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boten ward, den Besitz 27), ohne daß ihm ein anderes Mittel blieb, ihn wieder zu erlangen, als eine zweifelhafte eigenmächtige Apprehension. Da nun ein solcher Ausgang des Processes dem Wesen eines interdictum retinendae possessionis zuwider läuft, so half der Prås

werden kann, ist das Versprechen, die Ausübung der Servitut bis dahin nicht hindern zu wollen, wo er als Negatorienklåger die Freiheit seines Grundstücks erstritten haben wird (quamdiu quis de iure suo doceat). Die zweite Hälfte der Stelle lautet fo: Quod si neget ius esse adversario agendi, aquae ducendae: cavere sine praeiudicio amittendae servitutis debebit, donec quaestio finietur, non se usurum. A flagt gegen B negatorisch, dieser cavirt nicht de iudicato solvendo, A verlangt Vertauschung der Parteirollen. Der Pråtor wird den B für jeßt nicht zur definitiven Anerkennung der Freiheit nöthigen, sondern nur Caution verlangen, daß er sich der Ausübung der streitigen Servitut bis zur Entscheidung der Confessoria (donec quaestio finietur) enthalten wolle. Zugleich wird der Pråtor Sorge tragen, daß, wenn über dieser Nichtausübung die Servitut etwa unterginge, in einer Restipulation ihre Herstellung versprochen werde. Eine Bestätigung der hier versuchten Erklärung finde ich erstlich in dem innern Zusammenhange mit den Parallelstellen (Zeitschrift IX. 31–37.), zweitens in der åußern Verbindung unserer Stelle und der L. 60. cit. de usufr. Beide sind aus dem Titel de interdictis in Paullus Sentenzen. Die leßtere geht auf das Interdict Quem usumfructum, die unsrige auf ein analoges Interdict, dessen Namen wir nicht kennen. Bei der confefforischen Klage wird es Quam servitutem geheißen haben und unter dem Titel A quo servitus vindicetur si rem nolit defendere eingetragen gewesen seyn. In der Streitfrage über die Beweislast bei der Negatorienklage scheint diese Stelle keine Rolle gespielt zu haben, obgleich sie im Ausdruck und Gedanken-` gang mit L. 15. de O. N. N. auffallend übereinstimmt.

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27) Ulpian. lib. 76. ad edictum L. 17. §. 1. de poss.... possessio recedit, ut quisque constituit nolle possidere. Si quis igitur ea mente possessionem tradidit, ut postea ei restituatur, desinit possidere.

tor Cascellius dadurch, daß er, gegen die ursprüngliche Natur der prohibitorischen Interdicte, gegen den widerspenstigen Besiegten eine in factum actio versprach. Der Kläger hat nur zu beweisen, daß er in der Sponsion, fein Gegner aber in`der Licitation gestegt habe. Die Formel war arbitrår, durch Restitution konnte der Beklagte der Condemnation entgehen 28). Diese ging auf quanti res est, Servius bezog dieß auf den Werth des Eigenthums; diese Meinung wurde spåter verworfen : Ulpian lehrt, die Klage gehe nur auf den Werth des Besizes; dieß beweist eben, daß er die Cascellische im Sinn hat 29). Dennoch soll die Klage binnen Jahresfrist erlöschen, und dieser Umstand macht die unrichtige Ansicht des Servius, einigermaßen erklärlich: er hielt sie für eine Strafklage, wie die in factum actio wegen verhinderter Immission, was sie in der That nicht ist. Der Werth der Quasipossessio kann übrigens, besonders wegen der möglichen kürzern Dauer des Nießbrauchs geringer seyn, als der des Sachbesitzes (Note 16).

Aber auch die Cascellische Klage führt den Sies ger nicht unbedingt zum Ziel; wenn der Beklagte nicht restituirt, erhält er statt des Besizes abermals nur eine

28) Gaius IV. 166. nisi restituat mihi possessionem, Cascelliano sive secutorio iudicio condemnatur.

29) Ulpian. lib. 69. ad edictum L. 3. §. 11. U. P. In hoc interdicto (iudicio?) condemnationis summa refertur ad rei ipsius aestimationem. Quanti res est sic accipimus, quanti uniuscuiusque interest, possessionem retinere. Servii autem sententia est, existimantis, tanti possessionem aestimandam, quanti ipsa res est: sed hoc nequaquam opinandum est, longe enim aliud est rei pretium, aliud possessionis.

Geldsumme. Aus dieser Unzulänglichkeit erklärt sich ein zweiter kürzerer Weg: der Pråtor gestattet dem Sieger, sich eigenmächtig den Besitz wieder zu verschaffen und befiehlt dem Gegner durch ein prohibitorisches Interdict, ihm sofort zu weichen. L. 52, §. 2. de poss. (Venuleius libro I. interdictorum.) Species inducendi in possessionem alicuius rei est, prohibere ingredienti vim fieri: statim enim cedere adversarium et vacuam relinquere possessionem iubet, quod multo plus est, quam restituere. Ich hatte dieser Stelle früher eine andere Deutung zu geben versucht: die Inscription (Note 9.), der Zusammenhang (S. 343.), besonders die Vergleichung mit der Klage auf Restitution des Besißes beweisen, daß sie hierher gehört.

Justinian hat das geltende Recht des Interdicts uti possidetis in folgenden Såßen zusammen gefaßt: uti eas aedes, q. d. a., nec vi nec clam nec precario alter ab altero possidetis: quo minus ita possideatis, vim fieri veto. De cloacis hoc interdictum non dabo, neque pluris, quam quanti res erit, intra annum, quo primum experiundi potestas fuerit, agere permittam. Man sieht: es ist die Cascellische Restitutionsklage mit veränderten Bedingungen. Diese sind von dem Interdict und den Sponsionen entlehnt, die ursprünglichen Voraussetzungen des Cascellianum iudicium, Sieg in der Sponfion, Unterliegen in der Fruchtlicitation, sind gestrichen. Dagegen rühren die Wirkungen von der Cascellischen Klage her, alles Pônale, der ganze ursprüngliche ordo und exitus des Interdicts, die Versteigerung,

die Sponfionen und Restipulationen, die Fructuarstipulation, das fructuarium iudicium fällt aus. Diese Behandlung ist ganz im Geiste des Verfahrens der Compilatoren, insbesondere bei den Interdicten: nur der Ausdruck ist besonders ungeschickt; wenn nicht der Schein entstehen sollte, daß man nach Jahresfrist noch auf die ehemalige fünffache Leistung klagen könne, so mußte neque pluris quam quanti res erit, neque post annum agere permittam geschrieben werden.

XI.

Ueber das Wehrgeld der Freien nach der Lex

Saxonum.

Von

Herrn Profeffor Dr. Schaumann

in Göttingen.

Gab es in Sachsen, dem Inhalte der Lex Saxonum

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nach, einen Stand der Freien mit einem Wehrgelde von 240 Solidi, und einen der Edeln zu 1440 Solidi, oder nur einen einzigen Stand der Freien überhaupt, mit dem Wehrgelde von 1440 Denarien oder 120 Solidi? Zwar 'habe ich in meiner niedersächsischen Geschichte nicht zuerst die Vermuthung ausgesprochen, daß im Tit. II. §. 1. der Lex Saxonum, wo das Wehrgeld eines edlen Sachsen festgestellt wird, statt 1440 Solidi, wohl richtiger Denarii gelesen werden müsse; indessen glaube ich nichtsdestoweniger für diese Behauptung manches Neue beigebracht zu haben. Der Gegenstand, an sich wichtig genug, konnte natürlich in einer allgemeinen Geschichte nicht so weitläuftig behandelt werden; ich habe ihn des

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