Num quid de Dacis audisti?“ „Ut tu ,,Nil equidem." Semper eris derisor!" At omnes di exagitent me, 55 Si quicquam!" Quid? militibus promissa Triquetra Praedia Caesar an est Itala tellure daturus? แ Perditur haec inter misero lux non sine votis: O quando faba Pythagorae cognata simulque Uncta satis pingui ponentur oluscula lardo? 65 O noctes cenaeque deum, quibus ipse meique neugierige Frager, in dessen Augen Horaz durch seine Verbindung mit Maecen so hoch steht. Vgl. Ep. 1, 19, 43. || num quid de Dacis audisti] sowohl diese als die folgende Frage, welche hier beispielsweise angeführt werden, passen zu dem Jahre der Abfassung unserer Satire (s. zu V.41), in welchem die Daker den Antonius unterstützt hatten (vgl. Carm. 3, 6, 13) und nach der Schlacht bei Actium eine Ländervertheilung unter die Veteranen bevorstand, deren Aufruhr zu stillen Augustus mitten im Winter von 31 auf 30 v. Chr. aus Asien nach Italien herbeieilte. Ein Theil wurde durch Geld, ein anderer durch Ländereien der Anhänger des Antonius in Italien beschwichtigt. Dio Cass. 51, 4. || derisor] sipov, ein Schalk. || ut tu etc.] ut im Ausrufe der Verwunderung, wie Sat. 2, 8, 62, des Unwillens Ep. 1, 19, 19. || di exagitent me] die Götter sollen mich strafen, statt des gewöhnlichen perdant, perduint. || Triquetra] = triangula, zu verbinden mit tellure. Daher auch Trinacria Verg. Aen. 3, 440 von der Gestalt Siciliens. unum] wie Sat. 2, 3, 24. || scilicet] über den Gebrauch dieses Wortes s. zu Ep. 1, 9, 3. V. 59-79. Schilderung der in der Stadt schmerzlich vermissten Annehmlichheiten seines ländlichen Aufenthalts. || perditur] ganz ungewöhnlich, aber durch alle Handschriften beglaubigt, während sonst als Passiv von perdo nur pereo gebraucht wird (wie veneo von vendo). Doch findet sich bei Plautus Rud. 1283 perditus sum = perii. veterum libris] was er meint, lehrt Sat. 2, 3, 11. | inertibus horis] Stunden der Musse, wie sie z. B. Carm. 1, 1, 29 geschildert werden. || ducere oblivia] wie Verg. Aen. 6, 715: potare oblivia. Val. Flacc. 4, 536: longae ducentem oblivia poenae. Die Ablative libris... horis bezeichnen als instrumentale dasjenige, wodurch das ducere oblivia möglich gemacht oder bewirkt wird. | faba Pythagorae cognata] Pythagoras verbot seinen Anhängern ausser den Fleischspeisen auch das Bohnenessen. Den unbekannten Grund davon suchten im Alterthume einige darin, dass er seine Seelenwanderung auf die Bohnen ausgedehnt habe, so dass in denselben nach seiner Vorstellung die Seele irgend eines Verwandten hätte wohnen können. Plin. N. H. 18, 12, §. 30, 118: ut alii tradidere, quoniam mortuorum animae sint in ea. Hiernach scheint in jener Bezeichnung der Bohnen nur eine scherzhafte Anspielung auf diese Vorstellung zu liegen, auf welche Horaz auch anspielt Epod. 15, 21; Carm. 1, 28, 10; Ep. 2, 1, 52. || noctes cenaeque] bis in die Nacht hinein dauernde Mahle. || deum] in welchem Sinne? || uncta satis] zu verbinden. Ueber uncta ... lardo s. die Vorr. zu d. St. || meique] die Freunde; dass an die Sclaven (familia) nicht Ante Larem proprium vescor vernasque procacis Sermo oritur, non de villis domibusve alienis, Nec, male necne Lepos saltet; sed, quod magis ad nos 75 Quidve ad amicitias, usus rectumne, trahat nos; zu denken ist, lehrt das Folgende, wo von convivis die Rede ist. Wegen der Construction ipse meique vescor s. Kr. Gr. §. 288. || ante Larem] (nach alter einfacher Sitte) am Heerde, auf welchem das Bild des Hausgottes stand. Epod. 2, 65. || procacis] dem Charakter der im Hause geborenen Sclaven (vernae) entsprechend, in Folge der milderen Behandlung. | libatis dapibus] degustatis, mit dem Abhub des Mahles; was Horaz und seine Gäste übrig lassen, bekommen die umstehenden Haussclaven. Ueber libare in der hier gebrauchten Bedeutung vgl. Verg. Aen. 5, 92. || prout] einsylbig. | inaequalis] hinsichtlich des Inhalts; s. das Folg. Doch lässt sich auch an eine Verschiedenheit der Grösse denken. || legibus insanis] wie sie bei Trinkgelagen in der Stadt von dem magister bibendi, συμποσιάρχης, vorgeschrieben werden. Vgl. Sat. 2, 2, 123. acria pocula] bezieht sich auf die Stärke der Mischung; Gegensatz zu modicis. Vgl. Sat. 2, 8, 36: acres potores, was hier fortes heisst: ein tapferer Zecher. || capit] eligit. | uvescit] vgl. uvidus Carm. 4, 5, 39. || ergo] vgl. V. 16; dieser Einfachheit unserer Mahlzeit entsprechend, bei der es nicht auf Schwelgerei abgesehen ist. || Lepos] = ein damals bekannter Tänzer. || quod nescire malum est] ähnlich Ep. 1, 1, 26. || utrumne] vgl. Sat. 2, 2, 107. || quid ad amicitias trahat nos] eine von den alten Philosophen häufig behandelte Frage; s. Cic. Fin. 2, 24; Lael. 8. quid trahat] = quid || nos trahere oporteat. Vgl. Sall. Iug. 14, 23: incertus, quid agam mit 14, 14: quid agam im unabhängigen Satze. Ebenso Quint. 10, 2, 4: primum (examinandum est) quos imitemur = nachahmen müssen. rectum] honestum. Sat. 1, 1, 107. || Cervius] so wie Arellius wahrscheinlich Nachbaren des Dichters. | ex re] den Umständen, der gegebenen Veranlassung gemäss, das Gegentheil ist abs re. | anilis] Fabeln, Geschichten, wie sie den Kindern von den Wärterinnen erzählt zu werden pflegen, Kinder- oder Ammen- -Märchen; nicht im verächtlichen Sinne aniles genannt. || ignarus] wessen unkundig? || sollicitas] in causativer Bedeutung, sorgenvoll. Das Gegentheil bezeichnet securum Sat. 2, 7, 30. V. 79-117. Fabel von der Stadtund Landmaus, bei Babrius Nr. 108; über deren Tendenz s. die Einl. rusticus... mus] über den hier und V. 81 Statt findenden Chiasmus in der Wortstellung s. Kr. Gr. S. 939. | Asper et attentus quaesitis, ut tamen artum 85 Aridum et ore ferens acinum semesaque lardi Frusta dedit, cupiens varia fastidia cena Vincere tangentis male singula dente superbo; Cum pater ipse domus palea porrectus in horna Esset ador loliumque, dapis meliora relinquens. 90 Tandem urbanus ad hunc Quid te iuvat', inquit, amice, Praerupti nemoris patientem vivere dorso? ९ Vis tu homines urbemque feris praeponere silvis? Vive memor, quam sis aevi brevis.' Haec ubi dicta attentus quaesitis] s. Ep. 1, 7, 91; = large praebuit. || male] kaum; s. zu Sat. 1, 3, 45. | dente superbo] s. zu Sat. 2, 2, 109. || patientem] naQTEQOvvTα, unter Beschwerden. vis tu ...?] nicht bloss fragend wie visne, vin, sondern zugleich auffordernd, ermunternd; cf. Sen. de const. 15: vis tu fortius loqui? du solltest doch. || carpe viam] cf. Sat. 1, 5, 95. Das bildlich gebrauchte carpere in dieser Verbindung drückt eigentlich das allmähliche, schrittweise Fort = gehen auf einem Wege aus. | mihi crede] auf mein Wort. | mortalis animas vivunt sortita] die Stadtmaus macht den epicureischen Philosophen. quo, bone, circa] Tmesis. pepulere] machten Eindruck. Cic. off. 3, 10: species utilitatis pepulit animum eius. || levis] flink, ohne viele Umstände zu machen. || nocturni] wie Sat. 1, 3, 117. || moenia subrepere] nicht unter der Mauer durch, sondern unten an die Mauer hinan, wie subire moenia (oder Dativ, Verg. Aen. 7, 161 muro subibant); dann aber natürlich entweder über die Mauer hinweg oder unter derselben hindurch. || Nox tenebat medium caeli spatium] die Nacht als Göttin gedacht am Himmel herumfahrend wie der Sonnengott. Humoristisches Pathos des Ausdrucks im Contraste mit der Kleinheit des behandelten Gegenstandes. Vgl. Sat. 1, 5, 9. || cocco] Scharlach; die aus den Kermes, coccum, einer Art Schildläuse an der quercus coccifera, bereitete Farbe. || canderet] selten anders als von dem Multaque de magna superessent fercula cena, Siebente Satire. Dav. Iamdudum ausculto, et cupiens tibi dicere servus Glanze der weissen Farbe gebraucht. Daher aber auch vom Weissglühen, candentes taedae, carbones. || procul] bezeichnet nicht nothwendig eine weite Entfernung; cf. Verg. Ecl. 6, 16; sie standen (bei Seite gesetzt) in aufgehäuften Körben; exstructis canistris] ähnlich wie exstructae mensae, Cic. Cat. M. 13, = reich besetzte Tafeln. cf. Carm. 2, 3, 19. || hesterna] von gestern her; cf. nocturni V. 100. || veluti succinctus] wegen ihrer Geschäftigkeit; cf. Sat. 2, 8, 10. || ipsis fungitur officiis] sie bringt nicht blos die Speisen herbei, ein Gericht unmittelbar nach dem andern (continuat dapes), sondern versieht auch die ganze Bedienung nach Sclavenart (verniliter) und übernimmt namentlich das Amt eines praegustator; doch ist es zweifelhaft, ob der Zusatz praelambens omne quod affert nicht vielmehr den Vorwurf der Naschhaftigkeit enthalte, welcher selbst durch verniliter angedeutet sein könnte. || bonis rebus] s. V. 96: in rebus iucundis. || agit laetum convivam] sie macht den fröhlichen Gast sie benimmt sich als solcher, aber weil sie es wirklich ist, nicht bloss zum Schein. valvarum strepitus] beim Anbruche des Morgens, wo die Sclaven auf gestanden sind und im Hause Ord- = Sat. VII. Form und Inhalt lassen diese Satire als ein Seitenstück zu der dritten dieses Buches erscheinen. So wie dort ein bankerotter Kaufmann, so macht hier ein Sclav des Horaz den stoischen Tugendprediger, und zwar gleichfalls an den Saturnalien, die den Sclaven das Recht gaben, mit dem Herrn einmal ein freieres Wort zu reden (s. zu V. 4). Seine Weisheit hat er nicht so wie Damasipp unmittelbar aus dem Munde eines stoischen Philosophen; er hat sie erst aus zweiter Hand und zwar auf einem Wege empfangen, der des Sclaven Pauca reformido. Horat. Davusne? Dav. Ita, Davus, amicum Mancipium domino et frugi, quod sit satis, hoc est, Ut vitale putes. Hor. Age, libertate Decembri, 5 Quando ita maiores voluerunt, utere; narra. würdig ist. Der Thürsteher des Crispinus (s. zu Sat. 1, 1, 120; 3, 139), also ein Kamerad, hat sie seinem Herrn abgehorcht (wofern nicht gar Crispinus, der doeralóyos, in seinem Bekehrungseifer sie selber seinem Sclaven gepredigt hat) und dem Sclaven des Horaz mitgetheilt (V.45): dieser bringt sie wieder bei seinem Herrn an, um demselben hinsichtlich seiner mannigfachen Fehler das Gewissen zu schärfen. Wie sehr indessen das Gewicht und die Glaubwürdigkeit der hier auf den Horaz gehäuften Vorwürfe (s. zu Sat. 3 Einl. a. E.) durch die augenscheinlichsten Uebertreibungen geschwächt wird, liegt am Tage, und die Absicht des Horaz in der Wahl der hier gebrauchten Einkleidung ist nicht zu verkennen. Dabei trifft sein Spott zugleich die stoischen Tugendschwätzer in derselben Weise wie Sat. 3, und sowie er dort den Missbrauch des stoischen Paradoxon: omnem stultum insanire, und Sat. 1, 3 das Paradoxon: omnia peccata esse paria in seiner Lächerlichkeit dargestellt hat, so wird hier ein drittes Paradoxon: solum sapientem esse liberum et omnem stultum servum, in einer Weise ausgebeutet, welche ebenfalls jene Aretalogen wie Crispinus und Stertinius in ihrer ganzen Verkehrtheit und Lächerlichkeit erscheinen lässt. V.1–5. Einleitung. Der Sclav hat an der Thür des Herrn gehorcht. Worauf? wird nicht gesagt. Willkürlich ist die Annahme, man habe sich den Horaz mit lautem Lesen oder einem Selbstgespräch beschäftigt zu denken, welches der Sclav nicht zu unterbrechen gewagt habe. Vielmehr hat er hören wollen, ob der Herr allein und nicht auf eine keinen Verzug leidende Weise beschäftigt sei. Endlich wagt er es, doch noch ungesehen, sich bemerk HORAZ II. 7. Aufl. lich zu machen. Daher die Frage des Dichters, der ihn an der Stimme erkennt: Davusne? || ita] ja wohl. ut vitale putes] zur beschränkenden Erklärung des Lobes, welches, er sich selbst ertheilt hat. Was er meint, ergiebt sich aus Ovid. Am. 2, 6, 39: optima prima fere manibus rapiuntur avaris. Martial. 6,29: immodicis brevis est aetas et rara senectus; quidquid _amas cupias non placuisse nimis. Zugleich gewissermassen eine Beruhigung für den Herrn. Er hat nicht zu besorgen, dass er den Sclaven bald durch den Tod verlieren werde. Ueber vitale s. zu Sat. 2, 1, 61. Richtiger werden vielleicht die Worte et frugi als Frage dem Herrn zugetheilt, mit welcher derselbe einen gelinden Zweifel an der Rechtlichkeit des Sclaven ausdrückt, der sich für ein amicum mancipium domino erklärt hatte; worauf denn der Schalk, der mit verschämter Miene den Bescheidenen spielt, antwortet: quod sit satis etc. = es geht so eben an. S. darüber mehr in der Vorrede zur 6. Aufl. libertate Decembri] gemeint sind die Saturnalien (vgl. Sat. 2, 3, 5), an denen zur Erinnerung an die Freiheit und Gleichheit des goldenen Zeitalters unter Saturn die Sclaven wie Freie behandelt wurden. Der adjectivische Gebrauch des Monatsnamens erklärt sich daraus, dass diese Namen an und für sich Adjective sind, mit und ohne Hinzufügung von mensis gebraucht; vgl. Ep. 1, 16, 16: Septembribus horis. V. 6-20. Der Sclav beginnt mit einer Klage über die Unbeständigkeit der meisten Menschen, das Hinundherschwanken zwischen dem Guten und Bösen. Zu Grunde liegt hier vielleicht auch der stoische Satz: οὐδεὶς ἐπαμφοτερίζων δύναTαι пgonówαi. Arrian. Epict. 4, 2, 4. 11 |