Page images
PDF
EPUB

sicuti dicit, satis fortiter de dolore, tamen non id spectandum est, quid dicat, sed quid consentaneum sit ei dicere, qui bona voluptate terminaverit, mala dolore. Ut, si illum audiam, de continentia et temperantia, dicit ille quidem multa multis locis, sed aqua haeret, ut aiunt; nam qui potest temperantiam laudare is, qui ponat summum bonum in voluptate? est enim temperantia libidinum inimica, libidines autem consectatrices voluptatis. Atque in his tamen tribus 118 generibus, quoquo modo possunt, non incallide tergiversantur; prudentiam introducunt scientiam suppeditantem voluptates, depellentem dolores; fortitudinem quoque aliquo modo expediunt, cum tradunt rationem neglegendae mortis, perpetiendi doloris; etiam temperantiam inducunt non facillime illi quidem, sed tamen quoquo modo possunt; dicunt enim voluptatis magnitudinem doloris detractione finiri. Iustitia vacillat vel iacet potius omnesque eae virtutes, quae in communitate cernuntur et in societate generis humani. Neque enim bonitas nec liberalitas nec comitas esse potest, non plus quam amicitia, si haec non per se expetantur, sed ad voluptatem utilitatemve referantur. Conferamus igitur in pauca. Nam ut utilitatem nul- 119 lam esse docuimus, quae honestati esset contraria, sic omnem voluptatem dicimus honestati esse contrariam. Quo magis reprehendendos Calliphontem et Dinomachum iudico, qui se dirempturos controversiam putaverunt, si cum honestate voluptatem tamquam cum homine pecudem copulavissent. Non recipit istam coniunctionem honestas, aspernatur, repellit. Nec vero finis bonorum [et malorum], qui simplex esse debet, ex dissimillimis rebus misceri et temperari potest. Sed de hoc (magna enim res est) alio loco pluribus; nunc ad propositum. Quem ad modum igitur, si quando ea, 120 quae videtur utilitas, honestati repugnat, diiudicanda res sit, satis est supra disputatum. Sin autem speciem utilitatis etiam voluptas habere dicetur, nulla potest

esse ei cum honestate coniunctio. Nam, ut tribuamus aliquid voluptati, condimenti fortasse non nihil, utilitatis certe nihil habebit.

121 Habes a patre munus, Marce fili, mea quidem sententia magnum, sed perinde erit, ut acceperis. Quamquam hi tibi tres libri inter Cratippi commentarios tamquam hospites erunt recipiendi; sed, ut, si ipse venissem Athenas (quod quidem esset factum, nisi me e medio cursu clara voce patria revocasset), aliquando me quoque audires, sic, quoniam his voluminibus ad te profecta vox est mea, tribues iis temporis quantum poteris, poteris autem, quantum voles. Cum vero intellexero te hoc scientiae genere gaudere, tum et praesens tecum propediem, ut spero, et, dum aberis, absens loquar. Vale igitur, mi Cicero, tibique persuade esse te quidem mihi carissimum, sed multo fore cariorem, si talibus monitis praeceptisque laetabere.

II. Cato maior de senectute.

Ciceros Schrift über das Alter ist im Jahre 44 v. Chr. geschrieben, bald nach den Iden des März. Man versteht sie am besten, wenn man sie unter dem Gesichtspunkt jener beim Ausgange des Altertums weit verbreiteten Trostschriften betrachtet. Kurz vorher hatte Cicero, erschüttert durch den Tod seiner geliebten und ihm geistig verwandten Tochter Tullia, eine Consolatio (f. Einl. 16) geschrieben. Die politischen Wirren hatten ihm seitdem neuen Kummer bereitet. Weniger schwer zwar lasteten auf ihm die Jahre. War er doch körperlich gesund und war ihm doch die ungeschwächte Kraft, ja die Jugendlichkeit seines Geistes geblieben. Aber er fühlte doch wohl das Heranschleichen des Alters. Diese neuen Schrecken zu bannen, schrieb er diese Trostschrift, der die Weltlitteratur wenig gleich Köstliches an die Seite zu sehen hat. Während der Abfassung aber überkam ihn jener seit langem ersehnte Friede und eine durch die fühlbare Nähe des Todes wunderbar verklärte Heiterkeit, so daß er sich von neuem gegen die Philosophie, die solchen Segen zu spenden vermag, zum innigsten Danke gestimmt fühlte. Aus einer Trostschrift über das Alter wurde eine Lobschrift auf das Alter, welches hier nicht als ein matter Nachklang des Lebens, sondern als die Krone desselben ge= feiert wird.,,Mihi quidem", schreibt er (§ 2), „,ita iucunda huius libri confectio fuit, ut non modo omnes absterserit senectutis molestias, sed effecerit mollem etiam et iucunda senectutem. Numquam igitur digne satis laudari sophia poterit, cui qui pareat omne tempus aetati molestia possit degere."

Gegen vier Anklagen wird das Alter in dieser Schrift verteidigt. Erstens sagt man, es zwinge zur Unthätigkeit (cap. 6-8), sodann, es schwäche den Körper (9-11), drittens, es beraube uns aller Genüsse (12-18), viertens, in nächster Nähe drohe ihm der Tod (19-23). Das Ganze ruht auf dem Grunde der griechischen Philosophie und ist zugleich mit Beispielen aus der römischen Geschichte durchwebt. Einer bestimmten Schrift eines griechischen Philosophen über das Alter ist Cicero nicht gefolgt, abgesehen von den Stellen, welche an den Anfang des Platonischen Staates" erinnern; aber das Büchlein ist aus der ganzen Fülle seiner im Umgange mit den Griechen erworbenen Bildung heraus geschrieben.

Um seinen Gedanken mehr Ansehen zu geben, wie er sagte, legte er diese Lobrede auf das Alter dem M. Porcius Cato Censorius, welcher zum Unterschiede von dem Uticenfis auch Cato maior genannt wird, in den Mund. Ihm zur Seite werden gestellt die beiden gebildetsten Männer der damaligen Zeit, P. Cornelius Scipio Aemilianus minor, der Eroberer Karthagos, und sein Freund C. Laelius, den man den Weisen nannte. Das Gespräch wird in das Haus Catos verlegt und in sein vorletztes Lebensjahr.

M. Porcius Cato (234-149 v. Chr.) galt als das Ideal eines römischen Mannes und zugleich als der leidenschaftlichste Gegner des eindringenden Hellenismus. Er war zu den höchsten Ehren im Staate gelangt; vor allem aber war er durch seine strenge Amtsführung als Censor (184) berühmt geworden. Nachdem er in Sicilien und Afrika der Quästor des P. Scipio gewesen, verwaltete er als Prätor (198) Sardinien und kommandierte drei Jahr später als Konsul in Spanien. Er war gleich tüchtig als Soldat wie als Feldherr und wußte ebenso eindringlich und scharf vor Gericht wie im Senat und in der Volksversammlung zu sprechen. Sein Charakter war von einer unbeugsamen Strenge und Rechtlichkeit. Dazu gesellte sich eine eiserne Gesundheit. Das Alter selbst, welches alles auflöst, sagt Livius, vermochte seinen Körper nicht zu brechen. Troß seines regen

Geistes haßte er die Griechen. Auf sein Drängen wurde jener berühmten philosophischen Gesandtschaft (s. Einl. 2) der Vorwand zu längerem Aufenthalte in Rom abgeschnitten. „Wenn dieses Volk," sagte er von den Griechen, uns seine Litteratur giebt, wird es alles zu Grunde richten." Eine flüchtige Kenntnis von der griechischen Litteratur zu nehmen, wollte er gestatten; aber er warnte, sie gründlich zu studieren. Um ihren Einfluß besser bekämpfen zu können, legte er sich als Greis selbst noch auf das Studium des Griechischen. Auch als Schriftsteller ist Cato sehr thätig gewesen. Seine Bücher umfaßten das ganze Gebiet des für einen Römer damals Wißbaren. Wohl mit Rücksicht auf die ihm verhaßte kunstvolle Gestaltung der griechischen Rede heißt es in seinem Carmen de moribus: „Rem tene, verba sequentur." Charakteristisch für seine Lebensauffassung ist auch ein anderer Spruch, welcher das Leben der Menschen mit dem Eisen vergleicht, welches, ungebraucht, vom Rost zerfressen wird. In seinen Haß gegen die Griechen schloß er auch die Dichtkunst ein und pries die alte Zeit glücklich, weil die Dichter damals verachtet gewesen wären. Sein römisches Interesse war auf das Nüzliche vielmehr gerichtet. Vor allem stand die Landwirtschaft hoch in seiner Schäßung (de re rustica, de agricultura). Auch eine gründliche Kenntnis der Gesetze besaß er. Außerdem war ihm alles wichtig, was sich auf Roms Vergangenheit bezog. Mit seinen Ursprungsgeschichten (Origines) beginnen die Profadarstellungen der römischen Geschichte. Von der römischen Königszeit anfangend und auch die übrigen Gemeinden, welche mit Rom in Berührung gekommen waren, in den Kreis seiner Darstellung ziehend, hatte er die Erzählung bis nahe an das Ende seines eigenen Lebens herabgeführt. Als Greis redigierte er auch die zahlreichen Reden, deren uns erhaltene Fragmente, wiewohl rauh und kunstlos, doch eine kernige Eindringlichkeit zeigen. Außerdem verdienen noch seine ano❤véyuara (vgl. de off. I, 29, 104), eine Sammlung treffender Aussprüche anderer, erwähnt zu werden.

Von diesem historischen Cato ist der Cato Ciceros frei

« PreviousContinue »