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HARVARD COLLEGE LIBRARY

GIFT OF THE

AMERICAN ANTIQUARIAN SOCIETY

App18-1925

H

An die Herren

Fr. B. de la Motte Fouqué und Wilh. Neumann *). Dafs Sie das Horazische Invenior Parthis mendacior nicht auf mich an

wenden, wird der alte Druckbogen verbitten, worauf ich Ihnen das Versprochene schicke. Die Versendung an Freunde, denen er bestimmt war, blieb seither über anderes vergessen, noch mehr die Fortsetzung.

Kaum brauche ich Ihnen zu sagen, dafs dies noch ein Rest jener vorübergehenden, wie Manchen bedünken soll, gar unphilologischen Krankheit ist. Sie kehrte auf etliche Wochen im Umgange eines talentvollen Gelehrten von gleichen Studien an einem Badeorte zurück: dort wurde diese Satire übersetzt. Sofern könnte ich mich, ohne Ruhm zu melden, ein wenig mit Thomasius vergleichen, der einst Xenophon's Denkwürdig. keiten zu Deutsch dollmetschte, wenn er sich des Theetranks bediente. Indefs finde ich überall keine Ursache jene Anwendung einer bücherlosen, von aufsen und innen hart bedrängten Mufse zu bereuen, einer Zeit, die selbst mechanischen Arbeiten nicht eben günstig war; wenn anders solche Versuche früh oder spät einem kunstgeübten Nachfolger dienen. können, zu Besserem fortzugehen, anderen wenigstens den tiefen Gehalt und die Bildsamkeit unserer Sprache immer höher achten zu lernen.

Die vornehmste Absicht war fürjetzt, möglichst rein die Idee darzustellen, die uns Deutschen in dergleichen Kunstwerken des Alterthums etwa erreichbar sein dürfte. Es galt hier, in dem höchsten Sinne des Wortes, eine Nachbildung, worin Stoff und Form dergestalt sich durchdrängen, dass dem Kenner, dem alterthümlichen Leser des Dichters ein völlig gleicher Genufs, wie durch die Urschrift, ohne irgend eine Störung

*) Als Herausgeber der bei I. E. Hitzig erscheinenden Zeitschrift, die Musen, in deren I, Bande des zweiten Jahrganges die folgende Übersetzung vor kurzem gedruckt worden ist.

bereitet würde. Dazu gehörte, bei strenger Beobachtung Deutscher Prosodie, die jedes Wort sylbenweise auf die Wagschale legt, besonders eine noch wenig versuchte Behandlung eines Versmafses, das unter geschickten Händen doch, wie unser Wieland richtig fühlte, viel zu feierlich und vornehm für diese Dichtungsart auftritt; unter arbeitscheuen hingegen meistens noch ein unleidliches Gemisch hüpfender Daktylen und dazwischen hinkender Trochäen ist. Um nemlich die studierte Nachlässigkeit nicht aufzuopfern, womit Horatius seinen heroischen Vers bis zur täuschenden Ähnlichkeit edler Prosa herabgestimmt hat, bedurfte es noch etwas mehr als gesunder Füsse mit nothdürftigen Ruhepunkten; wie auch sonst die gesundesten Füsse zum anmuthigen Tanzschritte nicht hinreichen. Um endlich das Ganze in Gedanken und Ausdruck mit allen leicht hingeworfenen Farben treulich wiederzugeben, waren noch diese und jene kleinlichen Bemühungen nöthig, deren man sich späterhin nicht so genau erinnert, und die auch, wiewohl blofs Sache des Fleifses, vor gemischten Lesern nicht zur Schau getragen sein wollen.

Scheint Ihnen das Spielwerk für gebildete Leser geniefsbar, so mögen es meinetwegen Ihre Musen auf die glücklich angetretene zweite Fahrt mitnehmen. Immerhin mag noch Einmal den Griechen eine Thorheit und den Jüden ein Ärgernifs gebracht werden. Ich mufs nur hinzufügen, dass bei der Übersetzung keine ihrer Vorgängerinnen benutzt wurde; wenngleich jene, wie sich nachher fand, mit diesen manchmal in einzelen Ausdrücken zusammengetroffen ist.

d. Ü.

Der in dem jetzigen Abdruck hinzugekommene Anhang von Scholien wird vielleicht manchem zu keiner Partei gehörenden Leser nützen, den Text mit eindringenderm Sinn als bisher zu fassen, wenigstens bei dieser ersten Satire sich in die rechte Stimmung zu versetzen, mit der die philologische Erklärung der schwierigsten Gattung Horazischer Gedichte begonnen sein will. Auch hier, wie in vielen schönen Dingen, gilt das alte Sprüchlein, Anfang, Hälfte des Ganzen. B. den 24 Januar, 1813.

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