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hat sich von der Existenz des Objects zu überzeugen; da dasselbe in der rechtlichen Beziehung des Verkäufers zu einem Dritten 1) besteht, so bleibt dem Käufer nichts übrig, als sich auf die Angaben des Verkäufers zu verlassen 2). Dazu kommt, dass die Unmöglichkeit der Erfüllung hier nicht zu einem gewissermassen sichtbaren Ausdruck gelangt. Aeusserlich ist zwischen dem Fall des Verkaufs einer fremden und einer gar nicht existirenden Forderung kein Unterschied3). Ist aber der Kauf giltig, so folgt daraus, dass

1) der Käufer den Kaufpreis schuldet, daher

2) die Entschädigung des Verkäufers den Charakter des Erfüllungssurrogats hat und sich

3) nach Voraussetzung und Umfang durch die Grundsätze von der Eviktion bestimmt, soweit diese überhaupt auf den Forderungskauf Anwendung finden 4).

§. 240.

An die nicht existirenden Sachen schliessen sich die ausser Verkehr befindlichen an.

Einerseits sind dieselben im rechtlichen Sinne nicht existirend 5). Andererseits aber haben sie ein natürliches Dasein, so dass sie wenigstens den Schein einer Erfüllung zulassen; sie bilden insofern eine Klasse von Sachen, die unter besonderen Voraussetzungen sogar sehr häufig im Handel vorkommen können, während der Verkauf von thatsächlich nicht existirenden Sachen immer nur als vereinzelte Anomalie sich ereignen wird.

Am meisten leuchtet diese Erwägung beim Menschenhandel ein. Wo die Sklaverei nicht auf Rassenverschieden

1) Darin liegt auch der Unterschied von der Erbschaft.

2) Erkundigung beim Schuldner ist theils unthunlich, theils unzuverlässig.

3) Dies ist der wahre Kern der Ihering'schen Ansicht. Auch in dieser Beziehung verhält es sich mit dem Erbschaftskauf anders.

4) Wird die Haftung des Verkäufers durch Vertrag ausgeschlossen, so liegt von diesem Standpunkt aus, genau betrachtet, kein Hoffnungskauf vor, sondern ein Kauf mit pactum de non praestanda evictione. S. 257. Praktisch ist diese Unterscheidung hier ohne Bedeutung.

5) Insoferne ist die Gegenüberstellung bei Brinz Pand. II, S. 126 (2. Aufl.) für das römische Recht übertrieben.

heit beruht, ist der Freie vom Sklaven nur durch trügerische Merkmale zu unterscheiden; und dem Betrug sowohl des Sklavenhändlers als des Kaufobjects selbst ist hier ein unermesslicher Spielraum gelassen. Musste doch in der Kaiserzeit gegen die Freien, die sich in gewinnsüchtiger Absicht als Sklaven verkaufen liessen, mit der schweren Strafe der Verweigerung der proclamatio in libertatem eingeschritten werden. (Tit. D. 40, 13).

Daher ist es begreiflich, dass der Verkauf eines Pseudosklaven an den gutgläubigen Käufer (L. 6 D. h. t.) nicht als Verkauf einer rechtlich nicht existirenden, sondern einer dem Verkäufer nicht gehörenden Sache behandelt wurde; und zwar nicht, wie Mommsen meint, erst in späterer Zeit, sondern von Altersher 1). In den Quellen besteht diese Auffassung jedenfalls als die zur Herrschaft gelangte 2).

Nicht minder unbestritten gilt dieselbe aber auch beim Verkauf des locus sacer und religiosus unter einer bestimmten

1) Bd. I S. 686 fgg.; Pernice Labeo II, S. 178. Mommsen Erörterungen Bd. I S. 18.

2) L. 4, 70 D. h. t.; L. 39 §. 3 D. de evict. (21, 2); L, 14-17 D. de lib. causa (40, 12); L. 4 D. quib. procl. ad lib. (40, 13); L. 2 C. de assert. tol. (7, 17); L. 25 C. de evict. (8, 45). Ganz besonders zu beachten ist dabei, dass der gutgläubige Käufer eines Pseudosklaven dem Interdikte de homine libero exhibendo nicht ausgesetzt ist. L. 4 §. 1 D. de hom. lib. exhib. (43, 29). An die Stelle der Eviktion tritt die proclamatio in libertatem. Der im Text aufgestellte Satz ist ziemlich allgemein anerkannt. Savigny O.R. Bd. II S. 290; Mommsen Beiträge Bd. I S. 127, Erörterungen Bd. II S. 91; Hartmann a. a 0. S 180; Brinz Pand. a. a. O. Die entgegengesetzte Ansicht von Ihering a. a. O. beruht auf leicht widerlegten Gründen, namentlich auf der Verwechslung zwischen der stipulatio auf dare und auf habere licere, dem direkten Versprechen und der Garantie; es wiederholt sich der Fehler, vor welchem bereits Ulpian in L. 31 D. de evict. (21, 2) gewarnt hat, Bd. I S. 663. Auch steht der Jurist Licinius Rufus nicht im Widerspruch mit sich selbst: er hat in der Anfrage an Paulus den entgegengesetzten Standpunkt vertreten, dann aber sich der Autorität des Meisters gefügt - L. 4 D. quib. ad lib. (40, 13); L. 70 D. h. t. Ebensowenig kann Papinian als Gegner angeführt werden; die L. 27 §. 1 D. ad SC. Vell. (16, 1) setzt nach ihrem ganzen Zusammenhang einen wissenden Käufer voraus; sodann aber läge immer noch die Beziehung auf den kaufweisen Erwerb nahe. Dass bei der in Parallele gestellten res litigiosa gerade nur die Obligation, nicht die

Voraussetzung, nämlich soferne das dem Verkehr entzogene Land nur einen Theil und zwar den geringeren Theil des Kaufobjects bildet. Gerade dieser Fall ist offenbar für den Käufer am gefährlichsten; er ist daher geschützt durch die nach den Grundsätzen der Eviktion sich gestaltende Haftung des Verkäufers 1).

Für das Gebiet der Nichtigkeit bleibt daher nur der Verkauf solcher Sachen übrig, welche ganz oder überwiegend res publicae im specifischen Sinne oder res divini iuris sind. Sehen wir dabei von dem lächerlichen Schulbeispiel der Institutionen ab (velut forum aut basilicam), so ist die geringe praktische Bedeutung dieser Fälle schon für das römische Recht einleuchtend 2)

Für das heutige Recht, das jedenfalls keine res divini iuris mehr kennt, schwindet dieselbe noch mehr zusammen.

Eben daraus ist es wohl zu erklären, dass über die Behandlung dieser Fälle nicht nur unter den römischen Juristen Meinungsverschiedenheiten bestanden ), sondern dass die Veräusserung nichtig gewesen, ist insoferne unrichtig, als das durch Mancipation erworbene Eigenthum mit exceptio behaftet war; nichts anderes lehrt auch der von Ihering in Bezug genommene Vangerow §. 160 (I, 256).

1) L. 24 D. h. t (Ulpianus lib. XXVIII ad Sab.) in modicis autem ex emto actionem esse, quia non specialiter locus sacer vel religiosus venit, sed emtioni maioris partis accessit. Für diesen Fall ist daher auch die Clausel: si quid sacri vel religiosi est, eius nihil venit von Bedeutung L. 22, L. 72 §. 1 D. h. t. Umgekehrt kann der Käufer auch wissentlich ein Grundstück kaufen, welches derartige Enklaven hat, alsdann ist auch ohne ausdrücklichen Vorbehalt von Entschädigung keine Rede. Eine andere Frage ist die, ob sich der Käufer diese Enklaven in den Flächeninhalt einrechnen lassen müsse. Diese Frage ist grundsätzlich zu verneinen; quod venditur, in modum agri cedere debet, nisi id actum est, ne cederet; at quod non venit, in modum cedendum, si id ipsum actum est ut cederet, velut viae publicae, limites, luci qui fundum tangunt; cum vero neutrum dictum est, cedere non debet; et ideo nominatim caveri solet, ut luci, viae publicae quae in fundo sint, totae in modum cedant. L. 51 D. h. t. Vgl. ausserdem noch L. 73 §. 1 D. h. t., L. 10, 11 D. de relig. (11, 7).

2) Diesen Umstand, der einen wesentlichen Gegensatz zum Menschenhandel begründet, hat Hartmann a. a. O. S. 182 wohl nicht genügend gewürdigt.

3) Die übrigens auch für die Auffassung des Menschenkaufes bezeugt sind, L. 70 D. h. t. ; L. 4 D. quib. ad lib. (40, 13).

Spuren derselben auch in den Quellen des geltenden Rechts nicht verwischt sind. In der Ansicht, dass sich die einschlägigen Stellen widersprechen, stimme ich mit Windscheid 1) durchaus überein.

1) Nichtigkeit in Verbindung mit einseitigem Entschädigungsanspruch ist mit aller Bestimmtheit ausgesprochen von Modestin in L. 62 §. 1 D. h. t., der den Kauf der res extra commercium genau ebenso behandelt, wie von andern Juristen der Kauf nicht existirender Sachen behandelt wird 2).

In diesen Zusammenhang gehört auch die Entcheidung von Ulpian in L. 22 D. h. t.

Hanc legem venditionis, si quid sacri vel religiosi est, eius venit nihil, supervacuam non esse, sed ad modica loca pertinere. Caeterum si omne religiosum vel sacrum vel publicum venierit, nullam esse emtionem,

L. 23 D. Paulus libr. V. ad Sab.

- et quod solverit eo nomine emtor condicere potest3).

Die erste Stelle ist insoferne nicht erschöpfend, als die Möglichkeit des Entschädigungsanspruchs übergangen ist. Im Uebrigen ist schwer begreiflich, wie die klaren Worte des Juristen anders als in dem hier vorgetragenen Sinn sollen erklärt werden können). Ulpian unterscheidet zwei Fälle: in dem einen, wo das ganze Kaufobject (oder die maior pars) ausser Verkehr ist, erscheint die Clausel überflüssig; auch ohne sie ist der Kauf nichtig 5); im andern Fall, wo nur der untergeordnete Theil des Kaufobjects diese Eigenschaft hat,

1) Pand. §. 315.

2) Qui nesciens loca sacra vel religiosa vel publica pro privatis comparavit, licet emtio non teneat, ex emto tamen adversus venditorem experitur, ut consequatur quod interfuit eius ne deciperetur. Ich halte es, ganz abgesehen von der naheliegenden Analogie der nichtexistirenden Sachen, für unmöglich, die Worte licet emtio non teneat auf die Unwirksamkeit der Veräusserung zu beziehen; diese Interpretation ist gegen den Sprachgebrauch und führt auch zu einem allzu trivialen Resultat. Vgl. Brinz a. a. O. S. 127 A. 3.

3) Folgt als L. 24 die schon oben S. 441 A. 1 angeführte Stelle von Ulpian.

4) Vgl. Mommsen, Beiträge Bd. I S. 120, Erörterungen Bd. II S. 41

5) Dass sie zugleich die Wirkung hat, den Verkäufer von Entschädigungsansprüchen zu entledigen, hebt der Jurist nicht hervor.

ist sie dagegen von Bedeutung; ohne sie ist der Kauf auch bezüglich dieser Parzellen giltig, dergestalt, dass die Wirkung der Eviktion eintritt.

Endlich gehört hieher auch die bekannte L. 8 §. 1 D. de relig. (11, 7), nach welcher der Prätor für den Fall des Verkaufs der res religiosa eine actio in factum verleiht, deren Vererblichkeit Ulpian besonders hervorhebt und damit begründet: quum quasi ex emto actionem contineat 1).

Diese Stelle ist von mehrfachem Interesse. Sie geht von der Nichtigkeit des Kaufes aus, lässt aber zugleich, in Ergänzung der L. 22 D. h. t. erkennen, dass auch Ulpian dem Entschädigungsanspruch aus dem nichtigen Geschäft keineswegs ablehnend gegenüberstand. Dass sich die Klage hier in der äussern Form der actio in factum erhalten hat 2), beruht ohne Zweifel auf sacralrechtlichen Gründen; die direkte Subsumtion des Verkaufs einer res divini iuris unter die civilrechtliche Formel mochte fortdauernd als unangemessen erscheinen 3).

2) Diesen Stellen stehen zwei andere gegenüber, welche die Giltigkeit des Kaufs in dem nämlichen Sinne anerkenneu, in welchem auch der Kauf des Pseudosklaven giltig ist. So spricht sich Pomponius aus in L. 4 D. h. t.

1) Es geht doch wohl nicht an, diese Stelle mit Brinz a. a. O. durch die Bemerkung zu beseitigen, dass der als Kläger bezeichnete is ad quem ea res pertineat nicht der Käufer, sondern ein betheiligter Dritter sei. An welches Verhältniss dabei zu denken wäre, bleibt unklar. In Wirklichkeit liegt eine vorsichtige Ausdrucksweise vor, die gar nicht dem Ulpian, sondern dem Edikt angehört. Die Bezeichnung des Klägers als emtor wurde wegen des Verstosses des Geschäfts gegen das Sacralrecht gerade vermieden. Vgl. über diese Klage Lenel Ediktum S. 180.

2) Vgl. dagegen L. 4 pr. D. de leg. commiss. (18, 3); L. 16 D. de in diem add. (18, 2).

3) Ich will nicht verschweigen, dass gegen diese Vermuthung die L. 4 D. h. t. von Pomponius Bedenken erregen kann. Man wird daher immerhin gut thun, sich mit dem sicheren Resultat unserer Stelle zu begnügen und im Uebrigen die ars nesciendi an ihr zu üben. Vgl. Mommsen Erörterungen Bd. II S. 37 A. 6. Kein grosses Gewicht würde ich auf L. 1 C. de sepulc. viol. (9, 19) legen; das argumentum a contrario ist in jeder Beziehung unsicher.

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