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betrachtet werden, wofern die Frage nicht eine freie ist, sondern eine abhängige. Hier den Indikativ zu setzen, widerstreitet dem herrschenden Sprachgebrauch der Römer, doch ist er von ihnen in einzelnen Redensarten und in gewissen Vortragsarten aufgenommen worden, ohne Zweifel nach griechischem Beispiel. Es sind alo die Redensarten zu verzeihen, wo dies vorkommt. Überhaupt gehört es in die Sprache des gemeinen Lebens, und ist von den Komikern ausgegangen; s. z. B. Ter. Phorm. II. 3, 11. vide avaritia quid facit. Plaut. Bach. I, 1, 45. Scio quid ago. Et pol ego scio, quid metuo. Mil. gl. I, 1, 36. scio iam quid vis dicere. [das. IV, 2, 84.] Rud. IV, 3, 11. vide num quispiam consequitur prope nos. [Capt. II, 1, 15. III, 4, 25. V, 2, 11. Ter. Adelph. IV, 5, 2. V, 9, 39. Hec. I, 2, 16. II, 1, 26. III, 5, 22. IV, 4, 24. u. ö.] Cic. ad Att. XIII, 18. vides propinquitas quid habet [habeat ist ohne Handschriften aufgenommen.] Es sind aber die Arten des Vortrags zu scheiden; denn in die höhere Art der Prosa, wie sie in den philosophischen Schriften des Cicero ist, gehört diese Konstruktion nicht, da sie von den Komikern ausging. Goerenz hat also durch unrichtiges Urteil geleitet, in der Stelle de Fin. IV, 24, 24, § 67. angenommen, als wenn Cicero habe schreiben können: at quo nituntur homines acuti argumento ad probandum operae pretium est considerare; oder II, 5, 15. si ego non intelegam, quid Epicurus loquitur; denn in jenem Stile wird er gewiß loquatur gesagt haben. Anders ist der Stil in den Briefen ad Att., aus welchen selbst schon ein Beispiel jener Art angegeben wurde. Dennoch ist ad Att. XIV, 13, 2. quid nobis faciendum est, ignoro nicht jenes in Abhängigkeit zu setzen von ignoro; vielmehr ist, wie Ernesti vorschlug, quid nobis faciendum est? für frei zu halten und ignoro für einen besonderen Satz.504)

504) [Daß der Gebrauch des Indik. von den Komikern, und durch diese vom Griechischen ausgegangen sei, ist mir sehr unwahrscheinlich; vielmehr haben ihn die Komiker wohl schon vorgefunden in der Volkssprache, die nichts leichter vernachlässigt als die Abhängigkeitsverhältnisse der Sätze; die lebendige Anschauung des Faktischen und die Neigung der Phantasie, sich auch das nicht Faktische als solches vorzustellen, veranlassen den Indikativ, der dann freilich in sorgfältiger Rede

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330. Nach dem bisher Behandelten läßt sich nun von allen Seiten betrachten die Konstruktion des quod, in betreff dessen, daß, mit dem Indikativ und Konjunktiv, und gewisse Konstruktionen mit dem deklinabeln Relativum.

gattung, wo die grammatischen Verbindungen so pedantisch wahrgenommen werden, wie es in der besten Zeit der Römer immer geschah, bedeutend beschränkt werden mußte. Jedoch ist der Indik. selbst bei Cic. nicht so selten, als es nach dem Obigen scheinen könnte; es finden sich namentlich in den Briefen und Reden Beispiele, die auch in der Konversation über philosophische Gegenstände nicht allzu anstößig sein können; z. B. p. Mil. c. 18, § 47 videte iudices, quantae res his testimoniis sunt confectae, was, wie öfter, mehr als Ausruf zu nehmen; doch ist nach Klotz in den N. Jahrbb. X. H. 4. p. 422. aus den Handschriften hier sint zu schreiben; in Verr. I, 8, § 22. geben die besten Handschriften: deinde etiam illud cogitate, quanto periculo venturi sumus ad eos iudices - Das. II, 53, § 131. Iam vero censores quemadmodum in Sicilia isto praetore creati sunt, operae pretium est cognoscere, wo ebenfalls nur von den Editoren sint verbessert ist, das Zumpt das. sehr pathetisch in Schutz nimmt, ohne daß es ihm jedoch gelungen wäre, alle Stellen, deren er mehrere anführt, wegzuräumen, im ganzen sind es freilich nicht viele, das ist in der Natur der Sache begründet; wenn man aber behauptet, daß Cicero nie den zu seiner Zeit wirklich vorhandenen Gebrauch aus der Konversationssprache in die Schriftsprache da, wo diese mit jener genau verwandt oder identisch ist, übertragen habe, so scheint mir dies ein einseitiger, übertriebener Eifer für die grammatische Regelmäßigkeit, und eben ein Mangel an Kritik, der Ramshorn wegen der entgegengesetzten Ansicht vorgeworfen ist. Zu den von Zumpt erwähnten Beispielen, die sich freilich, wenn man einmal will, alle sehr leicht ändern lassen, kommen noch ad fam. II, 9. scis quem dico. Tusc. IV, 36, § 77 nosti quae sequuntur, wo quae Relativum sein kann; jedoch III. 19. § 44. steht: scitis quae sequantur. de Rep. I, 19. sed quaero, quae tu esse maiora intellegis; so schrieb hier die zweite Hand, gewiß nicht um eine Verbesserung des Stils zu machen, sondern, wie auch sonst, aus diplomatischer Genauigkeit; die erste hatte intellegas. Auct. ad Herenu. IV, c. 9. Quibuscum bellum gerimus, iudices, videtis, wo nur Lambin geramus schrieb, was in keiner Handschrift steht. Andere zum Teil noch der Prüfung bedürftige Stellen s. bei Wopkens lectt. Tull. p. 144. zu de N. D. II, 6. § 18, Matth. zu p. Rosc. Am.

Das quod ist, wie schon früher [§ 212 u. § 269.] be-599 stimmt worden, eigentlich: in betreff desjenigen, daß. Damit ist nicht etwas, was aus einem andern folgt, ausgedrückt, wie bei ut, mit dem es somit gerade im Gegen

30, § 83. Beier zu Off. I, 7, § 23. II, 5, § 16. Ramshorn in den Jahrbb. f. Philol. u. Päd. 1827. II. p. 40. im litter. Anz. 1827. Nr. VII. p. 3. das. Zumpt Nr. V. p. 4 fg. Ochsner zu Cic. eclog. p. 28 fg. Otto zu de Fin. IV, 24, § 67. Peter Cic. Brut. c. 23 § 91. Kritz zu Sall. Iug. 4, 4. Oudendorp zu Caes. B. G. II, 32, 11. Corte zu Plin. epp. II, 10. Burm. zu Lucan I, 126. Walther und Gruber zu Tac. Germ. 45. O. Müller zu Varro de L. L. V, § 140. X, § 9. Ruhnken zu Rutil. Lup. II, 6. p. 98. der aber II, § 8. nicht richtig zu konstruieren scheint; es ist wohl so zu interpungieren: quaeres a me, quo iure obtinere possim? Quo iure mihi Polyaenus reliquit, praetor dedit possessionem. Leges me defendunt ; so daß nach possim die Antwort schon folgt, worin eben die hier beschriebene Figur besteht. Mit Zumpt leugnen den Indik. Hand Tursell. I. p. 359, der fast geneigt scheint, ihn selbst den Komikern abzusprechen, Ellendt gelegentlich zu Cic. Brut. § 13. In der Redensart hoc vide, ut scheint der Indik. ganz stehend gewesen zu sein, da der Konj. einen ganz andern Sinn gegeben haben würde; s. Plaut. Curcul. I, 2, 34. hoc vide ut ingurgitat impura in se merum avariter; und in dem herrlichen Rapazhaus Dopo das. v. 65. hoc vide ut dormiunt pessuli pessumi. I, 3, 3. Ter. Adelph. II, 2, 21. illud vide, ut in ipso articulo oppressit. In dem Zeitalter nach Cicero wird der Gebrauch des Indik. in der indirekten Frage eben nicht freier, doch ist er mit Beispielen zu belegen; s. Val. Max. V, 7, ext. 1. a. E. iam patebit, quam multa paterni affectus indulgentia superavit. Das. 6, ext. 5. a. E. patet ergo, quam profusae pietatis erga patriam omnis aetatis homines exstiterunt, nach der Verbesserung von Oudend. I. c. VIII, 1. a. A. recordemur invidia laborantes, quibus de causis aut absoluti sunt aut damnati. Seneca epist. 4. g. E. Lex autem ista naturae scis quos nobis terminos statuit? (wo jedoch Cod. Amplon. statua giebt;) epist. 34. intellego quantum te ipse supergrederis (Cod. Ampl. supertegeris). (Über die indirekten Fragen im Altlat. handelt Becker in der Anm. 503 zitierten Schrift; über den Sprachgebrauch des Cicero Gutsche de interrogationibus obliquis apud Ciceronem obs. selectae, Leipzig 1885. Daß ich zu ebendemselben Resultate wie Haase gekommen bin und entschieden glaube, Lambin und neuerdings Madvig, Wesenberg, C. F. W. Müller u. a. seien zu scharf in der Ausmerzung des Indik. in der indirekten

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satz steht; auch ist damit nicht schlechtweg ein Objekt bezeichnet, welches zur Betrachtung gegeben ist; denn ein solcher Objektbegriff ist in dem Accus. c. Inf. gegeben; sondern es ist etwas ausgedrückt, was als in der Vorstellung vorausgegeben angesehen wird zur Veranlassung eines Urteils darüber; also etwas Vorhergehendes in der Vorstellung, etwas Vorausgesetzes ist mit quod gegeben, in betreff dessen etwas stattfindet, und wohin man nur verweist. So z. B. Hor. Sat. I, 3, 38. Illuc praevertamur, amatorem quod amicae turpia decipiunt caecum vitia.

In diesem Sinne wird quod häufig gesetzt zu accedit, indem man den Gedanken, dessen Kenntnis man in der Seele des andern voraussetzt. hinzufügt. [S. § 315.]

In betreff des Sprachgebrauchs in gewissen Redensarten darf noch hinzugefügt werden, daß adde quod zuerst dichterisch war. Häufig ist es bei Lucrez, z. B. IV, 1119. und später bei Ovid, z. B. Metam. II, 70. epp. ex Ponto II, 9, 47. [Fast. III, 143. 245. Amor. I. 14, 13. II. 8, 23. u. ö.] Erst später kommt es auch in der Prosa vor; denn wenn schon Cicero adde gebraucht mit einem Kasus: adde hoc, adde illud, so wendet er doch die Konstruktion mit quod nicht an. [Seneca gebraucht es, aber öfter adiice quod, wie de clem. I, 8. de beneff. III, 7. Plin. paneg. 53, 3. und adde quod das. 38, 6.] (Über die Art der mit quod angefügten Sätze überhaupt vgl. meine Syntax § 248 ff. Über adde quod habe ich ausführlich gesprochen in Festschrift zur XXXVI. Philol. Vers. 1883 p. 98, wo noch zur Litteratur beizufügen ist Lachmann zu Lucr. p. 367, Zimmer

Frage bei Cic. verfahren, habe ich schon Z. f. G. W. 1881 p. 124 ff. (wo auch viel Litteratur verzeichnet ist) und neuerdings in meiner Syntax p. § 214 ausgesprochen. Vgl. noch Dräger H. Synt. II, p. 460 ff., Grabenstein de interrogationum enuntiativarum usu Horatiano, Halle 1883 p. 12 ff. Wolff de enuntiatis interrogativis apud Catullum Tibullum Propertium, Halle 1883. Über hoc vide ut vgl. Dahl p. 19 f Daß mit dem Sinken der Sprache der Indikativ in der indirekten Frage immer mehr überhand nimmt, kann man aus meiner Syntax § 214, Gölzer Hieron. p. 353 (on revient à la construction avec l'indicatif), Thielmann Apollon. p. 40 (der durch alle Zeitalter in der römischen Volkssprache herrschende Gebrauch des Ind. in indirekten Fragen) ersehen.}

mann Progr. von Posen 1880 p. 5; ferner im Antibarbarus VI. Aufl. s. v. addere.}

Auch nach gewissen Verbis, die auf eine Wirkung hindeuten, wie accidit, evenit, u. s. w., wo an sich, der Natur des Begriffes nach, ut folgt, kann unter gewissen Bedingungen auch quod folgen, nämlich so, daß der Satz600 nicht wie ein Folgendes abgeleitet wird, sondern daß er wie ein Bekanntes, Vorausgegebenes betrachtet wird, worüber ein Urteil gefällt werden soll. Folglich kann nach accidit, evenit u. s. w. nicht schlechtweg quod folgen, sondern zu jenen Verbis muß ein Prädikat stehen, was eigentlich das Urteil ausmacht; z. B. accidit quod non rediit kann man nicht sagen, wohl aber bene, commode accidit, quod non rediit. Cic. ad. Att. I, 17, 2, accidit perincommode, quod eum nusquam vidisti. Tusc. I, 41, § 97 magna me spes tenet bene mihi evenire, quod mittar ad mortem. 505)

505) [Vgl. oben Anm. 479, wo erwähnt ist, daß in diesen Fällen auch ut stehen kann; alsdann wird aber ganz analog mit dem, was ich § 315. über accedit ut bemerkt habe, beabsichtigt, das Faktische zu erzählen, während bei quod nur ein Urteil über das schon vorausgesetzte Faktum gegeben wird. Beispiele sind nicht selten; s. Caes. B. G. VII, 20.

Hier mag zugleich bemerkt werden, daß nach denselben Verbis außer quod und ut auch der Infinitiv gebraucht wird, der im ganzen allerdings mehr dichterisch und erst nach Cicero in der Prosa gewöhnlich ist, und zwar giebt er seiner Natur nach eine viel unbestimmtere Bezeichnung des Verhältnisses der Begriffe zu einander, so daß er die Bedeutung von ut und quod zugleich umfaßt. Jedoch ist auch dieser Gebrauch dem Cicero nicht so entschieden abzusprechen, wie es Stuerenburg zu or. p. Arch. III, 4. p. 47 fg. thut; er erkennt selbst an, daß ad Fam. VI, 11, 1 steht: nec enim acciderat mihi opus esse, was er als einen Gräcismus entschuldigt wissen will: von contingere bemerkt er, daß es mit ut bei Cic. etwa 30, bei Nepos zwei Mal, bei Caesar, Sallust, Tacitus gar nicht vorkomme, und mit dem Infinitiv erst bei Vellei. II, 124, und einmal bei Tac. Agr. c. 47. Aber hierdurch wird man sich schwerlich überzeugen, daß p. Arch. III, 4, für contigit mit dem Infinitiv coepit geschrieben werden müsse gegen alle Handschriften; jenes ist nach Cic. weit häufiger, als Stürenb. meint; s. Vellei. II, 101, 2. 121, 3. Valer. Max. III, 4, 3. Quintil. I, 1, 6. Plin. epp. IV, 2. a. E. paneg. 58, 4 u. ö. Reisig, lat. Sprachwissenschaft von Schmalz u. Landgraf. 32

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