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dingung eingeschlossen ist, und heißt überhaupt: in einem anderen Falle außer einem genannten; oder auch: an einem anderen Orte. [S. Hand 1. c. p. 219 fgg.]

Aliter steht nicht in dem Sinne einer Bedingung; es heißt nur in einer anderen Weise. [S. Hand 1. c. p. 267 fgg.]

6. Kausalpartikeln.

268. Nam und enim. 431c)

Diese beiden Partikeln haben an sich keinen Unterschied der Bedeutung; aber durch die Stellung, welche bei ihnen verschieden ist, wirken sie verschieden auf die Darstellungsart; denn durch nam wird der Gedanke des Grundes selbst hervorgehoben als das Hauptsächlichste; durch enim wird ein Begriff des ganzen Gedankens vor anderen Begriffen vorzugsweise gegeben; dies kann auf die Lebendigkeit des Ausdrucks einen großen Einfluß haben, wobei die wechselnde Stellung ein Vorzug ist.

Es ist aber die Bedeutung des Grundes keineswegs die erste in beiden Partikeln; denn sie dienen im allgemeinen, um etwas auseinanderzusetzen, zu erklären, wie nämlich, vorausgesetzt, daß die Erklärung in einem vollständigen Satze besteht. Da also nämlich die erste Bedeutung ist, so ist zuweilen mit nam und enim eine Darstellung gemacht, die auch auf eine andere Weise an das Vorhergehende angeknüpft sein könnte; z. B. Cic. de Offic. I, 28, 10. wo Heusinger autem wünschte, mit Unrecht; denn er verkannte, daß nam in dem allgemeinen Sinne steht, wie auch autem. [Vgl. Hand Tursell. II, p. 382 fg.]41d)

431c) {Litteratur: E. A. Fritsch nam etenim enim apa Tap Wetzlar 1859; Hand Turs. s. v. nam IV p. 1 ff., Holtze synt. p. 357-363, fragm. p. 76, Draeger II § 347-352, Kühner p. 714-731; für den rhetorischen Gebrauch von nam in der Occupatio und Praeteritio vgl. Seyffert Schol. Lat. I § 22 und 62 und zu Lael. p. 312. 313, für den stilistischen Gebrauch Naegelsbach Stil. p. 626 ff}

431d) {Nam und enim sind wie vero ursprünglich versichernd und bedeuten in der That". Daraus entwickelt sich früher bei nam, später bei enim eine begründende und

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Es ist aber, wenn es den Grund angiebt, nicht immer der des zunächst Gesagten, sondern zuweilen nur der eines bloßen Gedankens, der in der Seele zurückgehalten wird als Mittelglied der Sätze; und auf diesen Gedanken bezieht sich dann nam oder enim. Z. B. Cic. de N. D. I, 7. § 16. tres enim trium disciplinarum principes convenistis; M. enim Piso si adesset, nullius philosophiae earum quidem, quae in honore sunt, vacaret locus; also vier Häupter sollen im ganzen gezählt werden; das zweite enim giebt aber keinen Grund zu dem Vorhergehenden; daher Ernesti es wegließ; aber in Gedanken ist das Mittelglied: nur einer fehlt noch; und darauf bezieht sich das enim. S. Wolf in den Analekten Bd. II p. 307. {C. F. W. Müller schreibt an d. St. M. autem Piso': die Partikeln enim und autem sind in den Handschriften sehr häufig verwechselt, vgl. denselben Gelehrten zu Rosc. Am. p. 40, 35 in der praef. p. XI, Hoerner im G. Pr. von Zweibrücken 1878 p. 8.} [Hand Turs. II. p. 180. nr. 7. Über nam vgl. Zumpt zu Cic. in Verr. I, 51, § 133. II, 29, § 72. III, 85, § 196. Kritz zu Sall. Jug. 19, 2. 28, 5. u. ö. Juvenal. Sat. X, 204.] Da denn dergleichen Mittelglieder in der Seele eingeschoben werden müssen, so können die Formen sehr mannigfach sein, durch welche die Rede mittels nam oder enim scheint

erläuternde Bedeutung, wie bei vero eine gegensätzliche, welche in der späteren Volkssprache auch bei nam zu Tage tritt, B. Dombart Bl. f. d. bayr. G W. 1880. p. 40. 41. Noch bei Plautus ist enim ausschließlich Beteuerungspartikel, wie nachgewiesen hat Langen, Beiträge zur Kritik und Erklärung des Plautus p. 261-271; auch bei Terenz ist enim Affirmativpartikel in ganz überwiegender Weise, doch finden sich bei ihm auch Stellen, an welchen es unverkennbar die Bedeutung der Erläuterungspartikel besitzt. Was die affirmative Bedeutung von nam betrifft, so zeigt sich dieselbe auch bei Cicero in einzelnen, im familiären Ton gehaltenen dialogischen Partieen bei zustimmenden, bestätigenden Antworten, bes. in der Verbindung mit hercle, wie Or. II § 142. Verr. II § 72. vgl. Ziemer Junggram. Streifz. p. 134 f., welcher nam für den Locativ des sanskr. Demonstrativstammes ana jener' hält

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dahin (dann, denn). Aus dieser zunächst demonstrativen Kraft entwickelte sich die explikative und affirmative, endlich die kausale. Enim vermutet er sei entstanden aus e-nam}

fortgeführt zu werden; man kann z. B. sagen ferner, oder freilich u. s. w. Cic. de legg. II, 11, § 28. bene vero, quod Mens, Pietas, Virtus, Fides consecratur, quarum omnium Romae dedicata publice templa sunt, ut, illa qui habeant,462 deos ipsos in animis suis collocatos putent. Nam illud vitiosum Athenis, quod fecerunt Contumeliae fanum et Impudentiae; hier ist der Gedanke einzuschieben: aber schlechte Wesen dürfen nicht verehrt werden; denn dies ist fehlerhaft. [Da unmittelbar darauf dieser Gedanke erst folgt: virtutes enim, non vitia consecrari decet, so kann er nicht vorher schon ergänzt werden; vielmehr ist hier, wie immer, ein möglichst allgemeiner Gedanke zu ergänzen, der gar keinen speziellen, an einen besonderen Zusammenhang gebundenen Inhalt hat; also etwa: und daran habe ich Recht; oder: mit Recht sage ich bene vero, denn -—.] {du Mesnil ergänzt: „aber nicht überall wird so angemessen verfahren".}

In diesem Sinne ist manchmal ein falsch gebrauchtes iam zu berichtigen, das nur aus Verschreibung des nam entstanden ist, wie de Fin. III, 5, § 18. iam membrorum etc. [vgl. Beier zu Cic. offic. III, 21, § 84.] {de Fin. schreiben alle neueren Herausgeber iam; zu Offic. III § 84 s. Gruber u. C. F. W. Müller.) Im Dialoge dienen die beiden Partikeln auch um den Grund auseinanderzusetzen von dem, was die frühere Person sagte, wie de legg. II, 17 § 43. Q. Equidem ista agnosco, frater; sed nimis saepe secus aliquanto videmus evadere. M. Non enim, Quinte, recte existi

mamus

erläutert

{An dieser Stelle ist enim wie oben N. 431 d als versichernde Partikel in der Antwort zu verstehen: Ja freilich haben wir über die göttliche Strafe keine richtige Ansicht."}

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In der Verbindung mit der Negation, welche dem enim vorausgeht, wird von Cicero meistens neque enim gesagt, seltener non; doch ist es falsch, wenn man meint, letzteres komme bei ihm gar nicht vor; denn z. B. findet es sich p. Quinct. § 80. de Fato c. 5, § 9. de Or. I, 26, § 120. [es scheint nur der Fall zu sein, wo die Negation, um einen Gegensatz einzelner Begriffe oder Gedanken zu bilden, stärker hervorzuheben ist; dann können beide Wörter auch getrennt werden, wie Or. 61, § 206. non ad unam enim rem aliquam, sed ad plures accommodatur.]

Wird aber bei den genannten Partikeln que angehängt, namque, oder et vorgesetzt, et enim, so ist auch hier ein Unterschied von jenem einfachen, und es heißt: denn auch, und dies ist so zu fassen, als wenn man sagte: ich will auch den Grund dazu sagen. Diese Art des Vortrages giebt die Begründung allmählicher und gelassener.

Übrigens wird auch etenim nicht selten so gestellt wie enim selbst, nicht bloß bei Dichtern, wie Hor. Sat. I, 6, 54. sondern auch selbst bei Cicero, wie de legg. II, 22, § 57. p. Cael. 3, § 6. Cat. mai. 9. § 29. nach der besseren Lesart. [Jedoch sind alle diese Stellen und die sonst noch vorkommen zweifelhaft, und werden von Orelli und Hand Turs. II. p. 544. nicht anerkannt.] Daß auch namque nachgestellt wird, ist nur dichterisch, wie bei nam. [Über 463 die Wortstellung bei quis enim est u. S. w. s. unten § 461.]41)

269. Quia, quoniam, quod u. s. w. 431f)

Quia giebt den unmittelbaren und notwendigen Grund an. Dabei kann auch ein Konjunktiv stattfinden, entweder

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431e) {Die Partikel etenim fehlt bei manchem Autor ganz, z. B. bei Plautus (s. Langen 1. 1. p. 263) und Curtius (Vogel p. 46). Über etenim porro, praeterea s. Madvig de Fin. I § 3. Über die Nachstellung von etenim (zuerst bei Horaz) s. Krebs Antib. s. v., Draeger II § 351. Die postpositive Stellung von namque findet sich auch in der Prosa, zuerst bei Livius (Draeger § 349); besonders häufig bei Justin (cf. Paucker Z. f. d. österr. Gymn. 1883 p. 340) und Apuleius; bei Plinius dem älteren steht es viel häufiger an zweiter als an erster Stelle, vgl. J. Müller, der Stil d. ält. Plin. p. 16. Bei Plautus und Terenz steht namque nur vor Vokalen (cf. Hand Turs. IV p. 1 ff., Seyffert stud. Plaut. p. 20, Langen 1. 1. p. 262, N.), dagegen ist es unrichtig, diesen Gebrauch auch auf Cicero, Sallust und Livius ausdehnen zu wollen, vgl. Kühnast liv. Synt. p. 11, Draeger § 349, Krebs Antib. s. v.)

431f) {Litteratur: Holtze synt. prisc. II p. 368 ff, fragm. p. 77, Draeger II § 530 ff., Kühner p. 915 ff., A. Krause, de quom coniunctionis usu ac forma Berliner Diss. 1876, von p. 26 an; C. Reuss de coniunctionum causalium apud Tacitum usu Halle 1876; Zimmermann Gebrauch der Konjunktionen quod und quia im älteren Latein G. Pr. Posen 1880 (dazu Paetzold in d. Phil. Rundschau I p. 416 ff.); E. Reichenhart, die subordinierenden kausalen Konjunktionen bei Lu

wenn etwas Mögliches ein solcher Grund ist, oder wenn der Grund in einer individuellen Vorstellung aufgefaßt gegeben wird, d. i. in der oratio obliqua; s. bei den modis. [§ 305.]431g)

Quippe ist selbst nur eine Verstärkung von quia, denn es ist eigentlich quiape, und wird gebraucht zu starkem Ausdruck des Grundes. Ebensowenig als quia regiert diese Partikel einen besonderen Modus, sondern es hängt von derselben Bedingung wie bei quia ab, ob ein Indikativ oder Konjunktiv stehe. Aber wenn ein Relativum hinzugesetzt wird, quippe qui, so macht sich ein besonderer Sprachgebrauch geltend in der vorzugsweisen Anwendung des Konjunktivs. (Die Etymologie von quippe ist unsicher; soviel aber ist sicher, daß qui nicht = quia, sondern als identisch mit dem fragenden qui aufzufassen ist; vgl. Ribbeck Beitr. z. Lehre v. d. Part. p. 18, Anton Studien II p. 80 (qui pote), wo die übrige Litteratur verzeichnet ist. Über die Bedeutung s. Draeger II § 352, Madvig zu Fin. V § 84, Landgraf zu Cic. Rosc. Am. § 52. Quippeenim erscheint zuerst bei Sallust z. B. Cat. 11, 8 und Livius und wird im silbernen Latein sehr häufig, vgl. Kraut, über Synt. u. Stil d. jüng. Plin. p. 30.}

Quoniam giebt nur einen Grund, der durch den Sinn des Subjekts vermittelt wird mit dem Übrigen, nicht den, der unmittelbar ist. Also wird es zuweilen gebraucht, um

cretius I. 1881 (Progr. Frankenthal), p. II in den Bl. f. d. bayr. G. W. 1882 p. 98-111; Günther, de coniunctionum causalium ap. Quintilianum usu Halle 1881. (Der Aufsatz von E. Woelfflin im Archiv I p. 161 ff. „Zu den lat. Kausalpartikeln" behandelt die Präpositionen ob, propter, causa, gratia, merito, beneficio, ergo.)}

431g) (Ein Unterschied in der Bedeutung von quod und quia besteht nicht; beide bezeichnen den thatsächlichen Grund. In der älteren Latinität und, wie es scheint, bes. in der Volkssprache überwiegt der Gebrauch von quia bei weitem den von quod, während die spätere Schriftsprache der Partikel quod den Vorzug giebt. Zu weit geht aber Lübbert, wenn er behauptet (gramm. Studien S. 104. 111), quod diene bei Plautus noch nicht als Kausalpartikel, denn die Verbindung propterea quod findet sich Amph. 297 und Asin. 48; vgl. auch Langen Beitr. z. Plaut. p. 57}

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