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wir für dessen Fassung die Deckung im vierten durch den dort erhaltenen G; im zweiten lasen VG auch sichtlich ähnlich, bieten aber eine Variante zu der von ihnen anderwärts gegebenen Uebersetzung und beide Uebersetzungen stimmen hier auch nicht mehr genau zum griechischen Texte.

Das zweite Beispiel ist theilweise auch noch etwas anderer Art:

Ps. LXXXVIII, 20

Ἐθέμην βοήθειαν ἐπὶ δυνατόν, ὕψωσα ἐκλεκτὸν ἐκ τοῦ λαοῦ μου· εὗρον Δαυὶδ τὸν δοῦλόν μου, ἐν ἐλέει ἁγίῳ ἔχρισα autóv. So Tischendorf II, 81, der unten die Variante angibt: ἐν ἐλαίῳ ἁγίῳ μου.

Ps. CXXXI, 19 p. 739, 21

Posui adiutorium super potentem, exaltavi de plebe mea electum. Inveni David servum meum et in oleo sancto linui (?)1) eum G

Posui adiutorium meum super potentem, exaltavi de plebe mea electum. Inveni David servum meum, in oleo sancto linivi eum V

Posui adiutorium meum super potentem et exaltavi electum de plebe mea. Inveni David servum meum, in oleo sancto linivi eum R

Posui adiutorium super potentem, exaltavi electum de plebe mea. Inveni David servum meum, oleo sancto linivi (lini=i P) eum PT

Ps. LXIX, 2 p. 491, 1, wo der erste Absatz wieder citirt ist, fehlt uns G, V und R stimmen mit ihrer obigen Lesart überein, nur hat hier auch V die Wortstellung electum de plebe mea; auch PT bleiben ihrer Fassung treu mit der einzigen Ausnahme, dass sie da mit R et exaltavi bieten.

Ps. CXLIII, 21 p. 852, 38 ist die Stelle zum dritten Mal citirt und da liest R, welcher für diese Partie aus der älteren Ueberlieferung allein erhalten ist:

1) linui ist nur sehr fragliche Entzifferung des Palimpsestes; vgl. übrigens auch die folgende, auf Undeutlichkeit der Vorlage weisende Ueberlieferung in P.

Posui adiutorium super potentem, exaltavi electum de plebe mea. Inveni David servum meum, oleo sancto meo unxi eum.

Hier fällt zunächst auf, dass GV bei Gelegenheit dieses Citates an einer und derselben Stelle (Ps. 131, 19), trotz der sonstigen Verwandtschaft, im adiutorium und adiutorium meum selbst unter sich abweichen; diese Abweichung ist aber wol nur dadurch zu erklären, dass meum im Anschlusse an die Schlussbuchstaben des vorhergehenden adiutorium1) und in gleichzeitiger Erinnerung an andere bekannte Formeln sich entwickeln konnte und es ist gewiss interessant, dass die Fassung des griechischen Textes, die Lesarten in PT, die sonstigen Citate (vgl. z. B. Sabatier II, 177), endlich bezeichnend auch R an der zuletzt angeführten Stelle (Ps. 143, 21) für G sprechen. Dagegen ist die Uebereinstimmung GV in der Wortstellung de plebe mea electum beim ersten Citate gewiss kein Zufall, ebenso vielleicht auch nicht die Variante unxi statt linivi, welche R an der letzten Stelle bietet, da dieselbe auch durch andere alte Uebersetzungen sich belegen lässt (Sabatier 1. c.). In diesen beiden letzteren Fällen ist daher wol wieder anzunehmen, dass Hilarius selbt schon bei verschiedenen Gelegenheiten nicht ganz die gleiche Wortform oder Stellung gebrauchte.

Aehnliches findet sich auch sonst hie und da, namentlich im neuen Testamente. Vgl. z. B. für V die Abweichungen: I Cor. 4, 8

(Ps. LX, 5 p 393, 13 Jam sine nobis regnastis

et utinam regnaretis, ut et nos vobiscum conregna

remus

Mign.)

χωρὶς ἡμῶν ἐβασιλεύσατε καὶ ὄφελόν γε ἐβασιλεύσατε, ἵνα καὶ ἡμεῖς ὑμῖν συμβασι λεύσωμεν.

1) Ueber Dittographien im Archetypus, die sich theilweise selbst in G, bes. aber in V in ihren Nachwirkungen zeigen, vgl. meine Studien zu Hilar. S. 30 [896] ff.

regnastis V regnatis RPT; regnaretis VRPT; conregnaremus VPT conregnemus R

(Ps. II, 42 p. 287, 18 Mign.)

Jam sine nobis regnatis et utinam regnetis ut et nos vobiscum conregnemus. regnatis VR; regnetis VR; vobiscum conregnaremus V vobis conregnemus R Vgl. Sabatier III, 669. Rönsch das neue Testam. Tertullians S. 362.

Ja es geht hier selbst einmal so weit, dass bei zweifelloser Anspielung auf eine und dieselbe Schriftstelle (Matth. III, 17) in zwei verschiedenen Partien des Werkes auch eine formell recht starke Abweichung begegnet. An beiden folgenden Stellen ist von der Taufe des Heilandes im Jordan die Rede:

Ps. II, 29 p. 278, 32: Scriptum est autem cum ascendisset ex aqua: Filius meus es tu, ego hodie genuite. Ps. CXXXVIII, 6 p. 796, 10: Et ecce vox de caelo dicens ad eum: Hic est filius meus dilectus, in quo conplacui.

Man könnte hier, WO die jedesmalige einstimmige Ueberlieferung keinen Zweifel an der Ursprünglichkeit des Hilariustextes aufkommen lässt, an der ersteren Stelle eine freiere Verwertung des bekannten Psalmverses oder ein Gedächtniscitat vermuthen, wenn nicht Hilarius selbst noch zweimal in anderen Werken diese erste Fassung im nämlichen Zusammenhange böte und sogar im Commentar zum Matthäusevangelium (II, 6), wo auch meine Collationen keine Variation ergeben. Dazu kommt noch das Zeugnis von anderen Vätern, worüber die Bened. in der Anmerkung z. St., so dass kaum ein Schwanken darüber bestehen kann, dass Hilarius wirklich zwei lateinische Uebersetzungen der betreffenden Matthäusstelle kannte, eine wörtliche und eine blos sinnentsprechende, und dieselben abwechselnd benutzte. Wir ersehen aus allem zuletzt Berührten ziemlich deutlich,

1) Vgl. z. B. Reinkens Hilarius S. 350. Rönsch Itala und Vul

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dass auch unser Kirchenvater, wie so mancher Andere1), mitunter eine und dieselbe Bibelstelle formell in etwas verschiedener Fassung wiedergab, wie ich dies auch bereits in den Wiener Studien VIII, 332 nebenbei durch ein interessantes Beispiel beleuchtete. Derartiges räth jedesfalls zur Vorsicht gegenüber etwa zu weit gehenden Uniformirungsbestrebungen und Analogieschlüssen an jenen Stellen, wo uns die älteste Ueberlieferung im Stiche lässt. Der unter so doppelt schwierigen Verhältnissen einzig sich empfehlende und wenigstens zu annähernder Sicherheit führende Weg kann somit wol nur der sein: 1. Wo GV zugleich vorhanden sind und übereinstimmen, kann, abgesehen von Abschreiberfehlern, kaum ein Zweifel darüber bestehen, dass Hilarius selbst den Text so citirt habe. 2. Wenn hie und da GV in Kleinigkeiten an einer und derselben Stelle auseinandergehen, wird meist Vergleichung des griechischen Textes mit Heránziehung paläographischer Erwägungen den richtigen Weg zeigen.1) 3. Wo auch nur einer von diesen beiden uns zu Gebote steht, muss im Ganzen Festhalten als Regel gelten und eine kleine Abweichung nach anderen hs. Quellen kann nur dort in Betracht kommen, wo die lateinische Fassung des Bibelcitates zu der folgenden Erklärung des Schriftstellers nicht passt und sichtlich nur auf eine bei solchen Anführungen manchmal frühe in Handschriften nachträglich eingefügte Variante weist; z. B. Ps. CXXXVIII, 27 p. 806, 32, wo in G beim ersten Citate des 14. Psalmverses die streng an die LXX (őtt φοβερῶς ἐθαυμαστώνης) sich anschliesende und auch sonst belegbare 2) lateinische Version quia terribiliter magnificatus es sich findet, welche aber hier zur folgenden gata S. 3. Ziegler Lateinische Bibelübersetzungen vor Hieronymus S. 37.

1) So ist z. B. Ps. CXXI, 7 p. 666, 13 et abundantia in turribus gravibus tuis (ἐν ταῖς πυργοβάρεσί σου LXX) durch GRPT gestützt; dass in V hier gravibus fehlt, erklärt sich einfach durch den in ihm auch sonst so häufigen Wortausfall bei unmittelbarer Aufeinanderfolge gleicher Endungen.

2) Vgl. Sabatier II, 270 Anm.

Auseinandersetzung mit dem zweiten Citate: quia terribiliter magnificatus sum nicht stimmt, durch R corrigirt wird und augenscheinlich Eindringen einer Variante in die vielleicht, wie öfter, in einem Exemplare frühe leer gebliebene erste Stelle verräth. 1) 4. Wo die älteste Ueberlieferung uns ganz im Stiche lässt, muss uns die Uebereinstimmung der Codices des 9. und 10. Jahrh. jedesfalls als Ersatz gelten, an dem wir nicht ändern dürfen; tritt aber auch hier und das betrifft den im Eingange erwähnten schwierigsten Punkt Dissonanz auf, so bleibt bei diesen theilweise noch die alte Formulirung der Bibelcitate erhaltenden, theilweise aber mehr oder weniger auch Einfluss der Vulgata zeigenden Handschriften kaum etwas Anderes übrig, als stetige gewissenhafte Vergleichung jeder Variante nicht nur mit den etwaigen, besser beglaubigten Wiederholungen bei Hilarius selbst, sondern auch mit allen anderen Mittheilungen über ältere lateinische Bibelübersetzungen, wie sie nach den Anfängen von Sabatier nun in neuerer Zeit auf handschriftlicher Grundlage von Rönsch, Ranke, Ziegler u. A. und in den neuen Kirchenväterausgaben mehr und mehr in so schöner Weise gepflegt wurden. Nach einer solchen prüfenden Vergleichung, die allerdings mühevoll und zeitraubend ist, zeigt sich bald, welche von den Handschriften in solchen zweifelhaften Fällen das den älteren Uebersetzungen und der Methode des Hilarius Entsprechendere bewahrt und welche nachträglich nach der Vulgata Correcturen erfahren hat. 2) Ein paar Beispiele sollen die Sache auch da noch klarer machen. Ps. CXLIII, 17 p. 851, 6 las man bisher überall mit den jüngsten Handschriften den 9. Vers dieses Psalmes gleichlautend mit der Vulgata so: Deus canticum novum cantabo tibi; GV

1) Vgl. über Aehnliches meine Studien zu Hilar. S. 12.

2) Manchmal sind diese nachträglichen Correcturen nach der Vulgata in R auch noch äusserlich erkennbar; Ps. CXLIII, 12 p. 853, 24 z. B. hatte R ursprünglich auch in Uebereinstimmung mit G und anderen alten Citaten (Sabatier II, 278) a iuventute sua, aber schon die erste Hand machte daraus dann in iuventute sua.

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