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schaften, die der Verschlechterung innerhalb gewisser kürzerer Frist1) ausgesetzt sind, jederzeit angewendet werden kann.

§. 258.

Der Kaufvertrag kann ferner unter dem Vorbehalt abgeschlossen sein, dass dem Käufer lediglich nach seiner Willkür der Rücktritt offen stehen soll. Dieses Geschäft bezeichnet man als resolutiv bedingten Kauf auf Probe 2); den Vorbehalt selbst als pactum displicentiae 3).

Ist nun an dieser Stelle über den Begriff der Willkür selbst nichts mehr zu sagen (vgl. oben S. 227), so ist dagegen über eine Reihe von andern Fragen eingehende Erörterung nöthig ).

I. Das pactum displicentiae kommt in den Quellen unzweifelhaft vor als Vertrag mit lediglich obligatorischer Wirkung. Insoferne wird es in Beziehung zu dem Edikt der Aedilen gesetzt 5). Der Zusammenhang ist klar 6): nach diesem Edikt kann der Kauf rückgängig gemacht werden auf Grund hervortretender Mängel; es kann aber auch vertragsmässig die Rückgängigmachung einfach in das Missfallen des Käufers verstellt werden.

1) Denn auf lange Fristen wird sich in der Regel der Verkäufer nicht einlassen.

2) L. 3 D. h. t. Si res ita distracta sit ut si displicuisset inemta esset, constat non esse sub condicione distractam, sed resolvi emtionem sub condicione. Vgl. L. 2 §. 5 D. pro emt. (41, 4). Sed et illa emtio pura est, ubi convenit, ut si displicuerit, intra diem certum inemta sit.

3) Vgl. im Allgemeinen Vangerow Bd. III §. 635 S. 435; Windscheid §. 387 A. 7.

4) Es kann im einzelnen Fall zweifelhaft sein, ob suspensiv bedingter Kauf auf Probe oder ob Kauf mit resolutivem Vorbehalt beabsichtigt ist. Das Handelsgesetzbuch Art. 339 Abs. 1 stellt bekanntlich eine Präsumtion zu Gunsten der ersteren Alternative auf. Nach gemeinem Rechte würde, wie ich glaube, die Praesumtion für den definitiven Abschluss eintreten müssen (vgl. oben S. 450). Anders, und von seinem Standpunkt aus consequent Windscheid §. 37 A. 8.

5) L. 31 §. 22 fgg. D. de aed. ed. (21, 1) Ulpianus lib. I. ad Edict. aed. currul. Vgl. anch die Inskription von L. 6 D. de resc. vend (18,5), in welcher Stelle die proxima emti in factum actio ohne Zweifel gerade auf die redhibitoria zu beziehen ist (Czyhlarz a. a. O. S. 47 A. 12); Vat. frag. §. 14.

6) Vgl. Bd. I S. 431 A. 1.

Dieser Zusammenhang tritt namentlich auch hervor in L. 4 C. de aed. act. (4, 58) von Diocletian und Maximian:

Si praedium quis ea lege comparaverit, ut si displicuisset inemtum sit, id utpote sub condicione venditum resolvi et redhibitoriam adversus venditorem competere palam est. Idem observatur et si pestibilis fundus, id est pestibulas vel herbam letiferam habens ignorante emtore distractus sit; nam in hoc etiam casu per eandem actionem eum quoque redhibendum esse.

Dass die actio redhibitoria in dieser Anwendung wesentlich anders formulirt sein musste, als in dem ursprünglichen Falle der nicht vertragsmässigen Redhibition, ist an sich unzweifelhaft und wird insbesondere auch durch L. 31 §. 22 D. de aed. ed. (21, 1) bestätigt; die Formel im Einzelnen zu reconstruiren, ist wohl nicht möglich 1). Lässt sich der Verkäufer die Redhihition gutwillig gefallen, was ja hier die Regel sein wird, so findet nur die actio in factum de reciperando pretio statt2), von welcher Ulpian in L. 31 §. 17 genauer spricht und an welche speciell auch der Verfasser des §. 14 der vaticanischen Fragmente gedacht zu haben scheint.

Schon frühzeitig aber gelangte man zu der Erkenntniss, dass auch die Contraktsklage hier, so gut wie bei anderen resolutiven Nebenverabredungen, statthaft sein müsse. Bereits Labeo und Sabinus haben den Satz gekannt:

Redhibitionem quoque contineri emti iudicio 3).

1) Vgl. Lenel Ediktum S. 442 Nr. 7. „Die Fassung muss bis auf das Vorhandensein der gewöhnlichen Arbitrarclausel dahingestellt bleiben."

2) Vgl. Lenel a. a. O. S. 441.

3) L. 11 §. 3 D. de a. e. v. (19, 1). Vgl. Vat. frag. §. 14 cit. Der Sinn dieser Stelle ist der: die Contraktsklage findet auch statt zum Vollzug der auf den Rücktritt bezüglichen Verabredungen, quoniam co iure contractum in exordio videtur. Dagegen könnte man geltend machen, dass die Aedilen doch eine besondere Klage proponirt hatten. Allein diese Klage ist gar nicht nöthig, wenn das pactum displicentiae sofort dem Vertrage beigefügt ist. Ob aus diesem Schlusssatze gefolgert werden darf, dass die Aedilen auch ein nachträglich geschlossenes pactum displicentiae geschützt haben, muss unentschieden bleiben; für das geltende Recht ist diese Frage ohnedem gleichgiltig. Die Ansicht von Czyhlarz 35

Bechmann, Kauf. II.

Ob sich derselbe blos auf die vermöge des pactum displicentiae eintretende Redhibition bezog, mag hier dahingestellt bleiben; dass er sich im Sinne von Sabinus auch darauf bezog, beweist die schon angeführte L. 6 D. de resc. vend. (18, 5) 1).

II. Das Recht des Rücktritts kann zwar durch ausdrückliche Verabredung auf immer (in perpetuum) gewährt sein 2). Die zeitliche Beschränkung liegt aber gerade hier so sehr in der Natur der Sache, dass die Aedilen sogar eine subsidiäre 3) Bestimmung getroffen haben. Diese gesetzliche Frist bezieht sich nicht blos auf die Erklärung des Widerrufs, sondern auch eventuell auf die Erhebung der Klage; sie ist daher ein tempus utile, und zwar von sechzig Tagen.

L. 31 §. 22 D. de aed. ed. (21, 1):

Si quid ita venierit, ut nisi placuerit, intra praefinitum tempus redhibeatur, ea conventio rata habetur; si autem de tempore nihil convenerit, in factum actio intra sexaginta dies (a. a. O. S. 47), dass die actio emti keine von der redhibitoria materiell verschiedene Klage sei, ist hier unrichtig. Die actio emti hat keineswegs etwa die aedilitischen Grundsätze abgesehen von der Frist (s. unten) recipirt; sie steht auf Grund des pactum adiectum selbständig zu, wie dies ja der §. 14 der vat. fragm. ausdrücklich sagt. Darin liegt ein wesentlicher Unterschied gegenüber der actio redhibitoria auf Grund verborgener Mängel.

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1) Nach Windscheid (§. 387 A. 7, §. 323 A. 14) trat das Recht der actio redhibitoria auch beim obligatorisch wirkenden pactum displicentiae nur ein, wenn die Parteien die Anwendung dieses Rechts gewollt hatten, auf welchen Willen aus dem Gebrauch gewisser Ausdrücke geschlossen wurde, namentlich aus dem Gebrauch des Ausdrucks redhibere, vielleicht auch" des Ausdrucks inemtum esse. Diese Ansicht ist unbegründet; richtig ist nur, dass das Recht der redhibitoria hier durch Verabredungen leichter modificirt werden konnte, als da, wo es nicht auf vertragsmässiger Basis beruhte. Wie hier Czyhlarz a. a. O. S. 43.

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2) In welchem Falle natürlich die gewöhnliche Klagenverjährung eintritt.

3) In der Subsidiarität dieser Frist liegt wohl die erheblichste Abweichung gegenüber der gewöhnlichen actio redhibitoria. Denn die Annahme, dass durch Festsetzung einer längeren Frist die actio redhibitoria ganz ausgeschlossen sei, würde weder in L. 31 §. 22 D. cit.

wo der Ton auf sexaginta dies zu legen ist, noch in den sonstigen Quellenstellen einen Anhaltspunkt finden.

utiles accommodatur emtori ad redhibendum, ultra non; si vero convenerit, ut in perpetuum redhibitio fiat, puto hanc conventionem valere.

Jedoch wird aus besonderen Gründen die Klage auch noch nach Ablauf der Frist gestattet; namentlich wird als solcher Grund angegeben der Verzug oder die Unzugänglichkeit des Verkäufers.

Item si tempus sexaginta dierum praefinitum redhibitoria praeteriit, causa cognita iudicium dabitur. In causae autem cognitione hoc versabitur, si aut mora fuit per venditorem aut non fuit praesens cui redderetur, aut aliqua iusta causa intercessit cur intra diem redhibitum mancipium non est.

Nun liegt aber das Bedenken nahe, dass, wenn die Zeit der Klagestellung ein tempus utile war, jedenfalls eine Versäumniss aus Gründen, die in der Person des Gegners lagen, gar nicht eintreten konnte. Erwägt man nun, dass die concurrirende actio emti überhaupt nicht an eine Frist gebunden war, noch in einer bestimmten Richtung zu einer befristeten Klage gemacht werden konnte; erwägt man ferner, dass am Schlusse der Stelle nur von einer Befristung der Redhibition selbst die Rede ist, so scheint es mir nicht zweifelhaft, dass hier eine ungeschickte Verarbeitung vorliegt. Darauf deutet auch weiter der Umstand hin, dass im Folgenden von hae actiones die Rede ist. Justinian hätte die actio in factum ganz streichen und die Versäumniss in unzweifelhafter Weise auf die Erklärung des Widerrufs beziehen müssen. Jedenfalls hat für uns die actio in factum keine besondere Bedeutung mehr; und als geltendes Recht bleibt daher lediglich der Satz übrig, dass für die Erklärung des Widerrufs dem Gegner gegenüber eine Frist von sechzig Tagen besteht, die aus besondern Gründen auch ohne Wiedereinsetzung in den vorigen Stand verlängert werden kann 1).

III. Indem das pactum displicentiae lediglich obligatorisch wirkt, ergibt sich von selbst die Consequenz, dass auch die vom Käufer in der Zwischenzeit eingeräumten dinglichen Rechte nicht von selbst erlöschen. Andererseits braucht der Verkäufer

1) Die herrschende Ansicht geht, so viel ich sehe, durchaus dahin, dass die sechzig Tage Erklärungs-, nicht Klagefrist sind. Glück Bd. 16 S. 228; Sintenis §. 101 A. 3. Unterholzner §. 431; Windscheid §. 387 A.7.

die Sache nur nach erfolgter Befreiung von denselben, beziehungsweise gegen Leistung von Caution zurückzunehmen 1). L. 3 D. quib. mod. pignus. (20, 6)

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quamquam ubi sic res distracta est, nisi emtori displicuisset, pignus finiri non putet. 2).

IV. Eine besonders bestrittene Frage ist die nach dem Perikulum 3).

Die Unbilligkeit, dass dasselbe schlechthin dem Verkäufer überbürdet sein soll, liegt auf der Hand; andererseits enthält die L. 31 §. 24 D. de aed. ed. (21, 1) die ausdrückliche Vorschrift, dass es de mortuo redhibendo gerade so zu halten sei, wie bei der nicht vertragsmässigen Redhibition *), und diese kann bekanntlich auch noch nach dem Untergang der Sache eintreten 5).

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Durch dieses Ergebniss hat sich Fitting bestimmen lassen, neben der redhibitorischen Gestaltung des Verhältnisses auch noch die Möglichkeit einer im Uebrigen nur obligatorisch wirkenden Resolutiv bedingung anzunehmen, vermöge deren die Gefahr beim Käufer bleiben würde. Dieser letztere Erfolg ist nun freilich sehr zweifelhaft; Andere, wie z. B. Windscheid, sind vielmehr der Ansicht, dass gerade nach dem „reinen Recht der Resolutivbedingung" die Gefahr den Verkäufer treffen muss 6).

Mit solchen Formeln ist wenig gedient; handelt es sich in jedem Falle um einen Vertrag, so kann doch auch

1) Dass der Käufer in der Zwischenzeit Eigenthümer, resp. Usukapionsbesitzer ist und dass im Falle der Rückgabe accessio possessionis stattfindet, daran soll hier nur noch einmal erinnert werden. L. 2 §. 5 D. pro emt. (41, 4); L. 19 D. de usucap. (41, 3); L. 6 §. 1 D. de div. temp. praescr. (44, 3); L. 11 §. 13 D. quod vi aut clam (43, 24).

2) Vgl. L. 21 §. 1, L. 43 §. 8 D. de aed. ed. (21, 1).

3) Vgl. Wendt a. a. O. S. 109 fgg.

4) Der Versuch von Unger, Zeitschrift für Handelsrecht Bd. 3 S. 413 A. 26, diese Stelle dahin zu erklären, dass die Redhibition noch zulässig sei, wenn die Sache nach erklärtem Rücktritt untergeht, ist so offenbar willkürlich, dass er nirgends Anklang gefunden hat.

5) L. 47 §. 1, L. 48 D. de aed. ed. (21, 1).

6) Windscheid §. 387 A. 10.

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