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treffende handelt dann als arbiter, und bringt als solcher seinen Willen zur Geltung; den Vertrag schliessen die Parteien selbst 1).

2) Der Fall, dass der Stellvertreter des Einen zugleich freiwillig und in zulässigem Masse die Interessen eines Anderen wahrt. Alsdann liegt eine Combination von Stellvertretung und negotiorum gestio vor, welche principiell durchaus zulässig ist. Der Stellvertreter einigt in seiner Person nicht zwei Willen, sondern er gibt dem einen Willen einen besonderen Inhalt, gerade wie auch der im eigenen Namen und Interesse Handelnde dabei zugleich die Interessen eines Anderen wahren kann. Die rechtliche Wirkung der Handlung nach dieser Seite beruht daher nicht auf irgend welchem Vertragsschluss, sondern entweder auf nachträglicher Genehmigung 2) oder auf der objectiven (nützlichen) Beschaffenheit des Geschäfts.

Diese Auffassung erklärt es auch, dass der Vormund gewisse einseitige Geschäfte scheinbar mit sich selbst vornehmen kann. Es ist wohl zu beachten, dass niemals die blose Vornahme als solche ein Vertragsverhältniss zwischen ihm und dem Mündel erzeugt 3), sondern dass sich die Wirkung für den letzteren durch den Erfolg bestimmt; nicht die Zahlung des Vormundes an sich selbst befreit ihn, sondern die durch dieselbe erzeugte Bereicherung beziehungsweise Befreiung des Mündels *).

1) Auf diesen Fall bezieht sich ein grosser Theil der Ausführungen des zweiten reichsgerichtlichen Urtheils (S. 14), die für den Vertragsschluss völlig unzutreffend sind Der Fall des gemeinsamen Boten bedarf keiner besonderen Erwähnung.

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2) Durch welche der Gestor keineswegs mit rückwirkender Kraft zum Stellvertreter gemacht, noch die einseitige Gestio in einen Vertragsschluss rückwärts umgewandelt wird.

3) Die oben angeführte Stelle, L. 34 §. 7 D. h. t. ist in der reichsgerichtlichen Entscheidung, die doch im Uebrigen auf römisches Recht Bezug nimmt, nicht berücksichtigt.

4) L. 9 §. 5 D. de admin. et peric. (26, 7); mit dem Darlehen (L. 9 §. 7 D. eod.) ist es auch nicht anders; nicht der Darlehensvertrag, sondern die Nützlichkeit des Geschäfts ist für den rechtlichen Charakter massgebend. Formell ist das Geschäft einseitig, materiell ist es unter Wahrung der Interessen des Mündels vorgenommen. Die Behauptung von Römer a. a. O. S 74, dass die Stelle die Obligirung ganz deutBechmann, Kauf. II. 19

§. 197.

Unter gewissen Voraussetzungen kann der Abschluss eines Kaufvertrags als sittlich verwerflich oder doch bedenklich erscheinen.

In diesen Fällen wird die bona fides des einen Contrahenten in Abrede gestellt, oder das Geschäft als mala fide geschlossen bezeichnet. Weder handelt es sich dabei um die bei jedem Kaufe bezüglich des Inhalts und des Vollzugs zu wahrende bona fides, noch um das Wissen oder Nichtwissen vom mangelnden Rechte des Auktors, (in welchem Sinne der b. f. emtor eine Art des b. f. possessor ist), sondern es handelt sich um die Verletzung von sittlichen Pflichten in Beziehung auf die Eingehung des Geschäftes selbst ').

Einen Fall, der in diesen Zusammenhang gehört, der aber zugleich das Besondere hat, dass er auch gegen die boni mores verstösst, haben wir bereits oben besprochen; den wissentlichen Kauf einer res furtiva (S. 208).

Hieran möge sich eine kurze Erwähnung der Bestimmungen anschliessen, durch welche gewissen Personen die Eingehung gewisser Kaufgeschäfte zum Zwecke der Aufrechthaltung ihrer öffentlichen Pflichten verboten war. Hieher gehört

a) die Vorschrift, dass Provincialstatthalter und ihre Unlich auf einen „Vertrag“ zurückführe, ist unerfindlich. Noch viel weniger freilich ist in L. 59 D. de adm. (26, 7), von einem Vertrag, den der Vormund mit sich selbst schliesst, die Rede.

1) Vgl. L. 5 D. de auct. (26, 8). Es bewährt sich hier die schon im ersten Band S. 616 fgg. begründete Ansicht, dass bona fides ursprünglich die loyale, ethisch untadelhafte Gesinnung überhaupt bedeutet, die dann nur in einigen Richtungen vorzugsweise in Betracht kommt. So ist auch in L. 14 §. 5 D. quod met. c. (4, 2) der b. f. emtor der Käufer, welcher nicht weiss, dass der Verkäufer die Sache durch Gewalt erlangt hat; in L. 9 D. quae in fraud. (42, 8) der Käufer, welcher nicht weiss, dass der Verkauf in fraudem creditorum erfolgt; in L. 1, 3 D. de leg. Fav. (48, 15) der Käufer, welcher nicht weiss, dass der Verkauf gegen die lex Favia verstösst. Auch die Ernsthaftigkeit der Absicht, im Gegensatz zu dem auf Täuschung dritter Personen berechneten Scheingeschäft wird als b. f. emtio bezeichnet; L. 7 §. 6 D. de donat. i. v. et ux. (24, 1). Vgl. noch L. 2 §. 28 D. ne quid in loco publico (43, 8); L. 7 §. 1 D. de a. pl. a. a. (39, 3); L. 4 §. 31 D. de doli m. exc. (44, 4). Auch vom Verkäufer kann daher bona fides ausgesagt werden. Vgl. L. 35 pr. D. loc. (19, 2). – Abweichend Pernice Labeo Bd. II S. 69, 70 A. 3.

terbeamten in der Provinz keine Kaufgeschäfte abschliessen durften, ausser in Beziehung auf die dringenden Lebensbedürfnisse. Diese Bestimmung, die sich übrigens nicht blos auf Kauf- sondern auch auf andere Verträge bezog, beruhte zunächst auf der lex Julia repetundarum und war dann durch kaiserliche Mandate weiter ausgeführt. Das zuwiderlaufende Geschäft ist absolut nichtig dergestalt, dass es auch durch Genehmigung des Gegners nicht convalesciren kann, nicht einmal wenn dieselbe erst nach der Niederlegung des Amtes erfolgt. Daher findet auch kein Eigenthumsübergang statt, wie auch die gekaufte Sache mit einem Ersitzungshindernisse behaftet ist; der Fiscus aber zieht den Werth der Sache als Strafe ein 1).

b) Die Vorschrift, dass Soldaten und Subalternbeamte keine Grundstücke in der Provinz, in der sie dienen, erwerben sollten, gewisse Ausnahmen vorbehalten. Hier ist jedoch die Wirkung anders beschaffen; das Grundstück selbst wird confiscirt; jedoch bleibt der Vertrag und beziehungsweise Vollzug in Wirksamkeit, wenn der Soldat vor eingetretener Delation aus dem Heere ausscheidet ").

Von grösserem Interesse sind für uns die Fälle, in welchen der Abschluss des Kaufgeschäfts als Verletzung oder doch Gefährdung von Privatinteressen erscheint, welche der eine Contrahent gerade umgekehrt zu wahren verpflichtet ist.

I. Wir kommen hier auf den Pfandgläubiger zurück. Die psychologische Unmöglichkeit des Selbstcontrahirens kann jederzeit beseitigt werden durch Zuziehung einer s. g. persona supposita3), d. h. eines Dritten, der mit dem Auftrage kauft, die Sache gegen Ersatz des Kaufpreises an den Pfandgläubiger herauszugeben. Einem solchen Käufer fehlt, obschon er im eigenen Namen contrahirt, jedes selbständige Interesse am Geschäft; der Verpfänder bestimmt einseitig den Inhalt des Vertrags und verletzt dadurch seine Pflicht, beim Verkauf die Interessen des Verpfänders zu wahren und auf einen möglichst theueren Verkauf hinzuwirken. Das Geschäft ist daher nichtig.

1) Vgl. L. 6 §. 3 D. de offic. proc. (1, 16); L. 8 §. 1 D. de lege Julia repet. (48, 11); L. 46 §. 2 D. de iure fisci (49, 14); L. un. §. 3 C. de contr. iud. (1, 53).

2) L. 62 pr. D. h. t.; L. 9 pr. D. de re milit. (49, 16).

3) Der Ausdruck supposita persona ist mehrdeutig; es sind von

Ein ganz anderer Fall ist dagegen der, wenn der Verpfänder einen Dritten beauftragt, für ihn die Sache zu kaufen. Darin liegt keinerlei Gefährdung der Interessen des Verkäufers und keinerlei Collusion; es kann sich also nur darum handeln, ob nicht der Satz im Wege steht, dass Niemand seine eigene Sache kaufen kann. Allein das Bedenken fällt weg, wenn der Beauftragte die Sache zunächst formell für sich erwirbt; dadurch hört sie gerade auf, Sache des Verpfänders zu sein; direkte Stellvertretung (in Beziehung auf den Eigenthumserwerb) wäre allerdings unzulässig 1).

II. Diese Grundsätze von der persona supposita finden natürlich auch auf Vormünder und Procuratoren Anwendung, obschon ein ausdrückliches Quellenzeugniss fehlt.

In diesen Verhältnissen kommen dann noch folgende besondere Erscheinungen vor:

1) Es steht an und für sich nichts im Wege, dass jene Personen bei einer von ihnen selbst veranstalteten Auktion als Käufer mitbieten. Die Voraussetzung ist nur, dass die Versteigerung als solche in redlicher Weise vor sich geht. Alsdann liegt

a) kein Selbstcontrahiren vor; denn der Auktionator ist nach römischer Einrichtung nicht bloses Vollzugsorgan des Versteigernden; er schliesst die Verträge auf eigenen Namen ab und wird insbesondere Eigenthümer des gezahlten Kaufpreises 2). Allerdings aber

b) veräussert der Auktionator mit Zustimmung des

unserm Falle, wo Jemand kauft im eigenen Namen, aber ohne ein selbständiges Interesse zu haben, (vgl. auch L. 46 §. 2 D. de iure fisci 49, 14), die folgenden Fälle zu unterscheiden: a) Mangel der ernstlichen Absicht zu kaufen; falsus emtor; L 4 §. 5 D. de addict. (18, 2); b) Handeln der persona supposita in directer Stellvertretung; c) Vorschieben eines angeblichen Käufers, weil der wirkliche Käufer ein Interesse daran hat, ungenannt zu bleiben. Dies ist an sich durchaus zulässig. L. 5 §. 4 D. de auct. (26, 8).

1) L. 22 §. 3; vgl. §. 4 und 5 D. mand. (17, 1); L. 52 §. 1 D. de pact. (2, 14); Dernburg Piandrecht Bd. II S. 164.

2) Gai. IV, 126; Mommsen im Hermes, Bd. 12 S. 94: „der leitende Gedanke ist der, dass statt des eigentlichen Geschäftsherrn der Mittelsmann als Verkäufer auftritt. . . . die aus dem Kaufgeschäft ent

Eigenthümers und überträgt daher Eigenthum 1). Und insoferne nun hier die Zustimmung des Vormunds vorliegt, erwirbt derselbe Eigenthum von dem, den er selbst zur Veräusserung autorisirt. Hierin liegt das Bedenkliche, namentlich auch bezüglich der Zulässigkeit der Ersitzung. Aber

c) dieses Bedenken wird aus Zweckmässigkeitsgründen (utilitatis causa) überwunden durch die genügende Sicherheit, welche die Auktion gerade für die materielle Selbständigkeit des Vertreters dem Vertretenen gegenüber gewährt. Liegt aber trotz derselben eine Benachtheiligung des Principals vor, so genügt die Klage aus dem Vertretungsverhältnisse, wie sie ja auch bei jedem anderen nachtheiligen Zuschlag stattfinden würde 2). So ist denn hier auch die für die Ersitzung erforderliche bona fides vorhanden 3).

Zweifelhafter mag der umgekehrte Fall erscheinen, wenn der Vormund bei einer Versteigerung seiner Sachen für den Mündel kauft (oder durch eine persona supposita kaufen lässt). Indessen ist illoyales Verhalten doch auch hier nicht unbedingt nothwendig; es ist also aus den Umständen zu ermitteln, ob bona oder mala fide verfahren ist.

Dieser Gesichtspunkt ist nun auch für das heutige Recht entscheidend. Bei uns ist der Auktionator regelmässig in Beziehung auf das Geschäft in seiner Totalität der direkte Stellvertreter des Veranstaltenden; aber die loyal geführte Versteigerung selbst gibt ihm eine viel selbständigere Stellung, als sie sonst der direkte Stellvertreter dem Principal gegenüber hat.

2) Der Vormund kann auch vom Mitvormund kaufen. Allein dieser Vorgang bietet nicht die nämlichen Garantien dar, wie die Versteigerung. Vielmehr kommen die folgenden Rücksichten in Betracht.

springenden Klagen finden statt zwischen dem Mittelsmann und dem Käufer."

1) In dieser Beziehung ist die Darstellung von Mommsen a. a. O. irrig.

2) L. 2 §. 8, 9 D. pro emt. (41, 4). Die besondere Gestaltung der römischen Auktion ist in dem oben erwähnten reichsgerichtlichen Erkenntniss so wenig wie von Römer berücksichtigt.

3) L. 2 §. 8, 9 D. pro emt. (41, 4).

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