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soll darauf hier nur unter Vorbehalt des leßtern Bezug genommen sein.

Zweierlei haben wir nun als das die eigenthümliche Verpflichtung des nexum Begründende gefunden: Zuwågung von Geld und die publicistische Eingehung des Geschäfts. Beides steht aber wieder unter einander in inniger nothwendiger Verbindung. Daß zunächst nur eine zu Grunde liegende res die Verpflichtung des Schuldners einem dinglichen Rechte an seiner Person so nahe bringen konnte, begreift sich leicht; denn nur bei diesem Entstehungsgrunde ist der Schuldner sächlich obligiert, hat sich das sächliche absolute Recht als solches in ein mithin ebenfalls sächliches relatives Recht (eine Obligation) umgewandelt 16). Diese res muß aber auch Geld sein, um den Schuldner publicistisch verpflichten zu können; denn nur im Gelde als dem vom Staat anerkannten Werthmesser der natürlich so verschiedenartigen Sachen stellt sich das Sächliche als ein in die höhere publicistische Sphäre erhobenes Sächliches dar, als welches allein es auch publicistisch obligieren kann 17).

16) Auch dem confessum oder iudicatum liegt stets eine res zum Grunde, wie auch die zwölf Tafeln sagten: aeris confessi rebusque iure iudicatis dies XXX iusti sunto und wie auch die legis actio per manus iniectionem ebenso objectiv, wie das nexum aes ausgedrückt wurde Gai. 4, 21. OB EAM REM EGO TIBI HS. X MILIVM IVDICATI MANVS INICIO; denn immer wird res in iudicium deduciert. Meine Ableitung des IVDICATI in jener Formel von iudicatum aes (Studien S. 297) segt die Lex Rubr. col. II. v. 18 außer Zweifel T(antae) P(ecuniae).......... sine fraude sua duci iubeto. Eine andere Auflösung von T. P. als diese von Carli und Marini läßt sich hier nicht denken. Puchta, Cursus der Instit. Bd. 2. S. 172 spricht von aeris confessi im Plural und scheint also anzunehmen, daß man damals aeris confessus gesagt habe, wovon in den zwölf Tafeln der Genitiv vorkomme. Es bedarf wohl nur der positiven Gegenbemerkung, daß in der alten Sprache noch mehr Deponentia, als spåter, passivisch gebraucht wurden, weil man für das Activum auch die active Form hatte, z. B. ni pacit.

17) So erforderte denn auch die gerichtlich entstandene publicistische Schuld, um zur manus iniectio zu berechtigen, Geld. Von dem aes confes

Warum aber war gerade zugewogenes Erzgeld erforderlich? warum entstand, seitdem die Römer sich des zählbaren Geldes und der Silbermünze bedienten, nicht eben so gut durch Zuzählung von Sestertien vor den fünf solennen Zeugen ein nexum? uch hier versündigt man sich am Römischen Rechte durch Beimessung einer Gedankenlosigkeit, wenn man sich mit der Antwort begnügt: zu der Zeit, als diese Handlungen aufkamen, war das Römische Geld gerade wågbares Erzgeld; spåter ånderte sich dieses zwar, aber man war bei diesen feierlichen Rechtsgeschäften es nun einmal gewohnt geworden, Erz und Waage anzuwenden und so behielt man sie bei. Solche Erklärungen haben vielleicht im Griechis schen oder Germanischen Rechte, welches von poetischer Auffassung

sum sagen es die zwölf Tafeln geradezu, und eben weil hier die ursprüngliche Schuld schon auf Geld ging, berechtigte die confessio in iure sofort zur manus iniectio. Ging sie nicht auf Geld, so mußte der confessus doch immer noch auf Geld condemnirt werden, so daß der Fall dann unter die Worte rebusque iure iudicatis gehörte. Hinsichtlich des Judicats aber lautete zwar das Urtheil selbst zur Zeit der legis actiones immer auf die res ipsa, Gai. 4, 48.; diese wurde aber, wenn der Beklagte den Kläger nicht sogleich befriedigte, wie noch fpåter in den publica iudicia, durch litis aestimatio, welche gewissermaßen nur eine Vervollständigung des Urtheils und darum durch den Ausdruck rebus iure iudicatis mit bezeichnet war, zu Gelde erhoben und von da an erst eine publicistische Schuld. Vgl. meine Rec. in den krit. Jahrb. f. Jurispr. Bd. 3. S. 685. Die Neuern nehmen die Worte der zwölf Tafeln Aeris confessi rebusque iure iudicatis dies XXX iusti sunto willkührlich theils zu weit, indem sie dieselben auch von Condemnationen, die auf Sachen (ohne Aestimation) lauteten, theils zu eng, indem sie dieselben blos von Darlehnsgeldschulden verstehen. Vgl. Bachofen S. 131 flg. Man erwåge nur die Worte grammatisch genau, bei denen man anzunehmen scheint, die Decemvirn håtten blos um des Schmucks der Rede willen mit dem Genitiv und Dativ oder Ablativ abgewechselt. Offenbar steht blos der Genitiv aeris mit dies XXX in unmittelbarer Verbindung (wie in mehrern andern Zwölftafelsågen z. B. fundi biennium... usus auctoritas esto) und man muß sich den Zusammenhang des Sages so denken: Des Erzgeldes, sowohl des einbekannten, als dessen, welches, wenn die Sachen zu Recht abgeurtheilt sind, eintritt, sollen dreißig Rechtstage sein. Von der Sache hat Bachofen S. 133 flg. genügend gehandelt.

und Gemüthlichkeit getragen wird, ihre gute Berechtigung; im Römischen Rechte taugen sie nur, um solche Gewohnheiten, wie die Ohrfeige und das Herumführen im Kreise bei der Manumission, welche niemals eine eigentlich rechtliche Bedeutung hatten, zu erklären. Die Sache ist vielmehr diese:

Jede Periode erzeugt ihr eigenthümliches Recht; die folgende bringt nach dem ihr eigenthümlichen Charakter der Staats- und Lebensverhältnisse wieder andere Rechtsinstitute hervor und schafft auch früheres Recht ab, so weit damit jene neuen Verhältnisse unverträglich sind; so weit dieses aber nicht der Fall ist, behält sie es als fortwährend wohl begründet bei und seht es nur mit den neu entstandenen Interessen und Rechten in eine neue Beziehung. Die Entwickelung des Römischen Staats bis zur Kaiserzeit vollendet sich nun in drei Perioden der Königszeit, der Zeit bis zur Eroberung Italiens und seitdem bis zur Eroberung der Welt welche sich unter andern auf die Weise charakterisieren, daß in der ersten das Volk noch keimartig im Naturdasein seiner Nationalität, sein Recht noch in den Banden eines patriarchalischen Sacralrechts ruht, in der zweiten jenes Naturdasein sich zur freien Handlung erhebt, die aber selbst noch im Naturdasein befangen bleibt, daher auch das Recht aus dem Patriarchalismus heraustritt und sich von den, den religiösen sich nebenordnenden Volksinteressen bestimmen läßt, aber in diesen selbst der Einzelne nur noch als pars populi berechtigt erscheint. Erst in der dritten Periode, dem Mannesalter, überwindet der nun hervortretende autonome Geist das Naturdasein, die freie Handlung wird zu der sich selbst fassenden Freiheit, das Volk zum eigentlichen Staat und im Recht befreit sich das Sonderinteresse auch von dem ihm bisher noch anklebenden publicistischen Charakter zur vollen eigenthümlichen Selbstständigkeit Privatrecht und Staatsrecht treten völlig auseinander. Der ersten und - völlig entwickelt der zweiten Periode gehört

nun das nexum an. Ihrem Charakter entspricht ein Rechtsgeschäft, wodurch der privatus noch eine publicistische Gerechtsame über den Andern erlangt, wie denn auch der damalige Civilproceß des iurgium und der legis actio, wenn man auf das Verhältniß der Parteien sieht, mehr noch ein eigenes Geltendmachen des Rechts der Partei, die ja noch zugleich der Staat selbst ist, als, wie spåter nach vollendeter Sonderung der Privat- und Staatsinteressen, ein Veranlassen und Erwarten der Geltendmachung durch die den Staat ausschließlich darstellende Obrigkeit für die ausschließlich privatrechtlichen Parteien ist.

Wie verhält sich nun zu dem Charakter dieser Perioden das Geld? Geld überhaupt kommt erst mit dem Staat auf; während iure gentium noch keine Art von Sachen zum Werthmesser der übrigen bestimmt ist, und alle blos individuellen, specifischen Gebrauchswerth mit eingeschlossenem Tauschwerth haben, werden mit dem Ursprunge des Staats gewisse Sachen dazu ausgesondert, um theils zur öffentlichen gleichmäßigen Bestimmung der Größe des Vermögens und des Werths der Sachen überhaupt zu dienen, theils den Verkehr als Tauschmittel zu erleichtern. Der erstere Zweck ist der überwiegend publicistische, der lettere der überwiegend privatrechtliche Zweck des Geldes. In der ersten patriarchalischen Periode nun, wo die privatrechtlichen Kräfte noch fast völlig in dem Ganzen gebunden sind und ruhen, mithin auch der Privatverkehr noch äußerst dürftig ist, überwiegt nicht blos jener publicistische Zweck des Geldes, sondern dieses hat auch selbst noch einen patriarchalischen Charakter, indem die dazu bestimmten Sachen vielmehr noch nach ihrer unmittelbaren substantiellen Wichtigkeit für den Bestand des Staatsvereins überhaupt, als nach ihrer Fähigkeit, einen ausschließlich zu diesem Zweck dienenden Werthmesser und ein geeignetes Tauschmittel für den Verkehr darzubieten, ausgewählt werden. Es waren nåmlich Vieh und

Getreide 18), weil substantiell die Producte der Viehzucht und des Ackerbaues es sind, welche die civitas als solche erhalten, die daher jeder Vermögende hat und die jedem im Ganzen gleich werth find: das Vieh hauptsächlich für den jezt noch vorwaltenden publis cistischen Zweck des Geldes, und folglich auch für das Verhältniß der Götter und des Staats zu den Einzelnen 19); das Getreide vornehmlich für den Verkehr oder für das Verhältniß der Privaten unter einander. Doch ist anderwärts gezeigt worden 20), daß früh zeitig von Quiritischer Seite her, die das Recht des Einzelnen (Quiris) schüßte und hob, und woran nachher die plebejische Staatsverfassung sich anknüpfte, auch schon Erzgeld aufkam, das daher ohne Zweifel mit dem Getreide als dem mehr privatrechtlichen Gelde in einer engern Beziehung stand, auf die auch der vom Getreide hergenommene Ausdruck stips für eine Grundeinheit des Erzgeldes d. h. ein Pfund Erz hindeutet 21). In wie fern nun

18) Die Beweise s. in der Verfassung des Serv. Tull. S. 128 flg. 19) Man sieht dieses daraus, daß die öffentlichen Gaben an die Götter in Vieh (theilweise nur auch in Erzeugnissen des Feldes) bestanden, daß die Multa, womit die Behörden sich Gehorsam erzwangen, in Vieh ausgesprochen (wahrscheinlich auch das Tributum ursprünglich in Vieh entrichtet) wurde und pecunia in der åltesten Zeit überwiegend die Beziehung auf das Jemanden gehörige Vermögen, seinen Reichthum hat. Ebenso bei den Griechen (Verfassung des Serv. Tull. S. 129) und den alten Deutschen (Tacit. Germ. 12. 21. vgt. Lex Saxon. 19. Lex Ripuar. 36, 11. Capit. Sax. a. 797. c. 11.) wo auch der Ausdruck fia z. B. in dem Longobardischen faderfium und dem Friesischen fraëth ganz so, wie pecunia, gebraucht wird.

20) Verfassung des Serv. Tull. S. 125 flg.

21) Ebendaselbst S. 132 flg. Hinsichtlich des Getreides håtte dort noch angeführt werden sollen, in wie fern dasselbe nur mittelbares Geld war. Indem nämlich das Vieh vornehmlich das Geld als publicistischen Werthmesser, das Getreide vornehmlich das Geld als Mittel des privatrechtlichen Verkehrs darstellt, liegt das Wesen des Geldes unmittelbar nur im Vieh, auf welches das Getreide erst zurückgebracht werden muß und zu dem es sich gewissermaßen ähnlich verhält, wie kleines Geld zu großem Geld, currentes Geld zu Rechnungsmünzen, die in der Regel auch eine große Einheit sind.

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