Page images
PDF
EPUB

sofort oder erst später erfüllt wird). Die Entstehung einer Verpflichtung zur Erfüllung ist also zufällig, daher ist auch das Ergebniss dieser Verpflichtungen kein wesentlich anderes, als das Ergebniss des unmittelbaren Austausches.

Der Kauf ist vom Abschlusse bis zum Vollzuge eine Einheit, zweiseitig in der Entstehung, zweiseitig im Vollzuge; denn Entstehung und Vollzug fallen nur zufällig auseinander. An diesen Resultaten, zu welchen die geschichtlichen Untersuchungen des ersten Theiles geführt haben, halte ich auch jetzt noch durchaus fest; im Vorstehenden ist im Anschluss an die Bemühungen Anderer der Versuch, der der Aufgabe des ersten Bandes ferne gelegen ist, gemacht worden, diese Ergebnisse auch auf eine dogmatisch sichere Basis zu gründen2).

§. 131.

Sind die bisherigen Ausführungen richtig, so ergibt sich noch eine weitere Combination, die gewissermassen zwischen den beiden Endpunkten die Mitte hält. Der eine Theil leistet sofort, die Leistung des andern Theils soll nachfolgen. Alsdann ist der Kauf eine Zusammensetzung von realer Leistung und von Verpflichtung; ein Fall, der sich auch schon dann ergibt, wenn die eine Leistung, obschon scheinbar vollzogen, in Wirklichkeit erfolglos ist. Von einem Creditiren mit seinen specifischen Wirkungen ist dabei keine Rede.

In dieser Gestalt liesse sich der Kauf auch als Realcontrakt (im technischen Sinne) nach dem Schema do ut des auffassen. Allein diese Behandlung ist nicht nöthig; der formlose Vertrag hat auch Raum für diese Combination, und die besonderen Wirkungen des Realcontrakts treten nicht ein. Dies wird schon für das klassische Recht ausdrücklich bestätigt von Paulus in L. 5 §. 1 D. de praescr. verb. (19, 5).

Et si quidem pecuniam dem ut rem accipiam, emtio et venditio est.

Paulus denkt sich hier offenbar die Geldleistung thatsächlich als Vorleistung, nicht als Schulderfüllung; gleichwohl nimmt er ohne Weiteres Kauf an 3).

1) Weshalb denn auch die Mancipation Erfüllungsakt sein konnte (Bd. I S. 546).

2) Vgl. Bd. I S. 561, 585 u. sonst. In allen wesentlichen Punkten kann ich mich jetzt wohl der Uebereinstimmung mit Brinz a. a. O. erfreuen. 3) Von L. 16 D. de condict. indeb. (12, 4) war schon oben die

Daraus folgt dann weiter, dass auch die Erfüllung des obligatorischen Kaufes nicht nothwendig Zug um Zug, im Sinne der zeitlichen Gleichzeitigkeit, erfolgen muss1). Nothwendig ist nur, dass die wirkliche Leistung durch Gegenanspruch "gedeckt" ist. Ob diese Deckung lediglich eine Fortwirkung der noch nicht erfüllten Verbindlichkeit ist oder ob es dazu eines besonderen Aktes des Creditirens bedarf; das ist eine andere Frage, welche zu verschiedenen Zeiten verschieden beantwortet worden ist.

§. 132.

Die in dem vorigen Paragraphen entwickelte Grundlage der Sanktion kann von den Parteien modificirt werden. Auch diese Modification findet innerhalb des formlosen Geschäftes ohne Weiteres Raum; dasselbe wird dadurch nicht zu einem Geschäfte anderer Art.

Die Modification, die wir hier im Auge haben, besteht darin, dass für den einzelnen Fall die eine Alternative ausgeschlossen wird (S. 82). Es können nämlich

1) die Parteien die Absicht auf den unmittelbaren Vollzug beschränken und die Entstehung obligatorischer Wirkungen ausschliessen. Dies geschieht der Sache, wenn auch nicht nothwendig dem Ausdrucke nach, durch Hinzufügung einer auf die Sache oder auf das Zahlungsmittel bezüglichen conditio in praesens collata. Dieses im alltäglichen Verkehr häufig vorkommende Verhältniss bedarf hier keiner weiteren Erörterung 2).

2) Es kann aber umgekehrt auch die Absicht des präsenten Vollzugs ausgeschlossen sein theils dadurch, dass die Parteien die Unmöglichkeit desselben schon vorher kennen, theils dadurch, dass ein Aufschub der beiderseitigen Erfüllung oder auch nur der einen Leistung (ohne Creditirung) ausgemacht wird (S. 94).

Rede (S. 71). Bd. I S. 18 A. 1 ist das Verhältniss beider Stellen nicht richtig erklärt.

1) Wie dies namentlich bei Distancegeschäften vorkommt. Ich schicke das Geld erst ab, nachdem ich die Waare erhalten habe; gleichwohl liegt kein Creditiren vor.

2) Zu beachten ist nur, dass auch hier für die Zwischenzeit bis zur Ermittelung der Existenz der Bedingung eine obligatorische Gebundenheit eintreten kann.

Wir haben nun keinen Anhaltspunkt dafür, dass ein solcher zweiseitig oder einseitig befristeter Kauf einer besondern rechtlichen Ordnung unterliegt. Mit andern Worten: die Rechtsordnung betrachtet auch hier den Aufschub, obschon er von Anfang an gewollt ist, als zufällig. Daher tritt namentlich die ganz gleiche Behandlung des Perikulum einsoferne hier nicht noch eine besondere abweichende Bestimmung getroffen ist 1). Auch ist der Grund dieser Behandlung nicht schwer zu erkennen. Indem die Parteien trotz des beabsichtigten Aufschubs das Geschäft jetzt schon abschliessen, statt mit dem Abschlusse bis zum Eintreten des Zeitpunkts zu warten, geben sie durch die That zu erkennen, dass sie der Vortheile und entsprechend auch der Nachtheile des sofortigen Abschlusses gleichwohl theilhaftig werden wollen, und stellen insofern selbst den Aufschub, obgleich von ihnen gewollt, doch als zufällig und gleichgiltig dar.

§. 133.

[ocr errors]

Wesentlich anders sind die Fälle beschaffen, wo der Kauf im Augenblick der Verabredung noch gar nicht vollziehbar ist. Einen solchen an einem objectiven Mangel der Vollziehbarkeit leidenden Kauf nennen die Quellen eine emtio imperfecta. Indem dieser Ausdruck auch für den — subjectiv — noch nicht abgeschlossenen Vertrag gebraucht wird 2), so tritt auch in diesem Sprachgebrauch der Gedanke hervor, dass eigentlich und ursprünglich Abschluss und Vollziehbarkeit zusammenfällt, der Aufschub der Vollziehung also nur zufällig ist 3). Damit stimmt auch aufs Beste, dass diese Fälle, wo von emtio imperfecta in einem specifischen Sinne die Rede ist, nachweislich erst einer späteren Entwickelung angehören 4).

1) Vgl. L. 10 pr. D. de peric. (18, 6.)

2) Vgl. z. B. L. 2 §. 1 D. h. t.; pr. I. h. t. (3, 23) und sonst. 3) Dieser Zusammenhang tritt namentlich in L. 8 pr. D. de peric. (18, 6) hervor.

4) Bd. I S. 690. Der Ausdruck perfectum zur Bezeichnung eines besondern Stadiums des Geschäfts kommt sonst nur noch bei der Schenkung vor; hier ist aber nicht das vollziehbare, sondern das vollzogene und dadurch den Einwirkungen der lex Cincia entrückte Geschäft gemeint. Nicht zutreffend Goldschmidt in s. Zeitschrift Bd. 1 S. 80. Mit der unglücklichen Veräusserungstheorie hängt der Irr

Ist nun hier ein noch nicht vollziehbarer und gleichwohl bereits irgendwie sanktionirter Kauf vorhanden, so kann derselbe in diesem Stadium ausschliesslich nur einen obligatorischen Inhalt haben, Verpflichtung zu künftigem Vollzuge und Verpflichtung den künftigen Vollzug inzwischen nicht unmöglich zu machen (bedingter Kauf) 1), beziehungsweise zur Beseitigung des der Vollziehbarkeit entgegenstehenden Mangels mitzuwirken (Genuskauf, Kauf mit Bestimmung des Kaufpreises nach Mass, Zahl, Gewicht). Mit dem Augenblicke aber, wo dieses Hinderniss beseitigt ist, tritt ohne Weiteres der normale Zustand ein; von jetzt an ist der Aufschub der Erfüllung gerade so zufällig, wie wenn nunmehr das Geschäft geschlossen worden wäre. Es liegt also auch hier in der Zwischenzeit nicht ein bloser Vorvertrag vor, der nur die Verpflichtung zum Abschlusse des Hauptvertrages erzeugen könnte. Es liegt von Anfang an der Hauptvertrag vor, der aber in Folge seiner besonderen Beschaffenheit zwei Stadien durchläuft, das noch nicht voll normale Stadium der rein obligatorischen Existenz, aus dem er bei eintretender Voraussetzung von selbst übergeht in das normale Stadium, innerhalb dessen die obligatorische Wirkung nur als znfällig erscheint. Damit scheint erst die feste Basis für die Behandlung des Perikulum in diesen Fällen gewonnen zu sein 2).

Es entsteht nun die Frage, ob die eben erwähnten Fälle die einzigen sind, in welchen der Kauf zunächst ein obligatorisches Stadium durchläuft. Sofort treten uns nämlich die Fälle entgegen, in welchen der Verkäufer vorerst die Verpflichtung übernimmt, das Kaufobject selbst erst entweder zum Dasein zu bringen oder doch wenigstens sich anzuschaffen, um es demnächst dem Verkäufer leisten zu können. Die Frage ist nun die, ob auch diese Geschäfte sich noch im Rahmen des Kaufes bewegen oder als Geschäfte besonderer Art aufzufassen sind? Der Unterschied von den Fällen der emtio imperfecta ist einleuchtend. Hier ist von Anfang an das Kaufobject vorthum zusammen, emtio perfecta bezeichne den ideell vollzogenen Kauf. Dagegen Regelsberger, Krit. Vierteljahrsschrift Bd. 13 S. 99. 1) L. 8 pr. D. h. t.

2) Ich brauche kaum zu sagen, dass ich mich für den Genuskauf zur 8.g. Ausscheidungstheorie bekenne; die weitere Ausführung gehört nicht hierber.

Bechmann, Kauf. II.

7

handen 1), oder die künftige Existenz desselben (beim Kaufe einer res futura) ist wenigstens unabhängig von positiver Thätigkeit des Verkäufers 2). In den hier fraglichen Fällen dagegen bildet die positive Verpflichtung des Verkäufers, das Kaufobject zu schaffen oder anzuschaffen, gewissermassen den ersten Akt des Verhältnisses, erst die Erfüllung dieser Verpflichtung bewirkt dann die Möglichkeit des normalen. Vollzuges.

Diese Frage bedarf daher einer besonderen Untersuchung, die erst später stattfinden kann. Hier soll nur einstweilen Folgendes hervorgehoben werden:

1) Die emtio spei enthält regelmässig die Verpflichtung des Verkäufers, positiv thätig zu werden, um die Hoffnung zu erfüllen 3); gerade diese Thätigkeit erscheint schliesslich, auch wenn sie resultatlos verläuft, als Aequivalent der Gegenleistung.

2) Ebenso kann bekanntlich ein Kauf in der Weise geschlossen werden, dass sich der Verkäufer verpflichtet aus seinem Material das Object erst herzustellen *).

3) Dagegen muss betont werden, dass der wissentliche Verkauf einer fremden Sache nicht aufgefasst wird als Verpflichtung, dieselbe anzuschaffen und dann dem Verkäufer zu leisten. In dieser Beziehung besteht vielmehr gerade ein sehr entschiedener Gegensatz zum (wissentlichen) Legate der fremden Sache. Der Verkäufer der fremden Sache leistet diese lediglich so, wie er sie hat; wo er sie herbekommt, ist seine Sache; kann er thatsächlich nicht leisten, so tritt Entschädigung ein; in Beziehung auf den Rechtserfolg aber kommt lediglich die Garantie in Betracht. Auch wo der Verkäufer direkt die Leistung des Eigenthums zusagt, ist seine Verbindlichkeit nicht aufgefasst als dahin gehend, selbst zuvor dieses Eigenthum zu erwerben.

1) Auch beim einfachen Genuskauf, d. h. beim Kaufe aus einem determinirten Genus.

2) L. 12 D. de A. E. V. (19, 1). Die L. 8 pr. D. h. t. bezieht sich auf doloses Verhindern, nicht auf unterlassenes Verursachen des Entstehens.

3) L. 41 pr. D. h. t. Es möge schon hier darauf hingewiesen werden, dass die emtio spei sich ursprünglich nur auf Fälle bezieht, wo der Verkäufer selbst erst die Sache zu gewinnen hat.

4) §. 3 I. de locatione (3, 24). Vgl. vorläufig Brinz a. a. 0. S. 695 A. 18 a. E.

« PreviousContinue »