Page images
PDF
EPUB

etsi non possit, attamen ratio haberi debet eius quod fecit, cum redhiberi coeperit, idque actione redhibitoria continetur 1).

Nach Analogie dieser Entscheidung kann also auch in unserm Fall Entschädigung verlangt werden. Jedenfalls dann, wenn sich der Verkäufer irgendwie in culpa befindet (durch Verschweigen gefährlicher Eigenschaften); aber auch ohne diese Voraussetzung wird er, wenn er Anspruch auf die Accessionen hat, unter denselben materiellen Voraussetzungen Entschädigung leisten müssen, unter welchen sie ihm ohne den dazwischen liegenden Kauf obgelegen hätte, also nach den Grundsätzen der actio de pauperie. 2).

Endlich aber

3) enthalten die Quellen sogar eine direkte Widerlegung der herrschenden Ansicht. Diese beruft sich gerade auch auf L. 3 D. quib. modis pignus (20, 6); den Umstand aber, dass hier das Pfandrecht fortdauert, erklärt sie daraus, dass die Herbeiführung der Auflösung von der reinen Willkür des Bestellers abhänge 3). Allein es ist doch ganz unerklärlich, warum dieser Umstand das Zusammenfallen der partiellen Veräusserungen ausschliessen, das der totalen Veräusserung dagegen nicht ausschliessen soll. Wenn der Käufer seine Willkür nicht

1) Vgl. auch L. 61 §. 3 D. de furt. (47, 2), L. 58 pr. D. de aed. ed. (21, 1).

2) Man kann gegen diese Erklärung den äussern Umstand geltend machen, dass in der L. 52 D. cit. nur Fälle der lex Aquilia besprochen werden. Dieses Argument wiegt an und für sich nicht schwer, wird aber noch durch folgenden Umstand abgeschwächt. Die Inskription: Alfenus libro secundo Dig ist deshalb bedenklich, weil die übrigen Fragmente aus diesem Buche völlig verschiedene Materien behandeln. Dagegen ist aus dem dritten Buch die L. 30 D. loc. (19, 2), welche zum Theil gerade Fälle behandelt, die auf der Gränze zwischen lex Aquilia und Contraktsklage liegen. Auch L. 23 D. de praescr. verb. (19, 5) aus dem nämlichen Buch gehört in diesen Zusammenhang. Vgl. über die obige Stelle die nicht ganz zutreffenden Ausführungen von Czyhlarz a. a. O. S. 49.

3) Ganz unhaltbar und ihres Urhebers nicht würdig ist die Erklärung von Puchta, Pand. §. 142 (übereinstimmend Brinz S. 1500, Vangerow S. 437); dagegen Fitting a. a. O. S. 251; Czyhlarz S. 60; Wendt S. 132.

zum Nachtheil der Pfandgläubiger und Servitutberechtigten ausüben darf, wohl aber zum Nachtheil des Nachfolgers im Eigenthum, wo bleibt da die Consequenz? Die Motivirung selbst ist ganz richtig; aber gerade sie hätte doch in erster Linie zur Aufrechterhaltung der totalen Veräusserung führen müssen 1).

1) Vgl. L. 43 § 8 D. de aed. ed. (21, 1). Die Erklärung von Dernburg (Pfandrecht) Bd. I S. 215, (ähnlich Karlo wa Rechtsgeschäft S. 99), scheitert daran, dass a) der Gegensatz von Contrakt und Vollzug in der Stelle nicht angedeutet ist; dass b) diese Trennung beim Kaufe gar nicht nothwendig besteht; c) der Nachweis nicht erbracht ist, dass die der Tradition beigefügte „Resolutivbedingung" allgemein einen dinglichen Rückfall begründet, und d) die Inconsequenz auch bei dieser Erklärung bleibt.

Achtes Kapitel.

Analogieen des Kaufvertrags.

§. 259.

Die rechtliche Sanktion des Kaufes ist von den römischen Juristen und von der kaiserlichen Gesetzgebung auf mancherlei Vorgänge übertragen worden, welchen die Merkmale des Thatbestands des Kaufes fehlen 1). Der Grund dieser Uebertragung beruht vorzugsweise in der verhältnissmässigen Armuth des römischen Rechts an typischen Rechtsgeschäften, sowohl an obligatorischen als an eigenthumsübertragenden. Dieser Dürftigkeit gegenüber kommt das fortschreitende Bedürfniss des Lebens theilweise gerade dadurch zur Geltung, dass gewisse Thatbestände unter das Recht des Kaufes künstlich subsumirt werden2).

Vom römischen Standpunkt handelt es sich dabei in Wahrheit um eine Fiktion, denn diese liegt immer vor, wenn die Sanktion unverändert auf einen Thatbestand erstreckt wird, für den sie unmittelbar nicht bestimmt und auf den sie daher auch unmittelbar nicht anwendbar ist; diese Ausdehnung kann daher nur auf die Weise erfolgen, dass der Thatbestand selbst für die rechliche Sanktion anders vorgestellt wird, als er sich in Wirklichkeit verhält 3).

1) Vgl. oben S. 160 III. Etwas ganz anderes ist es natürlich, wenn lediglich die Terminologie des Geschäfts auf andere Thatbestände erstreckt wird. Hier handelt es sich lediglich um eine Nachgiebigkeit gegen den vulgären Sprachgebrauch. So z. B. L. 7 D. qui sine manum. (40, 8).

2) Es handelt sich, wenn auch in viel geringeren Dimensionen, um ähnliche Verhältnisse, wie die, welche der Mancipation zu ihrer Bedeutung als allgemeiner Form der Eigenthumsübertragung verholfen haben. Bd. I S. 222 fg.

3) Bd. I S. 184.

Genauer betrachtet sind die hier in Betracht kommenden Fiktionen nicht gesetzlich, sondern dogmatisch; und daraus erklärt sich zur Genüge, dass daneben wohl auch andere Wege eingeschlagen wurden, um für den Thatbestand eine Sanktion zu gewinnen.

Für uns gestaltet sich die Sache anders. Jene Beschränkung der Sanktion auf gewisse Thatbestände fällt für uns hinweg; und was für die Römer Fiktion war, ist für uns nur noch Analogie; ja selbst diese abgeschwächte Beziehung halten wir doch nur wegen der Beschaffenheit der Quellen aufrecht; in Wirklichkeit handelt es sich um durchaus selbständige Verhältnisse.

Unsere Aufgabe kann daher auch nicht darin bestehen, den positiven Inhalt dieser Verhältnisse hier darzustellen; wir haben nur die Berührungspunkte nachzuweisen, um deren willen die Römer sie gerade in das Gebiet des Kaufes hereinzuziehen veranlasst sein konnten; dieser Nachweis hat für uns zugleich die Bedeutung, dass dadurch jenes Gebiet selbst um so schärfer abgegränzt wird.

Je nach der Stärke der Verwandtschaft können wir diese analogen Fälle in drei Gruppen ordnen.

1) Die erste umfasst diejenigen, in welchen ein auf entgeltlichen Erwerb der Sache gerichteter Vertrag vorliegt, der aber seinem Inhalt nach kein Kaufvertrag ist.

2) In die zweite Gruppe gehören die Fälle, in welchen nur die einseitige Absicht der entgeltlichen Aneignung besteht; und endlich

3) in der dritten und entferntesten Gruppe treten uns die Fälle entgegen, in welchen es auch an dieser einseitigen Absicht fehlt, so dass der „Kauf" als reines juristisches Construktionsmittel erscheint.

§. 260.

I. An die Spitze der ersten Gruppe stellen wir

A. die vertragsmässige Hingabe an Zahlungsstatt 1).

In einigen Stellen wird dieselbe um ihrer Entgeltlichkeit

1) Vgl. im Allgemeinen Windscheid §. 392 A. 10, Vangerow §. 583 A. 1.

willen lediglich mit dem Kaufe verglichen1). Hiebei aber bleiben die römischen Juristen nicht stehen; sie wenden das Recht des Kaufes direkt auf die datio in solutum an, indem sie sich den empirischen Thatbestand selbst so zurechtlegen, dass der Gläubiger die Sache um den dem Betrage seiner Forderung entsprechenden Preis kauft und Preis und Forderung gegen einander compensirt 2).

Die praktische Consequenz dieser Auffassung tritt namentlich in folgenden Punkten hervor:

a) in der Giltigkeit der nachträglichen Verabredung. Folglich wird auch die sofort abgeschlossene nicht sowohl als pactum adiectum, sondern als venditio condicionalis aufge-. fasst 3).

b) in der Behandlung der Eviktion; der Empfänger hat deshalb eine actio emti (utilis) gegen den Hingebenden *).

Demgegenüber lässt sich nun aber auch nicht verkennen, dass die empirische Absicht anders beschaffen ist; sie geht nicht auf Kauf mit Compensation, sondern auf Erwerb zum Zwecke der Befriedigung. Daher wird denn auch mit den juristischen Consequenzen jener Theorie nicht Ernst gemacht; sonst müsste z. B. auch die Einrede der Hingabe an Zahlungsstatt als Compensationseinrede behandelt werden 5), es müsste

1) L. 15 D. quib. ex causis (42, 4); L. 4 §. 31 D. de doli m. exc. (44, 4).

2) Vgl. L. 24 pr. D. de pign. (13, 7); L. 13 C. de pign. (8, 14). Eine datio in solutum liegt daher namentlich auch in Vat. frag. §. 9 vor, wobei die Ernstlichkeit, mit der der Jurist das Vorhandensein des pretium certum constatirt, (oben S. 350) von besonderem Interesse ist. Ebenso handelt es sich in L. 81 pr. D. h. t. um datio in solutum. Das Verhältniss dieses Geschäfts zur lex commissoria kann hier ganz auf sich beruhen.

3) In L. 45 pr. D. de solut. (46, 3) ist von Stipulation die Rede. Allein die Meinung ist nicht die, dass diese Form bei nachträglicher Verabredung nöthig ist, sondern dass auch gegenüber der stipulationsweisen Zusage der datio in solutum der Pfänder die Möglichkeit der Zahlung bestehen bleibt.

4) L. 24 D. de pign. (13, 7), L. 4 C. de evict. (8, 44). Von der Erstreckung der aedilitischen Klagen ist in den Quellen nicht ausdrücklich die Rede. Vegl. Vangerow a. a. O. S. 171.

5) Vgl. dagegen Gai. III, 168, aus welcher Stelle sich ergibt, dass

« PreviousContinue »