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a) Es kann eine Collusion der beiden Vormünder stattfinden; der Kauf ist alsdann mala fide abgeschlossen und daher ungiltig; jedoch kann der zur Mündigkeit gelangte Eigenthümer den Handel genehmigen. Es liegt also insofern nicht eine schwebende 1), sondern eine heilbare Ungiltigkeit vor. Jene Genehmigung ist namentlich auch dann vorhanden, wenn der ehemalige Mündel mittelst der actio tutelae Entschädigung vom einen oder anderen der Colludenten erlangt hat.

b) Die Unredlichkeit kann einseitig sein, indem der kauflustige Vormund eine Zwischenperson benützt; dadurch entzieht er dem anderen Vormund möglicherweise die richtige Würdigung der Verhältnisse; derselbe wäre in der Lage gewesen, auf des Gegners Pflichtgefühl einzuwirken, wenn er ihn als Käufer gekannt hätte. Wohl aber kann die Einschiebung auch bona fide erfolgen, weil der Vormund nicht nach Aussen als Käufer erscheinen mag.

3) In ähnlicher Weise kann der Vormund auch vom Pfandgläubiger des Mündels kaufen 2).

4) Liegt ein Verfahren mala fide vor, so ist es offenbar dem benachtheiligten Mündel gleichgiltig, ob der ungetreue Vormund dabei sein eigenes Interesse oder das eines andern Mündels verfolgt. Es kommen daher auch für diesen Fall die bisher besprochenen Sätze zur Anwendung 3).

5) Der Bevollmächtigte macht sich einer entsprechenden Pflichtverletzung nur schuldig, wenn er entweder Generalbevollmächtigter oder vermöge seiner Specialvollmacht verpflichtet ist, gerade in Beziehung auf das Kaufobject die Interessen der Partei zu vertreten. Dagegen hat kein Specialbevollmächtigter die Pflicht, des Vollmachtgebers Interessen auch in anderen Angelegenheiten zu wahren; wenn daher z. B. der Rechtsanwalt eine Sache seines Clienten kauft, so steht dieses Geschäft nicht unter den Anforderungen einer besonderen bona fides.

4) Denn es ist nicht gesagt, dass bis zur erreichten Mündigkeit (oder Grossjährigkeit) die Ungiltigkeit nicht geltend gemacht werden kann.

2) Diese Sätze sind enthalten in L. 5 D. de auct. (26, C. de contr. emt. (4, 38).

3) Nicht hieher gehört L. 56 D. de administr. (26, 7)

8); L. 5

6) Der Bevollmächtigte und der Vormund machen sich endlich einer Pflichtverletzung auch dann schuldig, wenn sie mit dem dritten Contrahenten colludiren. Auch hier wirkt die Collusion auf den Vertrag selbst zurück und macht denselben anfechtbar ).

III. Eine Collusion des Kaufes mit anderweitigen Interessen kann sich endlich noch einmal auf dem Gebiete des Pfandrechts ergeben.

1) Kauft der Bürge des Schuldners die von diesem bestellten Pfänder, so benimmt er ihm die Möglichkeit der Ablösung des Pfandrechts; ebenso entzieht er den Nachhypothekaren ihr Pfandrecht und setzt dadurch den Verpfänder von ihrer Seite der actio pigneraticia aus; kurz er verschlechtert ganz im Widerspruch mit der Intention der Bürgschaft die Lage des Hauptschuldners. Die hierin liegende Pflichtwidrigkeit ist besonders dann einleuchtend, wenn zwischen Beiden ein Mandatsverhältniss obwaltet; aber auch ohne diese Grundlage wird sie angenommen.

Die Rückwirkung derselben auf den Kauf besteht aber nicht darin, dass dieser schlechthin ungiltig ist, vielmehr wird er umgedeutet als Ausübung des ius offerendi. Ob diese Construktion der concreten empirischen Absicht entspricht, ist gleichgiltig; es kann auch eine Vergewaltigung derselben vorliegen.

Eine besondere Complication dieses Verhältnisses besteht noch darin, dass der Bürge solchen Erwerb auch einseitig machen kann. In diesem Falle liegt wegen mangelnden Vertragsschlusses überhaupt kein Kauf, sondern nur das Analogon davon vor; die Umdeutung findet aber auch hier statt 2).

2) Ganz ähnlich verhält es sich mit dem Nachhypothekar.

1) L. 13 §. 27 D. de a. e. v. (19, 1). Besonders strenge Bestimmungen enthielt das römische Recht für den Fall, dass sich öffentliche Beamte an fiscalischen Verkäufen als Käufer betheiligten. Das Detail ist ohne Interesse. L. 18 C. de resc. vend. (4, 44); L. 46 D. h. t. Vgl. L. 7 C. de fide et iure hastae. (10, 3).

2) L. 2 D. de distr. pign. (20, 5); L. 59 §. 1 D. mand. (17, 1); L. 2 D. de pign. (20, 1); L. 59 D. de fideiuss (46, 1); L. 1 C. de dolo (2, 21). Vgl. Dernburg Pfandrecht Bd II S. 169. andern Falle handelt L. 81 D. h. t.

Von einem

Wenn dieser vom Vormann kauft, verletzt er ebenfalls die Interessen des Verpfänders im Widerspruch mit seiner Verbindlichkeit aus dem contractus pigneraticius; auch hier also tritt die nämliche Umdeutung ein; was als Kauf beabsichtigt war, wird als Ausübung des ius offerendi aufrecht erhalten.

L. 5 §. 2, L. 6 D. de distrat. pign. (20, 5).

Cum posterior creditor a priore pignus emit, non tam adquirendi dominii quam servandi pignoris sui causa intelligitur pecuniam dedisse et ideo offerri ei a debitore potest 1).

§. 199.

Auch ohne solche besondere Beziehungen hat jeder Contrahent dem andern gegenüber beim Vertragsschlusse gewisse sittliche Pflichten zu erfüllen, durch deren Verletzung die das Geschäft beherrschende bona fides beeinträchtigt werden würde 2).

Vor Allem ist das Gegentheil dieser bona fides der Betrug 3). Derselbe kann bestehen in der Erweckung der falschen Vorstellung eines Merkmals, dessen objective Existenz Erforderniss der Giltigkeit des Geschäftes ist; z. B. der betrügerische Verkauf (oder Kauf) einer nicht existirenden Sache ), betrügerische Täuschung über die Handlungs

1) Es handelt sich nicht um Interpretation des concreten Willens. Es wird angenommen, dass er habe offeriren wollen, mag er selbst gedacht und gewollt haben was immer.

2) Die, allerdings zunächst nur mit Beziehung auf den Zwang aufgestellte Ansicht von Czyhlarz (in Ihering's Jahrb. Bd. 13 S. 7 fgg.), dass die bona fides nur für den Inhalt, nicht für den Abschluss des Geschäfts massgebend sei, ist offenbar unrichtig; gerade die im vorigen Paragraphen besprochenen Fälle sind dabei gar nicht berücksichtigt. Ganz abgesehen davon, dass sich eine feste Gränze zwischen Abschluss und Inhalt in dieser Beziehung nicht ermitteln lässt, so ist das Argument, die b. f. sei kein obligationserzeugendes Moment, zwar an sich richtig (Bd. I S. 469 fgg.), aber hier belanglos, da es sich ja nur darum handelt, ob die bona fides bei Eingehung des Geschäfts ein Moment innerhalb des Thatbestands des vollwirksamen Contrakts ist. Auch die Bildung der Formel ist kein Argument; die Demonstration ist ja doch keine rechtskräftige Vorentscheidung des Prätors über den giltigen Abschluss des Geschäfts.

3) Die Lehre vom Betrug kommt hier nur soweit in Betracht, als es sich um die Giltigkeit des Geschäfts handelt. Literatur bei Windscheid §. 78.

4) L. 57 D. h. t.

fähigkeit u. s. w. Hier ist das Geschäft wegen dieses Mangels absolut nichtig 1), und der hinzutretende Betrug kann nur als Grundlage einseitiger Entschädigungsansprüche dienen. Diese Fälle bleiben hier also ausgeschlossen.

Danach bleiben hier nur die Fälle übrig, wo der Betrug als unsittliche Einwirkung auf den Entschluss des Andern, genauer auf die denselben motivirenden Vorstellungen erscheint 2).

Ein solches Geschäft, welches an keinem objectiven Mangel leidet und von dem daher nur gesagt werden kann, dass es ohne die Einwirkung des Betruges nicht oder nicht so geschlossen worden wäre, ist daher an und für sich gleichwohl giltig; sonst würde allerdings die Consequenz eintreten, dass der Betrogene sich selbst zu seinem Vortheil auf seine Unsittlichkeit als solche berufen könnte.

Aber auch von dem vieldeutigen Begriffe einer relativen Nichtigkeit oder von einem negotium claudicans im Sinne der herrschenden Theorie ist keine Rede. Das Geschäft ist für beide Theile klagbar, nur kann der Klage des betrügenden Theils der Anfechtungswille des Betrogenen entgegentreten, dergestalt dass dadurch das Geschäft möglicher Weise in seiner Totalität zusammenfällt. Jene Klage hat daher gewissermassen den Charakter einer Recognoscirung. Genau dieselbe Behandlung tritt auch in den Fällen der Collusion, sowie im Falle der, wenn auch nicht betrügerischen, Benachtheiligung eines Minderjährigen ein.

L. 13 §. 27 D. de a. e v. (19, 1):

Si quis colludente procuratore meo ab eo emerit, an possit agere ex emto; et puto hactenus ut aut stetur emtioni aut discedatur. §. 28. Sed et si quis minorem XXV annis cir

1) Diese Nichtigkeit kann daher hier auch der Betrüger selbst geltend machen. Man sollte doch die Redensart, dass Niemand sich auf seine eigene Unsittlichkeit berufen könne, nicht immer in diesem Zusammenhang fortführen; es handelt sich hier gar nicht um die Unsittlichkeit, sondern um die auf objectiven Mängeln beruhende Ungiltigkeit. Sonst müsste man auch Demjenigen, der wissentlich eine Doppelehe eingeht, die Möglichkeit entziehen, die Nichtigkeit der zweiten Ehe geltend zu machen u. s. w.

2) Den Begriff selbst im Einzelnen zu entwickeln kann natürlich nicht in unserer Aufgabe liegen. Vgl. Pernice Labeo II S. 60 fgg.

cumvenerit, et huic hactenus dabimus actionem ex emto, ut diximus in superiore casu.

In diesem Sinne wird daher das durch Betrug entstandene Geschäft als nichtig, nullius momenti 1), bezeichnet. In formeller Beziehung erscheint der dolus als Negation der bona fides 2), so dass es einer exceptio doli nicht bedarf: und in materieller Beziehung ergibt sich, wie gesagt, Wirkungslosigkeit nach beiden Seiten.

Zu einem weitergehenden Resultate führen auch die Stellen nicht, welche die Nichtigkeit des Gesellschaftsvertrags auf Grund des Betrugs aussprechen. Die L. 3 §. 3 D. pro socio (19, 2) würde an sich auch eine ganz andere Deutung zulassen, nämlich auf eine zu betrügerischen Zwecken eingegangene und daher gegen die boni mores verstossende Gesellschaft; das Analogon wäre also der beiderseits wissentliche Kauf der res furtiva. Aber auch wenn man an unsern Fall denkt, so lassen die Worte ipso iure doch ohne Weiteres die Erklärung zu, dass der Betrogene zu seiner Vertheidigung keiner Exception bedarf, eben weil der Betrug die Negation der bona fides ist. Und in L. 16 §. 1 D. de minor. (4, 4) wird lediglich die Nothwendigkeit der prätorischen Restitution in Abrede gestellt, da schon von Rechtswegen die societas nulla ist; von der besondern Beschaffenheit dieser Nichtigkeit ist auch hier keine Rede. So stehen beide Stellen durchaus im Einklang mit den obigen Ausführungen und man braucht daher auch nicht an eine Besonderheit des Gesellschaftsvertrages zu denken. Auch die speciell vom Kauf handelnde L. 7 pr. D. de dolo (4, 3) von Ulpian führt zu keinem widersprechenden Resultat. Macht sich der Käufer der Theilnahme am Betruge schuldig, so hat der Verkäufer Entschädigungsansprüche gegen ihn; ja, wenn durch den Betrug der Abschluss selbst verursacht ist, so ist die venditio nulla, d. h. der Verkäufer ist dann gar nicht einmal auf Entschädigungsansprüche angewiesen; sein Interesse besteht darin, dass er das Geschäft nicht gelten lässt. Von einer absoluten Nichtigkeit ist auch hier keine Rede; die Ansicht, dass eine das ganze Geschäft umstossende Anfechtbarkeit vorliegt, die formell kei

1) L. 5 §. 2 D. de auct. (26. 8).

2) L. 68 §. 1 D. h. t.; L. 7 §. 3 D. de dolo malo (4, 3); L. 5 C. de rescind. vend. (4, 44).

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