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haben, Sachen dritter Personen zu vermachen. Als man so weit ging, selbst eigene Sachen, die man per vindicationem legieren konnte, auch per damnationem zu vermachen, hatte der Unterschied der Legatsformen offenbar schon die Zeit seiner vollen Lebenskraft hinter sich, daher dieses vor dem Ende der Republik nicht angenommen werden kann.

Ueberblickt man nun diesen Entwickelungsgang des Legats, so zeigt sich auch bei dieser dritten Art des Nerum, daß zu der Zeit, wo die übrigen beiden blühten, auch das Damnationslegat nicht blos formell, sondern auch materiell ein wirkliches nexum, d. h. ein nexum aes war, und wiederum, daß um die Zeit, wo jene beiden verdrängt wurden, auch das Damnationslegat in eine gewöhnliche Obligationsform überzugehen anfing. Nur darin liegt ein Unterschied, daß die Verdrångung dort, wo das nexum in der ihm eigenthümlichen Form zur Erscheinung kam, auch von der formellen Seite her geschah, indem die Contractsform des ius gentium, die Stipulation, an die Stelle der nexi datio trat, beim Darlehnsnerum, als der recht eigentlichen nexi datio, mit selbst formeller Aufhebung, beim Verkauf, wo es nur stillschweigend in dem anderweitig noch bedeutungsvollen mancipium lag, mit materieller Entkräftung derselben während hier, wo das nexum nicht auf der ihm eigenthümlichen Form, sondern auf einer bloßen nuncupatio beruhte, die Vernichtung von der materiellen Seite aus, d. h. dadurch erfolgte, daß jene an sich allgemeine Geschäftsform kraft der ihr inwohnenden Fähigkeit, alle vermögensrechtlichen Leistungen zu ergreifen, durch Aufnahme eines dem obligatorischen per aes et libram gestum eigentlich fremden Stoffes gleichsam degenerierte und sich so der Eigenthümlichkeit des nexum acs entäußerte.

Wenn also etwas anderes als ein bestimmtes Gewicht Erzgeldes per damnationem legiert war, so konnte hier nicht das

Recht gelten, wie bei der auctoritatis actio, daß der Gegenstand durch Astimation auf Geld ̧ reduciert und so erst als nexum aes per manus iniectionem eingeklagt wurde; vielmehr mußte, da hier nicht die Form als solche, sondern blos die Form insofern fie aes zum Inhalt hatte, ein eigentliches nexum bewirkte und auch die Absicht des Testators demgemäß nur auf Leistung des bestimmten Inhalts ging, der Legatar eine gewöhnliche Klage · auf Aio te z. B. decem modios tritici ex testamento mihi dare oportere anstellen, so lange noch die legis actiones galten, mit tels einer condictio ex lege Calpurnia (Gai. 4, 19.) spåter mittels einer formula stricti iuris oder condictio ex testamento, und der Richter condemnierte den Beklagten, der die Sache selbst nicht gegeben hatte, auf die Aestimation 346). Eben so beim sinendi modo legatum, welches ja formell unlåugbar auch auf einem per aes et libram gestum beruht, aber sich seinem Inhalt nach

einem bloßen facere - noch viel weiter vom nexum aes ent fernt und daher eine bloße incerti condictio erzeugt 347). Dasselbe muß man von der partitio legata behaupten, wo ebenfalls. eine incerti condictio darauf ging, daß der Erbe gegen das Er

346) Gai. 2, 204. Quod autem ita legatum est, post aditam hereditatem, etiamsi pure legatum est, non, ut per vindicationem legatum continuo legatario acquiritur, sed nihilominus heredis est; ideo legatarius in personam agere debet, id est, intendere, heredem sibi dare oportere et tum heres rem, si mancipi sit, mancipio dare, aut in iure cedere, possessionemque tradere debet; si nec mancipi sit, sufficit, si tradiderit. Den Namen der Klage ex testamento erwähnt Theophil. 2, 20. §. 2. Eine condictio ex causa legati nennt sie Ulpian L. 9. §. 1. D. de reb. cred. (12, 1.)

347) Gai. 2, 213. Sicut autem per damnationem legata res non statim post aditam hereditatem legatarii efficitur, sed manet heredis eo usque, donec is heres (statt heres ist wohl rem oder pre [vgl. 4, 31.] zu lesen) tradendo vel mancipando vel in iure cedendo legatarii eam fecerit, ita et in sinendi modo legato iuris est: et ideo huius quoque legati nomine in personam actio est, QVIDQVID HEREDEM EX TESTAMENTO DARE FACERE OPORTET.

bieten des Legatars zur pro parte stipulatio die partis stipulatio machte (Gai. 2, 254.), wenn er es nicht vorzog, was man ursprünglich sogar als einzigen Inhalt dieses Legats angesehen zu haben scheint, sogleich die Aestimation des legierten Theils zu zahlen 348). War endlich eine bestimmte einzelne fremde oder eigene Sache legiert, so fand zwar eine condictio certi im weiteren Sinne Statt, die aber an sich auch auf das certum corpus und nur, wenn dieses nicht geleistet wurde, auf die Aestimation ging.

Wenn nun aber auch die eigenthümliche Execution des nexum aes auf den Fall eines legierten Gewichts Erzgeldes beschränkt war, so ist doch damit nicht gesagt, daß die Forderung des Legatars auch nur in diesem Falle die übrigen Wirkungen einer obligatio nexi, insbesondere die der Verurtheilung aufs Doppelte wegen Läugnens nebst den für die Fälle dieser Art geltenden eigenthümlichen Grundsähen und die der Fähigkeit durch eine nexi liberatio aufgehoben zu werden, gehabt habe. Denn formell bleibt es immer wahr, daß diese Forderung auf einem nexum beruht, und wenn auch in materieller Hinsicht das Recht der eigenmächtigen ductio und der legis actio per manus iniectionem mit ihren Folgen ausschließlich an Erzgeld-Forderungen geknüpft ist, weil nur diese vollkommen publicistische, zur Aufhebung der Persönlichkeit berechtigende Obligationen sind, so stehen doch die Gründe der anderen beiden vorgedachten Wirkungen des nexum mit dem Erzgelde in keiner so nothwendigen Beziehung. Vielmehr liegt der der duplatio actionis, wie anderwärts gezeigt wor den ist, in dem certum esse der Forderung nach ihrem Grunde

348) Noch spåter war dieses die Ansicht von Sabinus und Cassius, L. 26. §. 2. D. de leg. 1. und daß sie auch hier an dem Hergebrachten festhielten, kann man wohl aus der alten Sitte, die partitio mit Rücksicht auf die sacra mit Abzug einer bestimmten kleinen Summe anzuordnen, schließen. Cic. de leg. 2, 20. 21.

und Gegenstande, und die nexi liberatio beruhte, wie spåter noch gezeigt werden wird, darauf, daß die Obligation publicistischen Ursprungs und ihrem Inhalt nach auf eigentlich obligatorische d. h. fungibele Sachen gerichtet war. Demgemäß galt nun die Wirkung der duplatio gegen den Läugnenden mit den sonstigen Eigenthümlichkeiten dieser Fälle auch noch später, so oft irgend eine res certa per damnationem legiert war 349) und eine über das Geldlegat hinausreichende Anwendbarkeit der nexi liberatio wird sogleich noch nachgewiesen werden.

V. Von der Aufhebung der auf nexum beruhenden Obligationen.

Diejenigen Aufhebungsgründe der Obligationen, welche auf dem allgemeinen Recht der Obligationen und Solutionen beruhen, also Zahlung, Compensation, Confusion und Novation so= wohl durch Stipulation und transcriptio a persona in personam 350) als durch litis contestatio – müssen auch von nexi obligationes gelten.

Es giebt aber auch eine Aufhebungsart der Obligationen, die selbst wieder ein per aes et libram gestum ist und als civilrechtliche Art des Erlasses der publicistischen Obligationen dient, die nexi liberatio, wie sie Aelius Gallus, oder solutio per aes et libram, wie sie Gaius (3, 173.) nennt, und von dieser ist jezt noch zu handeln.

349) Vgl. darüber die Ausführung zu Gai. 4, 9, in meinen Bemerkungen zum vierten Buche des Gaius (Zeitschrift für geschichtliche Rechtswissenschaft Bd. 12.)

350) Die transcriptio a re in personam würde bei einem nexum, wenn sie nicht etwa vor der richterlichen Westimation in den dazu geeigneten Fillen geschah, keine neue Obligation und daher keine Aufhebung der bisherigen, sondern blos einen Beweis derselben bewirkt haben.

Man hat neuerlich die sächliche Identität beider Benennungen geläugnet und behauptet, nexi liberatio sei vielmehr, wie das Wort sage, die Aufhebung einer durch nexum contrahierten Obligation, möge sie geschehen wie sie wolle, und nur solutio per aes et libram die eigenthümliche Art des Erlasses, von der wir reden 351). Auch scheint diese Ansicht auf den ersten Blick durch den Wortlaut der Benennungen vollkommen gerechtfertigt zu werden. Aber daß Aelius Gallus diesen Sinn mit nexi liberatio nicht verbinden konnte, geht aus dem Zusammenhange unwidersprechlich hervor. Nach ihm ist die nexi liberatio eine Art des Gattungsbegriffs nexum, den er mit quodcunque per aes et libram geritur erklårt ; demzufolge muß denn auch nexi liberatio, wie testamenti factio und nexi datio, ein Geschäft sein, quod per aes et libram geritur, dessen Eigenthümlichkeit nur in dem Zwecke der Liberation liegt, mit andern Worten, er muß darunter die solutio per aes et libram verstanden haben: håtte er ge meint, daß z. B. auch die Confusion, Compensation, Novation, in ihrer Anwendung auf eine per aes et libram entstandene Obligation eine nexi liberatio wåre, so würde die Unterstellung dieses Begriffs unter das per aes et libram gestum völlig unbegreiflich sein, da alle jene Aufhebungsgründe offensichtlich nicht per aes et libram vor sich gehen. Bei näherer Betrachtung stimmt aber auch die Sprache mit dieser richtigen Deutung des Ausdrucks überein. Zuvörderst läßt sich nexi in dieser Zusammenstellung sehr wohl als Genitiv des Subjekts nehmen, eben so wie in verborum, literarum obligatio, zumal da Gallus das Wort nexum nach eben dieser Stelle in der abstrakten Bedeutung eines per aes et libram gestum, also eines Geschäfts dieser Art, mit Absehen von dem obligatorischen Zwecke und von dem

351) Bachofen S. 148 flg.

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