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§. 228.

Es liegt selbstverständlich nicht in unserer Aufgabe, Lehre von den Bedingungen hier weiter zu verfolgen 1).

die

Nur ein Punkt ist in diesem Zusammenhang von besonderem Interesse. Die Bedingung kann sich nämlich gerade auch auf die Elemente des Geschäfts selbst beziehen zum Unterschied von den Bedingungen, die irgend welchen von Aussen her genommenen Inhalt haben. So kann insbesondere,

I. wenn auch anomaler Weise, der Entschluss zu kaufen selbst einseitig bedingt sein, Kauf auf Probe. Davon war bereits ausführlich die Rede (S. 212 fgg.)

II. Bedingt können sein die den Kaufpreis bestimmenden Merkmale; auch dieses Verhältniss ist bereits besprochen worden (S. 340 fg. und S. 351).

III. Endlich kann, und zwar in manchfacher Weise, die Bedingung sich beziehen auf die Existenz und Beschaffenheit des Kaufobjects. Die Bedingung tritt hier vielfach an die Stelle der (gesetzlichen oder vertragsmässigen) Garantie. Diese wirkt innerhalb des geltenden Kaufs: die Bedingung stellt die Giltigkeit selbst in Frage; sie ist bald für den Käufer bald für den Verkäufer vortheilhafter als jene 2).

So kann bedingt sein vor Allem

1) die Existenz der Sache selbst. Ist diese Bedingung in praesens verstellt, so befreit sie den Verkäufer von der Haftung, die ihn sonst gerade in Beziehung auf diesen Punkt trifft. (Vgl. das sechste Kapitel ersten Abschnitt) 3). Ist die Bedingung eine zukünftige, so ist damit die Möglichkeit gegeben, die Kaufgelegenheit bereits zum Voraus zu sichern 4).

2) Das rechtliche Verhältniss des Verkäufers zur Sache, die Freiheit von Servituten, die Zugehörigkeit von solchen; Gleichgiltigkeit auch innerlich ganz angemessen und consequent ist. Vgl. auch L. 57 pr. D. h. t.

1) Vgl. oben S. 212 fgg. Zu dem dort Gesagten ist noch zu vergleichen Ihering Zweck I S. 337.

2) Ob Bedingung oder Zusage (letztere vielleicht mit resolutiver Wirkung) gemeint ist, entscheidet sich selbstverständlich nicht durch das gebrauchte Wort. So auch nicht im Lateinischen; L. 41 pr. D. h. t. 3) Vgl. L. 22, L. 72 D. h. t.

4) Auch der Kauf stehender Früchte kann den Charakter eines bedingten Geschäfts annehmen („falls sie zur Reife gedeihen“). (S. 396).

dies wiederum entweder als condicio in praesens oder in futurum collata 1).

3) Das Vorhandensein gewisser Eigenschaften 2), die Freiheit von gewissen Mängeln. Der Unterschied von der Garantie besteht in dieser Beziehung namentlich auch darin, dass auf die letztere der Käufer verzichten kann, nicht auch auf die Bedingung.

Pomponius L. 6 D. de periculo (18, 6)

Si vina emerim exceptis acidis et mucidis, et mihi expediat acida quoque accipere, Proculus ait, quamvis id emtoris causa exceptum sit, tamen acida et mucida non venisse; nam quae invitus emtor accipere non cogeretur, iniquum esse non permitti venditori vel alii ea vendere.

Hier besteht aber noch eine Abgränzung nach einer andern Seite. Das Fehlen der Eigenschaft, beziehungsweise das Aufhören derselben innerhalb einer gewissen Zeit kann auch die Grundlage eines resolutiven Vertrages sein, wie dies ohne Zweifel beim Weinkauf in Beziehung auf acor und mucor der Fall war. Es wird daher später noch (Kapitel 7) auf dieses Verhältniss einzugehen sein.

§. 229.

Mit dem bedingten Kauf ist in mehrfachen Beziehungen der alternativ bestimmte Kauf verwandt. Das Eigenthümliche der Alternative ist das, dass sie für einen gewissen Punkt, der doch nur einfach geordnet sein kann, mehrfache Bestimmungen trifft, dergestalt, dass unter denselben ein ungewisser Umstand entscheidet, sei es Wahl oder Zufall. Indem nun für den betreffenden Punkt in jedem Fall eine positive Bestimmung vorhanden ist, ist damit die Existenz des Verhältnisses von vornherein entschieden; ungewiss, im Sinne des Schwebens zwischen mehreren affirmativen Möglichkeiten, ist nur der betreffende Punkt. Daber besteht hier auch eine Verpflichtung zur Mitwirkung bei der Entscheidung, sofern dieselbe auf der Thätigkeit eines Contrahenten beruht 3).

1) L. 41 D. h. t.

2) Auch Flächeninhalt u. s. w. Oben S. 360 fg. Vgl. den zweiten Abschnitt des sechsten Kapitels.

3) L. 34 §. 6. D. h. t. Vgl. im Allgemeinen Zitelmann, Irrthum und Rechtsgeschäft S. 502 fgg.

Wohl zu unterscheiden vom alternativ bestimmten Rechtsgeschäft ist die alternative Offerte, welche nur ein einziges Rechtsgeschäft bezweckt, nämlich dasjenige von den mehreren angebotenen, für welches sich der Adressat entscheiden würde. Hier dagegen interessirt uns nur das fertige Rechtsgeschäft, welches einen irgendwie alternativen Inhalt hat, das also eine einfache und untheilbare, aber alternativ bestimmte Offerte voraussetzt 1).

Beim Kauf kann sich die alternative Bestimmung vor Allem auf das Kaufobject beziehen 2). Von diesem Verhältnisse war schon oben (S. 326 fg.) die. Rede; die geringe Bedeutung, die dasselbe in den Quellen hat, gibt keine Veranlassung, hier auf das Wesen der im engeren Sinne sogenannten alternativen Obligation selbst tiefer einzugehen 3). Von den Gestaltungen, die sich beim Vollzug des alternativen Kaufs ergeben können, ist in anderem Zusammenhang zu sprechen.

Es kann aber auch die geschäftliche Absicht selbst von alternativer Beschaffenheit sein 4).

Dieses Verhältniss kommt in den Quellen in mehrfacher Anwendung vor.

I. Unter den Fällen, welche Gaius als streitiges Gränzgebiet zwischen Kauf und Miethe bezeichnet, befinden sich zwei, bei welchen die Ungewissheit nicht in der empirischen Absicht, sondern in der rechtlichen Sanktion liegt; III, §. 145 und 147. Der mittlere dagegen (§. 146), gehört hieher. Der

1) Vgl. über diesen Unterschied Bernstein in der Zeitschrift der Savigny-Stiftung Bd. I S. 157.

2) Selbstverständlich auch auf Nebensachen und Nebenleistungen. Beim Preise ist die alternative Bestimmung nur in Beziehung auf die letzteren denkbar.

3) Ein Kauf mit alternativer Bestimmung des Objects liegt nur dann vor, wenn die Einheit des Preises gewahrt ist. Werden alternativ mehrere Objecte je um verschiedene Preise gekauft, so bestehen mehrere Kaufverträge in alternativem Verhältnisse. Vgl. Pescatore a. a. 0. S. 91. Die Unterscheidung, welche dieser Schriftsteller in Beziehung auf die Construktion der s. g. alternativen Obligation eintreten lassen will, je nachdem der Gläubiger oder der Schuldner die Wahl hat, ist für den Kauf von vorneherein ausgeschlossen, kein Theil ist hier blos Gläubiger oder blos Schuldner.

4) Vgl oben S. 159. Zitelmann a. a. O. S. 503, wo übrigens die Rubrik 2) unpassend formulirt ist.

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selbe ist in einer Beziehung schon oben (S. 255; vgl. auch S. 399) besprochen worden; im Anschluss daran ist hier folgendes zu bemerken 1). Gaius nimmt offenbar - ob mit Recht oder Unrecht, kann hier auf sich beruhen eine alternative Absicht der Contrahenten an; je nach dem Ergebnisse des Kampfes soll und will der Empfänger den Sklaven gegen Bezahlung behalten oder aber mit einem Miethgeld zurückgeben. An dieser Auffassung sind mehrere Punkte von besonderem Interesse.

1) Eine solche complicirte Absicht fällt nicht in den Rahmen eines der römischen Consensualcontrakte; und da hinwiederum die Entscheidung der Alternative nur möglich ist, wenn die Sache an den Gegner ausgehändigt wird, so kann der Anfang des Geschäfts nur mittelst (freiwilliger) Vorleistung des Eigenthümers gemacht werden; si gladiatores ea lege tibi tradiderim.

2) Gleichwohl nimmt Gaius keinen unbenannten Realcontrakt an, ebensowenig wie Miethe mit Aestimation. Der Ausgang entscheidet, ob Kauf oder Miethe vorhanden war. In der That müsste auf der Grundlage der Miethe der Empfänger das Schweissgeld unter allen Umständen bezahlen, auch wenn er statt der Sache die Aestimation leistet; hinwiederum innerhalb des unbenannten Realcontrakts findet die Gegenleistung keinen Raum, mittelst der actio praescriptis verbis kann ursprünglich nur die Sache oder ihre Aestimation, aber keine merces beansprucht werden 2).

3) Demnach tritt nach Gaius Ansicht auf Grund des Ausgangs des Kampfs genau dieselbe rechtliche Sanktion ein, wie wenn das Geschäft von Anfang einfach unter der Bedingung dieses Ausgangs abgeschlossen worden wäre:

1) Die von Huschke herangezogene Stelle Cicero ad Atticum IV, 4-8 §. 2 gehört nicht hieher.

2) Darin liegt der Unterschied von den im letzten Kapitel zu besprechenden Fällen, z. B. dem der Ueberlassung des servus aestimatus zur Folter. Auch die Analogie von L. 1 §. 1 D. de praescr. verb. (19, 5) ist nicht anwendbar. Papinian denkt an den Fall, wenn die empirische Absicht keinen Anhaltspunkt gibt für die Unterscheidung zwischen loc. cond. rei und operis; davon ist hier keine Rede. Vgl. oben S. 236.

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et magis1) placuit, eorum qui integri exierint, locationem et conductionem contractam videri, at eorum qui occisi aut debilitati sunt, emtionem et venditionem esse: idque ex accidentibus apparere, tamquam sub condicione facta cuiusque venditione aut locatione.

Dass diese Construktion nicht ohne irgend welche Rückziehung der Bedingung möglich ist, wurde schon oben bemerkt. (S. 399).

4) Das Charakteristische ist demnach offenbar das, dass Gaius nicht ein einheitliches Geschäft mit alternativem Verlauf annimmt noch auch annehmen kann, sondern das hypothetische Nebeneinanderbestehen zweier Geschäfte, von denen das eine das andere in Wirklichkeit ausschliesst.

Der Thatbestand dieses Geschäfts kann - in Beziehung auf Thiere, die zum Wettkampf bestimmt sind, auch bei uns noch vorkommen. Aber wir sind nicht gehindert, auch rechtlich ein einheitliches und auf Grund der blosen Verabredung klagbares Geschäft anzunehmen, dessen Verlauf nur alternativ bestimmt ist. Auch würden wir die eine Alternative des Verlaufs nicht als Kauf betrachten; die Vorstellung eines Kaufs, der gerade nur für den Fall des Untergangs der Sache geschlossen wird, ist uns fremdartig; auch die Annahme einer stillschweigenden Uebernahme der Gefahr würde für diesen Fall schwerlich der empirischen Absicht entsprechen. (S. 255). Wir sind aber auch durch nichts gehindert, an die Stelle des Kaufs einfach die Aestimation zu setzen 2). (Vgl. das achte Kapitel.)

II. Einigermassen verwandt mit dem besprochenen Fall ist im heutigen Recht der Kauf auf Probe, sofern die Sache dem Kaufliebhaber anvertraut wird. Alsdann ergeben sich ebenfalls zwei alternativ concurrirende Geschäfte, nur dass die Entscheidung dieser Alternative hier nicht auf dem Zufall, sondern auf dem Willen des Käufers beruht. Verwirft er die Sache, so erfolgt die Rückforderung nicht mit der actio venditi, sondern mit der Klage aus dem alsdann in Wirksamkeit tretenden Geschäfte des Anvertrauens oder der Miethe 3).

1) Welche abweichenden Construktionen bestanden, darüber wird es vielleicht besser sein sich der Vermuthungen zu enthalten.

2) Auch das zweite Beispiel bei Zitelmann S. 503 gehört hieher. 3) Vgl. oben S. 237. Hieher gehört das erste Beispiel bei Z. a. a. O.

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