Page images
PDF
EPUB

Eigenthum. Aber die Wirkung der Freiheit bleibt immer subsidiär im Hintergrunde, nicht nur in dem zuletzt erwähnten Fall, sowie in dem des Verzichts auf die manus iniectio; sondern auch wenn der Reihe nach verschiedene Verkäufer verschiedene Wirkungen bedingen, hat diejenige der Freiheit als die stärkere den Vorrang, mag sie früher oder später bedungen sein 1).

Da übrigens weder durch den Eintritt der Freiheit noch durch manus iniectio die Prostitution selbst ungeschehen gemacht wird, so kann daneben auch noch eine Conventionalstrafe wirksam bedungen werden; diese verfällt auch dann, wenn die Clausel selbst durch Eviktion ihre quasidingliche Wirkung verliert 2).

1) L. 9 D. de serv. export. (18, 7).

2) L. 6 pr. D. de serv. exp. (18 7). Ueber Eviction L. 34 pr. D. de evict. (21, 2). Der Käufer, der gegen die lex handelt, wird zu seinem Nachtheil angesehen, als hätte er freigelassen, und hat daher keine Eviktionsansprüche.

Viertes Kapitel.

Der bedingte und der alternativ bestimmte

Kauf.

§. 227.

Beim Naturalkauf ist die Beifügung einer Bedingung, jedenfalls einer conditio in futurum collata, unmöglich, und zwar nicht aus formellen Gründen, daher auch nicht blos bei der Mancipation 1).

Das Contraktsystem dagegen lässt eine derartige Gestaltung des Geschäfts ebenso zu, wie sie bei der Stipulation und beim Vermächtniss vorkommen kann 2).

Gleichwohl haben wir ganz unverkennbare Spuren davon, dass der bedingte Kauf doch nur allmälig zur Anerkennung gelangt ist. Allzu buchstäblich darf freilich der Bericht des Gaius (III, 146) nicht genommen werden:

iam enim non dubitatur quin sub condicione res venire aut locari possit.

Denn bereits ältere, sogar erheblich ältere Juristen, setzen offenbar die Giltigkeit des bedingten Kaufs voraus 3). Dass aber wirklich eine allmäliche Entwicklung vorliegt, deren Einzelheiten nur für uns nicht mehr erkennbar sind, darauf deutet

1) Bd. I S. 236, 304.

2) Oben S. 96.

3) So Labeo L. 50 D. h. t. Sabinus und Cassius, L. 35 §. 5 D. h. t., wo bereits die Analogie des bedingten Kaufs verwerthet wird; L. 4 §. 5 D. de in diem addict. (18, 2); L. 2 §. 3 D. pro emtore (41, 4); Proculus und Octa venus L. 8 pr. D. de periculo (18, 6); Pomponius und Julian L. 41 D. h. t.; L 4 pr. D. in diem addict. (18, 2); L. 8 §. 1 D. de peric. (18, 6); wegen Ofilius s. oben S. 345,

der gerade hier hervortretende eigenthümliche Gegensatz von emtio perfecta und imperfecta 1). Noch Ulpian stellt das plenissime venire und das prope quasi nondum venire gegenüber 2); und die Erörterung des Paulus in L. 8 pr. D. cit. macht auch nicht den Eindruck, wie wenn er sich einer völlig abgeschlossenen Lehre gegenüber befunden hätte.

Es ist eine Consequenz der alten Auffassung vom Kauf als dem unmittelbaren Austausche, dass der nicht vollziehbare Kauf unfertig ist. Diese Consequenz ist niemals völlig aufgegeben, wohl aber insoferne abgeschwächt worden, als auch der unfertige Kauf als abgeschlossener Contrakt anerkannt und mit rechtlicher Wirkung ausgestattet worden ist. Zu dieser Abschwächung mag auch die auf das Futurum gestellte Formel emtum habebis, emtus tibi erit, das Ihrige beigetragen haben 3).

Nur ist gleich hier zu bemerken, dass der Kauf der stehenden und hängenden Früchte, wie er schon bei Cato vorkommt 1), kein bedingter Kauf ist; es ist der Kauf einer gegenwärtigen Sache, bezüglich deren der Verkäufer dem Käufer Zeit bis zur Reife lässt, sie weg und an sich zu nehmen 5). Daher geht denn auch das Perikulum sofort auf den Käufer über, und es besteht also auch die Möglichkeit, dass dasselbe für besondere Fälle vom Verkäufer vertragsmässig übernommen wird. Hievon handelt Labeo in L. 78 §. 3 D. b. t.

Frumenta quae in herbis essent quum vendidisses, dixisti te si quid vi aut tempestate factum esset praestiturum; ea

1) L. 8 pr. D. de peric. (18, 6). Vgl. auch impleta venditio L. 10 §. 5 D. de j. d. (23, 3). Oben S. 322 A. 4.

2) L. 1 pr. §. 1 D. de peric. (18, 6).

3) Schon bei Cato; Bd. I S. 534; S. 462 A. 2. D. h. t., Julian L. 41 pr. D. eod. und sonst.

Gaius L. 35 §. 1

4) Bd. I S, 525 fgg. Die Bemerkung auf S. 530, dass es sich um den Kauf künftiger Früchte handle, ist unzutreffend: dadurch wird aber die Richtigkeit der weiteren Ausführungen nicht beeinträchtigt. Vom Kauf künftiger Früchte handelt dagegen Pomponius in L. 8 pr. D. h. t. Vgl. noch L. 39 §. 1 D. h. t.; L. 25 D. de a. e. v. (19, 1). 5) Es ist im Wesentlichen kein anderer Fall, als der des Kaufs eines stehenden Baums, L. 40 D. de a. e. v. (19, 1). Oben S. 387,

frumenta nives corruperunt; si immoderatae fuerunt et contra consuetudinem tempestatis, agi tamen ex emto poterit.

Diese Entscheidung hat offenbar nur einen Sinn unter der Voraussetzung, dass der Untergang des Getreides vor der Perception an sich den Käufer trifft; die geschlossene Verabredung involvirt die Modification dieses Verhältnisses und wird vom Juristen einer strengen Auslegung zu Gunsten des Käufers unterzogen 1).

Am frühesten hat man ohne Zweifel die conditiones in praesens collatae zugelassen. Die rechtliche Sanktion findet hier einen fertigen Thatbestand vor; unfertig, zugleich aber auch gleichgiltig ist nur die subjective Gewissheit. Dieser Unterschied wird von Papinian in L. 120 D. de V. O. (45, 1) mit der grösstmöglichen Bestimmtheit hervorgehoben:

Si ita stipulatus fuero: „,hanc summam centum aureorum dare spondes"? etsi maxime ita exauditur ille sermo: „si modo centum aureorum est", non facit condicionem haec adiectio, quoniam si centum non sint, stipulatio nulla est, nec placuit instar habere condicionis sermonem, qui non ad futurum sed ad praesens tempus refertur, etsi contrahentes rei veritatem ignorant.

Dabei kommt noch besonders in Betracht, dass — gerade wie in dem hier besprochenen Fall 2), solche Bedingungen sehr häufig gar nicht einmal in der äussern Form als solche hervortreten. Insbesondere können sie die Gestalt besonderer Vertragsbestimmungen (Ausnahmen u. s. w.) annehmen; wie z. B. bei Cato de r. c. 48:

quod neque aceat neque muceat id dabitur 3).

oder in L. 6 D. de peric. (18, 6).

vina exceptis acidis et mucidis.

§. 228.

Ueber die rechtliche Gestaltung des (suspensiv) bedingten Kaufs stellt noch Paulus Erörterungen an, die gar kein

1) Es liegt eine Analogie der vertragsmässigen Remission des Pachtgeldes vor.

2) Vgl. auch L. 72 §. 4 D. de sol. (46, 3); vi quidem ipsa; oben S. 329 A. 2.

3) Vgl. Bd. I S. 55 Anm. 1.

theoretisches, sondern ein eminent praktisches Interesse haben 1). Er geht aus von der Frage nach dem Perikulum. Dieses ergreift den Käufer anerkanntermassen im Augenblick der emtio perfecta und ist insofern das Kennzeichen derselben 2). Wann aber ist dieser Moment beim bedingten Kauf gegeben?

Keine Schwierigkeit bietet zunächst der Fall der Deficienz: si quidem defecerit condicio, nulla est emtio, sicut nec stipulatio.

Für den entgegengesetzten Fall dagegen lehren ältere Juristen, die Gefahr treffe den Käufer,

quodsi extiterit, Proculus et Octavenus emtoris esse periculum aiunt; idem Pomponius libro nono probat.

Allein sofort ergiebt sich die Frage, in welchem Sinne denn diese Juristen den Uebergang der Gefahr verstehen; denn dass existente conditione den Käufer irgendwie und irgend einmal die Gefahr trifft, ist ja ganz selbstverständlich. Gerade aber auf die entscheidende Frage, von welchem Zeitpunkt an, gibt die Stelle merkwürdiger Weise gar keine Antwort, obschon sie doch eine solche geben will.

Legt man die an sich nichtssagende Aeusserung jener Juristen in dem Sinn aus, dass die Gefahr vom Augenblick der erfüllten Bedingung an übergeht, so ist diese Auslegung zwar vom Standpunkt des justinianischen Rechts, ja ohne Zweifel auch im Sinne des Paulus richtig; allein damit ist nicht gesagt, dass dies auch wirklich die ursprüngliche Meinung jener Autoren war. Am Schlusse der Stelle macht Paulus eine Concession in Beziehung auf das s. g. periculum deteriorationis

sane si extet res licet deterior effecta, potest dici esse damnum emtoris.

Dieser Schluss weist darauf hin, dass der Jurist in den zwischenstehenden Sätzen die ältere Ansicht nicht adoptirt, sondern bekämpft hat. Auf diese Auffassung führen auch andere Spuren. Ich bin überzeugt, dass hier manches gestrichen oder ungeschickt zusammengezogen ist; schon die viermalige Wiederholung von quodsi deutet auf eine Corruption hin. Weiter ist zu beachten, dass in dem dritten Satze, „quodsi

1) L. 8 pr. D. de peric. (18, 6). Libro XXXIII ad Edict.
2) L. 1 pr. §. 1 D. eod.

« PreviousContinue »