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recusat adimplere contractum 1), si quidem est emtor perdit quod dedit, si vero venditor, duplum restituere compellitur, licet super arrhis nihil expressum est 2).

Vergleicht man diese Stelle mit der des Codex, so ist man zunächst geneigt, an eine Verwechslung von venditio mit datio (arrhae) zu denken. Ob eine solche wirklich vorliegt, muss dabingestellt bleiben; jedenfalls ergibt sich aus Theophilus, dass keine Textescorruption vorliegt. Aber eben dieser übersetzt: celebrata est mit dem Präsens yévetat, denkt also an den erst abzuschliessenden Vertrag (celebrata = celebranda) 3). Daher ist die einzige Abweichung der Institutionenstelle die, dass Justinian hier die Bedeutung der Arrha auch für den formlos abzuschliessenden Vertrag ausdrücklich hervorhebt; auch hier können die Verhandlungen nicht mehr ungestraft abgebrochen werden 4).

Will man dagegen celebrata buchstäblich von einem bereits abgeschlossenen Vertrag verstehen, so ergeben sich ganz unüberwindliche Schwierigkeiten; vor Allem die, dass Justinian zwei ganz verschiedene Fälle vermengen würde, wovon doch die Codexstelle keine Spur enthält: dass ferner in den beiden unmittelbar aufeinander folgenden und dem Sinne nach zusammengehörenden Sätzen: ita tamen - hoc etenim die Worte recedere und recusare adimplere contractum in einem total verschiedenen ja entgegengesetzten Sinn verstanden werden müssten. Dazu kommt Folgendes. Versteht man den zweiten Satz von der Nichterfüllung des geschlossenen Vertrags, so hat man nur folgende Wahl:

1) Vgl. coniugium recusare (die Eingehung der Ehe) in L. 16 C. de episc. aud. (1, 4).

2) Keller, Pand. §. 224 ignorirt die Erstreckung auf den formlosen Vertrag ganz („als Bindungsmittel für den formlosen Abschluss nach eingetretenem materiellen Vertragswillen (?)“)

3) Vgl. Schrader ad h. 1.

4) Savigny a. a. O. S. 271 verwirft diese Erklärung, weil die Nebenbestimmung der Arrha voraussetze, dass der Inhalt des Vertrags vollständig feststehe, von welcher Thatsache die Arrha eben ein Zeichen sein soll. Aber dies ist eine ganz willkürliche Annahme, dass die Arrha die materielle Willenseinigung documentirt; namentlich ist nicht zu beweisen, dass im Falle der bedungenen Schriftlichkeit die Arrha erst nach erfolgter materieller Einigung gegeben werden kann.

1) Die Nichterfüllung ist gestattet gegen Aufopferung der Arrha. Dies wäre offenbar der nächstliegende Sinn: der Rücktritt ist straflos, soferne nicht Arrha vorliegt.

Dann ergibt sich aber eine solche fundamentale Umgestaltung des ganzen Systems des Contraktschlusses, wie es in Pandekten, Codex und Institutionen vorliegt und ein solch schroffer Widerspruch zu den unmittelbar vorhergehenden Eingangsworten, dass diese Auslegung geradezu unmöglich ist. Oder

2) mit der Nichterfüllung ist die besondere Strafe des Verlustes der Arrha verbunden; die arrha confirmatoria soll zugleich den Charakter einer accessorischen Strafe haben 1). Allein diese Auslegung, die immerhin zu einem sachlich möglichen Resultat führt, passt nicht zum Wortlaut. Der Gedanke, vom geschlossenen Vertrag kann man nicht zurücktreten und ausserdem wird man wegen thatsächlicher Nichterfüllung auch mittelst der Arrha gestraft, liegt gewiss nicht in den Worten Justinian's. Ist die erstere Erklärung sachlich, so ist diese zweite sprachlich nicht möglich abgesehen von den ihnen gemeinschaftlich gegenüberstehenden Bedenken.

Wir beziehen also, offenbar im Einklang mit Theophilus, die Institutionenstelle ebenso wie die Codexstelle ausschliesslich auf die s. g. arrha contractu imperfecto data. Das Gesammtresultat ist folgendes:

I. Beim formlosen Vertrag kommt die Arrha, schon nach Pandektenrecht, als Zeichen des abgeschlossenen Vertrags vor.

II. Auch im Stadium der Vorverhandlungen, und zwar in jedem beliebigen und ohne Unterschied, ob der Vertrag schriftlich errichtet werden soll oder nicht, kann eine Arrha vorkommen, als Strafe für denjenigen Theil, der von den Verhandlungen zurücktritt.

Man sollte daher auch in der systematischen Darstellung von der Arrha an zwei verschiedenen Stellen handeln; von der arrha confirmatoria beim Vertragsschluss, von der arrha contractu imperfecto data in der Lehre von den Vorverhandlungen. Ganz ungeeignet ist die Einfügung der Arrha unter die Bestärkungsmittel" der Verträge.

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1) So Savigny S. 271. Unklar Keller §. 224. Windscheid a. a. O. widerspricht zwar der Savigny'schen Interpretation von L. 17 §. 1 C. cit., seine eigene Ansicht ist aber ebenfalls unhaltbar.

Sechstes Kapitel.

Existenz und Beschaffenheit des Kaufobjects.

§. 234.

Durch die bisherige Untersuchung sind die Momente festgestellt worden, welche für das Dasein und den Inhalt der rechtsgeschäftlichen Absicht bestimmend sind. Durch diese Momente ergibt sich, wenn der Ausdruck erlaubt ist, der subjective Thatbestand des Kaufes. Da derselbe aber einen Erfolg bezweckt, der durch blosen Willen nicht hervorgerufen werden kann, so tritt für das vollkommene Dasein des Kaufgeschäfts auch noch ein objectives Erforderniss hinzu, die thatsächliche Existenz des Kaufobjects; die durch den Willen der Contrahenten genügend bestimmte Sache muss auch existiren. In diesem Sinne sagt Pomponius in L. 8 pr. D. h. t. Nec emtio nec venditio sine re quae veneat potest intelligi (Oben S. 117) ').

Gleichwohl ist dieser objective Thatbestand nicht unbedingt nothwendig. Die emtio spei ist der Kaufvertrag, bei welchem der Käufer eventuell auf denselben verzichtet, unbeschadet seiner eigenen contraktlichen Verbindlichkeit 2).

Von diesem immerhin exceptionellen Verhältnisse ist schon oben (S. 252 fgg.) die Rede gewesen 3); im Folgenden fassen wir ausschliesslich den regelmässigen Organismus in's Auge.

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1) Vgl. L. 15 pr. D. h. t. Etsi consensum fuerit in corpus, men in rerum natura ante venditionem esse desierit, nulla emtio est. 2) Aliquando tamen et sine re venditio intelligitur, fährt Pomponius in L. 8 §. 1 D. cit. fort. Ebendahin gehört der bedingte Kauf mit vertragsmässiger Uebernahme der Gefahr während der Schwebe der Bedingung. Oben S. 255.

3) Ueber einen andern Fall vgl. §. 239.

Vor Allem ist erforderlich, dass das von den Parteien bestimmte Kaufobject überhaupt existirt, und zwar als mögliches Kaufobject; bei Sachen kommt daher neben der physischen Existenz insbesondere auch die Verkehrsfähigkeit in Betracht.

Allein wir müssen noch weiter gehen. Indem die Parteien das Kaufobject bestimmen, machen sie sich zugleich von den Eigenschaften desselben eine Vorstellung, welche massgebend ist für den rechtsgeschäftlichen Entschluss. Die Sache kann zwar existiren, aber so, dass ihre objective Beschaffenheit von dieser Vorstellung wesentlich abweicht 1). Es ergibt sich daher die weitere Frage, ob und inwiefern der Mangel dieser Uebereinstimmung zwischen der vorgestellten und der wirklichen Beschaffenheit der Sache den objectiven Thatbestand des Kaufs ausschliesst.

Erster Abschnitt.

Die Existenz des Kaufobjects.

§. 235.

Das Kaufobject muss nicht nothwendig im Augenblick des Vertragsschlusses existiren noch umgekehrt genügt immer die Existenz in diesem Augenblick; vom massgebenden Zeitpunkt ist schon oben (S. 406 fgg.) die Rede gewesen. Kaum der Hervorhebung aber bedarf es, dass der unbedingte Kauf, dessen Object gegenwärtig nicht existirt, nicht etwa zum Zweck der Aufrechterhaltung als bedingter Kauf umgedeutet werden darf; eine Vergewaltigung der Absicht in dieser Richtung ist dem römischen Recht durchaus fremd 2).

Umgekehrt ist der bedingte oder sonst in seiner Perfektion hinausgeschobene Kauf von Anfang an nichtig, wenn die Unmöglichkeit der Existenz bereits feststeht 3); er fällt sofort zusammen, wenn sich diese Unmöglichkeit vor dem Eintritt der Perfektion ergibt 4).

1) Aliud pro alio. L. 9 §. 2 D. h. t.

2) L. 85 D. de V. O. (45, 1).

3) L. 21 pr. D. de a. e. v. (19, 1).
4) L. 10 §. 5 D. de j. d. (23, 3).

Besonders hervorzuheben sind noch folgende Fälle:

1) Beim copulativen Kauf mehrerer individuell bestimmter Sachen schliesst die Nichtexistenz der einen die Giltigkeit des Geschäfts auch bezüglich der übrigen aus 1). Beim Kauf eines Collektivum tritt diese Wirkung nicht ein; hier müsste vielmehr die Existenz eines gewissen Stücks zur Bedingung des ganzen Geschäfts gemacht sein.

2) Der Kauf eines erst abzutrennenden oder auszuscheidenden Theils (S. 322 fg.) ist oder wird gegenstandslos, wenn das Ganze, aus welchem ausgeschieden werden soll, nicht existirt oder vor der Ausscheidung untergeht; sodann aber auch, wenn es nicht oder nicht mehr in dem Umfang existirt, dass die bestimmte Ausscheidung daraus erfolgen kann; keineswegs muss der Käufer, auch nicht gegen Preisminderung, mit einem geringeren als dem bestimmten Quantum zufrieden sein. Dagegen ist oder bleibt das Geschäft giltig, wenn das Ganze gerade den Umfang des auszuscheidenden Objects hat; die Handlung der Ausscheidung" ist weder vom subjectiven, noch vom objectiven Standpunkt wesentlich 2) (S. oben S. 324). Ebenso ermangelt der Kauf mit Wahlbestimmung (S. 326) keineswegs des Objects, wenn blos die Wahl gegenstandslos ist; auch der Verkauf eines Stückes aus dem vermeintlichen Collektivum ist daher giltig, wenn nur ein einziges Stück vorhanden ist; mag die Wahl dem Käufer oder dem Verkäufer zustehen.

3) Der Nichtexistenz der Sache steht im Resultat der Fall gleich, wenn das Object auf Grund der Vertragsbestimmung nicht ermittelt werden kann. Dieses Resultat tritt insbesondere

1) L. 44 D. h. t. S. oben S. 359.

2) Es ist möglich, dass der Verkäufer aus demselben Ganzen mehrere Quantitäten an Verschiedene verkauft hat, deren Summe den Umfang des Ganzen übersteigt (von Anfang an oder durch nachträgliche Minderung). Alsdann ergibt sich nicht etwa eine verhältnissmässige Reduktion der einzelnen Quantitäten; wie sollten die einzelnen Käufer verpflichtet sein, sich dieselbe gefallen zu lassen? Jeder Kauf, für welchen kein genügendes Object übrig bleibt, ist vielmehr nichtig; und die „Giltigkeit" bestimmt sich daher lediglich durch die Praevention der Ausscheidung. A. A. Kohler in Iherings Jahrbüchern Bd. 17 S. 390.

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