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Die s. g. actiones adjectitiae qualitatis sind hier so aufgefaßt worden, daß der Glaubiger zwei Schuldner hat, zwischen deren Verfolgung ihm die Wahl zusteht, so daß, wenn die prätorische Klage gewählt wird, dabei eine durch Stellvertretung contrahirte Obligation zum Grunde liegt. Diese Auffassung ist, mit Rücksicht auf den praktischen Erfolg, ganz richtig, auch nach den Ansichten und Formen des Justinianischen Rechts unbedenklich; in Beziehung auf die Formen des älteren Rechts aber muß folgende Modification hinzu gedacht werden. Wenn z. B. ein magister contrahirt hatte, so stand eigentlich nur dieser als Schuldner in der Obligation; das dare oportere konnte nur von ihm behauptet werden, und nur er wurde mit diesem Ausdruck in der intentio erwähnt. Auf den exercitor wurde nicht die Obligation, sondern die Klage (das condemnari aportere) übertragen, er mußte sich aus der gegen einen Anderen begründeten Klage verurtheilen lassen, und diese seine Verpflichtung wurde in der condemnatio ausgedrückt.

Die hier zusammen gestellten prätorischen Klagen find` augenscheinlich deswegen eingeführt worden, weil für die Fälle, worin sie gelten sollten, directe Klagen aus dem Civilrecht nicht vorhanden waren. Daher muß es auffallen, daß in mehreren Stellen gesagt wird, neben ihnen sey der

Glaubiger auch noch zu directen Klagen berechtigt (bb). Man hat diesen scheinbaren Widerspruch durch die Annahme zu entfernen gesucht, daß die Civilklagen im Laufe der Zeit über ihr ursprüngliches Gebiet hinaus erweitert worden seyen (cc). Allein unter dieser Voraussetzung wären ja jene prätorischen Klagen in der That entbehrlich geworden, die doch überall als praktisch wichtig, ja unentbehrlich, dargestellt werden. Die wahre Lösung der Schwierigkeit liegt aber darin, daß in jenen Stellen nicht etwa Civilklagen überhaupt als anwendbar angegeben werden, sondern nur eine einzige Civilklage, und zwar eine condictio. Diese aber bezieht sich hier auf Fälle, in welchen der Sohn oder Sklave ein Gelddarlehen mit des Hausvaters Willen, oder zu dessen Vortheil, aufgenommen hat. Durch diese Handlung ist dem Hausvater das Eigenthum des Geldes erworben, und so gegen ihn zugleich die Darlehensklage unmittelbar begründet worden (dd). Indem nun dieses einzelne Rechtsgeschäft eine selbstständige Civilklage gegen den Hausvater begründete, wurden dadurch

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freilich die viel umfassenderen, allgemeineren, prätorischen Klagen nicht entbehrlich (ee).

$. 55.

I. Vertrag. B. Personen. Stellvertretung (Fortseßung).

Der alte Grundsag über die Stellvertretung (§ 54) wurde schon frühe durch eine Anzahl reiner Ausnahmen beschränkt. Einige derselben beruhten auf neu erfundenen prätorischen Klagen, und diese sind bereits dargestellt worden (8 54); andere wurden dadurch bewirkt, daß der Prätor unmittelbar eingriff, und die gewöhnlichen Schuldklagen, abweichend von jenem alten Grundsah, gestattete oder versagte, wenn ein praktisches Bedürfniß dazu dringend aufforderte. Diese zweite Art von Ausnahmen soll nunmehr dargestellt werden.

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darin, daß, wenn es ein Sohn ist, der das Gelddarlehen empfängt, sowohl die condictio gegen den Vater, als die actio de peculio, ausgeschlossen wird durch die exc. Sc. Macedoniani (L. 6 C. ad Sc. Mac. 4. 28, L. 7 §. 10 D. eod. 14. 6), anstatt daß die institoria, so wie die übrigen oben genannten Klagen, durch diese Erception nicht ausgeschlossen werden. L. 7 § 11. 12, L. 12, L. 17 de Sc. Mac. 14. 6.

7. Verträge der Vormünder.

Wenn ein Vormund für das Vermögen des Mündels Forderungen erwirbt oder Schuldverträge schließt, so ist er ein fremder Stellvertreter, also nach dem alten Grundsat zu einer wirksamen Vertretung unfähig. Daher hafteten die Rechte und die Verpflichtungen auf dem Vormund selbst, und daraus konnten Verwickelungen und Gefahren hervorgehen, die gewiß nicht in dem Zweck des Instituts lagen (a).

Eine thatsächliche Aushülfe lag darin, daß der Vormund aus der Kaffe des Mündels die übernommenen Schulden abtragen konnte. Wenn am Ende der Tutel unerledigte Rechtsverhältnisse übrig waren, so mußte durch Abrechnung, Cessionen und Novationen geholfen werden.

Eine vollkommen ausreichende juristische Hülfe konnte dadurch bewirkt werden, daß der Mündel selbst den Vertrag schloß, und der Vormund auctorirte; nun kam das Recht und die Verpflichtung sogleich unmittelbar auf die Person des Mündels. Das war aber unanwendbar während der Kinderjahre des Mündels: eben so, wenn der Mündel und der Vormund nicht an demselben Orte lebten. Ferner konnte dadurch geholfen werden, daß der Vormund nicht selbst eine Stipulation schloß, sondern einem Sklaven des

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semper, und nisi certis ex causis in diesen Stellen erklären fich aus der späteren Umbildung des Grundsaßes selbst (§ 56).

Mündels befahl, sie zu schließen; dadurch wurde der Mündel unmittelbar Glaubiger. Allein ein Sklave war nicht immer zur Hand, und zu gerichtlichen Geschäften war derselbe ganz unfähig.

Wenn nun am Ende der Vormundschaft Forderungen und Schulden, die sich auf den Mündel hätten beziehen sollen, bei dem Vormund zurückgeblieben waren, so half der Prätor, unmittelbar eingreifend, dadurch, daß er die Schuldflagen für und wider den Vormund versagte, und dagegen für und wider den Mündel gab, gerade so, als ob dieser selbst der wahre Glaubiger oder Schuldner gewesen wäre. Es geschah dieses besonders in den Fällen, in welchen der Vormund in das Schuldverhältniß persönlich eingetreten war, nicht aus Unkunde oder Willkür, sondern weil er es aus den oben angegebenen Gründen (z. B. wegen der Kindheit des Mündels) nicht hatte vermeiden können (b).

In ähnlicher Weise wurde bei dem Anfang der Vormundschaft die Caution des Vormundes durch Stipulationen bewirkt, die ein Sklave des Mündels, oder ein öffentlicher Sklave, oder auch wohl eine obrigkeitliche Person selbst abschloß (c).

Bei der Adrogation eines Unmündigen wurde ein öffentlicher Sklave dazu gebraucht, den noch unbekannten künf

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