu et fere semper incerta dominia essent. Pr. I. de usuc. (2. 6.) Gaius II. 44. L. 5. pr. D. pro suo (41. 10.) Neratius: Usucapio constituta est, ut aliquis litium finis esset. L. un. C. de usuc. transform. (7. 31.) Iustin. verb. is firmo iure eam possideat, quasi per usucapionem eam adquisitam.

neque in iure cessero, sed tantum tradidero, in bonis quidem tuis ea res efficitur, ex iure Quiritium vero mea permanebit, donec tu eam possidendo usucapias: semel enim impleta usucapione proinde pleno iure incipit, id est, et in bonis et ex iure Quiritium tua res esse, ac si ea mancipata vel in iure cessa esset. §. 43. Ceterum etiam earum rerum usucapio nobis competit, quae non a domino nobis traditae fuerint, sive mancipi sint eae res sive nec mancipi, si modo ca bona fide acceperimus, cum crederemus eum qui tradiderit dominum esse. Ulp. I. 16. XIX. 8. Pr. I. de usuc. (2.6.) L. 2. §. 15. 16. D. pro empt. (41. 4.)

Durch die erste der angegebenen Functionen der Usucapion wurde, weil in dem In bonis schon alle realen Befugnisse des römischen Eigenthümers enthalten waren, (vergl, oben S. 39. Ad 2.), in Niemandes Rechtssphäre störend eingegriffen, sondern nur der Mangel der Rechtsform des Eigenthums-Erwerbes gehoben, und daher war denn auch zur Verwandlung des In bonis in Dominum ex iure Quiritium feine Bona fides erforderlich, sondern mit dem gleich anfänglichen Bewußtsein, daß man an der Sache nur In bonis habe, wurde die Usucapio begonnen und vollendet. Anders verhielt es sich mit der zweiten Function der Usucapio. Denn durch diese büßte der bisherige Eigenthümer unter Fortbestand etwaiger Iura in re aliena L. 2. pr. D. pro her. (41. 5.) fein Dominium ex iure Quiritium ein, indem es der Usucapient erwarb. Zur Rechtfertigung einer solchen Beeinträchtigung des bisherigen Eigenthümers konnte die bloße Ergreifung einer wissentlich fremden Sache, und der darauf hin fortgesezte Besiz im Allgemeinen unmöglich genügen,*) und daher mußte sich letterer auf ein Rechtsverhältniß (Iustus titulus,lusta causa) gründen, das, im Allgemeinen fähig römisches Eigenthum zu verleihen, nur im vorliegenden Falle wegen vorhandener innerer Mängel außer Stande war, diese Wirkung zu äußern; überdies durften dem Ufucapienten die Mängel seines Besizes wenigstens im Momente der Entstehung desselben nicht bekannt gewesen sein. (Bona fides.) Troß dieser Erschwerungen der Usucapio

Nur ausnahmsweise kam dies vor bei der Usucapio lucrativa und Usureceptio, von welchen weiter unten die Rede sein wird. Vergl. übrigens auch noch S. 120. Note t.

blieb ihr Resultat für den bisherigen Eigenthümer immerhin ein hartes. Allein dafür trifft ihn auch die Schuld, daß er die Zeit ungenügt hatte vorübergehen lassen, innerhalb deren er sein Recht an der nunmehr verlorenen Sache zu wahren im Stande gewesen*). - Was diese Zeit be trifft, während welcher der Usucapionsbesig gedauert haben mußte, so war sie ein Tempus continuum, L. 31. D. de usurp. (41. 3.), und betrug für den Fundus italicus, Pr. I. de usuc. (2. 6.), dem darin die Aedes gleichgestellt wurden **), zwei Jahre, für bewegliche Sachen ein Jahr, und zwar in gleicher Weise, das Object der Ufucapion mochte eine Res mancipi oder nec mancipi gewesen sein. Ulp. XIX. 8. Usucapione dominia adipiscimur tam mancipi rerum quam nec mancipi; usucapio est autem dominii adeptio per continuationem possessionis anni vel biennii; rerum mobilium auni, immobilium biennii. Gaius II. 43. 44. 54. 204. Plin. Ep. V. 1. Pr. I. cit. L. un, C. de usuc, transform. (7. 31.) Eine Accessio possessionis fand bei der alten Usucapio nicht Statt, vielmehr ist jene, als aus der Aequitas hervorgegangen, L. 14. pr. D. de div. temp. et de access. poss. (44. 3.), erst späteren, pråtorischen Ursprungs, und daher mußte denn der Usucapionsbefiz die angegebene Zeit in derselben Person ununterbrochen angedauert haben, wobei indessen natürlich dem Erben unbenommen blieb, in den Besig seines Erblassers einzutreten, (in usucapionem succedere), weil eben beide juristisch nur eine Person bildeten. L. 30. D. ex quib. caus.

*) L. 1. D. de usurp. et usuc. (41. 3.) Gaius: cum sufficeret dominis ad inquirendas res suas statuti temporis spatium. Pr. I. de usuc. (2. 6.) Et quum hoc placitum erat, putantibus antiquioribus, dominis sufficere ad inquirendas res suas praefata tempora. L, 28. pr. D. de V. S. Paulus; Vix est, ut non videatur alienare, qui patitur usucapi, L. 3. i. f. C. de ann. exc. (7. 40.) verb: cum contra desides homines et sui juris contemptores odiosae exceptiones oppositae sunt.

**) Die XII Tafeln feßen nur für den Fundus die Usucapionszeit auf zwei Jahre fest, für alle anderen Sachen auf ein Jahr. Strenge genommen hätten hiernach auch Gebäude (Aedes), als unter die leßteren fallend, in einem Jahre ersessen werden müssen. Allein da kein innerer Grund vorlag, bei Erfißung der Immobilien zwischen leeren und mit Gebäuden versehenen Grundstücken einen Unterschied zu machen, so wurde die zweijährige Ersißungszeit auf alle unbewegliche Sachen in gleicher Weise angewendet, die ein jährige aber lediglich auf bewegliche beschränkt. Cic. Top. c. 4. S. 23. Boëth. ad h. 1. ed. Bait, p. 308. 309. Cic. pro Caec. c. 19.

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