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und er selbst hieß nun nexus ob aes alienum oder nexus schlechthin 68).

Liv. 2, 23. civitas, secum ipsa discors, intestino inter Patres plebemque flagrabat odio, maxime propter nexos ob aes alienum. Fremebant, se foris pro libertate et imperio dimi-` cantes, domi a civibus captos et oppressos esse... §. 8. Nexi (so ist statt nexu mit Sigonius zu lesen) vincti solutique se undique in publicum proripiunt, implorant Quiritium fidem... c. 24. edixit, ne quis civem Romanum vinctum aut clausum teneret.... Hoc proposito edicto, et, qui aderant, nexi profiteri extemplo nomina, et undique ex tota urbe proripientium se ex privato, quum retinendi ius creditori non esset, concursus in forum, ut sacramento dicerent, factus... c. 25. et nexi ante omnes, ut signum daret, clamabant 69).

culcandos pecudibus et vastandos ac populandos feris derelinquunt, aut occupatos nexu civium et ergastulis tenent, nur daß in der legtern Stelle, die auf die zur Zeit des Vegetius schon vorhandenen Colonen zu gehen scheint, doch zugleich der dauernde Zustand, der ehemals aus dem nexus hervorging, bezeichnet ist. Dagegen konnte man das Verhältniß der nexi nicht auch nexum im Neutrum nennen, weil diesem Ausdruck die anfängliche Redeweise nexum aes zum Grunde liegt. Wenn Cicero de rep. 2, 34. dennoch nexa civium liberata von den nectierten Personen sagt, so muß man dieses so deuten, daß er das nexum aes in seiner eigenthümlichen Wirkung verstand, mithin als Metonymie.

68) Gegen die Niebuhrsche, spåter von vielen Andern gebilligte Ansicht, daß nexus schon der Contrahent eines nexum aes genannt worden sei, habe ich mich schon in den Studien des Róm. R. S. 296 erklärt, nur daß ich noch irrig annahm, nexas sei der Schuldner durch die Condemnation geworden. In dieser Hinsicht haben schon Schilling (Krit. Jahrb. f. N.-W. Bd. 5. S. 213) und Bachofen das Richtige gelehrt. Walter (Rechtsgesch. S. 641 flg.) erklårt sich über den Ausdruck nexus nicht, hålt sich aber darin auch noch von dem Bachofenschen Irrthum frei, daß er ein Recht des Gläubigers zur Abführung in die Schuldknechtschaft ohne die Begründung durch die ausdrückliche nuncupatio behauptet, jedoch irrig gleich nach dem Verfalltage, wie denn auch noch andere wichtigere Irrthümer, die auf der nicht erkannten Natur des nexum überhaupt beruhen, vorkommen.

69) Diese Stelle zeigt besonders deutlich, daß nexus nicht blos den factischen Zustand des Gefesseltseins bedeutet, sondern ein nomen iuris war.

Liv. 2, 27. Nach Beendigung der Kriege, für deren Dauer das oben erwähnte Edict des Consuls Servilius gegeben war: Fusis Auruncis, victor tot intra paucos dies bellis Romanus promissa consulis fidemque senatus exspectabat: quum Appius et insita superbia animo et ut collegae vanam faceret fidem, quam asperrime poterat, ius de creditis pecuniis dicere deinceps et, qui ante nexi fuerant, creditoribus tradehantur et nectebantur alii 70). Vgl. 8, 28. Eo anno plebi Romanae velut aliud initium libertatis factum est, quod necti desieerunt...... Ita nexi soluti, cautumque in posterum, ne necte

rentur.

Liv. 7, 19... nam etsi unciario facto foenore levata usura sorte ipsa obruebantur inopes nexumque inibant.

erat,

70) Nach dieser Stelle möchte man vermuthen, daß das necti debitorem doch nur auf obrigkeitlichen Befehl zulässig gewesen sei, weil unmittelbar vorher von dem ius dicere die Rede ist. Alein es ist zu bedenken, daß den Schuldnern vor dem Kriege allgemeine Erleichterung ihrer Lage versprochen und damit der Zeitpunct, bis wie lange das wegen des bevorstehenden Krieges edicierte Moratorium dauern sollte, einiger Maaßen ins Ungewisse gestellt war. Natürlich weigerten sich nun alle Schuldner zu bezahlen und erkannten das ius ducendi der Gläubiger nicht an. Diese waren also genöthigt, sie vor Gericht zu führen und hier fiel nun vor, was Livius erzählt: Appius Claudius entschied extra ordinem, daß das Edict des Servilius jezt nach beendigtem Kriege nicht mehr gelte, und übergab demgemåß diejenigen, welche der Consul selbst durch sein Edict aus dem nexus zeitweilig befreit hatte, auch wieder kraft consularischer Gewalt den Gläubigern; hinsichtlich der übrigen aber, die noch nicht nexi gewesen waren, sprach er sich dahin aus, es stehe nun nichts mehr im Wege, daß die Gläubiger sich ihres Rechtes bedienten. Aehnliche extraordináre Verhandlungen werden von der iurisdictio im engern Sinne, wohin namentlich die Entscheidung über bestrittene Darlehen gehörte, in dem vorhin erwähnten Senatusconsult vom I. 258 genau unterschieden, welches vouftanbig fo lautet (Dionys. 5, 69.): τέως δὲ μηδεμίαν εἴσπραξιν εἶναι, μήτε συμβολαίου μηδενός, μήτε καταδίκης μηδεμιᾶς, ἀφεῖσθαι δὲ καὶ τὰς ἄλλας ἀμφισβητήσεις πάσας, καὶ μήτε τὰ δικαστήρια καθίζειν, μήτε τὰς ἀρχὰς διαγινώσκειν περὶ μηδενὸς ἔξω τῶν εἰς τὸν πόλεμον ἀνη κόντων.

Liv. 8, 28. L. Papirius is fuit: cui quum se C. Publilius ob aes alienum paternnm nexum dedisset....

Valer. Max. 6, 1. §. 9. T. Veturius, filius eius Veturii, qui in consulatu suo Samnitibus ob turpiter ictum foedus deditus fuerat, cum propter domesticam ruinam et grave aes alienum C. Plotio nexum se dare admodum adolescentulus coactus esset....71).

Auch diese Ausdrücke bezeugen, daß die Abführung in den nexus ohne Dazwischenkunft der Obrigkeit nach bloßem Contractrecht geschah. Eine Abhängigkeit derselben von dem freien Willen des Schuldners darf aber daraus nur insoweit gefolgert werden, als er durch Herbeischaffung von Geld, im Nothfall durch Verkauf von Sachen (wie in dem erwähnten Falle bei Liv. 2, 23. und vgl. Dionys. 6, 79.) die ductio vermeiden konnte; denn außerdem vermochte ohne Zweifel bei dieser manus iniectio wie bei der gegen den in ius vocatus und iudicatus nur ein für ihn auftretender vindex ihn zu befreien 72).

Der in die Schuldknechtschaft Abgeführte hieß aber deshalb nach seinem rechtlichen Zustande nexus, wie nach dem Grunde desselben obaeratus, weil das aes alienum ihm nach der abgelaufenen Rechtszeit über sein Haupt ging und damit, indem es selbst nexum

71) Im weiteren Sinne gebrauchen spätere Schriftsteller den Ausdruck nexi auch wohl für gefänglich eingezogene Personen überhaupt, z. B. Justin. 21, 1. Nexorum tria milia e carcere dimittit. 21, 2. nec carcerem nexis, sed caedibus civitatem replet.

72) Hierauf kann man die Worte des Manlius beziehen, wodurch er die Patricier ermahnt, sich der verschuldeten Plebs eben so anzunehmen, wie er gethan. Liv. 6, 15. Quin eam diducitis a me singuli vestris beneficiis, intercedendo, eximendo de nervo cives vestros, prohibendo iudicatos addictosque duci, ex eo, quod adfluit opibus vestris sustinendo necessitates aliorum? Das erste intercedendo, eximendo ginge dann nåmlich auf die iure nexi, das prohibendo auf die iure rei iudicatae abgeführten Bürger. Doch ist es möglich, daß Livius im Schmucke feiner Rede die Rechtsbegriffe nicht in so scharfer Sonderung gedacht hat.

war, nun auch die Person in den nexus mit hineinzog. In diesem Zusammenhange spricht auch Varro unmittelbar nach dem nexum vom nexus und definiert ihn ganz übereinstimmend mit unserer Darstellung so:

Varr. de L. L. 7, 5. §. 105. Liber, qui suas operas in servitutem pro pecunia quadam (so eine Pariser Handschr., alle übrigen quam) debebat, dum solveret, necus vocatur 73), ut ab aere obaeratus.

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Ueber die richtige Lesung dieser Stelle ist viel gestritten worden 74). Die Meisten wollen zu operas dat oder dederat hinzu, fügen. Dieses wird schon dadurch höchst bedenklich, daß operas dare, wie man aus zahlreichen Stellen bei Brissonius sehen kann, ein Kunstausdruck von ganz anderer Bedeutung ist, nåmlich für die Leistung der einzelnen Dienste, während es hier heißen soll, seine ganze Dienstfähigkeit in die Sclaverei hingeben. Ich glaube mit D. Müller, daß abgesehen von dem quadam, wo die HSS. selbst eine Unsicherheit verrathen die handschriftliche Lesart vollkommen richtig ist. Barro hat eben erst sich für die Ansicht entschieden, daß dem Worte nexum ein rein obligatorischer Begriff zum Grunde liege mit Ausschluß alles (mancipio) dare. Während dieser Ansicht eine Begriffsbestimmung des nexus, „weil er suas operas in servitutem daret", widersprechen würde, entspricht ihr durchaus die Darstellung: so wie nexum das Geld heiße, welches Jemand obligatorisch erhalten habe (quod obligatur per libram), so nexus der Schuldner selbst, welcher nicht mehr blos das Geld, sondern für dasselbe auch seine persönlichen Dienste zu einem sclavenartigen Zustande schulde. Mit Recht hat Müller auf in servitutem vindicare, addicere hingewiesen, um die Zulässigkeit des in servitutem debere zu rechtfertigen. Doch muß

73) Es ist wohl zu lesen vocatus, wie vorher nexum dictum : zumal da es zu Varro's Zeit solche nexi nicht mehr gab.

74) Ueber die verschiedenen Vorschläge quam debeat (oder debebat), dat (oder dederat) s. Bachofen S. 27.

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man dazu noch das so eben geltend gemachte Interesse Varro's, auch hier die obligatorische Natur des Zustandes eines nexus darzustellen, und den häufigen Gebrauch des debere in dinglichen Verhältnissen, wie iter, actus, servitus mihi debetur, in Anschlag bringen 75). An der Stelle aber, wo die HSS. selbst schwanken, genügt in der That weder quam, welches offenbar nur aus einer falschen Beziehung zu debebat entstanden ist, noch das völlig überflüssige quadam, während man doch eine genauere Bestimmung der pecunia erwartet, da der Schuldner nicht für jede Geldschuld nexus werden konnte. Wir glauben daher, daß die ursprüngliche, die Depravationen selbst erklärende Lesart war pro pecunia qua d. d. h. nach Magno und Papias damnatus oder damnas. Mit diesem qui suas operas in servitutem pro pecunia, qua damnas, debebat, bezeichnete nun Varro sehr treffend zugleich die Art von Geldschulden, für welche das personam necti eintrat, indem sie stets auf damnatum esse beruhten 76), und den Zeitpunct, wo ein solches Geltendmachen des nexum aes zulåsfig wurde; denn auch von einem voti reus sagte man bekanntlich dann, er sei voti damnas, wenn mit Erfüllung des Erbetenen sein Gelübde fällig geworden war 77).

75) So wie dieses nämlich nicht oder doch nicht blos heißt: ich habe von Jemandem eine Servitut zu fordern, so daß er sie mir erst geben müßte, sondern ich habe sie selbst schon an der fremden Sache, die mir dient, so werden auch die operae nexi dergestalt geschuldet, daß man sie wirklich von seiner Person schon inne hat. (Dem Varronischen Ausdruck verwandt ist Liv. 6, 27. supersit sibi liberum corpus, an id quoque nervo debeatur.) Hiermit erledigen sich die von Bachofen S. 36 gegen den Sinn der handschriftlichen Lesart erhobenen Bedenken.

76) Vgl. darüber das schon oben S. 50. Bemerkte und wegen des Ablativs, der oielleicht auch in der Formel der nexi liberatio vorkommt, Forcellini unter damno. Wahrscheinlich sagte auch der Gläubiger bei der manus iniectio zum nexus: Quod tu mihi mile aeris iure nexi damnas es, quae dolo malo non solvisti, ob eam rem ego tibi mile aeris nexi manus inicio. Vgl. Gai. 4, 21.

77) M. Donat. ad Liv. 7, 28. Brisson. de form. 2, 168.

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