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den sollen; der Verkäufer veräussert auf Gefahr dritter Personen. Wenn nun diese Combination von Absichten nicht sanktionirt ist, wenn vielmehr die Wirkung der lex commissoria sich streng auf die Contrahenten beschränkt, liegt darin etwas Verwunderliches? 1). Ich sollte doch eher das Gegentheil meinen. Allerdings kann man einwenden, dass im Wesentlichen derselbe Erfolg auch durch ein pactum hypothecae errreicht werden kann. Allein einmal besteht doch mancher nicht unerhebliche Unterschied in der Wirkung (ius offerendi, Herausgabe des Ueberschusses, Einrede der Vorausklage); sodann ist die Hypothek ein Institut von allgemeinster Anwendbarkeit, während es sich hier um die Sanktion eines ganz speciellen Vorbehaltes handeln würde 2).

Wenden wir uns nun zur Betrachtung der Quellen, so müssen wir alle die Stellen ausscheiden, in welchen gerade die mangelnde Eigenthumsübertragung die Voraussetzung der Vindication 3) ist.

Es kommen folgende Stellen in Betracht.

1) L. 3 C. de pactis inter emt. (4, 54); ein Reskript von Alexander Severus.

1) Wendt (S. 145) behauptet ohne Weiteres, die lex commissoria „bedeute“ einen s. g gedeckten Credit, d. h. sie wolle den Verkäufer gegen die Gefahr des Credits sichern; das ist eben eine petitio principii. Den poenalen Charakter der lex c. hebt Wendt S. 149 fg. an und für sich richtig hervor, leitet daraus aber Consequenzen ab, die sich nicht daraus ergeben, während er die wirkliche Consequenz (Verfall der Anzahlung) ablehnt.

2) Es könnte sich etwa noch darum handeln, ob nicht die lex commissoria in dieser Richtung in ein pactum bypothecae umgedeutet worden ist? Dies ist zu verneinen.

3) Es besteht gar keine Veranlassung, die Vindication, wo sie erwähnt wird, in der künstlichen und willkürlichen Weise zu interpretiren, wie Czyhlarz (S. 54) thut. Gegenüber solcher Auslegung würde ich es - durch keine aprioristische Formel befangen immer noch vorziehen, die dingliche Rückwirkung als im positiven Rechte begründet anzuerkenAndererseits wird selbst von hervorragenden Schriftstellern, wie z. B. Vangerow (Bd. I S. 154), Brinz Pand. 1. Aufl. S. 1493; Fitting in der Zeitschrift f. Handelsrecht Bd. 2 S. 266, der Unterschied zwischen der rei vindicatio, die auf fortdauerndem Eigenthum des Verkäufers beruht und derjenigen, die den Rückfall desselben voraussetzen würde, nicht berücksichtigt.

nen.

Bechmann, Kauf. II.

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Qui ea lege praedium vendidit, ut nisi reliquum pretium intra certum tempus restitutum esset, ad se revertatur, si non precariam possessionem tradidit, rei vindicationem non habet, sed actionem ex vendito.

Es besteht kein irgendwie stichhaltiger Grund, diese Verordnung auf eine andere Nebenverabredung als die lex commissoria zu beziehen 1). Auch gebraucht der Kaiser sogar einen Ausdruck, der, wenn Ausdrücke entscheidend wären, nur auf die dingliche Wirkung bezogen werden könnte. Gleichwohl ist der dingliche Rückfall hier.so bestimmt als möglich geläugnet. Nur wenn ein Prekarium vorliegt, d. h. wenn keine Eigenthumsübertragung stattgefunden hat, ist die rei vindicatio zulässig, ausserdem nur die Contraktsklage 2).

2) Hieran schliesst sich die L. 4 C. eod., ein Reskript des nämlichen Kaisers an.

Commissoriae venditionis legem exercere non potest, qui post praestitutum pretii solvendi diem non vindicationem rei eligere sed usurarum pretii petitionem sequi maluit.

Diese Stelle, gerade wie die L. 8 D. cit., kann auf den dinglichen Rückfall nur bezogen werden, wenn Creditirung vorliegt. Aber diese Voraussetzung ist weder ausgesprochen noch angedeutet 3).

3) Die L. 1 C. eod., ein Reskript von Caracalla,

1) Thibaut im Archiv f. d c. Praxis Bd. 16 S. 493 hat, im Widerspruch mit seiner früheren Ansicht (civil. Abhandlungen S. 377) diese Beziehung geläugnet. Die eine Erklärung ist so willkürlich wie die andere.

2) Dass das Prekarium, welches als das Majus zugleich die blose Detention mit umfasst, (vgl. L. 6 §. 2 de prec. [43, 26]. L. 4 D. loc. [19,2]) die Negation der Eigenthumsübertragung ist (vgl. z. B. L. 20 D. eod.) halte ich für so sicher, dass es hier keiner weiteren Nachweisung bedarf. Es wird im späteren Zusammenhang darauf zurückzukommen sein. Irrthümliches bei Schulin S. 153, und bei Karlowa Rechtsgeschäft S. 101 fgg. Wenig befriedigend handelt auch Wendt a. a. O. S. 146 von den einschlägigen Stellen.

3) Wobei zu beachten, dass die römischen Juristen die Creditirung des Kaufpreises, wo etwas darauf ankommt, hervorzuheben pflegen. Das „debeant" in L. 8 D. cit. ist zu verstehen als „müssen“ zum Zweck der Erhaltung der lex commissoria. Ohne Beeinträchtigung des Sinnes könnte auch das Wort possint stehen.

Si ea lege praedium vendidisti, ut nisi intra certum tempus pretium fuisset exsolutum, emtrix arrhas perderet et dominium ad te pertineret, fides contractus servanda est, erwähnt die Creditirung des Preises ebenfalls nicht und ist ausserdem in dem Ausdruck: dominium ad te pertineret, so überaus zweideutig, dass sie als Zeugniss für den Rückfall gewiss nicht in Anspruch genommen werden kann; nicht einmal die Tradition wird hier erwähnt, und die Schlussworte: fides contractus servanda est sind der Annahme einer dinglichen Wirkung auch nicht günstig.

4) Dazu kommt nun endlich, dass alle Stellen, in welchen man eine Erwähnung der dinglichen Wirkung der lex commissoria erwarten sollte, völliges Stillschweigen beobachten. Dies gilt von L. 3 D. quibus modis pignus (20, 6) und in noch höherem Grade von L. 4 pr. D. cit. In dieser Stelle behandelt Ulpian die Wirkung der lex commissoria principiell, nicht blos bei Gelegenheit der Entscheidung eines concreten Falles; er spricht von der lex commissoria in der objectivimperatorischen Formulirung (ut fundus inemtus fieret); er spricht von der Wirkung bezüglich der Sache selbst (quemadmodum venditor agat tam de fundo); er beruft sich auf declarirende kaiserliche Reskripte; aber von der dinglichen Wirkung macht er nicht die geringste Andeutung. Wenn irgendwo, so hat unter diesen Voraussetzungen das Stillschweigen eine beweisende Kraft.

Wir haben also

1) eine Stelle, welche die dingliche Wirkung direkt verneint,

2) einige Stellen, die zum mindesten zweifelhaft sind, weil sie die wesentliche Voraussetzung der dinglichen Wirkung verschweigen,

3) einige Stellen, die die dingliche Wirkung nicht erwähnen, obschon sie zu solcher Erwähnung Veranlassung hätten.

Hieraus ziehe ich das Resultat, dass dem römischen Recht die dingliche Wirkung der lex commissoria. schlechterdings, ohne Rücksicht auf gebrauchte Ausdrücke oder sonstige Parteiabsicht, unbekannt ist 1).

1) Gar nicht hieher gehört L. 31 D. de pignor. (20, 1), welche von Einräumung einer Erbpacht mit lex commissoria handelt. Dass

Auf ganz verschiedenem Wege gelange ich also sowohl für die addictio in diem (im justinianischen Recht) als für die lex commissoria zu dem gleichen Ergebnisse wie Czyhlarz.

Die zur Zeit herrschende Ansicht ist zu Gunsten der dinglichen Wirkung, falls die lex commissoria als „Resolutivbedingung" beabsichtigt ist 1).

§. 256.

Der Verkäufer kann sich den Rücktritt vom Geschäfte auch unter beliebigen anderen Bedingungen, ja sogar nach seiner Willkür vorbehalten. Dadurch wird der Vollzug nach beiden Seiten hin nicht ausgeschlossen.

Man bezeichnet dieses Rücktrittsrecht des Verkäufers auch als Rückkaufsrecht, die darauf bezügliche Verabredung als pactum de retrovendendo 2).

Bekannt ist dieser Vorbehalt auch den Quellen, ohne dass er hier eine Ausgestaltung im Einzelnen erhalten hat.

Es handelt davon in den Pandekten

Proculus L. 12 D. de praescr. verb. (19, 5).

Si vir uxori suae fundos vendidit et in venditione comprehensum est convenisse inter eos, si nupta ei esse desiisset, ut eos fundos, si ipse vellet, eodem pretio mulier transscriberet viro, in factum existimo iudicium esse reddendum idque et in aliis personis observandum;

und im Codex die L. 2 C. de pact. inter emt. (4, 54), von Alexander, welcher neben der actio praescriptis verbis auch

hier gegebenen Falls die vom Erbpächter bestellten Lasten zusammenfallen, versteht sich von selbst und ist keine specifische Wirkung der lex commissoria, sondern des redire ad dominum, was hier eben den Wegfall der Erbpacht bezeichnet.

1) So z. B. Sintenis a a. O. A. 31; Unterholzner Bd. II S. 222; Brinz S. 1496 (mit der tröstlichen Bemerkung, dass das obligatorische auf Wiederauflösung gerichtete pactum und die Resolutivbedingung sich oft bis zum Verwechseln ähnlich sehen), Windscheid §. 313. Wendt a. a. O. S. 134 fg. vgl. mit S. 27.

2) Die ältere Theorie hat unterschieden a) zwischen Reukauf, der als Resolutivbedingung wirkt, und b) Wiederkauf, der nur obligatorisch wirkt, Glück Bd. 16 S. 264 fg., 324 fg., wobei dann grosse Unklarheit über die Bedeutung des Vorvertrages" Anlass zu weiteren Irrthümern gab.

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die Contraktsklage gewährt. Auch die L. 7 eod. von Diocletian und die L. 6 C. eod. von Carus gehören ohne Zweifel in diesen Zusammenhang 1).

Folgende Sätze sind hier hervorzuheben:

1) Die betreffende Verabredung 2) ist nicht ein Vorvertrag, sondern gewährt dem Verkäufer unmittelbar den Anspruch auf Rückleistung. Insofern ist die Terminologie (sowohl Rückkaufsrecht" als pactum de retrovendendo) unzutreffend.

2) Das Recht wird regelmässig zeitlich beschränkt sein, sei es ausdrücklich, sei es, dass sich diese Beschränkung aus der Beschaffenheit der Bedingung ergibt 3). Unbedingt nothwendig ist solche Beschränkung aber nicht 4).

3) Der rücktretende Verkäufer muss dem Käufer Ersatz der thatsächlich empfangenen Leistung anbieten 5); möglicher Weise kann auch ein Zuschlag als Conventionalstrafe bedungen sein.

4) Macht der Verkäufer von seinem Recht Gebrauch, so tritt doch in Beziehung auf die Sache keine dingliche Wirkung ein,

1) In beiden Stellen ist der Thatbestand nicht ganz durchsichtig; doch scheint es sich in L 6 C. cit. um einen Verkauf mit einer dem Käufer lästigen Nebenbestimmung gehandelt zu haben; diese findet ihr Aequivalent in dem geringfügigen Preis, der Verkäufer sichert sich aber die Erfüllung durch ein Rücktrittsrecht. Dass die L. 7 nicht auf die lex commissoria, sondern eben auf unsern Fall zu beziehen ist, beweisen die Worte: data quantitas. Das Bedenken, dass unter dieser Voraussetzung der Verkäufer gar kein Interesse hat, sich an den Kaiser zu wenden, verschwindet, wenn man den Nachdruck auf die zeitliche Beschränkung des Rücktritts legt; in dieser Richtung bittet der Verkäufer um Hilfe gegen den Käufer, der sich ihm entzieht. 2) Vgl. oben S. 278.

3) L. 2, 7 C. cit., L 13 pr. D. de pignor. act. (13, 7), L. 7 §. 1 D. de distrah. pign. (20, 5).

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4) L. 2 C. cit. quandoque vel intra certa tempora.' Dass im Fall mangelnder Zeitbestimmung die Klagenverjährung vom Momente des Vertragsabschlusses läuft, kann bei richtiger Auffassung des Nebenvertrages keinem Zweifel unterliegen. Ueber ältere Irrthümer vgl. Glück S. 206 fgg. Uebrigens wird das zeitlich unbegränzte Rücktrittsrecht regelmässig ein gegenseitiges sein.

5) L. 7 C. cit., L. 13 pr. D. de pignor. act. (13, 7), L. 7 §. 1 D. de distrah. pignor. (20, 5). Das Anerbieten muss vor Ablauf der Frist erfolgen; eventuell muss Deposition oder sonstiges Surrogat eintreten ; L. 7 C. cit.

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