Aut simul et iucunda et idonea dicere vitae. Sunt delicta tamen, quibus ignovisse velimus: = sich aus dem Folgenden idonea di- = tant, sie verwerfen ein Gedicht, dem welches bloss auf Ergötzung ab- V. 347-360. Bei der Schwierig- Aut humana parum cavit natura. Quid ergo est? Sic mihi, qui multum cessat, fit Choerilus ille, culis, in derselben Metapher. || hu- indignor] weil ich von Homer so etwas eigentlich nicht erwartete. Der Unwille tritt hier unwillkürlich ein trotz des V. 351 ausgesprochenen Grundsatzes. || quandoque] für quandocumque; Carm. 4, 2, 34. bonus] der unbedingt vortreffliche, nicht bloss bis terve bonus, wie Choerilus. | dormitat Homerus] cf. Sat. 1, 10, 52; was Horaz an dem Homer tadelnswerth gefunden habe, lässt sich nicht nachweisen; doch können dem Zusammenhange nach nur Versehen im Ausdrucke und Verse gemeint sein. || fas est] licet; vgl. nefas Carm. 1, 11, 1 und 4, 4, 22, operi longo] = scriptori operis longi. V. 361-365. Untrügliches Kri terium eines vollkommenen Gedichts, verdeutlicht durch einen Vergleich des Gedichts mit einem Gemälde. Es darf auch die genaueste Prüfung nicht scheuen; es muss, je öfter es gelesen wird, desto mehr gefallen. poesis] = poema. || erit quae etc.] pictura. Das hier vom Gemälde gesagte ist alles mit den erforderlichen Veränderungen auf Werke der Dichtkunst anzuwenden. abstes] anag leyóμevov. || amat obscurum] ein Gedicht dieser Art will also nicht mit zu scharfer Verstandeskritik (argutum acumen) aufgefasst werden. Vgl. das Folgende V. 364. IV. V. 366-452: quo virtus, quo ferat error (V. 308). Um dieses zu zeigen, stellt Horaz an die Spitze 1) eine Warnung vor der Betreibung der Dichtkunst ohne natürlichen Beruf, V. 366-384. Demnach enthalten diese Verse einen strengen Tadel der in der Poesie auf keine Weise zu duldenden Mittelmässigkeit, und Empfehlung einer gewissenhaften Prüfung der Kräfte und der sorgfältigsten Feile, um nichts ungenügendes zu liefern. Weshalb diese Lehren gerade speciell an den älteren Piso gerichtet werden, ist bei der gänzlichen Unbekanntschaft mit den persönlichen Verhältnissen desselben nachzuweisen unmöglich. || per te sa Tolle memor: certis medium et tolerabile rebus 370 Causarum mediocris abest virtute diserti Messallae, nec scit quantum Cascellius Aulus, 375 Et crassum unguentum et Sardo cum melle papaver 385 Tu nihil invita dices faciesve Minerva, pis] cf. Ep. 1, 17, 1. || tolle] cf. Ep. braucht wurden. || trochi] Carm. 3, 24, 57. || coronae] s. Ep. 1, 18, 53. impune] weshalb? || quidni? etc.] ironische Rechtfertigung jener Thoren, aus deren Seele hier die unhaltbaren Gründe aufgezählt werden, auf die sie ihr Recht zum Dichten stützen. Lauter Eigenschaften, welche von dem Talent zur Poesie ganz verschieden sind. || census] censeri c. Acc. einer Summe, von dem, der sein Vermögen zu diesem Betrage nachweist, sich abschätzt; = besitzen. equestrem summam] s. zu Ep. 1, 1, 58. || vitio remotus ab omni] also ein durchaus unbescholtener Mann, wie Ep. 1, 7, 56. 2) warnt H. vor einer aus falschem Selbstvertrauen entspringenden Abneigung gegen eigenen Fleiss und fremde Kritik, V. 385–452. || invita Minerva] i. e. adversante et repugnante natura, nach Cic. Off. 1, 31. || id tibi iudicium est] sc. ut nihil dicas etc. Häufiger noch dieselbe Wendung mit dem Relativ: quod tuum est iudicium (pro tuo iudicio).|| si quid tamen etc.] dennoch, d. i. ungeachtet sich erwarten lässt, dass du auch mit der Poesie dich nicht invita Minerva abgeben wirst. Dem Scripseris, in Maeci descendat iudicis auris. Et patris et nostras, nonumque prematur in annum, 390 Quod non edideris, nescit vox missa reverti. Sinne nach gehört das adversative tamen zu dem Hauptsatze V. 385 (,,Hüte dich von deinem anerkannten praktischen Tacte - welcher V. 385 angedeutet ist auf deine poetische Unfehlbarkeit zu schliessen." Död.) olim] wie Sat. 2, 5, 27. || Maeci] vgl. Sat. 1, 10, 38. Nach Cic. ad fam. 7, 1, 1 war er vom Pompejus beauftragt, die Stücke auszuwählen, welche bei der Eröffnung des von ihm erbauten Theaters aufgeführt werden sollten. || nonum in annum] wahrscheinlich mit Anspielung auf den Dichter Helvius Cinna, Zeitgenossen des Horaz, der auf sein Gedicht Zmyrna neun Jahre verwandte. Catull. 95, 1. Quintil. 10, 4, 4. prematur] werde zurückgehalten. nescit. . . reverti] cf. Ep. 1, 18, 71. V. 391407. Die Tendenz der hier plötzlich angeknüpften Schilderung der Segnungen der Poesie als Schöpferin der Civilisation in den ältesten Zeiten, und des Ganges, den ihre Entwicklung genommen habe, ergiebt sich erst aus V. 400 und 406. (Wegen des raschen Ueberganges s. u. a. zu Ep. 2, 2, 26). Wenn aber Horaz hier den Piso auffordert, sich der Beschäftigung mit einer so ehrwürdigen Kunst, wie die Poesie, nicht zu schämen, und diese Aufforderung sich an die Empfehlung einer strengen Kritik anschliesst, so ist dies wohl nur von einer ernsten und gewissenhaften Anstrengung bei derselben zu verstehen, von der so eben geredet war, da ja die Beschäftigung selbst mit der Poesie zu jener Zeit so weit verbreitet war, dass er Ep. 2, 1, 177 sagen konnte: scribimus indocti doctique poemata passim, und kurz vorher V. 382: qui nescit versus tamen audet fingere. Wohl aber fehlte es an gewissenhaftem Fleisse bei Betrei bung derselben. Dieser ist es, dessen die Dichterlinge sich zu schämen schienen, als ob die Poesie desselben nicht werth wäre. (Vergl. V. 290.) Nicht nothwendig ist aber, wegen V. 407 Musa lyrae sollers und cantor Apollo nur an die lyrische Poesie zu denken; vielmehr ist die Poesie überhaupt gemeint, sowie z. B. Tibull. 2, 4, 13 (nec prosunt elegi, nec carminis auctor Apollo) den Apollo als Gott der Dichtkunst überhaupt erwähnt. Das der Musa hier gegebene Epitheton lyrae sollers wird durch die vorhergegangene Erwähnung des Lyrikers Orpheus herbeigeführt. In seinem Lobe der Poesie geht zwar Horaz aus von der mythischen, vorhomerischen Zeit, beabsichtigt aber keineswegs. durch das post hos (V. 401) den Homer und die spätern Dichter auch im Range dem Orpheus und seinen Zeitgenossen nachzusetzen. Er folgt nur der Chronologie, indem er, beginnend mit der mystischen Poesie eines Orpheus u. a., die Entstehung des Epos, der Elegie, der didaktischen und gnomischen Poesie (V. 403 u. 404), der Lyrik (s. u. zu V. 404: gratia regum etc.) und Dramatik erwähnt. Die Paränese aber, mit welcher er schliesst, stützt sich auf alles, was er im Vorhergehenden zum Lobe der Poesie überhaupt, nicht bloss des Orpheus, gesagt hat. V. 391-401. Macht der Poesie, geschildert nach den Mythen von den vorhomerischen Dichtern Orpheus und Amphion. || silvestris homines] vergl. die Beschreibung Sat. 1, 3, 99 ff. | Orpheus sacer] sc. deis, also ein Liebling der Götter. interpresque deorum] nach Verg. Aen. 6, 645: Threïcius sacerdos. Arist. Ran. 1032: 'Oępɛvs μèv γὰρ τελετάς θ ̓ ἡμῖν κατέδειξε φόνων τ ̓ ἀπέχεσθαι. [ victu foedo] Dictus ob hoc lenire tigris rabidosque leones. 400 Sic honor et nomen divinis vatibus atque Et longorum operum finis: - ne forte pudori Natura fieret laudabile carmen an arte, Sat. 1, 3, 100.|| Amphion] Ep. 1, 18, 41; Carm. 3, 11, 2. || Thebanae conditor urbis]s. Pausan. 9, 5. || prece blanda] Carm. 1, 24, 13. || fuit haec sapientia quondam etc.] das Folgende V. 396 -399 dient zur Erklärung des vorhin erwähnten Mythus. Denn nach Plat. Lys. p. 214 sind die Dichter ὥσπερ πατέρες τῆς σοφίας καὶ ἡγεuóves. concubitu vago] cf. Sat. 1, 3, 109. || ligno] noch Solons Gesetze waren zu Athen in hölzerne Tafeln eingegraben, auf dreieckigen (κύρβεις) und viereckigen (ἄξονες) pyramidenartigen Pfeilern, die man um eine Achse drehen konnte; Plut. Sol. 25. || honor et nomen] cf. V. 299. divinis] vgl. sacer Carm. 4, 9, 28. V. 401-407. Kurze Andeutungen über die Bedeutsamkeit der Poesie in der spätern historischen Zeit in den mannigfaltigsten Verhältnissen. Tyrtaeus] zur Zeit des zweiten messenischen Krieges, in welchem er den Muth der Streiter hob durch Elegien und Anapästen, den Lacedämoniern von den Athenern gesandt. (Ueber das Märchenhafte in den Erzählungen von seiner Sendung s. Bernhardy griech. Litt. 2. Aufl. II, S. 500 ff.). | mares] wie Ep. 1, 1, 64.|| sortes] Orakel; vgl. V. 219. || vitae monstrata via est] in didaktischen = und gnomischen Gedichten; Hesiodus, Theognis, Solon u. a. || gratia regum] man denke an die Lyriker Arion, Simonides, Anakreon, Pindar u. a., und Könige, wie Theron von Agrigent, Hiero von Syrakus. || Pieriis modis] carminibus. Von der Landschaft Pieria am Olymp, wo in ältester Zeit der Dienst der Musen einheimisch war, so wie an dem böotischen Helikon. || ludusque repertus] die scenische Poesie, bei öffentlichen Festen, zur Erholung von den Anstrengungen der Arbeit; daher operum finis. Aehnlich Ep. 2, 1, 140. || tibi] allgemein, nicht nothwendig auf den V. 385 Angeredeten zu beziehen. (Ge V. 408-418. Um als Dichter etwas Tüchtiges zu liefern, ist aber ebensowohl Kunst als natürliches Talent erforderlich. gen falsche Vorstellungen von dichterischer Genialität war schon oben V. 295 ff. angekämpft.) || nec studium] vergl. Cic. Arch. c. 7: ego hoc contendo, cum ad naturam eximiam et illustrem accesserit ratio quaedam conformatioque doctrinae, tum illud nescio quid praeclarum ac singulare solere existere. Carm. 4, 4, 33: doctrina sed vim promovet insitam. || vena] s. Carm. 2, 18, |