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tenis §. 137. A. 15., wornach denn nicht einzusehen ist, warum sie nur, „als durch particularen Gerichtsgebrauch in desuetudinem gekommen" sollten nachgewiesen werden können. Richtiger sagt umgekehrt Böhmer in annot. ad cap. 4. cit. Interim haec dispositio intercessit, ne poenae secundarum nuptiarum intra annum luctus iuris romani in Germania recipi potuerint. Quae vero nova lege provinciali de anno luctus hinc inde proposita sunt, unice ex hac, non ex iure romano, quoad poenam, aestimari debent. Vgl. übrigens Glüď XXIV. S. 197 fg. Geiger a. a. O. S. 228 fg. Puchta §. 429. a. E.

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[3 Neuere Particularrechte haben sowohl für die Wittwe, wie für die Geschiedene eine Wartezeit angeordnet, und ihre Mißachtung mit mäßigen Strafen belegt; dieje Particulargejeze hat das R. G. vom 6. Febr. 1875. §. 35. 36. bestätigt, jedoch mit dem Zusaß, daß die Wartezeit zehn Monate betragen müsse“. Baron §. 351. a. E. Vgl. Mandry §. 41. g. E.]

Zweites Capitel.

Vom Verhältniß unter Ueltern und Kindern.

§. 419.

Das Verhältniß zwischen Aeltern und Kindern ist, wie die Ehe, im Allgemeinen mehr von sittlichem als juristischem Charakter, aber doch zugleich in verschiedenen juristischen Beziehungen wirksam. Nach der Natur dieses Verhältnisses ist auch im Wesentlichen die Stellung beider Aeltern zu den Kindern eine gleiche, obwohl mit einem natürlichen Uebergewicht der Autorität des Vaters. Im römischen Recht aber ist eine Gewalt des Vaters über die Kinder mit besonderem juristischen Charakter an= erkannt, wodurch sich die väterliche Gewalt, patria potestas, als ein familienrechtliches Institut von selbständiger eigenthümlicher Bedeutung darstellt, verschieden von dem Verhältniß der Aeltern zu den Kindern überhaupt. Das römische Recht hat übrigens in dieser Lehre nicht nur bis auf Justinian sehr erhebliche Wandelungen durchgemacht, sondern auch in seiner spätern Anwendung, unter dem Einfluß deutschrechtlicher Anschauungen, mannigfache Aenderungen erfahren.

Anm. Vgl. Kraut die Vormundschaft nach den Grundsägen des deutschen Rechts. Bd. II. (1847.) Cap. 6. „Aelterliche Vormundschaft". S. 586..696. Heimbach Väterliche Gewalt" im Rtslex. XII. S. 1..96. Windscheid §. 513..525.

Arndts, Pandekten. 14. Auflage.

52

I. Von der väterlichen Gewalt®.

A. Entstehung derselben.

§. 420.

1) Durch Geburt.

Die in rechtlich gültiger Ehe erzeugten [§. 39.] Kinder fallen durch die Geburt sofort in die väterliche Gewalt des Erzeugers'. Wenn dieser selbst noch in väterlicher Gewalt steht oder bis zu seinem früher erfolgten Tode gestanden hat, so hat sein Vater die väterliche Gewalt auch über den Enkel, und geht diese erst durch dessen Tod auf den noch lebenden Erzeuger selbst über.

Anm. Nach heutigem Recht stehen die in vermeintlich gültiger Ehe (sog. matrimonium putativum) erzeugten Kinder in gleichem Verhältniß, wie die in wirklich gültiger Ehe erzeugten, sofern wenigstens der Vater das der Ehe entgegenstehende Hinderniß nicht kannte. Cap. 2. 14. 15. X. qui filii sint legitimi. 4. 17. (§. 476.).

§. 421.

2) Durch Legitimation ». *

Unehelich gezeugte 1 Kinder 1 können das Recht ehelicher Kinder erlangen und so denn auch in die väterliche Gewalt ihres Erzeugers kommen 1) durch nachfolgende Ehe zwischen diesem und ihrer Mutter * (legitimatio per subsequens matrimonium) 2, wobei es einer besondern Erklärung des Willens, die Kinder zu legitimiren, nicht bedarf, wenn nur die Vaterschaft durch Anerkennung von Seiten des Vaters außer Zweifel ist 2; 2) durch Concession des Regenten (legitimatio per rescriptum principis) auf Gesuch des Vaters, oder auch, wenn dieser in seinem leßten Willen den Wunsch ausgesprochen hat, nach dessen Tode noch auf Gesuch der Kinder selbst oder ihrer Mutter, wodurch denn freilich nur bewirkt werden kann, daß sie dieselben Rechte erhalten, als ob sie noch bei Lebzeiten des Vaters legitimirt worden wären3. Zur Entstehung der väterlichen Gewalt ist übrigens immer auch die Einwilligung der Kinder erforderlich, sofern sie willensfähig sind; nur die

Inst. de patria potestate. 1. 9. Cod. 8. 46 (47). cf. Dig. de his, qui sui vel alieni iuris sunt. 1. 6. b pr. J. 1. c. §. 12. J. de nupt. 1. 10. cf. §. 39. © L. 4. 5. D. l. c. pr. J. quib. mod. ius pot. 1. 12.

• Cod. de naturalibus liberis et matribus eorum et ex quibus causis iusti efficiuntur. 5. 27. Nov. 74. 89. cf. cap. 1. 6. 13. X. qui filii sint legitimi. 4. 17. b L. 10. 11. Cod. h. t. 5. 27. Nov. 12. cap. 4. Nov. 89. cap. 8. §. 13. J. de nupt. 1. 10. • Nov. 74. cap. 1. 2. Nov. 89. cap. 9. Nov. 74. cap. 2. §. 1. Nov. 89. cap. 10. Nov. 89. cap. 11.

Rechte ehelicher Geburt erlangen sie ohnedies von selbst durch die nachfolgende Ehe der Aeltern 14.

Anm. [* Die Ausdrücke legitimare, legitimatio sind nicht römisch.]

[1 Vorehelich gezeugte, in der Ehe geborene, vom Vater anerkannte Kinder sind nach römischem R. legitimirte (L. 11. Cod. h. t. Nov. 89. cap. 8.; Windscheid §. 522. N. 3.), nach österreich. R. legitime Kinder (A. b. G. B. §. 161. vgl. §. 156. 752 pr.); gleiches behauptet für's gemeine Recht Wächter Pand. II. S. 598. 2.]

1a Nach R. R. beschränkt sich die Legitimation [Ausnahme j. A. 3. a. E.] auf die im Concubinat erzeugten Kinder, naturales liberi. Schneider in Linde's Btschr. XII. 10. [Wolf Leg. per subseq. matr. (1881.) S. 25 fg. (drbr. F. Hofmann in d. Wiener Ztschr. X. S. 138 fg. Schierlinger in d. krit. Vjschr. XXIV. S. 93.)] Nach kanonischem und heutigem Recht, das den Concubinat nicht mehr als ein erlaubtes Verhältniß anerkennt, können überhaupt uneheliche Kinder (spurii) legitimirt werden; streitig ist nur, ob auch ex damnato coitu nati? wie jedoch die Meisten mit Recht annehmen, arg. cap. 6. X. 1. c. cap. 3. 6. X. de eo qui duxit in matr. quam polluit per adulterium. 4. 7. Vangerow §. 254. 255. A. 2. Heimbach S. 22 fg. [Wolf S. 50 fg.] Vgl. Seuffert's Arch. I. 352. III. 65. V. 188. XIII. 42. 43. XIV. 239. XV. 227. XVIII. 261. [Seit dem Ges. v. 6. Febr. 1875 ist die Ehe zwischen Ehebrechern nur mit Dispens, zwischen des Incestes Schuldigen aber niemals möglich.]

2 Diese Legitimation wurde zuerst einigemal nur vorübergehend gestattet. L. 6. 7. Cod. h. t. 5. 27. [Wolf S. 2 fg.] Erst Justinian führte sie als bleibendes Institut ein (not. b.), [wobei er sich nicht durch die noch in L. 6. Cod. h. t. vorwaltende Rücksicht auf den Vater, sondern durch die auf die Kinder bestimmen ließ, s. Wolf S. 6..17.], schrieb aber, um die Gewißheit der Verwandlung des Concubinats zur Ehe herzustellen, die Errichtung von instrumenta dotalia vor. [Genügen irgend welche Ehepacten, oder mußte gerade eine Dosbestellung vorliegen? für letteres Wolf S. 55 fg.] Diese Vorschrift kommt jezt nicht mehr in Betracht, da das heutige Recht ohnehin für Eingehung der Ehe eine besondere Form erfordert. Vgl. übrigens Dieck Beitr. zur Lehre v. d. Legitimation durch nachfolgende Ehe. 1832. Vangerow §. 255. [Manche behaupten, die Ehe müßte schon zur Zeit der Zeugung möglich gewesen sein. Dagegen Thibaut Versuche I. 10.; Vangerow §. 255. A. 1.; Wolf §. 5.]

[2a Noch weiter geht Wolf (S. 89 fg.): weder Consens des Vaters, noch auch seine Anerkennung der Vaterschaft sei erforderlich, wenn diese nur anderweitig erwiesen jei. Dies wird aber gegen den leugnenden Vater (nach gem. R.) in den seltensten Fällen gelingen!]

3 Dies ist die unpassend sog. legitimatio per testamentum; vgl. Vangerow §. 256. A. 2. Nach Justinian's Vorschrift soll übrigens die Legitimation durch den Regenten nur unter der doppelten Voraussetzung gewährt werden, daß keine rechtmäßigen Kinder vorhanden sind [für die L. durch nachfolgende Ehe wurde dies Erforderniß von Juftinian nicht festgehalten; Wolf S. 19 fg.] und daß die Legitimation durch Ehe nicht möglich ist (not. c.). Allein die Legitimation ist gleichwohl gültig, wenn nur der Regent fie in Kenntniß des Mangels dieser Voraussegungen kraft seiner Gesetzgebungsgewalt gewährt hat; ein Recht auf die Gewährung haben Vater und Kind überall nicht,

cap. 6. X. 1. c. 4. 17.

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auch dann nicht, wie Manche behaupten (Vangerow a. a. D. [A. 1.]; Heimbach S. 29.), wenn die von Justinian gesezten Bedingungen gegeben sind; denn wenn das Gesetz nur gestattet, ein Gesuch (preces) an den Regenten zu richten, so versteht sich von selbst, daß der Erfolg von der Gewährung abhängt. Eine dritte Art der Legitimation nach R. R., per oblationem curiae (Nov. 89. pr. cap. 2..6.), die nicht auf Concubinenkinder beschränkt war, ist unpraktisch. Ungegründet aber ist die Annahme einer fog. legitimatio per nuncupationem filii, die man aus der Auth. si quis ad L. 11. Cod. h. t. oder Nov. 117. cap. 2. hat ableiten wollen: Seuffert's Arch. V. 189. Dagegen jedoch Schirmer Erbrecht I. S. 212. A. 6., aber ohne zu behaupten, daß fie praktisch sei. Vgl. Windscheid §. 522. A. 7.

[4 Wolf S. 63 fg. 86 fg. behauptet: die Leg. könne nicht gegen den Willen des Kindes, ja selbst dann nicht erfolgen, wenn sich das Kind nur gegen die väterliche Ge walt ablehnend verhält. Die lettere Behauptung geht doch wohl zu weit.]

§. 422.

3) Durch Adoption a.

Die väterliche Gewalt über eine Person kann auch ohne Vorausseßung eines natürlichen Kindesverhältnisses durch einen juristischen Act begründet werden, durch welchen Jemand dieselbe an Kindesstatt annimmt, sei es, daß diese bisher schon in väterlicher Gewalt eines Andern gestanden hat, oder nicht, also selbständig (sui iuris, §. 28.) war. Jm ersten Fall ist es Adoption im engern Sinn, im andern Fall heißt die Adoption insbesondere Arrogatio. Die leßte erforderte ursprünglich einen Beschluß der Curien in Gemäßheit einer förmlichen Rogatio, daher der Name Arrogatio oder adoptio per populum'; nach neuerem Recht geschieht sie durch ein Rescript des Regenten, daher adoptio per principem. Die Adoption im engern Sinn geschieht durch Erklärung zu gerichtlichem Protokoll, von Seiten sowohl des Adoptirenden als des bisherigen Vaters, welcher das Kind zur Adoption gibt, in Gegenwart auch des Kindes, welches, wenn es willensfähig ist, durch seinen Widerspruch die Adoption hindert. Die Arrogation dagegen erfordert wesentlich die Einwilligung des Arrogirten, und, wenn er unter Vormundschaft steht, die Zustimmung der Vormünder'.

[Anm. Ueber die ältere Form der datio in adoptionem s. Kunge Cursus §. 754.; vgl. die Form der emancipatio ebda. §. 755.]

Inst. de adoptionibus. 1. 11. Dig. de adoptionibus et emancipationibus et aliis modis, qu bus potestas solvitur. 1. 7. Cod. de adoptionibus. 8. 47 (48). b L. 1. §. 1. D. b. t. 4. 7. Gai. 1. §. 98. 99. §. 1. J. h. t. L. 2. pr. D. b. t. L. 2. 6. 8. Cod. b. t. . L. 11. Cod. b. t. §. 8. J. quib. mod. ius pot. 1. 12. cf. L. 5. 42. D. h. t. f L. 5. 8. D. h. t. L. 5. §. 1..3. (L. 5.) Cod. de auct. praest. 5. 59.

§. 423.

Der Adoptirende muß 1) selbst sui iuris und 2) wenigstens um 18 Jahre älter sein als der Adoptirte, plena pubertate eum praecedere debet; sodann können 3) Castraten nicht adoptiren". 4) Der Adoptirte darf nicht ein uneheliches Kind des Adoptirenden sein, welches nach §. 421. legitimirt werden könnte, oder 5) ein von demselben schon einmal adoptirtes, aber aus der väterlichen Gewalt wieder entlassenes Kind. Auch kann 6) die Adoption weder unter Bedingung oder Zeitbestimmung, noch durch Stellvertreter geschehen'. Uebrigens kann Jemand nicht nur als Sohn oder Tochter, sondern auch als Enkel oder Enkelin adoptirt werden, selbst von demjenigen, der keinen Sohn hat, und von dem, der einen oder mehrere Söhne hat, sowohl schlechthin (adoptio in locum nepotis ex incerto filio), als mit Beziehung auf einen bestimmten Sohn, der als Vater des Adoptirten gelten soll (adoptio in locum nepotis ex certo filio), wozu aber, damit diese Wirkung eintrete, auch dieses Sohnes Einwilligung erforderlich ist', und consequent auch das entsprechende Altersverhältniß desselben zu dem Adoptirten vorausgesetzt werden muß*.

Anm. Das R. R. enthält die Andeutung: Adoptio... naturam imitatur, §. 4. J. h. t. und: Adoptio... in his personis locum habet, in quibus etiam natura potest habere, L. 16. D. h. t., und begründet dadurch namentlich den Sak, daß nicht der Jüngere eine ältere Person adoptiren könne; aber es hält jenes nicht als Princip der Lehre fest, woraus man weitere Folgerungen machen könnte; vielmehr erkennt es im Widerspruch damit auch die Adoption durch einen Unverheiratheten und selbst einen Zeugungsunfähigen als möglich an. L. 2. §. 1. L. 30. D. h. t. vgl. auch L. 37. pr. eod. (not. g.). [In byzantinischen und syrischen Quellen wird ein den Römern und alten Griechen fremder Verschwisterungspact erwähnt und verboten; s. Bruns (1. oben §. 413.) S. 254 fg. Manche Stellen legen den Gedanken an eine Art Erbverbrüderung nahe; andere erinnern an die südflavische Sitte der ideal gedachten Verschwisterung von Mann und Mädchen.]

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§. 424.

Vor der Vollziehung der Adoption stellt die Obrigkeit über das Dasein der geseßlichen Erfordernisse eine Untersuchung an. Bei der Arrogation aber soll zudem auch die Angemessenheit derselben mit Rücksicht auf die persönlichen Verhältnisse der Betheiligten vorher geprüft werden 1.

* §. 4. J. h. t. L. 40. §. 1. D. h. t. cf. §. 36. not. f.

b §. 9. J. h. t.

(L. 7.) Cod. de nat. lib. 5. 27. Nov. 74. cap. 3. Nov. 89. cap. 7.
L. 34. D. h. t. 1. 7.

eod. L. 23. pr. D. de liberis et post. 28. 2.

§. 5. 6. J. h.

© L. 7. §. 1 3. L. 37. §. 1. D. h. t. cf. L. 12. f L. 24. 25. §. 1. eod.

t. L. 37. pr. D. eod. cf. L. 15. §. 1. eod. h L. 43. 44. eod. i L. 6. 10. 11. eod.

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