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normaler Weise eintritt, wird hier durch Verabredung zu einer wesentlichen gemacht. Wie sollte dies gegen das Wesen oder die Natur des Kaufes" irgendwie verstossen?

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Die Nichterfüllung des Versprechens erzeugt dann die entsprechende rechtliche Wirkung, wie sie von Rechtswegen eintritt, wenn der Verkäufer nicht im Stande ist dem Käufer den Besitz, beziehungsweise gehörig beschaffenen Besitz zu verschaffen.

§. 125.

Gewissermassen das Gegentheil des Satzes, dass auch die fremde Sache verkauft werden kann, ist der Satz, dass Niemand seine eigene Sache kaufen kann 1). Diese Entscheidung ist völlig selbstverständlich, sofern auf den objectiven Rechtserfolg der Schwerpunkt gelegt wird: denn dieser kann nicht eintreten. Wohl aber kann auch dem Eigenthümer die Sache, die ihm schon gehört, von einem dritten Besitzer gegen Geld überlassen werden; ein solcher Handel ist selbst mit dem Diebe möglich. Allein es ist offenbar nicht schlechthin anzunehmen, dass der Eigenthümer für den Besitz, den er sich kraft seines Rechtes ohne Weiteres selbst verschaffen kann, Geldopfer bringen will. Insoferne handelt es sich also lediglich um eine Frage der Interpretation 2). Die entgegengesetzte Möglichkeit, dass der Eigenthümer, um sich die Mühe

tisch sehr harmlose, theoretisch falsche Ansicht kann wohl als die zur Zeit herrschende betrachtet werden.

1) L. 16 pr., 39 pr. D. h. t.; L. 4, 10 C. eod. (4, 38); L. 22 §. 3 D. mand. (17, 1); L. 40 pr. D. de pignerat. act. (13, 7); L. 21 D. de usurp. (41, 3); L. 45 pr. D. de R. J. (50, 17.) Von der Anwendung auf gemeinschaftliche Sachen (L. 18 pr. D. h. t.) ist später noch besonders zu sprechen.

2) Mit der blosen Bemerkung: „in diesem Falle liegt für den Verkäufer Unmöglichkeit der Leistung vor" (Windscheid §. 385 A. 6) ist also die Sache nicht erledigt. Zwei besondere Fälle nämlich a) Kauf der eigenen Sache unter einer condicio in futurum collata (L. 61 D. h. t.)

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b) Kauf der Sache bezüglich deren dem Käufer eine Forderung ex lucrativa causa zusteht (L.29 D. de A. E. V. [19, 1]), gehören nicht in diesen Zusammenhang.

und die Kosten eines Rechtsstreits zu ersparen, wissentlich und absichtlich für den blosen Besitz Geld bezahlt, ist nicht ausgeschlossen. Damit gelangt das römische Recht zu dem besonderen Begriff der emtio possessionis.

Paulus L. 34 §. 4 D. b. t.

Rei suae emtio tunc valet, cum ab initio agatur ut possessionem emat, quam forte venditor habuit ut in iudicio possessionis potior esset 1).

Hienach kann also

1) diese emtio possessionis nur vorkommen auf Seiten des Eigenthümers (oder bonae fidei possessor) und zwar

2) desjenigen, der die Sache als seine Sache kennt (ab initio id agatur). Keineswegs wird etwa auch der unwissentliche Kauf der eigenen Sache als emtio possessionis aufgefasst und aufrecht erhalten. Sie kann

3) nur vorkommen demjenigen gegenüber, der in der Lage ist, dem Eigenthümer den Besitz zu verschaffen, welchen überhaupt der Verkäufer dem Käufer zu verschaffen hat, Interdiktenbesitz 2). Daraus ergibt sich, dass die blose Detention

1) Vgl. L. 28 D. de a. vel a. poss. (41, 2.)

2) In dieser Beziehung ist, was nicht immer beachtet zu werden scheint, durch die Beseitigung des interdictum utrubi eine nicht unerhebliche Vereinfachung eingetreten. Sofortige Ueberlegenheit im Interdikte konnte nur mittels accessio possessionis hergestellt werden, welche voraussetzte, dass auch der Verkäufer im Augenblick der Uebergabe superior interdicto war. Daher konnte namentlich der unterschlagende Detentor solche Wirkung nicht hervorbringen. Wird aber der gegenwärtige Besitz geschützt, so kommt auf die eigene possessorische Beziehung des Verkäufers nichts an. Doch bleibt immer die Voraussetzung, dass der Verkäufer durch den Kauf den geschützten Besitz erlangt; und daraus folgt, dass der Bestohlene dem Dieb auch nicht einmal den Besitz mit rechtlicher Wirkung abkaufen kann; da der Dieb ihm gegenüber possessorisch nicht geschützt ist, so würde er ihm einen Vortheil verkaufen, den der Käufer ihm gegenüber schon hatte. Die Schlussworte der L. 34 § 4 D. h. t., welche sich ursprünglich ohne Zweifel auf das interdictum utrubi bezogen, haben insofern auch noch für das justinianische Recht einen Sinn. Was die Lesart et oder ut anlangt, so scheint mir sachlich kein Unterschied zu sein. Wie sich auch aus den Basiliken ergibt, ist auch bei der Lesart et der Käufer gemeint; der Satz hängt dann von dem vorhergehenden ut ab.

kein Gegenstand des Kaufes ist; nur der juristische Besitz ist überhaupt ein selbständiger Vortheil.

Dagegen ist es nach römischer Auffassung kein Kauf, wenn der Eigenthümer die Sache von den darauf ruhenden Lasten befreit; denn der Vortheil, der ihm dadurch entsteht, ist kein selbständiger, der als solcher dem Eigenthum gegenüber unterschieden werden könnte, wie der Besitz 1). Dies ist ausdrücklich anerkannt bezüglich der verpfändeten Sache. ,,Kauf" derselben von Seiten des Eigenthümers ist nichts anderes als Befreiung vom Pfandnexus durch Bezahlung der Schuld; die Consequenzen, die sich hieraus ergeben, bedürfen hier keiner weiteren Darlegung 2).

Indem nun so der besondere Begriff der emtio possessionis auf ganz bestimmte Voraussetzungen beschränkt ist, ergibt sich folgendes für die gesammte Untersuchung nicht unwichtige Resultat.

Objectiv betrachtet ist überall da, wo eine fremde Sache gekauft wird, zunächst lediglich der Besitz gekauft. Nach Aussen hat der Käufer keine andere Stellung, als dass er superior est interdicto; umgekehrt ist dieser Vortheil das Minimum was der Verkäufer dem Käufer sofort verschaffen muss 3). Gleichwohl wird der Kauf der fremden Sache, selbst da, wo die condicio usucapiendi fehlt, in den Quellen niemals als Kauf des Besitzes, sondern als Kauf der Sache bezeichnet, gerade wie auch das furtum, das doch auch dem Dieb nur den Besitz der Sache verschafft, gleichwohl als furtum rei aufgefasst wird. Diese Erscheinung führt uns wieder zurück auf die empirische Absicht. Denn diese ist gar nicht auf den Besitz als solchen und die Vortheile, welche er als isolirt und selbständig gedachtes Verhältniss hat, gerichtet weder beim Dieb noch beim Käufer; noch ist

1) Das umgekehrte Verhältniss ist selbstverständlich möglich: L. 16 §. 1, L. 17 D. h. t.; L. 12 pr. D. de distr. pign. 20, 5.

2) Julian L. 39 pr. D. h. t.; Papinian L. 40 pr. §. 1 D. de pignerat. act. (13,7). Dazu Dernburg, Pfandrecht II, 160 fgg. Auf die Schwierigkeiten des §. 1 brauchen wir für unsere Zwecke nicht einzugehen. Dasselbe gilt natürlich auch von der Ablösung von Re

tentionsrechten.

3) L. 11 §. 13 D. de A. E. V. (19, 1).

dieser Besitz ein Gegenstand von Handel und Verkehr. Nur derjenige, dem im Uebrigen die Sache schon mit seinem Wissen gehört, hat möglicherweise eine derartige, auf die speciellen Vortheile des Besitzes beschränkte Absicht. Insoferne besteht denn auch eine unverkennbare Analogie zwischen emtio possessionis und furtum possessionis, wie denn unter den entsprechenden Voraussetzungen auch andere Verträge des Eigenthümers über seine eigene Sache zulässig sind 1).

§. 126.

Es liegt nicht in unserer Aufgabe, dieses System des römischen und gemeinrechtlichen Kaufes innerlich zu rechtfertigen. Ohne Zweifel entspricht dasselbe der heutigen Rechtsanschauung nicht mehr; dass der Verkauf fremder Sachen. sanktionirt ist, dass insbesondere die Erwartung des redlichen Käufers schliesslich nur durch obligatorische Ansprüche gedeckt ist, erscheint uns als fremdartig; im Interesse der Sicherheit des Verkehrs verlangen wir eine viel intensivere Berücksichtigung dieser Erwartung, und kommen damit zu dem Satze, dass nur der Kauf, der den sofortigen objectiven Rechtserfolg erzeugen kann, also im Allgemeinen nur der Kauf der dem Verkäufer gehörenden Sache giltig ist, jeder andere Kauf nur als Schaden erzeugender Thatbestand in Betracht kommt.

Dem gegenüber müssen zur richtigen Würdigung des römischen Rechtes einige Punkte im Auge behalten werden, auf welche hier kurz hinzuweisen erlaubt sein möge.

Die Ansicht zunächst, dass im römischen Kauf die Richt

1) L. 28 D. de a. vel a. p. (41, 2). Insoferne ist denn auch der blose Besitzerwerb Gegenstand eines Rechtsgeschäfts. S. oben S. 38. Eine auf den Kauf der eigenen Sache bezügliche Ausführung und Entscheidung ist in dem reichsgerichtlichen Urtheil v. 24. September 1881 (Entscheidungen Bd. 5 S. 58) enthalten. Der dort entschiedene Fall ist aber dadurch complicirt, dass der Käufer zugleich auch mit sich selbst contrahirt hat (es handelt sich um einen Selbsthilfeverkauf), daher soll diese Entscheidung erst im späteren Zusammenhange besprochen werden. Einstweilen ist zu bemerken, dass das Reichsgericht in jener Entscheidung irrige Ansichten über den „Kauf“ von Rechten, die einem Andern an der Sache zustehen, ausspricht und die Besonderheit von L. 34 §. 4 D. cit. offenbar nicht völlig gewürdigt hat.

ung auf den Eigenthumserwerb deshalb zurücktrete, weil er selbst iuris gentium ist 1), wäre höchstens dann richtig, wenn nicht auch das Eigenthum, ein grosser Theil seiner Erwerbsarten und das System des absoluten Eigenthumsschutzes dem nämlichen Rechtsgebiete zugehörte. So wie die Dinge liegen, folgt aus jenem Umstande blos, dass den Verkäufer nicht ohne Weiteres die Pflicht zur Vornahme der specifisch civilrechtlichen Veräusserungsgeschäfte treffen konnte.

Wohl aber muss behauptet werden, dass die innere Ausgestaltung des Eigenthums für die Behandlung des Kaufes massgebend war.

Das römische Eigenthumssystem hat bei aller seiner Grossartigkeit die bedenklichste Rechtsunsicherheit zur Folge, wie dies die römischen Juristen selbst erkannt und ausgesprochen haben. Ein wesentlich auf derivativer Grundlage beruhender Erwerb, für welchen der Begriff der Rechts nachfolge mit unerbittlicher Consequenz festgehalten worden ist; ein Erwerb folglich, der von einer Reihe von Voraussetzungen abhängig ist, die sich der sinnlichen Wahrnehmung völlig entziehen; ein Eigenthum, das, einmal erworben, mit grosser Zähigkeit festgehalten und mit rücksichtsloser Energie gegen Jeden geltend gemacht wird: - und zur Aushilfe eine Ersitzung, die selbst wieder im Interesse des Eigenthümers derartig von unsichtbaren Voraussetzungen abhängig gemacht ist, dass der nämliche Jurist, der ihre Nothwendigkeit zur Hebung der Rechtsunsicherheit betont, gleichwohl im nämlichen Athemzuge ihre praktische Unzulänglichkeit anerkennen muss 2). Dazu in der späteren Zeit ein Pfandrecht, das ebenso zäh in seiner Fortdauer und ebenso rücksichtslos in seiner Geltendmachung, zugleich aber in seiner Entstehung noch viel ungreifbarer ist. Auf solcher sachenrechtlicher Basis ist ein einigermassen sicherer Verkehr nur möglich, wenn gerade an die obligatorische Seite der Umsatzgeschäfte, speciell an den Verkauf geringere Anforderungen gestellt werden 3). Wollte

1) Vgl. z. B. Keller, Pandekten §. 330.

2) Gai. L. 1 D. de usurp. (41, 3). Bono publico usucapio introducta est, ne scilicet quarundam rerum diu et fere semper incerta dominia essent. Gai. II, §. 44. Dagegen §. 50: unde in rebus mobilibus non facile procedit ut bonae fidei possessori usucapio competat.

3) Es wiederholt sich das dann auch bei der Miethe, deren Be

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