Page images
PDF
EPUB

possidere gebraucht wird, wie bei dem pignus praetorium des in possessionem bonorum missus; denn dieses selbst verhält sich zu der Befignahme des Gläubigers kraft eigenen Rechts ganz eben so, wie die prátorische bonorum possessio zu dem privatrechtlichen bona occupare et possidere.

Es ist kaum zu glauben, wie sehr die neuern Bearbeiter dieser Materie sich gestråubt, diesen klaren Inhalt unserer Quellen einfach, wie er lautet, anzuerkennen, und lieber die gewagtesten Hypothesen haben aufstellen und die unbegründetsten Rechtssätze zu Hülfe nehmen wollen, als das zugeben, was nach richtiger Erkenntniß des nexum nur, wenn es nicht so wäre, unerklärlich sein würde 89). Wenn nämlich das nexum ein publicistisches Gelds

norvwvɛiv (bei Liv. 2, 24. Ne quis civem Romanum vinctum aut clausum teneret, quo minus ei nominis edendi apud consules potestas fieret. Ne quis militis, donec in castris esset, bona possideret aut venderet, liberos nepotesve eius moraretur) 6, 37. Meinung des P. Virginius: olouai δεῖν τοὺς συναραμένους ἡμῖν τότε καὶ τῶνδε τῶν πολέμων μετασχόν τας ἀφεῖσθαι καὶ μηδενὸς αὐτῶν μήτε τὸ σῶμα μήτε τὴν οὐσίαν ὑπὸ tav daveioräv ngarɛiódαi. 6, 41. Versprechen des Dictator M. Valerius: τέως ἀφείσθῳ πᾶσα μὲν οὐσία, πᾶν δὲ σῶμα, πᾶσα δ ̓ ἐπιτιμία πολί του Ρωμαίου ἀῤῥυσίαστος ἀπό τε δανείου καὶ ἄλλου παντὸς συμβο laíov. Auf das Recht des Gläubigers, die Kinder mit fortzunehmen, scheint sich auch noch zu beziehen Liv. 8, 28. ingens vis hominum quum aetatis (des übel behandelten nexus) miseratione atque indignitate iniuriae accensa, tum suae conditionis liberumque suorum respectu, in forum.... concurrit. Das Weib în manu schüßte wohl schon der pudor vor der Abduction; im Nothfall konnte der Schuldner sie remancipieren. Daß auch Kinder durch Emancipation håufig vor der Hårte des Schuldrechts bewahrt worden sein mögen, haben schon Niebuhr und v. Savigny bemerkt.

89) Wie die Kinder mit ergriffen werden konnten, dafür haben die meisten gar keine Erklärung; doch meint z. B. v. Scheurt S. 59 flg., man müsse eine ihretwegen abgeschlossene fiducia annehmen (wovon die Stellen nichts sagen, und vgl. Paull. S. R. V, 1. §. 1.); Bachofen S. 95 flg.: Die Kinder wåren als sui heredes verpflichtet gewesen, aber auch schon bei Lebzeiten, weil die Verpflichtung zu operae kein Vermögen des Schuldners vorausseße (als wenn nicht gerade die Verpflichtungen zu operae höchst persönlich wåren und filiifamilias eben so wohl wie patresfamilias sich zum dare civiliter obligieren

geschäft ist, kraft dessen der Schuldner in der Execution eben so wie ein Verurtheilter der höhern Gewalt seines Gläubigers, insofern er Volk ist, obligatorisch verfällt, so läßt sich gar nicht absehen, wie er blos individuell und nicht nach seinem ganzen privatrechtlichen Rechtsdasein dieser höhern Gewalt verfallen sollte. Gilt doch sonst immer der Rechtssak, daß das Accessorische dem Princis palen folgt, und ein Accessorisches ist doch gewiß das Recht an den Kindern und an den Sachen, die man hat, im Verhältniß zu dem suum ius oder der familia der Person, indem, wenn Jemand paterfamilias oder sui iuris ist, die Erstreckung dieses Rechts auf die Kinder, die ihm geboren werden und auf die Sachen, die er erwirbt, eben so blos eine stillschweigende nothwendige Erweiterung seines Rechts und in diesem mit begriffen ist, wie bei einem Baume, daß er neue Zweige treibt und Früchte hervorbringt; daher denn auch familia bekanntlich nicht blos die individuelle Person, sondern der paterfamilias sammt dem ihm unterworfenen Hausstande und seinem ganzen Vermögen heißt. Freilich gilt dieses nun aber auch blos von dem suum ius der Person oder der familia selbst. Wenn nicht diese, sondern blos einzelne Seiten oder Theile der privatrechtlichen Rechtssphäre Gegenstand eines Geschäfts find, so werden auch nur sie davon ergriffen. So wie also, was die absolute Rechte. übertragenden Geschäfte betrifft, nur z. B. die Hingabe in die

könnten !) u. s. w. Die gefundeste Auffassung der Quellen liegt der Ansicht Niebuhrs (Rom. Gesch. Bd. 1. S. 606 flg.) und Zimmern's (Rechtsgesch. Bd. 3. §. 124.) zu Grunde, von denen jener das alt Römische Criminalrecht, dieser die Familiengewaltverhältnisse vergleicht. Aber eine Einsicht in die Sache gewähren auch sie nicht. Hinsichtlich des Vermögens hilft man sich wieder meistens mit der Annahme einer abgeschlossenen fiducia (womit die Ausdrucke bona possideri, ovoía, xóatɛłodaι u.f.w. im Widerspruche stehen). Beiläufig bemerke ich noch, daß es eine den Sprachgesezen widerstreitende Interpretation von Dionys. 6, 79. ist, wenn Bachofen S. 87. die Grundstücke der Creditoren (davræv), welche die nexi bebauen mußten, von den zur fiducia gegebenen Grundstücken der nexi versteht.

ditio und das imperium eines Staats, die arrogatio, die in manum conventio, die Person mit ihrem gesammten Privatrecht dem Staat oder dem paterfamilias unterwerfen, wogegen die Veräußerung einer einzelnen Sache auch nur sie auf den andern übertrågt, so kann auch ein obligatorisches Geschäft theils den Mittelpunct des persönlichen Daseins, das suum ius, die familia selbst, theils nur eine bestimmte einzelne äußere Thätigkeit derselben binden. Von der zweiten Art sind alle gewöhnlichen Contracte, Darlehen, Commodat, Societåt, Miethe u, s. w. wie auch auf dem dinglichen Gebiete alle gewöhnlichen Alienationen des Verkehrs. Von der erstern dagegen alle publicistischen causae obligandi; denn der Staat begründet die Einzelnen ihrem ganzen Rechtsdasein (suum ius, familia) nach, so daß sie auch nur in dieser Weise ihm verpflichtet werden können, wogegen sie unter einander sich nicht bedingen, sondern nur mit den äußern Kreisen ihres Rechtsdaseins sich berühren 9o). So verfällt nun bekanntlich nach alt Römischem Criminalrecht der durch ein öffentliches Delict Obligierte dem

90) Wenn auf dem privatrechtlichen Gebiet ein ähnliches Verhältniß, wie zwischen Staat und Einzelnen eintritt, daß nämlich der Schuldner von seinem Gläubiger in seinem ganzen Rechtsdasein begründet ist, so muß auch daffelbe Recht gelten. Hieraus erklärt sich der Sag, daß peculium non intelligitur nisi deducto eo, quod parenti dominove debetur. Jede Verpflichtung des filiusfamilias gegen seinen Vater unterscheidet sich von der gegen einen Dritten wesentlich dadurch, daß er dem erstern, weil er iure potestatis von ihm in seinem ganzen Dasein begründet ist, auch nach diesem seinem ganzen (hier factisch und pråtorisch zu verstehenden) ius, also auch im Vermögen (hier peculium) verpflichtet wird, was im Verhältniß zu extranei nicht der Fall ist, daher praevenit causa parentis ceteros creditores bei der Befriedigung aus dem Peculium, eben so wie der Staat im Verhältniß zu den Privatgläubigern ein ihnen vorgehendes Befriedigungsrecht hat (quasi pignoris iure ei universa bona debitoris obligantur). Gestattet aber der Vater dem Sohne, mit dem peculium ein förmliches Handelsgeschäft anzufangen, d. h. als selbstständiger Geschäftsmann außerhalb der familia aufzutreten, so fällt auch durch stillschweigenden Verzicht jenes auf der familia beruhende Privilegium der våterlichen Forderungen hinweg.

Staat nicht blos nach seinem Haupt, sondern auch nach seiner familia pecuniaque, welche, so weit sie sächlich ist, zu Gunsten des Schahes verkauft wird 91). Eben so ist noch nach dem Rechte der Kaiserzeit das Vermögen eines jeden, der mit dem Staat contrahiert hat, quasi pignoris iure obligiert, was weiter nichts heißt, als diese Obligation ergreift von vornherein das ganze Rechtsdasein des Contrahenten, und daß dieses ursprüngliches Recht sei, lehrt z. B. die Verpflichtung des praes, welche, wie anderwärts gezeigt worden, immer auch zugleich dessen Vermögen zu bona praedia macht 92). Auf dieselbe Weise wird endlich auch durch das nexum und iudicatum, indem sie dem Gläubiger oder Kläger, insofern er Volk ist, verpflichten, das suum ius selbst, mithin die ganze Privat

91) Die Erstreckung der Strafobligation auf die ganze familia gilt auch von den Kindern der Verbrecher, gleichviel in welcher der drei Formen des alt Römischen Criminalprocesses die Verurtheilung erfolgt war. Dionys. 8, 80. bezeugt ausdrücklich, daß das Princip, auch die Kinder der Verbrecher mit zu strafen, erst seit der Verurtheilung des Sp. Cassius geåndert worden sei.

92) Bachofen wendet S. 89. gegen meine Vergleichung des nexum mit dem praedem fieri ein, bei dem legtern gehe das Geschäft nach der Fassung der Stipulation selbst, wodurch sich der praes verpflichtete, auf Obligierung des Vermögens. Ich muß bekennen, dieses nicht einzusehn (wenigstens nicht in der hier vorausgeseßten Weise); denn praes sum, durch mich wird Dir vorgesehen, ich werde Bürge, sagt doch nicht mehr (eher noch weniger) etwas vom Vermögen aus, wie aes nexum, und scheint auf ganz gleicher Linie mit den Ausdrücken spondeo, fidepromitto oder fideiubeo zu stehen. Forscht man freilich tiefer, so liegt eben so in dem Ausdruck praes sum, wie in dem iure nexi tibi damnas sum eine adåquate Fassung für ein publicistisches Geschäft, welches als solches nicht blos eine Seite der Privatrechtssphåre, fondern das suum ius selbst verpflichtet, und dadurch unterscheidet sich diese Burgfchaft form von den privatreitlidden bet sponsio, fidepromissio und fideiussio, die nicht sagen ich bin (verpflichtet) und so das Ich selbst vorsehen, sondern nur eine Handlung des sich Verpflichtenden ausdrücken. Uebrigens gereicht dem Mißverständniß das zur Entschuldigung, daß ich in meiner Recension des Rudorffschen Auffages über die Lex Thoria die Natur des nexum als eines publicistischen Contracts noch nicht vollständig dargelegt hatte jedoch auch in einer bloßen gelegentlichen Bemerkung nicht darlegen fonnte.

rechtssphäre des Schuldners verpflichtet und nach Ablauf der dies iusti in die Execution hineingezogen.

Daß der Gläubiger bei Eingehung eines nexum sich auch noch auf andere Weise, namentlich dadurch, daß er sich vom Schuldner Grundstücke oder andere Sachen zur fiducia hingeben ließ, die er ihm dann inzwischen precario oder in Pacht überließ, geschüßt habe, wollen wir nicht bezweifeln; er erlangte so den Vor-theil, durch diese Sachen auch auf den Fall gesichert zu sein, daß der Schuldner vielleicht noch Undern nexum aes schuldig war, dessen Verfalltag früher herbeikam; denn von dem, der durch die ductio ein ius retinendi erlangt hatte, konnte ein anderer Gläubiger, mochte seine Forderung auch älter sein, den nexus und dessen familia nicht abducieren, um ihn für sich arbeiten zu lassen, wenn auch das spåter bei der pråtorischen missio in bona hervortretende Princip, daß sie den Mitbesitz anderer Gläubiger nicht ausschließe, schon alt-civilrechtlich gewesen sein muß, da die zwölf Tafeln die sectio mehrerer Gläubiger, denen er verurtheilt war, zuließen, was schwerlich von bloßen Litisconsorten zu verstehen ist. Aber mit den Rechten des Gläubigers aus dem nexum ist das aus der fiducia durchaus nicht zu vermengen. Doch kann man gelegentlich fragen, ob nicht auch der Empfänger einer fiducia, weil dieses Geschäft auf Mancipation beruhte, zu einer ähnlichen Execution wie der Glåubiger aus dem nexum berechtigt gewesen sei? Hier müssen wir, um uns nicht zu verirren, vor Allem folgende beide Verhältnisse unterscheiden. 1) Die Hingabe des aes von Seiten des Empfängers der fiducia begründete, wie schon oben nachgewiesen ist, kein nexum und mithin kein publicistisches Forderungsrecht desselben gegen den Geber der fiducia. 2) Dagegen verpflichtete allerdings der Geber den Empfänger durch mancipio datio. Diese Obligation ist zwar kein nexum, weil sie nicht durch aeris datio begründet wird; sie steht aber insofern mit dem nexum auf gleicher Linie, als die man

« PreviousContinue »