Page images
PDF
EPUB

daher das ende des erdkreises ganz in der nähe sein. Bei den Lästrygonen, Odyss. 10, 82, sind die quellen des tags und der nacht nahe bei einander: die aus dem Norden kommende kunde von den kurzen nächten ist hier unbestimmt nach westen verlegt.

"

sonum insuper emergentis audiri formasque equorum et radios capitis aspici persuasio adicit zu dieser erzählung hat ohne zweifel das knistern und die strahlen des nordlichts veranlassung gegeben. Das wort emergentis", welches die meisten und besten handschriften haben, ist nicht zu streichen, schon weil sich nicht einsehen läßt, wie jemand darauf hätte kommen können es hinzuzusetzen. Allein. es ist auch ganz unentbehrlich, wie das folgende zeigt. Statt deorum" lesen wir mit einer handschrift equorum, indem ersteres nur durch, misverständnis einer abkürzung entstanden zu sein scheint. (Vgl. Maßmann, Germania, s. 129.) Unter dem haupt, dessen strahlen die einbil dung zu sehen glaubt, ist offenbar das haupt des sonnengotts gemeint, der hinter dem erdkreis vorbeifahrend zuweilen am horizont so weit emportaucht, daß strahlen von ihm gesehen werden. Da nun weder die ganze gestalt desselben, ja nicht einmal sein haupt (da es ja sonst sonnenschein sein müste), sondern nur strahlen des letzteren gesehen werden, so erscheint es wenig glaublich, daß gestalten von göttern" sichtbar gewesen wären. Auch war der sonnengott doch auch ein gott; und die angabe lautete gar allgemein, da man eine nähere bezeichnung derselben erwarten dürfte. Und was hätten außer der sonne noch andere götter gerade dort und gerade beim sonnenvorübergang zu schaffen? formas equorum werden gesehen, entweder die ganzen pferde, oder nur theile derselben, ihre über dem Oceanus auftauchenden köpfe.

et fama auch in der sage; es bildet einen gegensatz zu dem vorausgegangenen hinc fides"; daß dort der erd

kreis endige, läßt sich nach Tacitus meinung aus dem viel länger fortdauernden sonnenlicht schließen; auch die sage, fügt er nun hinzu, lasse den erdkreis nicht weiter reichen.

vera tantum natura: Fehlerhaft wird vera gewöhnlich zu fama gezogen, und übersetzt: „und die sage ist wahr“; allein alsdann müste es vor fama stehen, da Tacitus das betonte wort vorauszustellen pflegt, und tantum könnte ebenfalls nicht an dieser stelle stehen; der satz müste vielmehr heißen: illuc usque tantum, et vera est fama, natura. Allein wie könnte Tacitus überhaupt eine sage über so ganz unzugängliche polargegenden bestimmt für wahr erklären, und zwar nachdem er eben erst aus den langen tagen des nordens die fragliche thatsache vorsichtig geschlossen hat? Die richtige erklärung hat schon Walther, 4, 99 gegeben.

ergo iam dextro : Das linke ufer des Suevischen meeres wird durch Jütland und die süd- und ostküste Schwedens gebildet. Da nun Schweden und Norwegen nach Tacitus meinung eine insel ist, so hat das mare Suebicum keine nordküste, sondern nur eine östliche oder rechte.

quaeve ratio gignat das doch auffallende erzeugnis der natur an sich erregt nicht ihre aufmerksamkeit, sie fragen weder, wie es sich bilde, was es sei, noch auch wozu es sich verwenden lasse, warum es also die Römer um geld von ihnen erhandeln.

terrena quaedam atque etiam volucria animalia : kriechende thiere und solche die in der luft leben; was da kreucht und fleugt. Man hat neuerlich auch kleine fische darin gefunden.

vicini solis: weil die sonne nahe am norden vorbeiführt. Andere erklären: „der sommerlichen sonne"; denn nach der lehre des Anaximander und Anaximenes habe

"

man im sommer die sonne der erde näher geglaubt. Allein der ausdruck vicinus" paẞt darauf weniger gut, und es fragt sich ob die lehre dieser philosophen so allgemein im alterthum bekannt und angenommen war.

Cap. 46.

:

sordes omnium ac torpor : Die omnes sind die Peucinen insgemein. Die interpunction sordes omnium ac torpor procerum; connubiis etc. hat folgendes gegen sich da omnes alle mit einschluß der proceres sind, so würden die proceres nicht blos ebenfalls für schmutzig, sondern außerdem noch für träg erklärt, also tiefer gestellt sein als das ganze volk. Procerum connubiis gehört aber auch offenbar zusammen; denn es liegt in der natur der sache, daß es die vornehmen sind, die mischehen mit ausländern eingehen, nicht der gemeine mann; und diese mischehen haben dann zur folge, daß Sarmatische züge sich in einzelnen familien (nonnihil) einbürgern.

multum ex moribus, nämlich der Sarmaten, das unstäte herumschweifen und rauben haben die Veneten angenommen, so wie die Peucinen theilweise den habitus der Sarmaten.

peditum usu ac pernicitate gaudent sie haben freude daran oder darüber, nicht sie erfreuen sich derselben, besitzen sie.

victui herba: „gras zur nahrung" übersetzt Gerlach. Dieß weiß man bis jetzt nur von Nebukadnezar.

:

securi adversus deos sie fürchten nichts von menschen noch göttern, da sie nichts verlieren können, und sie verlangen auch nichts von ihnen. Daß sie gar nicht an die existenz von göttern geglaubt hätten, liegt nicht in den

worten.

ut illis ne voto quidem opus esset: wenn ihnen ein wunsch freigestellt würde, so würden sie keinen gebrauch davon machen können.

ora hominum etc. diese fabel ist wohl durch die pelztracht der Lappländer und Samojeden veranlaßt.

Nachträge.

Zu s. 106.:

Ueber die fortdauernde geltung des gemeinbesitzes in Asien finden sich folgende nähere hinweisungen bei J. M. Kemble, the Saxons in England. London 1849. Vol. 1. p. 39: „yet the Arab of Oran claims only the produce of the seed he has sown. (Times newspaper. Aug. 24th., 1844); the proprietor in the Jaghire district of Madras changes his lands from year to year. (Fifth Rep., Committee, 1810, p. 723, cited in Mill's Brit. India, I. 315); the tribes of the Afghans submit to a new distribution even after a ten years' possession has endeared the field to the cultivator. (Elphinstone's Caubul, II. 17, 18, 19.)

Zu s. 113:

Grimm, wörterb. 3, 1144 verwirft die ableitung des wortes esel" vom Lateinischen asinus. So wird denn auch wohl linse" nicht entlehnt sein.

[ocr errors]

Citirte schriften

(insoweit sie nicht bereits gau- und markverfassung s. 335 angegeben sind).

Blumer, J. J., staats- und rechtsgeschichte der Schweizerischen democratien, oder der kantone Uri, Schwyz, Unterwalden, Glarus, Zug und Appenzell. 2 theile in 3 bänden. St. Gallen 1850-1859.

Gerlach und Wackernagel, Germania, 1835.
Holtzmann, Kelten und Germanen. 1855.

Horkel, J., die geschichtschreiber der Deutschen urzeit
I. Berlin 1849.

Maurer, K., über das wesen des ältesten adels der Deutschen stämme. München 1846.

Osenbrüggen, E., das Alamannische strafrecht im Deutschen mittelalter. 1860.

Roth, P., geschichte des beneficialwesens. 1850.

Rühs, ausführliche erläuterung der zehn ersten capitel der Germania.

« PreviousContinue »