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OF

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Jahrbuch

der

Goethe Gesellschaft

Im Auftrage des Vorstandes

herausgegeben

bon

Max Hecker

Zwölfter Band

Weimar Verlag der Goethe-Gesellschaft

1926

سمسون

Harr. 11-22-26 sut.

Am 3. September 1786, früh morgens vor Sonnenaufgang, trat Goethe von Karlsbad aus die Reise nach Italien an, die Sehnsucht endlich zu stillen, die ihn schon so lange gequält hatte. Es war der Dichter in ihm, der aus der quetschenden Enge amtlicher Pflichten zur Freiheit poetischen Schaffens zurückrang, der Künstler, der aus dilettantischer Unsicherheit zur Gewißheit, aus tastender Ahnung zur Anschauung, aus schwankender Formlosigkeit zur Gestalt, aus dem „Nebeln und Schwebeln“ zum Stil hinüberstrebte. Die Fahrt nach Weimar war vor Zeiten Schicksalsfügung gewesen; eine höhere Macht, der sich der Sechsundzwanzigjährige gläubig überlassen, ohne ihr Ziel zu kennen, hatte damals seinen Schritt gelenkt; die Reise nach Italien ist selbstgewählte Entscheidung, die einen deutlichen Zweck vor Augen hat, bewußte Erfüllung eines bewußten Dranges. Die Fahrt nach Weimar war zufälliges Abenteuer gewesen, die Reise nach Italien ist gewollte Tat.

Der 7. November 1925 hat die festliche Erinnerung an Goethes Eintritt in Weimar wachgerufen; das Jahr 1926 bringt die hundertundvierzigste Wiederkehr jenes Septembermorgens, der den Dichter auf dem Wege nach dem Brenner sah. Wenn wir also vorliegenden Band mit der Rede Hermann August Korffs eröffnen, die der Übersiedelung Goethes nach Weimar gewidmet ist, so beschließen wir ihn mit den inhaltschweren Betrachtungen, in denen Heinrich Wölfflin zusammendrängend darstellt, was Goethe in Italien gesucht, was Italien dem Suchenden gegeben hat. Wenn aber Wölfflin sein Augenmerk

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