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bers gemeint). Diesem aber wird, wenn die Lücke nur eine zeitweilige ist), durch das Recht eine künstliche juristische Persönlichkeit substituirt, welche als bloße Dependenz der natürlichen interimistisch in dem Rechte oder Vermögen selbst verkörpert ist. Lezteres verwandelt sich dadurch aus einer bloßen rechtlichen Macht in ein künstliches Rechtssubject, dem die einzelnen Bestandtheile unterworfen sind), bis ein neuer physischer Inhaber eintritts). — Ein anderer Fall, welcher mit Unrecht hierher gerechnet wird, ist der Schwebezustand zwischen zwei Eigenthümern, hier ist das Recht selbst interimistisch nicht ohne natürliches Rechtssubject). N.)

Zweites Kapitel.

Der Inhalt der Rechte.

Rechtsverhältnisse und Rechte.

§. 29.

Rechtsverhältnisse sind Beziehungen der Menschen auf einander, die als Ausflüsse der rechtlichen Freiheit betrachtet werden, der Freiheit also, die dem Willen als solchem und abgesehen von seiner moralischen

d) L. 22 D. de fideiuss. (46, 1), L. 13 §. 5 cit. (quod eo tempore nemo dominus fuerit). (Nemo = ne homo.) L. 11 pr. D. de pec. const. (13, 5), L. 55 §. 1 D. de leg. 2 (31) L. 6. D. expil. hered (47, 19) (rei hereditariae sicut nec eius quae sine domino est), L. 61 §. 1 D. de A. R. D. (41, 1).

e) So bei Ungeborenen, Gefangenen, ruhenden Erbschaften.

f) L. 36 D. de stip. serv. (45, 3). Die Worte 'qui universo hereditatis iure continetur', welche Köppen, System des heutigen römischen Erbrechts S. 205 Note 11 für die Subjectlosigkeit anführt, bezeichnen vielmehr umgekehrt den Nachlaß auch als das Subject der einzelnen Nachlaßfachen, weil er Subject der Gesammtheit ist. Eine Anwendung ist, daß der Erbschaftssclave für sich selbst und den Nachfaß, nicht aber für den Verstorbenen oder einen bestimmten künftigen Erben stipuliren fann. L. 41 D. de R. C. (12, 1), L. 16 L. 18 §. 2, L. 28 §. 4, L. 35, L. 36 D. de stip. serv. (45, 3).

g) L. 24 D. de novat. (46, 2). Die Vorstellung subjectloser Rechte scheint durch den Mangel eines Substrats entstanden, wie es die Corporation in den Gliedern der universitas besißt. In der That aber bilden nicht diese, sondern die universitas das Vermögenssubject Ulp. 22, 7. Vgl. überhaupt Dworzak in der österr. V. J. Schr. XI. 1863. 2.

h) L. 12 §. 5. L. 70 §. 1 D. de ususfr. (7, 1) und dazu Göppert, über die organischen Erzeugnisse 1869 S. 300–313, v. Scheurt, zur Lehre von den Nebenbestimmungen S. 124. [v. Wächter, das schwebende Eigenthum 1871, wo namentlich einzelne mit Unrecht dahin gezogene Fälle ausgeschieden werden.] Vgl. auch L. 9 pr. L. 17 D. de neg. gest. (3, 5).

Qualification zukommt, mit einem Wort: Verhältnisse, in denen die Menschen als Personen stehen (§. 22). Die Thätigkeit des moralischen Willens ist die Entscheidung für das Gute oder Böse, die des rechtlichen, also die Thätigkeit der Personen als solcher, ist die Unterwerfung von Gegenständen. Das Resultat dieser Unterwerfung, sofern fie ein Ausfluß der rechtlichen Freiheit, also den Rechtsvorschriften gemäß ist, ist eine rechtliche Macht über den Gegenstand, ein Recht an demselben, welches der Person zusteht. Diese Rechte bilden den Kern der Rechtsverhältnisse, die Rechtsverhältnisse sind Complexe von Rechten, die durch den Verkehr der Personen in Beziehung und Wirkung auf einander geseßt werden, und die rechtliche Beurtheilung und Auseinandersetzung der Verhältnisse besteht eben darin, daß die darin enthaltenen Rechte erkannt, ihre Wirkungen und Modificationen in dieser Verbindung bestimmt werden").

Begründung der Rechte.

§. 30.

Die Rechtsvorschrift, aus der die Person ein Recht ableitet, ist regelmäßig eine allgemeine, entweder ius commune oder singulare (§. 21). Die durch ein ius singulare begründeten Rechte heißen Rechtswohlthaten oder privilegia.) Es liegt in der Natur der singulären Rechte, daß sie im Fall einer Collision mit solchen, die sich aus dem ius commune ableiten, vorgehen; der Fall einer Collision der Privilegien unter sich ist zum Theil durch einen besonderen Vorzug, den das Recht dem einen vor dem anderen giebt, entschieden»), außerdem wird die Entscheidung aus den Grundsäßen der Classe von Rechten, der sie

a) (Hier ist zu viel behauptet: 1) daß Rechtsverhältnisse nur Beziehungen der Menschen auf einander enthalten: auch die Beziehungen zu Sachen und die Beziehungen juristischer Personen sind Rechtsverhältnisse; 2) daß sie nur Ausflüsse der rechtlichen Freiheit umfassen: denn auch thatsächliche Verhältnisse, wie der Besiß, das Domizil, die öffentliche Meinung zählen dahin, sobald die Rechtsordnung sie ergreift; 3) daß sie Complere von Rechten darstellen: das ist wenigstens nicht nothwendig. Vgl. Windscheid §. 37 Note 3. R.)

a) In diesem Sinn, der im römischen Recht fast der ausschließliche des Worts ist, f. Savigny, System I. S. 65 f. Häufig hat dieser Name Veranlassung gegeben, sie mit den Privilegien in einem ganz besonderen Sinne (§. 31) zusammenzuwerfen (wie dieß z. B. auch von Mühlenbruch, Lehrbuch I. §. 80—82, geschicht), und so zwey sehr abweichende Begriffe und Rechtslehren zu verwirren.

b) So dem beneficium in integrum restitutionis minorum vor dem der Fis liifamilias ex S. C. Macedoniano und der Frauen ex S. C. Velleiano L. 11 §. 7, L. 12 D. de minor. (4, 4), ferner manchen Pfandrechts- und Forderungs-Privilegien vor anderen.

angehören, zu entnehmen seyn, entweder auf Erhaltung des Status quo (melior est condicio possidentis) c), oder auf Concurrenz in der Ausübung pro rata"). Das Subject des singulären Rechts bestimmt sich verschieden, je nachdem die Begünstigung gewissen Personen (privilegium personae) oder gewissen Rechtsverhältnissen (privilegium causae) zugedacht ist; hier ist jeder, der in diesem Rechtsverhältniß auf die vorausgesezte Art sich befindet, das Subject, und das Subject des Beneficiums wechselt mit dem des Rechtsverhältnisses, dort hingegen ist die Rechtswohlthat mit der Person verknüpft, und geht nicht mit dem Rechtsverhältniß übers). Der Privilegirte hat übrigens die Wahl zwischen seinem singulären Recht und dem ius commune: invito beneficium non datur), dieß folgt auch aus dem Grundsaß, daß ihm die Rechtswohlthat nicht zum Nachtheil gereichen solls); verwirkt aber wird die Ausübung des Beneficiums überall, wo sich der Privilegirte durch unrechtliches Verhalten dieser Gunst unwürdig macht»).

§. 31.

Es giebt Rechte, die sich überall nicht auf einen Rechtssaß, weder gemeinen noch singulären, gründen, sondern auf eine Concession, constitutio personalis, die ein Recht ohne Consequenz für andere gleiche Fälle verleiht. Ein solches Recht heißt Privilegium in einem besonderen Sinn). Das Privilegium ist stets einem Individuum gegeben, entweder einer bestimmten Person, über die es nicht hinausgeht, wenn es auch seinem Inhalt nach zu einer sonst veräußerlichen und vererblichen Classe von Rechten gehörte (personelles Privilegium), oder einem

c) L. 11 §. 6, L. 34 pr. D. de minor. (4, 4), L. 10 D. de pignor. (20, 1) etc. Aehnlich ist die Entscheidung der Prävention: occupantis melior est condicio, wenn zwey Gleichberechtigte gegen einen Dritten auftreten; die Prävention geschieht aber dadurch, daß man ein richterliches Urtheil für sich erlangt. L. 14 pr. D. de in noxal, act. (9, 4), L. 10 D. de pecul. (15, 1).

d) So z. B. bey den Forderungsprivilegien §. 248.

e) L. 68. 196 D. de R. I. (50, 17). Bey dem Beneficium ist jedoch zu unterscheiden ein mittelst des Beneficiums schon erworbenes Recht. L. 6 D. de in integr. rest. (4, 1), L. 18 §. 5 D. de minor. (4, 4).

f) L. 69 D. de R. I. (50, 17). Selbst wenn schon ein auf das ius singulare gegründetes Urtheil gegeben wäre. L. 41 D. de minor. (4, 4).

g) L. 6 C. de legib. (1, 14).

h) So z. B. L. 10 §. 1 D. de fidei. (46, 1) und bey den einzelnen Beneficien der in integrum restitutio, des S. C. Macedonianum, des S. C. Velleianum.

i) (Schlayer, Zeitschr. für Eivilr. und Prozeß. N. . 1854 XII. Num. 2. R.) Man hat privilegia favorabilia und odiosa unterschieden. Blos die ersteren gehören hierher, die leyteren sind constitutiones personales, aus denen kein Recht entspringt.

Sachindividuum so daß es dem jedesmaligen Eigenthümer der Sache zusteht (Realprivilegium)*). Der Inhalt der einzelnen Privilegien ist verschieden nach der Beschaffenheit des ertheilten Rechts, welches verschiedenen Classen von Rechten zugehören kann, z. B. den dinglichen Rechten, Forderungen, Befreiungen 2c.').

Die Privilegien entstehen durch Concession des Regenten, und dieß ist es eben, was dem Recht einen besonderen Charakter aufdrückt"). Der Beweis der Concession aber kann ersetzt werden durch unvordenkliche Zeit"). Sie endigen sich theils nach Art der Rechte, in deren Classe sie ihrem Gegenstand nach gehören), theils auf eigenthümliche mit ihrer Entstehung zusammenhängende Weise: durch Widerruf, wenn dieser vorbehalten ist, oder ein rechtmäßiger Grund (Staatswohl, Mißbrauch) eintritt, durch Richterspruch wegen Mißbrauchs nach vorhergegangener fruchtloser Verwarnung"), durch den Tod des Verleihers, wenn sie ad suae voluntatis beneplacitum verliehen sind ), Personal

k) L. 1 §. 2 D. de const. princ. (1, 4), L. 1 §. 33 D. de aqua (43, 20), L. 1. §. 1 D. de iure immun. (50, 6), L. 3 §. 1 D. de censib. (50, 15). [Es kann jedoch auch der Uebergang eines persönlichen Privilegiums auf die Erben ausdrücklich eingeräumt werden vgl. Windscheid Pand. §. 135 a. E.]

1) Unpassend hat man überall auf Privilegien die Grundsäße von Servituten anwenden wollen, daher man auch die Klage aus einem Privilegium actio confessoria zu nennen pflegt.

m) Falsch ist die Eintheilung in priv. conventionalia und non conventionalia. Die Entstehung ist stets ein einseitiger Act, kein Vertrag. Ein anderes ist, ob für das Privilegium etwas geleistet wird, priv. onerosum, oder ob er unentgeltlich verliehen ist, priv. gratuitum.

n) cap. 26 X. de V. S. (5, 40), cap. 1 de praescr. in VI (2, 13), R. A. 1548 §. 56, R. A. 1576 §. 105.

o) Darnach entscheidet sich auch die Frage, ob das Privilegium sich durch Nichtgebrauch endige. Besonders entschieden ist 1) im römischen Recht, daß die Concession eines Jahrmarkts durch Nichtgebrauch von 10 Jahren untergehe L. 1 D. de nundin. (50, 11), 2) im canonischen Recht, die Zehntfreiheit in 30 und 40 Jahren cap. 6, 15 X. de privil. (5, 33). [Eine Ersihung des Zehntrechts erblickt hier v. Vangerow Leitf. §. 116. Anm. S.] Unrichtig ist die Ausdehnung dieser Endigungsart auf alle, oder auf alle negativen Privilegien, s. darüber Hufeland, (veränd. allg. Ansicht der Lehre von den Priv.) über den eigenthüml. Geist des R. R. xc. I. S. 211 ff. 1815. Fritz, Zeitschr. für Civilr. und Civilproc. IV. 6. 1831. (Steppes, Zeitschr. für Eivilr. und Proceß XIV. Nr. 5. 1840, welcher c. 6 u. 15 auf den Untergang eines Privilegii durch Verzicht bezieht. Unterholzner Verjährungslehre §. 161 Not. *). Vgl. auch C. Th. v. Kleinschrod, die internationale Patentgesetgebung 1855. R.)

p) Vgl. §. 14 Note d. L. 3 C. de aquaed. (11, 42), c. 7 D. 74. Glück, Commentar II. §. 107-109.

q) Cap. 5 de rescr. in VI (1, 3).

Buchta, Bandekten. 12. Aufl.

privilegien durch den Tod des Berechtigten, Realprivilegien durch den Untergang der Sache (Note k).

Verschiedener Juhalt der Rechte.

§. 32.

Der Inhalt der Rechte bestimmt sich theils durch die Stellung der Person und den Einfluß, den diese auf den rechtlichen Willen hat (§. 33-45), theils durch den Gegenstand, der vermöge eines Rechts dem Willen unterworfen ist, und dessen Natur auf das Recht zurückwirkt (§. 46)").

I. Verschiedenheit der Rechte nach der Stellung

der Personen.
§. 33.

Der Mensch steht in Rechtsverhältnissen als Einzelner, als Glied der Familie, des Volks (oder der rechtlichen Form dieser Verbindung: des Staats), der Kirche. Diese Stellungen der Personen haben einen bestimmenden Einfluß auf die Beschaffenheit ihres rechtlichen Willens, die Rechtsverhältnisse selbst haben eine verschiedene Natur, je nachdem sie sich auf die eine oder die andere Stellung ihrer Subjecte beziehen, und der Bestimmung des Menschen, in der einen oder anderen Sphäre zu wirken, entsprechen. Die, in welchen wir den Menschen als Einzelnen, d. h. abgesehen von seiner Eigenschaft als Glied jener organischen Verbindungen, denken können, sind die Vermögensverhältnisse, diejenigen, deren Subject der Mensch als Glied eines jener Ganzen. ist, sind Familienverhältnisse, öffentliche, kirchliche Rechtsverhältnisse. Das Recht selbst, welches den Verhältnissen ihre Regel giebt, ist daher dreifach: Privatrecht, öffentliches Recht, Kirchenrechts). Das Privatrecht zerfällt in Vermögensrecht und Familienrecht.

a) (Eine abweichende Construction bei Neuner, Wesen und Arten der Privatrechtsverhältnisse 1866. Vgl. darüber Windscheid §. 39 Note 1 a. E., §. 42 Note 3 a. E., §. 43 Note 3. R. S.)

a) Vgl. Puchta, Cursus der Instit. I. §. 21-27. Die römischen Juristen geben nur zwey Theile: ius privatum und publicum. Die religiöse Verbindung konnte ihnen nur als ein Theil des Staats, das ius sacrum nur als eine Abtheilung des ius publicum erscheinen. L. 1 §. 2 D. de I. et I. (1, 1), und auch unter den christlichen römischen Kaisern war diese Anschauung noch mächtig genug, um die Anerkennung der Kirche als einer gegen den Staat innerlich selbstständigen Verbindung, und damit des Kirchenrechts als eines dritten den beiden anderen coordinirten Theils des Rechts auszuschließen. Ueber die verschiedenen Bedeutungen des Ausdrucks ins publicum f. Savigny, System I. S. 60.

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