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3) Diese prätorische Veräusserung des Niesbrauchs wurde, ganz nach Analogie der Bestellung von Servituten an Provincialgrundstücken, durch Vollzugsstipulationen, welche einerseits die civilrechtliche Form, andererseits die Tradition ersetzten, vollzogen und gestützt. Eine sichere Spur dieser Cautionen ist in der übrigens ziemlich stark zusammengestrichenen L. 57 D. sol. matr. (24, 3) zu finden.

4) Besonders hervorzuheben ist noch Folgendes. Die Objectivirung der Ausübung gegenüber dem civilen Rechte bedarf eines äusseren Ausdruckes; sonst ist es bei der verhältnissmässigen Seltenheit des Geschäfts nicht wohl möglich, die Absicht, die auf blos persönlich wirkendes Gestatten der Ausübung geht und die Absicht der Veräusserung genügend zu unterscheiden; der Ausdruck dieser Objectivirung liegt nun gerade im Verkaufe, und darum ist dieser hier auch als Scheingeschäft, als venditio nummo uno beibehalten worden 1).

5) Fragen wir endlich noch nach der heutigen praktischen Geltung dieses Verhältnisses, so müssen wir

a) den Fall ausscheiden, wenn der Eigenthümer, sei es direkt vom Berechtigten, sei es aus zweiter Hand kauft. Das Eigenthümliche dieses Falles beruhte auf der Formlosigkeit des Verzichts im Gegensatz zur Injurecession. Jetzt gibt es überhaupt nur eine vollwirksame, d. h. das Recht aufhebende Ablösung.

b) Dagegen haben die andern Fälle ohne Zweifel auch noch für das heutige Recht Bedeutung 2).

Wir werden dann aber in unserer Sprache das Verhältniss so bezeichnen: Gegenstand des Verkaufs ist der Niesbrauch, aber unbeschadet seiner Eigenschaft als eines höchstpersönlichen Rechts, d. h. so, dass die Merkmale aus der Person des ersten Erwerbers auch jetzt noch fortwirken 3).

1) Vgl. L.66 D. de j. d. (23, 3). usufr. (7, 1), wo nicht gesagt ist, dass Gestalt der venditio nummo uno erfolgt.

Nicht dagegen L. 40 D. de nicht auch die Schenkung in

2) Nur dass von der venditio nummo uno keine Rede mehr ist. 3) Darin liegt der Grund, warum der Eigenthümer auch aus zweiter Hand den Niesbrauch nicht erwerben kann, sondern Untergang eintritt. Der Mangel der Form kommt nicht in Betracht; materiell aber kann der Eigenthümer an seiner Sache auch einen Niesbrauch, dessen Merkmale sich nach der Person eines Dritten richten, nicht Bechmann, Kauf. U. 9

Wir haben demnach für das heutige Recht eine vollständige Analogie der Cession.

§. 144.

Etwas Aehnliches wie beim Niesbrauch 1) kann endlich auch noch bei den (ländlichen) Prädialservituten vorkommen. Es ist hier die bekannte Stelle des Paulus, L. 12 D. de pignor. (20, 1) in Betracht zu ziehen. Ueber den Sinn derselben stehen sich zwei Ansichten gegenüber.

1) Nach der einen soll dem Gläubiger nur das Recht eingeräumt sein, demnächst eine Servitut gegen Bezahlung zu bestellen; die Anomalie besteht dann darin, dass er selbst diese noch gar nicht existirende Servitut gleichwohl mittlerweile selbst ausübt. Unter dieser Voraussetzung würde die Stelle überhaupt gar nicht hieher gehören, sie bezieht sich alsdann nicht auf das Kaufobject.

Ich kann aber diese Ansicht nicht theilen; gerade die erwähnte Anomalie ist mir völlig unannehmbar, um so mehr, als der Jurist sie offenbar gar nicht empfindet 2).

2) Die zweite Meinung geht dahin, dass der Gläubiger selbst pfandweise eine Servitut erworben hat, die er zum Zwecke der Befriedigung verkauft. Alsdann steht die Sache so:

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haben. Was sollte das für ein Verhältniss sein? Die Merkmale aus der Person der ersten Berechtigten werden ja gerade im Interesse des Eigenthümers aufrecht erhalten. Die Reichscivilprocessordnung bleibt bei der herkömmlichen Terminologie Veräusserung in Ansehung der Ausübung stehen, §. 754 Abs. 3. Ich glaube, wir könnten dieselbe aufgeben, da sie schon im römischen Rechte nur alternativ vorkommt. Die Abtretung der Tutel ist sachlich auch nur Abtretung der Ausübung; gleichwohl spricht hier sogar das Civilrecht von Abtretung des Rechts.

1) Dass der (bestehende) Usus kein Kaufobject ist, beruht darauf, dass dem Usuar überhaupt jede entgeltliche Verwerthung entzogen ist.

2) Vgl. die treffenden Bemerkungen von Dernburg a. a. 0. S. 489; Eisele im Archiv f. d. civ. Praxis Bd. 65 S. 121 fgg. Des letzteren Schriftstellers eigene Interpretation, Verpfändung einer bestehenden Servitut mit der Befugniss, sie an den Eigenthümer des herrschenden Grundstückes (den vicinus) zu remittiren, halte ich für unmöglich, weil man dieses Geschäft schwerlich als vendere bezeichnen könnte; sodann weil Paulus, auch wenn er seinen Lesern vieles zu denken aufgibt, doch nicht mit absichtlicher Nachlässigkeit zu schreiben pflegt.

a) Der Verpfänder räumt dem Gläubiger unter der Voraussetzung, dass derselbe ein praedium vicinum hat, pfandweise eine Servitut ein. Dies kann nicht geschehen durch Mancipation oder Injurecession 1); das pactum fiduciae ist hier jedenfalls nicht direkt anwendbar, und dass eine modificirte Formel desselben bestanden hätte, wäre erst nachzuweisen. Es bleibt also nur die formlose Bestellung durch Quasitradition; das in der Stelle erwähnte uti ist gerade das Surrogat der civilen Bestellung 2). Das Pfandobject gelangt vor Verfall der Schuld zum Dasein durch thatsächliche Ausübung mit Erlaubniss des verpfändenden Eigenthümers 3).

b) Wird nun die Schuld bezahlt, so erlischt die Servitut, ohne dass es einer auf die Aufhebung gerichteten Willenserklärung bedarf. Wird nicht bezahlt, so tritt Verkauf ein. Denselben stellt der Jurist als Erlaubniss dar; der Pfandgläubiger soll nicht ohne Weiteres genöthigt sein, die Servitut an Zahlungsstatt zu behalten. Allein diesem Recht steht doch ohne Zweifel, wenn nur die thatsächliche Möglichkeit des Verkaufs vorhanden ist, auch eine mit der actio pigneraticia directa geltend zu machende Pflicht gegenüber. Doch ist dieser Punkt für unsere Zwecke untergeordnet.

Dieser Verkauf ist von dem im vorigen Paragraphen besprochenen Verkauf des Niesbrauchs mehrfach verschieden. Vor Allem ist er nicht Verkauf der blosen Ausübung; im Gegentheil, was bisher bloses Pfandobject war, wird durch den Verkauf zur definitiven Existenz gebracht; derselbe hat daher auch nicht blos prätorische, sondern civilrechtliche Wirkung. Daher bestehen auch für diese Servitut keine Merkmale aus der Person des Pfandgläubigers. Wohl aber verändert die Servitut durch Uebertragung auf ein anderes Grundstück ihren objectiven Bestand. Aus diesem Grunde ist regelmässig nicht einmal ein Vermiethen derselben möglich 4), und deshalb ist die verkaufsweise Uebertragung eine

1) A. A. Dernburg a. a. O. S. 494.

2) L. 20 D. de servit. (8, 1). Richtig Kohler a. a. O. S. 37 fgg. 3) Ob damit auch eine Vollzugsstipulation verbunden ist, kann hier dahingestellt bleiben. Jedenfalls liegen in der Hauptsache nicht zwei Conventionen vor, wie man wohl irrig angenommen, sondern nur eine einzige pfandweise Bestellung. Vgl. Dernburg a. a. O. S. 494.

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4) L. 44 D. loc. (19, 2); Puchta, Pand. §. 178 Anm. k; §. 208.

weit stärkere Anomalie als der entsprechende Vorgang beim Niesbrauch. Die Ausgleichung liegt darin, dass solcher Verkauf eben nur unter ganz besonderen Voraussetzungen statthaft ist. Wo aber dieselben bestehen, da hat es vom Standpunkte des heutigen Rechts vollends gar keinen Sinn mehr, von blosem Verkauf der „Ausübung" zu sprechen. Die Servitut selbst ist Object des Geschäftes 1).

Die Frage aber, warum dieses Verhältniss auf ländliche Servituten beschränkt ist, hat für unsere Zwecke keine entscheidende Bedeutung 2).

§. 145.

An die Sachen und die dinglichen Nutzungsrechte schliessen sich einige Gruppen von Kaufobjecten unmittelbar an, welche dem römischen Rechte unbekannt sind, nämlich

1) die s. g. Immaterialgüter, Urheber- und Erfinderrechte 3).

1) Vgl. im Allgemeinen Vangerow §. 307 I. Hölder im Archiv f. civ. Praxis Bd. 63 S. 114 fgg. Kohler a. a. O. S. 265-271. Die weitere Frage, ob sich die L. 12 D. cit. auch auf die Verpfändung einer dem Gläubiger selbständig zustehenden Servitut bezieht, kann hier auf sich beruhen; im bejahenden Falle würde sich im Wesentlichen die nämliche Construktion ergeben. Jedenfalls kann die Stelle nicht, wie Eisele meint, blos auf diesen Fall beschränkt werden.

2) L. 11 §. 3 D. eod. Nach meiner Ansicht liegt der Grund einfach darin, weil eine Uebertragung vom einen Grundstück auf das andere hier nicht wohl denkbar ist. Wie soll der Pfandgläubiger eine servitus tigni immittendi zuerst für sein Haus ausüben und dann einem Nachbar übertragen; da müsste er zugleich sein eigenes Haus niederreissen oder umbauen. Oder was hat es für einen Sinn, wenn er dem Verpfänder das Höherbauen verbietet und dann das Recht einem andern etwa in entgegengesetzter Richtung wohnenden Nachbarn verkauft? Der Mangel des possessorischen Schutzes ist doch wohl der Grund nicht, es wäre ja petitorischer Schutz möglich (Hölder im Archiv f. d. civ. Praxis Bd. 63 S. 113 fgg). Einen neuen scharfsinnigen aber wie ich glaube unhaltbaren Erklärungsversuch gibt Kohler a. a. 0. S. 273-280.

3) Vgl. Reichsgesetz v. 11. Juni 1870, betr. das Urheberrecht an Schriftwerken, Abbildungen, musikalischen Compositionen und dramatischen Werken §. 3; Reichsgesetz vom 9. Januar 1876, betr. das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste §. 2; Reichgesetz vom

Wenn man wohl behauptet, diese Rechte seien nur der Ausübung nach übertragbar 1), so ist damit lediglich gesagt, dass die für das Recht bestimmenden Merkmale aus der Person des ersten Erwerbers auch in der Person des Käufers fortwirken, d. h. dass der Käufer kein anders bestimmtes Recht hat, als das dem Veräusserer zustand. Dieser richtige Gedanke macht die Unterscheidung von Recht und Ausübung nicht nothwendig 2), wohl aber erweist sich dieselbe leicht als die Quelle erheblicher Irrthümer 3).

2) Weiter kommt in Betracht das Recht auf ausschliessliche Führung einer gewerblichen Bezeichnung, d. h. der Firma. Jedoch gilt in Beziehung auf dieses Object etwas Besonderes.

Die Firma ist nämlich insofern ein selbständiges Kaufobject, als das Geschäft, zu dessen Bezeichnung sie gedient hat, auch ohne sie verkauft werden kann; sie ist also keineswegs ein bloses Accessorium des Geschäftes.

Andererseits ist sie aber insoferne kein selbständiges Object, als sie für sich allein und ohne das Geschäft nicht verkauft werden kann 4).

Das Recht des Markenschutzes ist dagegen kein Kaufobject, da es dem Inhaber der Firma als solchem zusteht; es kann also nur gerade die Rücksicht auf den Markenschutz ein Motiv sein, mit dem Geschäfte auch die Firma zu erwerben").

3) Ferner gehören hieher die deutschen Realrechte

10. Januar 1876, betr. den Schutz der Photographieen gegen unbefugte Nachbildung §. 7; Reichsgesetz vom 11. Januar 1876, betr. das Urheberrecht an Mustern und Modellen §. 3; Patentgesetz für das deutsche Reich vom 25. Mai 1877 §. 6. - Auch das Verlagsrecht ist verkäuflich; ob dazu die Genehmigung des Autors erforderlich, ist hier gleichgiltig. Vgl. Kohler in Ihering's Jahrbüchern Bd. 18 S. 412 fgg.

1) Vgl. Dernburg, Preuss. Privatrecht II, S. 907 A. 4.

2) Es genügt vollkommen der Satz: nemo plus iuris in alium transferre potest quam ipse habet. Vgl. S. 129.

3) Das römische Recht kennt kein Autorrecht, daher auch nur einen Verkauf des Manuskripts als körperlicher Sache. Vgl. Kohler in Ihering's Jahrb. Bd. 18 S. 462 fgg.

4) D. H.G.B. Art. 22, 23.

5) Reichsgesetz über den Markenschutz vom 30. Novbr. 1874 §. 8.

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