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Das weitere ist schon mährchenhaft: die Hellusier und Oxionen hätten gesichter und mienen der menschen, leiber und glieder von wilden thieren; was ich, als nicht ausgemacht, dahin stellen will,

Erklärungen zur Germania.

Cap. 1.

Latos sinus sc. terrae Jütland, das in c. 37 ausdrücklich sinus Germaniae genannt wird. Vgl. c. 29; sinus imperii; c. 36 Chaucorum gens. . . . . in Chattos usque sinuetur. Andere wollen unter den lati sinus meeresbuchten verstehen.

Insularum immensa spatia: Hierher gehören nicht blos Schonen, Fünen und Seeland, sondern besonders Scandinavien, welches Tacitus, wie überhaupt die alten (Plinius 4, 27), für eine ungeheure insel hielten.

molli et clementer edito: montis Abnobae jugo bildet einen gegensatz gegen das vorausgehende Raeticarum Alpium inaccesso ac praecipiti vertice, Im vergleich mit den felsigen und schneebedeckten Alpen ist der Schwarzwald wirthlich und zugänglich.

Cap. 2.

adventibus entweder colonien oder feindliche einfälle von eroberern.

hospitiis, Hospitium ist nur ein vorübergehendes verweilen, zum zweck des handels und dergleichen. In Italien umgekehrt hielten sich zu Tacitus zeit unzählige Griechen, Gallen, Juden auf, und erzeugten in vielen städten ein mischvolk.

ultra, drüben, nämlich jenseits des Europäischen festlands.

utque sic dixerim adversus : er ist feindlich, bildet einen adversarius. Wegen dieser personificirung setzt Tacitus ein so zu sagen" hinzu. Aehnlich in cap. 34: sed obstitit Oceanus in se simul atque in Herculem inquiri.

informem terris. vgl. c. 16: materia

utuntur

informi; c. 45: sucinum. . . informe perfertur. Die landschaften sind nicht durch werke der menschen als stattliche bauten, straßen, anpflanzungen, bewässerungen verschönert, sondern sind natürlich - wild, unordentlich und öde.

conditoresque gründer ihrer einrichtungen, sitten.

nationis nomen non gentis: Vor allem ist hier bezüglich des Deutschen sprachgebrauchs darauf hinzuweisen, daß wir in der übersetzung gens mit volk, natio mit stamm, populus mit völkerschaft wiedergegeben haben. So schwankend auch der gebrauch dieser worte sonst sein mag, bei gegensätzen ist uns stamm unzweifelhaft ein geringeres als volk; wir reden heutzutage vom Deutschen, Israelitischen, Griechischen volk, und von den einzelnen Deutschen, Israelitischen, Griechischen stämmen.

Während man seither allgemein darin einverstanden war, daß natio an unserer stelle den einzelnen stamm im gegensatz zum ganzen volk bezeichne, so hat vor wenigen jahren Holtzmann gerade das umgekehrte behauptet und mit etlichen ähnlichen stellen zu belegen gesucht. Seine beweise haben einigen schein für sich, und erheischen daher eine kurze prüfung und widerlegung. Fürerst zwar muß zugegeben werden, daß gens bei Tacitus sehr häufig den einzelnen stamm bezeichnet; z. b. Germ. c. 28 Helvetii, Boii, Gallica utraque gens; c. 29: Mattiacorum gens; c. 35: Chaucorum gens; c. 36: Fosi contermina

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gens. Das ist aber nicht minder mit natio der fall; c. 28: ab Osis, Germanorum natione; c. 33: vicinarum consensu nationum; c. 34: utraeque nationes (Frisiorum); vgl. Annal. 11, 19: natio Frisiorum. Germ. c. 38 : Suebi propriis adhuc nationibus nominibusque discreti, während er gleich darauf für die gesammtheit der Sueven das wort gens verwendet : insigne gentis" etc. Germ. c. 40: Langobardi, . . . plurimis nationibus cincti; c. 46: Peucinorum Ventorumque et Fennorum nationes Germanis an Sarmatis ascribam, dubito. In c. 27 stehen beide worte als völlig gleichbedeutend nebeneinander: Haec in commune de omnium Germanorum origine ac moribus accepimus; nunc singularum gentium instituta ritusque, quatenus differant, quae nationes e Germania in Gallias commigraverint, expediam. Aus diesen sämmtlichen stellen folgt für unsere frage noch nichts. Holtzmann beruft sich aber auf Caesar, 6, 16: natio est omnis Gallorum admodum dedita religionibus; und 6, 11 de Galliae Germaniaeque moribus, et quo differant hae nationes inter sese, proponere. 1 Tacitus, annal. 2, 64: omnem nationem (Thraecum). Die gesammten Gallen, Germanen, Thraker werden hier allerdings als „natio" bezeichnet; aber es ist nicht ohne erheblichkeit, daß in zweien von den drei stellen das wort omnis" hinzugesetzt ist, um einem zweifel zu begegnen, daß wirklich das ganze volk gemeint sei. Ein beweis ist aber damit noch keineswegs erbracht. Auch gens kommt in gleich weiter bedeutung vor, wie gleich gezeigt werden soll. Entscheidend können also nur solche stellen sein, worin beide ausdrücke nebeneinander vorkommen, und hier fällt das ergebnis völlig zu

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1) Caesar braucht anderwärts natio ebenfalls für den einzelnen stamm; z. b. 6, 10: Suevos . . . iis natiònibus, quae sub eorum sint imperio. 3, 27 nennt er einzelne Gallische nationes.

ungunsten Holtzmanns aus. Vellejus Paterculus 2, 98 sagt von den Thrakern: omnibus ejus gentis nationibus in arma accensis; und bei Tacitus, annal. 2, 44 werden dem ganzen Deutschen volk (gentis adsuetudine) die Sueven und Cherusken als nationes gegenübergestellt. Im allgemeinen theil der Germania, welcher bis c. 28 reicht, bedeutet gens ebenfalls vorzugsweise das ganze Deutsche volk; c. 4: ipse eorum opinionibus accedo, qui Germaniae populos nullis aliis aliarum nationum connubiis infectos propriam et sinceram et tantum sui similem gentem extitisse arbitrantur; c. 21: convictibus et hospitiis non alia gens effusius indulget; c. 22: gens non astuta nec callida. Von besonderer wichtigkeit ist es noch, daß in capitel 2 gens noch außerdem zweimal gebraucht wird, und zwar in ganz gleichem sinn. Wenn es da heißt, die Germanen feierten den Tuisto und seinen sohn Mannus als ursprung des volks (gentis) und seine stifter, so ist darunter ohne allen zweifel das gesammte Deutsche volk zu verstehen. Weiter in den worten pluresque gentis appellationes" kann gens wiederum nur das ganze Deutsche volk bedeuten, das in seinen unterabtheilungen, je nach der abstammung von einem sohn des Mannus, verschieden genannt ist. Da spricht denn doch die höchste wahrscheinlichkeit dafür, daß der sprachgebrauch am schluß des capitels nicht in das gerade gegentheil umgeschlagen sei. Und gibt er denn nicht einen ganz guten sinn? Anfangs, heißt es, führten die Tungern allein den namen Germanen, er war also kein name des ganzen volks (non gentis), sondern nur eines stamms (nationis), gelangte aber allmählig zu größerer geltung, u.s. w. Tacitus setzt das „non gentis“ hinzu, offenbar um anzuzeigen, daß er unter natio hier die Tungern verstanden haben will, nicht das ganze volk. 1

1) Die conjectur von Acidalius : ita nationis nomen in nomen gentis evaluisse, ist ganz überflüssig.

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